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  1. #1
    Bushveld Voortrekker Avatar von peterprochow
    Ort: Provinsie van Transvaal

    Wölfe in Deutschland – Ökologische Sanierung oder anachronistischer Witz?

    Wölfe polarisieren. Die Spannweite aktueller und überlieferter Einstellungen zum Urvater aller Wadenbeißer reicht von naturromantischer Verklärung bis hin zu irrationalem Hass.


    Der Wolf teilt das Schicksal derjenigen Tiere, die in mehreren europäischen Ländern, unter anderem auch in Deutschland, bereits als ausgerottet galten. Charakteristisch ist hier also der Umstand, dass das Verschwinden des Wolfes nicht mit dem Verschwinden von Tieren gleichgesetzt werden kann, welche durch die nahezu ungebremste Ausbreitung des Menschen ihren natürlichen Lebensraum verloren oder, wie z.B. Blauwale und Breitmaulnashörner, aufgrund menschlicher Gier nach bestimmten Ressourcen an den Rand des Aussterbens gedrängt wurden. Der Wolf wurde vielmehr gezielt gejagt, um ihn auszurotten, da er im gesellschaftlichen Konsens als Konkurrent und Gefahr wahrgenommen wurde.


    Daher verwundert es auch nicht sonderlich, dass die seit Jahren wieder zu beobachtende Bestandszunahme von Canis lupus in Deutschland recht kontrovers und leidenschaftlich diskutiert wird. Eine der wichtigsten Fragen scheint hierbei: Hat der Wolf überhaupt noch einen Platz im heutigen Deutschland? Salopp gesagt haben Deutschland und Wolf recht unterschiedliche Vorstellungen von Raumorganisation. Das Land, welches dieses faszinierende Tier einst durchstreifte, hat sich seitdem in kaum wiederzuerkennendem Maße verändert; Konflikte scheinen unausweichlich und vorprogrammiert. Manche Konflikte könnten womöglich entschärft werden, nutzte Vater Staat entschlossener sein eigenes Handlungspotenzial in puncto Entschädigung für gerissene Tiere bzw. Förderung von zur Wolfabwehr geeigneten Weidezäunen. Andere Konflikte scheinen unauflösbar, wie z.B. die alte Konkurrenz zwischen Jäger und Wolf. Zwei Jäger, denen ich beim Wandern begegnete, versicherten mir unabhängig voneinander, dass sich dort, wo ein Wolf auftaucht, weit und breit kein Schwarzkittel oder Rotwild mehr blicken lässt. Ob das so stimmt, sei dahingestellt, jedenfalls bilden solche Erfahrungen bzw. Wahrnehmungen ein gutes Fundament für die Wiederbelebung traditioneller Aversionen.


    Einhundert Quadratkilometer können als Reviergröße eines Rudels nahe der Untergrenze angesehen werden. Die tägliche Laufstrecke eines Wolfes beträgt über 20 Kilometer. Das natürliche Verhalten im Revier ist geprägt von großer Wachsamkeit, ständiger Verteidigungsbereitschaft und immenser räumlicher Präsenz. Damit scheint naheliegend, dass nicht nur die Frage gestellt werden muss, ob wir heutzutage noch mit dem Wolf klar kommen, sondern auch, ob der Wolf überhaupt noch mit unserer Welt klar kommen kann. Mit Städten, Dörfern und straßenüberwucherten Landschaften ist diesem Tier jedenfalls nicht optimal gedient, wenn man seine natürliche Lebensweise zugrunde legt. Und seien wir mal ehrlich – selbst wenn wir durch für unsere Begriffe "unberührte" Wälder wandern, bewegen wir uns auf ökonomisch genutztem und touristisch erschlossenem Terrain, wo wir zudem noch alle paar Kilometer auf Straßen treffen. Mit Wildnis hat das nicht mehr viel zu tun – unsere heutigen Wälder gleichen eher großen, mit menschlichen Duftstoffen übersäten Parks.


    Unabhängig davon, ob bzw. wie sehr sich der Wolf an die neuen Gegebenheiten anzupassen vermag, müssen wir uns also eventuell die folgenden Fragen stellen: Halten wir eine Rückkehr des alten Bekannten in unsere heutige Welt überhaupt für erstrebenswert? Sind wir selbst dazu bereit, zugunsten eines anderen Lebewesens, das historisch viel Leid durch uns erfahren hat, einen oder mehrere Schritte zurück zu treten und die Komfortzone zu verlassen, um eine möglichst reibungsarme Koexistenz zu ermöglichen? Kann man eventuell auch unsere eigene Fähigkeit zum Umschwenken auf nachhaltigere Lebensweisen daran messen, ob wir es schaffen, eine Koexistenz mit diesem doch sehr anspruchsvollen Tier, welches freilich um Welten weniger anspruchsvoll ist als der Mensch selbst, zu etablieren?
    Der Kontinuumtransfunktionator ist ein sehr rätselhaftes und mächtiges Gerät,
    und seine Rätselhaftigkeit wird nur durch seine Macht übertroffen.

