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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Arte It's more than TV! - am 06.12.2013 - 23:35 Uhr


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trashman
06-12-2013, 16:34
Heute Abend (23:15 - 00:05 Uhr) zeigt ARTE im Anschluss an die "Breaking Bad"-Folgen die Serien-Doku "It's More Than TV":

http://www.arte.tv/guide/de/045188-000/it-s-more-than-tv


Seit einigen Jahren werden in den USA Fernsehserien entwickelt, die völlig neue Dimensionen der filmischen Erzählung eröffnen. Sie sind auf bisher unbekannte Weise substanziell, kritisch-politisch und komplex. Eine neuartige Arbeitsweise steht hinter diesen Werken, die eine Form von Autorschaft ermöglicht, wie sie etwa vom europäischen Autorenkino oder dem US-amerikanischen Independent-Film bekannt ist und im traditionell industriell geprägten typischen TV-Format der Serie bisher undenkbar erschien.

"Breaking Bad", "Oz", "The Sopranos“, "The Wire", "Mad Men", "In Treatment" – diese innovativen und ambitionierten amerikanischen TV-Serien haben unzählige Fans in Amerika wie in Europa, und auch von der Kritik werden sie als derzeit aufregendste Werke der Gegenwartskultur hymnisch gefeiert.

(...) Interessanterweise leistet gerade das Fernsehen mit diesen avancierten Serien etwas, was seine Kritiker zu Recht seit Langem vermissen: einen bedeutenden Beitrag zur Zukunft einer qualitativen und substanziellen Form des Films - jenseits des Kinos.

Dies ist dann mittlerweile die dritte Doku, die ARTE zum Thema TV-Serien bringt. Schon "Serienschmiede Hollywood" (http://www.arte.tv/de/woche/244,broadcastingNum=817943,day=1,week=5,year=2008.html) von 2008 und vor allem der grandiose Vierteiler "Amerika Im Wohnzimmer" (http://www.arte.tv/de/acc/244,em=045763-002.html) vor einem Jahr zeigten auf eindrucksvolle Weise, wie sehr sich Qualität und Stellenwert von Serien geändert haben.

Mich interessiert aber nicht nur diese Doku, sondern auch, wie ihr die Entwicklung der romanhaft erzählten TV-Serien seht. Sind euch die großen Top-Produktionen der jüngeren Vergangenheit à la "The Sopranos", "The Wire", "Six Feet Under", "Deadwood", "The Shield", "The West Wing", "Mad Men", "Breaking Bad", "Game Of Thrones", "Boardwalk Empire" und einige andere bekannt - und wenn ja, wie hat sich das vielleicht auf euer Sehverhalten bzw. eure Ansprüche ausgewirkt?

In meinem Fall haben diese TV-Epen enorme Auswirkungen gehabt. Filme, egal welcher Qualität, empfinde ich im Vergleich dazu mittlerweile wie Fastfood - zwischendurch ganz nett, aber nicht wirklich aufregend. Immer öfter schießt mir nach Filmen auch direkt der Gedanke in den Kopf, dass man die gezeigte Geschichte in einer guten Serie viel angemessener und emotional packender hätte umsetzen können. Und nicht zuletzt sind diese großen Serien auch daran schuld, dass ich kaum noch Romane lese, weil sie selbst so komplex und bewegend erzählt sind.

Angefixt wurde ich 2000, als das ZDF - auf unwürdigsten Sendeplätzen spät abends am Wochenende - die ersten drei Staffeln der "Sopranos" zeigte. Mafia-Streifen à la "Der Pate", "Good Fellas" oder "Casino" hatten mich schon immer fasziniert, deshalb wollte ich unbedingt mal reinschauen, nachdem ich vom Thema der Serie gehört hatte. Und war vom ersten Moment an voll drin in diesem als Mafia-Epos getarnten Familiendrama: Endlich mal Figuren, die selbst in der Synchro so sprechen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist statt geschwollener Dialoge, bei denen ständig das Papier raschelt. Endlich mal Charaktere, die trotz mancher Überspitzung absolut lebensecht wirken und meist so vielschichtig sind, dass man ständig zwischen Sympathie und Abneigung schwankt. Endlich mal Humor, der nicht mit dem Holzhammer daherkommt, sondern als kluge Satire. Endlich mal Schauspieler mit so viel Charisma und darstellerischer Wucht, dass sie den Zuschauer jederzeit auf eine emotionale Achterbahnfahrt schicken. Endlich mal eine Produktion, die ihre Zuschauer als smarte und empathiefähige Wesen ernst nimmt, anstatt ihnen alles vorzukauen. Kurzum - endlich mal ein Gesamtpaket, von dem ich sagen konnte: So wäre eine TV-Serie, wenn ich sie selbst erschaffen könnte. Als sie 2007 nach 86 Folgen mit dem legendär-kontroversen Finale endete, hatte sie mich schon längst so sehr in ihre fiktionale Welt gezogen, dass mir vor Wehmut der Magen grummelte.

Umso schöner, dass in den folgenden Jahren mehr solcher Meisterwerke entstanden, die auf diese Qualitätskriterien setzten. Mittlerweile ist für fast jeden Geschmack etwas dabei, sodass Diskussionen über irgendwelche Ranglisten zwar interessant, aber letztlich auch müßig sind - man sollte vor allem froh sein, dass neben der unsäglichen Welle von trashigen Volksverblödern auch eine Sorte von TV-Perlen entstanden ist, wie sie vor 20 Jahren noch undenkbar war ...

Übrigens ist kürzlich dieses Buch erschienen, in dem der US-Fernsehkritiker Alan Sepinwall ebenfalls dieser Entwicklung huldigt.

http://www.sueddeutsche.de/medien/amerikanische-fernsehserien-abends-laeuft-die-revolution-1.1756202

http://ecx.images-amazon.com/images/I/51kit2KthBL.jpg

koldir
06-12-2013, 17:55
Auf Grund einer Programmänderung fängt die Doku erst um 23:35 Uhr an.

trashman
07-12-2013, 12:37
Soll das ein schlechter Witz sein, einen Thread über das mit Abstand beste, was heutiges Fernsehen zu bieten hat, in eine Forumssektion zu verkappen, die fast nur aus dämlichstem Asi-TV besteht? :mauer:

Das "IOFF-Team" scheint ja Kompetenz pur zu sein ...