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trashman
24-11-2012, 21:52
Gerade zufällig in den ersten von vier Teilen reingezappt (und dabei direkt bei einer interessanten Analyse der "Sopranos" gelandet):

Amerika im Wohnzimmer (http://www.hoerzu.de/unterhaltung/aktuelles/doku-serie-amerika-im-wohnzimmer-auf-arte)



Wenn der Fernseher unser Fenster zur Welt ist, wirft die Fernsehserie den Blick wieder ein wenig zurück durch die Mattscheibe auf Sehnsüchte, Gefühle, Innenwelten. Egal ob Soap, Sitcom oder Dramaserie: Vor allem US-Produktionen prägen unser Weltbild subtiler, wohl auch nachhaltiger, als es Nachrichten und Dokus tun. Die Geschichte der amerikanischen Serien schildert nun die vierteilige US-Dokumentation "Amerika im Wohnzimmer".

Ein Mammutprojekt, das 60 Jahre TV-Historie umfasst. "Nach drei Wochen voller Absagen von Gesprächspartnern bekamen wir schon Panik", verrät Regisseur Lloyd Kramer im Gespräch mit HÖRZU. Doch dann setzte in Hollywood die Mundpropaganda für das bemerkenswerte Projekt ein. Letztlich interviewte Kramer rund hundert Hochkaräter, darunter die Erfinder legendärer Serien wie "M.A.S.H." und "Die Sopranos" sowie namhafte TV-Helden wie Hugh Laurie alias "Dr. House".

Ihre Spuren hinterließen Serien von Anfang an: Dank "Lassie" etwa wünschten sich Generationen von Kindern einen Collie als Haustier. Doch der Serieneffekt ging tiefer. "Die Formate der 50er-Jahre haben unsere Geschlechtermodelle definiert", meint TV-Autor Will Scheffer ("Big Love"). "Sie waren eine TV-Bibel, die uns sagte: ‚So hat deine Familie zu sein!‘"

TV-Serien einflussreicher als Kino

Und die Fernsehwelt war züchtig: In Sitcoms schliefen Eheleute in getrennten Betten, das Wort "schwanger" stand auf dem Index. Erst in den 70ern wurde in der "Mary Tyler Moore Show" eine berufstätige Singlefrau zur Heldin. Ohne diese Serie hätte es spätere Karrierefrauen in "Ally McBeal" und "Sex and the City" wohl nicht gegeben.

Manchmal spiegeln Serien Entwicklungen, manchmal aber inspirieren sie auch. Ende der 60er-Jahre war der US-amerikanische Ingenieur Martin Cooper von einer Szene der Serie "Star Trek" fasziniert: Captain Kirk klappt ein kleines, kabelloses Gerät auf und spricht so mit seiner weit entfernten Crew. "Die meisten sahen darin eine Fantasie", sagte Cooper. "Ich sah ein Ziel." Nach Tausenden Laborstunden präsentierte er 1973 das Resultat der TV-Inspiration: das erste Handy der Welt. Und hat nicht vielleicht auch die Figur des sympathischen schwarzen US-Präsidenten in der extrem populären Serie "24" (2001) Barack Obama ein wenig den Weg geebnet?

Mit TV-Hits wie "Mad Men" oder "Breaking Bad" erleben wir heute eine goldene Serienära. "Ist ein Format gut gemacht, erreicht TV mehr Tiefe als jedes andere Medium", sagt Hollywood-Regisseur Ron Howard ("Apollo 13"), der seine Karriere im TV begann. "Woche für Woche baust du eine engere Verbindung zu einer Figur auf, bis du glaubst, sie zu kennen." Simple Mathematik gibt Howard recht. Was ist ein zweistündiger Kinofilm gegen die 49 Stunden, die man nach fünf Staffeln "Mad Men" mit dem geheimnisvollen Werbefachmann Don Draper verbracht hat? Nicht nur für seine Fans gilt: Vier weitere Stunden für die Dokureihe "Amerika im Wohnzimmer" sind bestens investierte Zeit.
Die ARTE-Doku "Serienschmiede Hollywood" war vor einigen Jahren schon klasse, die hier dürfte schon wegen der Lauflänge noch besser sein.

Heute werden die ersten beiden Teile gezeigt, die anderen dann nächste Woche Samstag.