  2. #2
    gesperrt Avatar von Kosel
    Ort: before I sleep
    Meck-Pomm, Brandenburg und die Ostlausitz sind dünn besiedelt. Da passen gut ein paar Wölfe rein.
    Zumal alle jammern, es gäbe eine Wildschweineplage.

  3. #3
    In Ostbayern tauchen auch immer wieder Wölfe auf, die vermutlich aus Richtung Tschechei kommen und auf einem Truppenübungsplatz der Amerikaner in der nördlichen Oberpfalz scheint sich mindestens 1 Wolf seit geraumer Zeit fest angesiedelt zu haben (großes Areal, bis auf Manöver und Schießlärm menschenleer, da passt sich der Wolf an), kürzlich wurde hierzu wohl auch noch ein zweiter Wolf gesichtet.
    http://www.br.de/nachrichten/oberpfa...woehr-100.html

    Ich für meinen Teil finde diese Tiere äußerst faszinierend und freue mich ehrlich gesagt über deren Rückkehr. Natürlich kann ich auch die Gegner zum Teil verstehen. Wir haben selber eine Landwirtschaft und die meisten Tiere stehen nahezu ganzjährig auf der Weide und wenn Wölfe sich mal eben in einer Schafherde austoben ist das kein Spaß. Allerdings halte ich persönlich dieses Risiko für eher gering, ist aber ein immer wieder gern genommenes Argument der Wolfsgegner.

  4. #4
    Zitat Zitat von Halastjarna Beitrag anzeigen
    Allerdings halte ich persönlich dieses Risiko für eher gering, ist aber ein immer wieder gern genommenes Argument der Wolfsgegner.

  5. #5
    fraktal
    unregistriert
    Die Leute haben in Deutschland ein sehr verklärtes Bild vom Wolf.
    Kommt wohl von Filmen und seltsamen Büchern.

    Der Wolf ist ein Wildtier das Fleisch frisst.
    Und er jagt auch sehr große Tiere.
    Da er sehr schlau ist wird er sehr schnell merken das die Beute auf Weiden sehr viel einfacher zu erlegen ist, als das Reh oder gar eine wehrhafte Wildsau im Wald.

    Darüber hinaus bringen wir ihm gerade bei, dass der Mensch keinerlei Gefahr für ihn darstellt.
    Das wird sich evtl. noch als fatal erweisen.

    Er ist ein fantastisches und interessantes Tier.
    Ausgerottet wurde er, weil wir das gesamte Land zu einer Kulturlandschaft gemacht haben.
    Weidetiere und Haustiere waren bedroht.
    Ob er innerhalb dieser Kulturlandschaft heute Platz hat wird man sehen.

    Anpassen kann er sich auf jeden Fall. Die Frage ist, ob wir das aushalten.

    Für Hauskatzen und Hunde ist er auf jeden Fall immer zu begeistern, und in Ländern mit Wölfen werden diese auch häufig seine Beute. Vor allem Hunde.

    In Schweden und Norwegen hat man die Wölfe einige Jahre streng geschützt.
    Derzeit bringt man einej großen Teil von ihnen (in Norwegen 70%) wieder um, weil es eben nicht ging.

    In Schweden erzählte mir ein Same, dass die Wölfe seine Rentiere fressen würden.
    Dafür bekäme er Entschädigung vom Staat. Er wolle aber keine Wölfe füttern, sondern Rentiere züchten. Deshalb hätte es immer Ärger gegeben.

    Solange bis ein Wolf ein Fohlen auf der Weide schwer verletzte, das der Tochter einer Statdrätin gehört hätte.

    Danach gabs keine Probleme mehr Abschüsse genehmigt zu bekommen.

    Bin mal gespannt wie das bei uns ablaufen wird.

    Solange es nur Schafe erwischt wird sich keine Lobby stark machen, bei Pferden oder Hunden wird das schon ganz anders aussehen.


