Manche Leute ....
Ich steh bei Rot an der Ampel und sehe, dass eine blinde Frau (mit Stock) an einer Haltestelle steht, die derzeit ca. 100m weiter weg verlegt ist.
Alle Leute latschen an ihr vorbei,lesen die Anzeige "Haltestelle verlegt" und gehen weiter, ohne ihr was zu sagen
Letztendlich bin ich dann kurz rangefahren und habe ihr aus dem Fenster gesagt, dass die reguläre Haltestelle nicht bedient wird und sie ca. 100m zurück gehen muss.
Vielleicht sollten alle anderen Leute morgen mal mit verbundenen Augen durch das Städtchen gehen und sich ihren Weg suchen
das ist wirklich armseelig von den Leuten.. hatte in Braunschweig mal ähnliches, als ein blinder Mann mehr oder weniger hilflos umher irrte.. keiner hat was gemacht, ich habe angehalten und mit ihm geredet und gefragt ob er hilfe braucht.. er war dankbar das sich jemand um ihn gekümmert hat..
Verstehe nicht warum viele Menschen so gleichgültig sind
Weil unsicherheit herrscht! Ist es politisch korrekt, einem behinderten ungefragt seine hilfe aufzudrängen?
Ab wann ist es „übergriffig“?
Man kann doch den, von dem man denkt, dass er eventuell Hilfe brauchen könnte, einfach fragen, ob man ihm helfen darf?
Statt "aufdrängen" wähle man den Ausdruck "anbieten" und schon passt es.
Ungefragt anbieten ist nicht übergriffig.
Schon gar nicht bei einem Blinden, der ja gar nicht sehen kann, dass man vor ihm steht und helfen würde.
Nolite Te Bastardes Carborundorum
Ich denke, ein "Kann ich Ihnen meine Hilfe/Unterstützung anbieten?" wird nicht als übergriffig empfunden.
Einmal habe ich eine blinde Frau am Potsdamer Platz "aufgegabelt" und sie letztendlich kurz zum Musikinstrumentenmuseum begleitet.
Das liegt etwas versteckt und einem Sehenden kann ich das erklären, aber eben einer Blinden doch nicht.
Ich habe von Betroffenen allerdings schon anderes gelesen. Die haben sich in ihrem Blog dann fürchterlich drüber aufgeregt, dass ständig irgendwelche Leute auf sie zukommen und Hilfe anbieten, als sei man völlig unfähig im Alltag, das sei so dermaßen nervig, sie würden schon fragen, wenn sie Hilfe bräuchten.
Ich habe dann für mich beschlossen, dass ich trotzdem Hilfe anbieten werde, wenn es für mich so aussieht, als sei sie, naja, hilfreich (), aber so ein Fünkchen Zögern/Unsicherheit bleibt dann doch, wenn man so einen Ich-kann-alles-alleine-und-jeder-der-Hilfe-anbietet-bevormundet-mich-und-nimmt-mich-nicht-für-voll-Rant im Hinterkopf hat.
„Love all, trust a few, do wrong to none.“ - William Shakespeare
Ich hatte auch mal so einen Fall bei uns am Bahnhof. Unser Zug aus Köln, kam zeitgleich mit dem ICE aus Frankfurt bei uns am Bahnhof an. Gleis brechend voll, weil Messezeit und alle ohne Rücksicht auf Verluste am drängeln und am schubsen. Mittendrin ein blinder Mann mit dem ich mich schon ein paar mal im Zug unterhalten habe. Ich mich ihm genähert weil er irgendwie durch das Gedränge die Orientierung verloren hatte. "Hallo ich bins aus dem Zug, soll ich ihnen gerade helfen?" Er total dankbar, "Das wäre toll, zumindest aus dem Chaos raus." Ich mich bei ihm eingeharkt, ihn zur Treppe geführt, ihm dann die Hand ans Geländer gelegt und wir sind los die Treppe runter.
Ich hab gedacht ich spinne, was wir angerempelt worden sind. An der anderen Seite dann Treppe wieder hoch und ab da löste sich der Knubbel auf und er konnte allein weiter. Die hätten den Mann echt ohne Hemmungen die Treppe runter gepfeffert. Als wir uns tagsdrauf wieder im Zug trafen, war er immer noch dankbar.
Geändert von kleineelfe (21-03-2018 um 09:23 Uhr)
Klein, frech, dreist, gemein, hab grundsätzlich Recht und immer das letzte Wort.
