Mal ein kleiner Eindruck von der Front:
Lesung vor Achtklässlern.
Das hat mir im Vorwege ein wenig Kopfzerbrechen gemacht. Menschen mit 14 sind ja ... na, irgendwie seltsam halt. Erst recht im Rudel. Und unberechenbar. Und so unterschiedlich. Jedenfalls hielt ich sie für das schwerste aller vorstellbaren Publikümmer. Natürlich auch gleich 90 Minuten! Das hält ja schon ein Erwachsener nur mit Mühe durch...
Welche Stellen liest man da nur? Zuviel Blut, womöglich Schweinkram - nachher kommen noch böse Elternbriefe. Ein weites Feld.
Oder albernes Gekicher, blöde Zwischenrufe, junge Gockel, die sich vor ebenso jungen Hennen aufplustern müssen...
Man sieht, ich habe mich ausführlich gedanklich mit der Situation beschäftigt.
Die Realität:
Am Schultor von zwei anständig gekleideten, höflichen jungen Männern abgeholt worden.
Eskortiert in eine gemütliche Bibliothek, wo 25 Kursteilnehmer im Fach "Poetry" ( ) auf Sitzsäcken, Fußboden oder Schränken hockten.
Für den Vortragenden gab es ein Ledersofa, ein Tischchen mit Wasser und Keksen. Ein ermutigender Anblick. Bommel hätte gejubelt.
Die Lehrerin hudelt Lob über den echten Autor zum Anfassen ( ) und Befragen. Fast ein bisschen unangenehm.
Dann werde ich der Menge überlassen. Gespannte Stille. Immerhin. Noch traue ich dem Braten nicht.
Ich frage zunächst selber (cleverer Schachzug, fand ich). Nämlich nach den Erwartungen an einen Krimi. Neben dem Offensichtlichen kommen auch Antworten, die mich überraschen. Positiv. Schwarzer Humor, wird gewünscht, ein bisschen Romanze auch und gerne Täter, die ein bisschen "Psycho" sind. Aha. Denen kann ich helfen.
Ein erster Leseabschnitt - spontan (na ja, halb - ich hatte so eine Idee, was wohl kommen könnte) ausgewählt, etwa 5 - 10 Minuten lang oder im Jargon der 14-jährigen: endlos.
Wurde geradezu atemlos (danke, Helene!) angehört. Dann ein paar Fragen, schüchtern zunächst, aber interessiert.
Dann tatsächlich spontan die Stelle gewählt, die den Tod von Stallers Frau beschreibt. Harter Stoff, wie ich finde, aber für den Bereich Beziehung/Romanze schon irgendwie passend.
Es gelingt, den Kurs (zwei Drittel Mädels) emotional zu packen. Die junge Dame vor mir auf dem Fußboden hat tatsächlich feuchte Augen. Wow. Ich bin selber überwältigt.
Mehr Fragen und dann - ganz wichtig - eine lustige Passage. Der kalkulierte Lacher bei "Ey, Alda, hassun Arsch offen?" sitzt.
Ich erfahre, dass etliche Kursteilnehmer selber schreiben. Fan-Fiction, aber auch Texte für Poetry-Slams. Oder Lyrik. Ich bin beeindruckt.
Noch ein, zwei Textpassagen, einige Fragen, ein Ausflug in das Werk von King - ruckzuck ist die Zeit um. Ich hätte ja noch stundenlang weitermachen können.
Fazit:
Die heutige Jugend ist definitv unterbewertet. Da wird was draus.
Ja, mir ist klar, dass das nur eine Momentaufnahme war. Aber eine schöne.
Ich weiß nicht, ob das hier hin passt, aber ich wollte es mal gesagt haben.