    Das hier ist eine interaktive Karte, auf der die in Schweden von Wölfen getöteten Jagdhunde vermerkt sind.
    Wie gesagt, nur Jagdhunde!

    http://svenskjakt.se/start/nyhet/vargdodade-hundar/



    Das Reh hier hab ich vor einigen Jahren nicht weit von meinem Haus gefunden,
    Der Förster meinte, ausser einem Wolf hätte er kaum einen Verdächtigen dafür.
    Ich kanns, mangels Erfahrung, nicht beurteilen.




    Mich persönlich stören Wölfe nicht. ich finde sie gut und würde gerne mal einen in Freiheit sehen.

    Ich freu mich aber schon sehr auf das aufgeregte Gegackere und "Experten" im TV, wenn Schafi, Hundi, und Pferdi plötzlich Teil der Nahrungskette vom Wolf werden.
    Geändert von fraktal (05-05-2017 um 23:44 Uhr)

  6. #6
    Auffe Couch für den BVB Avatar von Jaspis I.O.F.F. Team
    Ort: Doatmund
    Wölfe sind extrem anpassungsfähig, sonst gäbe es sie nicht in allen Klimazonen. Auch spricht ihre hist
    orische "Zähmbarkeit" für ihre Flexibilität. Einzelwölfe werden auch in kleineren Gebieten zurecht kommen, Rudel werden sich die größeren Habitate suchen. Wir können mit ihnen leben, wenn wir die Wölfe nicht idealisieren oder verniedlichen. Und vor allem: Nicht füttern oder ihnen die Scheu vor den Menschen nehmen!

    Weidetiere könnten wieder durch Hütehunde geschützt werden. Ich glaube nicht, dass ein durchschnittlicher Wolf sich mit einem Kangal anlegen würde.

    Es gibt ein etwas pathetisches Video über die wieder in Yellowstone angesiedelten Wölfe und ihren Einfluss auf die Natur.

    [VIMEO]86466357[/VIMEO]

  7. #7
    fraktal
    unregistriert
    Zitat Zitat von Jaspis Beitrag anzeigen
    Weidetiere könnten wieder durch Hütehunde geschützt werden. Ich glaube nicht, dass ein durchschnittlicher Wolf sich mit einem Kangal anlegen würde.
    Ist das so?
    Mir hat man erzählt das es dafür spezielle Herdenschutzhunde braucht, eben z.B Kangals.
    Die sollen aber wirklich sehr teuer sein (5000 Euro) und nicht ungefährlich für Menschen.

    Da gibt ein paar wirklich grausige Videos aus der Türkei zum Thema, dort scheint es eine Art Unterhaltung zu sein, Wölfe von solchen Hunden töten zu lassen.
    Geändert von fraktal (05-05-2017 um 19:13 Uhr)

  8. #8
    fraktal
    unregistriert
    Zitat Zitat von Jaspis Beitrag anzeigen
    Wir können mit ihnen leben, wenn wir die Wölfe nicht idealisieren oder verniedlichen. Und vor allem: Nicht füttern oder ihnen die Scheu vor den Menschen nehmen!


    Ich glaub der Drops ist schon gelutscht.
    Das Verhalten einzelner Wölfe deutet sehr darauf hin, das sie als Welpen Kontakt mit Menschen hatten und wohl auch gefüttert wurden.

  9. #9
    Im ZDF lief an den vergangenen zwei Sonntagen ein sehr interssante und empfehlenswerte Dokumentation zum Thema...

    http://www.zdf.de/dokumentation/terr...-eins-100.html

    http://www.zdf.de/dokumentation/terr...-zwei-100.html

  10. #10
    Zitat Zitat von fraktal Beitrag anzeigen
    Ist das so?
    Mir hat man erzählt das es dafür spezielle Herdenschutzhunde braucht, eben z.B Kangals.
    Die sollen aber wirklich sehr teuer sein (5000 Euro) und nicht ungefährlich für Menschen.
    Esel und Lamas sollten den Job auch erledigen können:
    http://www.shz.de/lokales/schleswige...id9469836.html

  11. #11
    Zitat Zitat von Kosel Beitrag anzeigen
    Meck-Pomm, Brandenburg und die Ostlausitz sind dünn besiedelt. Da passen gut ein paar Wölfe rein.
    Zumal alle jammern, es gäbe eine Wildschweineplage.
    Zumindest im südöstlichen Meck-Pom jammert keiner über eine Wildschweinplage, da gibt es deutlich mehr im Berliner Stadtgebiet als da oben zu sehen.
    Idealer Ort aber wegen der Massen von Dammwild, die gehören ursprünglich da gar nicht hin.