Ich kann, was Blinde betrifft, vielleicht mal aus meinem reichen Erfahrungsschatz berichten.
Ich hatte zwei Jahre lang eine blinde Azubine, die sehr locker und witzig war. Wir haben viel gelacht (z.B. fragte ich sie mal, wieviel Blinde und Sehbehinderte es in Deutschland gäbe, sie meinte, das sei nie genau erfasst worden, und wir schütteten uns dann über die Dunkelziffer aus ... oder einmal sagte sie am PC "Warum sehe ich nichts?" Ich: "Weil du blind bist?" - sie hat die gleichen Begrifflichkeiten genutzt wie wir).
Zurück zum Kernthema:
Wenn ein Blinder wirklich hilflos in der Gegend rumsteht (z. B. die verlegte Haltestelle ist ein sehr schönes Beispiel dafür - Blinde kennen ihre Wege, aber wenn sie plötzlich so verändert werden, ist das natürlich fies für sie), kann/sollte man seine Hilfe anbieten.
Wenn ein Blinder aber mit seinem weißen Stock durch die Gegend läuft (und er läuft vorwärts und nicht im Kreis ), dann muss nix angeboten werden, wenn er nichts gefragt hat.
Zwei Beispiele meiner Azubine:
Sehr 'hilfreich' der Ausruf "Vorsicht, Baum!" (Ja, der Baum rast ja auch wie irre durch die Gegend... )
Oder einmal geht sie draußen ganz normal auf dem Fußweg wie wir. Da bemerkt sie, dass ein Radfahrer langsam neben ihr herfährt. Nach einer Weile fragt dieser: "Kann ich Ihnen helfen?" Sie: "Ja, indem sie weiterfahren. Dann kann ich die übrigen Verkehrsgeräusche wieder besser wahrnehmen."
Von Geburt an Blinde kriegen eine Menge geräuschmäßig mit, was da in der Gegend rumsteht. Wenn sie innerhalb des Betriebes zu Praktikumszwecken einen anderen Arbeitsplatz bekommen hatte, haben wir diesen Weg vorher 1 - 2 x geübt. Ich hab sie dann auch mal gegen einen Feuermelder stoßen lassen und nicht "Vorsicht" gerufen, weil sich ihr das Hindernis dadurch besser eingeprägt hat. Sie hat mich übrigens sehr gelobt für meine Methoden.
Im Gegensatz dazu ihre Mutter, die ihr ständig Hindernisse aus dem Weg räumen wollte, ihr im Gegensatz dazu aber ihre erste eigene Wohnung "schön dekoriert" hat. Hat sie alles wieder weggeräumt.
Inzwischen ist sie mit einem Sehbehinderten verheiratet und hat 2 Kinder.
Sie ist damals übrigens täglich von außerhalb nach Leipzig zur Arbeit gekommen und hat im Winter sogar den Schienenersatzverkehr mit Schnee und umständlichem Umsteigen in den Griff gekriegt.
(Das alles trifft natürlich nicht oder nur begrenzt für Leute zu, die erst spät erblindet sind.)
Auf einer Skala von eins bis müde bin ich Dornröschen.
Sonntags bin ich ein Mofa - halb Mensch, halb Sofa.
Danke Nosferata, in meiner Nachbarschaft wohnt auch eine blinde Frau. Dein Post hilft mir, das besser einzuschätzen, welche Hilfe sie benötigt.
In Afrika gab es mal einen Stamm, dessen Götter den Männern befohlen haben, auf dem linken Bein zu stehen.
Seitdem ist dort diese Standart Standard.
Freut mich, dass ich helfen konnte.
Ich hab damals übrigens gegen meinen Chef entschieden, dass wir die Azubine nehmen.
Alle Abteilungen hatten abgelehnt - der 'schönste' Grund: "Bei uns muss man so viel Treppen steigen." Ich sagte: "...die ist sehbehindert und nicht gehbehindert..."
Ich fand das damals so spannend und aufregend und hab ihr Löcher in den Bauch gefragt und bin sehr sehr froh über diese Erfahrung.
Geändert von Nosferata (21-03-2018 um 10:03 Uhr)
Auf einer Skala von eins bis müde bin ich Dornröschen.
Sonntags bin ich ein Mofa - halb Mensch, halb Sofa.