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Geändert von Pestalozzi (08-04-2018 um 00:52 Uhr)
Der Klassiker in der Forendiskussion: Man empört sich über eine Aussage, die der Andere so gar nicht getätigt hat oder unterstellt ihm eine Haltung, die er gar nicht hat.
Was für eine Hammeraussage. Ich muss also Politikwissenschaften studiert haben, um mir eine Meinung über einen Politiker erlauben zu dürfen? Ich darf den Fliesenleger nicht nach seiner Arbeit beurteilen, weil ich sein Gewerk nicht beherrsche? Ich darf nicht über den Dachdecker schimpfen, wenn es nach dem Dachdecken reinregnet?
Das ist völlig schräges Elfenbeinturmdenken.
Sicherlich nicht, wenn Lehrer ständig so rumjammern. Die Welt hat sich geändert. Damit sollte ein guter Lehrer zurechtkommen.
Merkst du die Blase nicht, in der du dich befindest? Ich wette deine Tochter ist toll aufgewachsen und hatte eine schöne Kindheit. Sie hatte liebevolle Eltern, ging gut nur Schule, wurde unterstützt, wenn sie Probleme hatte. Dann ging sie an die Uni = Schule2, dann ging sie als Lehrerin zurück an die Schule.
Und jetzt auf ein mal wird sie aus ihrer Blase herausgerissen, aus der Wohlfühloase und kann es nicht fassen, dass ein Lehrer schon mal als ,,Stricher" bezeichnet wird oder 9-Jährige sich noch nach 20.00 Uhr auf der Straße rumtreiben.
Wir haben einige Probleme in der Schule:
- Mangelnde finanzielle Ausstatung
- Ansprüche durch Inklusion
- Ansprüche durch Integration
- aber auch:
- Falsche Lehrerausbildung
- Falsche Lehrerauswahl
- Falsche Lehreranreize
Lehrer kennen einfach viel zu wenig vom echten Leben. Welcher Lehrer hat Arbeiter als Eltern? Welcher Lehrer hat Hartz4-Empfänger als Eltern? Welcher Lehrer hat Migrationshintergrund?
Ich bleibe dabei: 50% der Lehrer sind gut, weil ihnen die Pädagogik wichtig ist und sie im Hier und Jetzt und nicht im Waswärewennland leben, 50% wurden Lehrer, weil sie dachten, ach in der Schule fand ich Geschichte immer gut, ich studiere das jetzt mal oder weil sie dachten: Cool, ein Job ohne echten Chef, wo das Geld trotzdem reichlich fließt und es auch noch viel Freizeit gibt
Es ist mir unverständlich, dass ein Hauptschullehrer weniger verdient, als ein Gymnasiallehrer. Absolut unverständlich. Es ist mir unverständlich, dass man Lehrer im Unterricht nicht stärker kontrolliert. Wer arbeitet denn schon als Angestellter so, dass sein Chef vielleicht ein Mal in einem halben Jahr die Arbeit begutachtet? Wieso müssen Lehrer Beamte sein? Warum nicht die, die keine Leistung bringen, entlassen? Eine Reinigungskraft, die mangelhaft arbeitet und über die sich die Auftragnehmer bei ihrer Firma beschweren, wird über kurz oder lang entlassen. Wieso nicht beim überforderten Lehrer?
zwei-drittel-der-lehrer-in-nrw-gehen-vorzeitig-in-pensionFast zwei Drittel der Lehrer in Nordrhein-Westfalen gehen vorzeitig in Pension.
Was für ein Hammerzahl, die doch schon sehr viel belegt. Neben den ganzen anderen Missständen/Ansprüchen durch Geld, Inklusion, Integration und verändertem Sozialverhalten haben wir in meinen Augen eine falsche Lehrerauslese. Wieso gehen denn im Bau, in der Reinigung, in der Pflege nicht auch so viele frühzeitig in den Ruhestand. Ist deren Leben so viel einfacher?
50% der Lehrer sind gut, Pädagogen im Wortsinne, 50% sind Elfenbeinturmkinder, die, wenn sie ihrer Blase entrissen werden, im Leben versagen.
Ich weiß, eine Polemik
Geändert von Dost (24-02-2018 um 22:19 Uhr) Grund: schreibt ihr mal am Tablet
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Geändert von Perrier (29-08-2018 um 23:04 Uhr)
Perrier,
ich traue dir zu Hartz4 durch Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe zeitlich weiter und inhaltlich doch korrekt zu fassen und zwar so wie er gemeint und von dir auch verstanden wurde.
Dass es Lehrer mit einem anderen Hintergrund als dem des Bildungsbürgertums gibt war mir klar, war dir klar und du wusstest, wie es von mir gemeint war. Wieso also das Beispiel der Direktorin? #eineSchwalbemachtnochkeinenSommer.
Würde mich interessieren: Was gibt es mehr: Lehrer, die ein Elternteil haben, das selber Lehrer ist oder Lehrer, die ein Elternteil haben, das von staatlichen Leistungen abhängig war/ist?
Für den verlinkten Artikel bedanke ich mich. Habe ihn noch nicht gelesen, habe es aber vor.