    Wie wäre es z.B. mit der Wiederbelebung des guten, alten Hirtenberufes, der mit Hund die Herde schützt? Könnte man vielleicht als Wochenseminar für gestresste Manager anbieten (statt dem ganzen anderen Gedöns) und damit einen fachlich versierten Hirten finanzieren?

  12. #12
    fraktal
    unregistriert
    Zitat Zitat von tanguy Beitrag anzeigen
    Esel und Lamas sollten den Job auch erledigen können:
    http://www.shz.de/lokales/schleswige...id9469836.html

    Jepp, gegen einzelne Wölfe sicher.
    Die Jagdstrategie eines Rudels richtet sich aber genau gegen diese Art Verteidigung.

    Die Zeit wird zeigen wie der Umgang mit den neuen Wölfen von statten geht, und auf wessen Seite die Gesellschaft steht.

  13. #13
    Bushveld Voortrekker Avatar von peterprochow
    Ort: Provinsie van Transvaal
    Zitat Zitat von fraktal Beitrag anzeigen
    Ich glaub der Drops ist schon gelutscht.
    Das Verhalten einzelner Wölfe deutet sehr darauf hin, das sie als Welpen Kontakt mit Menschen hatten und wohl auch gefüttert wurden.
    Dann müsste man von offizieller Seite aus dringend versuchen einzugreifen, um solche Fütterungen zu verhindern. In Südafrika muss man z.B. immer wieder Affen abschießen - schuld sind aber die Touristen. Diese Affen sind von Natur aus nicht an Menschen interessiert, verlieren aber durch fütternde Touristen ihre Scheu. Irgendwann ist es dann soweit, dass die Affen Menschen belästigen oder sogar angreifen, wenn sie nicht gefüttert werden. Und Wölfe sind da natürlich noch mal ein anderes Kaliber.

    Dass Wölfe für Jagdhunde eine große Gefahr darstellen, habe ich auch immer wieder gehört. In dem Fall spielt vielleicht auch Revierverhalten eine wichtige Rolle.
    Weißt du zufällig, warum die Angriffe auf Jagdhunde auf deiner Karte so regional konzentriert auftreten? Haben sich die Grauen momentan nur in Mittelschweden ausgebreitet oder hat das andere Gründe?


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    Man muss sich vielleicht was einfallen lassen, um das Nebeneinander von Wölfen und Privatjägern zu ermöglichen. Wenn eine konsequente Populationskontrolle durch den Menschen ausbleibt, hängt die Dichte wohl hauptsächlich vom Nahrungsangebot ab, da Wölfe ihre Reviergröße offenbar negativ an das letztere anpassen. Sind eben auch irgendwie Ökonomen. Jäger wiederum dürften wohl eher wenig Interesse an geringen Rot- und Schwarzwildbeständen haben, um eine natürliche Kontrolle zu ermöglichen. Also muss ein Kompromiss zwischen Jägern, Gesellschaft und Naturschützern gefunden werden, bevor die Emotionen derart hochkochen, dass wieder Wölfe mit der Angel gefangen werden.
    Der Kontinuumtransfunktionator ist ein sehr rätselhaftes und mächtiges Gerät,
    und seine Rätselhaftigkeit wird nur durch seine Macht übertroffen.

  14. #14
    Zitat Zitat von peterprochow Beitrag anzeigen
    ---------------------

    Man muss sich vielleicht was einfallen lassen, um das Nebeneinander von Wölfen und Privatjägern zu ermöglichen. Wenn eine konsequente Populationskontrolle durch den Menschen ausbleibt, hängt die Dichte wohl hauptsächlich vom Nahrungsangebot ab, da Wölfe ihre Reviergröße offenbar negativ an das letztere anpassen. Sind eben auch irgendwie Ökonomen. Jäger wiederum dürften wohl eher wenig Interesse an geringen Rot- und Schwarzwildbeständen haben, um eine natürliche Kontrolle zu ermöglichen. Also muss ein Kompromiss zwischen Jägern, Gesellschaft und Naturschützern gefunden werden, bevor die Emotionen derart hochkochen, dass wieder Wölfe mit der Angel gefangen werden.
    Sehe ich unproblematisch. Privatjäger können sich ggf. aussuchen, wo sie jagen.
    Problematisch sehe ich das nur bei einer imho stark begrenzten Anzahl an Förstern, die komisch ticken.
    Die große Mehrheit an Förstern dürfte den Wolf begrüßen, weil er ihnen Arbeit abnimmt.

  15. #15
    Ach ja, Wölfe anzufüttern sollte streng verboten werden, sie sollten ihre Menschenscheu nicht verlieren.
    Dann klappt das auch mit der Koexistenz.


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