Geändert von Dost (25-02-2018 um 07:41 Uhr)
Da es wohl Bundesländer gibt, die die Förderschulen komplett zugunsten von Inklusion aufgeben, möchte ich kurz Tätigkeiten skizzieren, die eine gute Freundin von mir ihr ganzes Berufsleben (Alter 60+) als Sonderpädagogin in einer Schule die inzwischen den Titel "Förderschule für geistige Entwicklung" trägt. Eigentlich sollen immer zwei Kräfte in der Klasse mit den ca. 10 SchülerInnen sein, was aber durch Krankheit und Fluktuation ein Wunsch ist.
Windeln wechseln, Ernährungssonden überprüfen, Kinder von Erbrochenem zu reinigen und frisch einkleiden, beim Toilettengang helfen und einen epileptischen Anfall von normalen Spasmen zu unterscheiden, gehört ebenso dazu wie ihren SchülerInnen den Umgang mit einer Waschmaschine zu erklären, Farben und Musik zu erklären und besonders Begabte mit Rechtschreibung und Grundrechenarten in Kontakt zu bringen. Sie hat SchülerInnen, die quasi fast nicht sprechen und solche die häufig schreien...
Sie liebt ihre Arbeit, ist aber froh über den Ruhestand in wenigen Jahren, da es auch körperlich fordernd ist, mit den Rollstühlen umzugehen und Kinder dort auch rausheben und wieder rein zu setzen. Auch sind ihre Zöglinge immer stärker behindert, zwei Gründe für sie sind die ganz frühen Frühchen, die dank Medizin heute überleben und Kinder aus Ehen unter nahen Verwandten. Früher gab es dagegen viele Kinder mit Trisomie 21, die sehr gut zu fördern waren.
Ich habe sie vor Jahren mal in ihrer Schule mal bei einem Sommerfest besucht - ich ziehe meinen Hut vor den Menschen die dort arbeiten wollen und es können. Früher, als sie noch Haus mit Garten hatte, hat sie im Sommer häufig ein paar SchülerInnen mit ihren (meistens) Mütter nach der Schule zu sich privat eingeladen - praktisches Werkeln im Garten, Spiel und Lernen gleichzeitig. Und ich habe erlebt, wie witzig und humorvoll der Umgang war.
Wenn ich mir vorstelle, dass all diese Kinder nun in völlig "normalen" Klassen mit 30 Mitschülern sind, graust es mich. Da leiden dann doch alle Beteiligten.
Eine Bekannte von uns hat eine durch eine Gehirnhautentzündung beeinträchtigte Tochter - sie liebt Inklusion, aber nur im Sportverein und bei diversen Freizeitangeboten. Für die Schulbildung hat sie mit ihrem Mann darauf bestanden, dass sie damals in eine Förderschule ging. Dort hat sie auch Erfolge haben können und sie konnte Freundschaften schließen, die noch heute bestehen, wo sie in einer Behindertenwerkstatt in der Küche arbeiten kann.
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Im Laufe meiner Schulzeit (70er/80er Jahre) gab es für uns ja auch diverse Reformen und Reförmchen - manche sorgten für nachhaltigen Ärger und mehr Anstrengung, andere waren mir/uns egal.
Am meisten habe ich bei den Lehrern gelernt, die Disziplin und wirkliches Lernen einforderten. Der Oberstudienrat, den ich in Französisch auf dem Gymnasium hatte, war gnadenlos streng - aber er hat wirkliche Begeisterung für die Sprache und das Land bei mir wecken können.
In der Grundschule waren wir schon 30+ SchülerInnen - manchmal laut und frech, aber dann gab es Nachsitzen, extra Aufgaben, in der Ecke stehen und bei drastischem Unfug hat es auch schon mal einen Schlag gesetzt. Das war der Preis und war akzeptiert.
Von unserer Klasse (35 Kids) in der "Orientierungsstufe" (5.-6. Klasse, auch ein Schulexperiment) bekamen 9 eine Empfehlung für das Gymnasium und der Rest verteilte sich auf Realschule und Hauptschule. (Ich habe mir unsere alten Klassenfotos angesehen.) Ein Mädchen aus einem kleinen Dorf bekam eine Empfehlung fürs Gymnasium, ist aber auf die Realschule gegangen. Sie wäre das einzige Mädchen aus dem Dorf auf dem Gymnasium gewesen und es sollte niemand denken, dass sie etwas besseres wäre... Wir haben erst vor kurzer Zeit nochmal darüber gesprochen und haben den Kopf über unsere damaligen "Ich's" geschüttelt.
Und mit dem Lernen damals war es auch einfach - klare Regeln - bevor die Hausaufgaben nicht erledigt sind (incl. Kontrolle durch meine Mutter) geht es nicht raus zum Spielen. - Das war nicht toll und hin und wieder flossen Tränen, aber vermutlich notwendig - und es war Konsens in praktisch allen Familien, mit deren Kindern ich befreundet war. Lernen war nicht immer Spiel und Spaß... aber das hat uns auch keiner versucht, zu erzählen...
Inklusion in Italien: http://www.zeit.de/2012/23/Schule-Inklusion
Und wem Italien zu unpassend scheint, hier noch ständiger PISA-Sieger (zumindest in vergleichbaren Breitengraden) Finnland: http://www.umweltschulen.de/internat/fi_welfare.html oder auch https://magazin.sofatutor.com/lehrer...besser-machen/
Warum Deutschland an einem Schulsystem festhält, das für jeden Furz eine eigene Schule hat, erschloss sich mir noch nie. Inklusion bezieht sich übrigens darauf, dass JEDER Mensch dazugehört. In Bezug auf Schule schließt das also nicht nur die Kinder mit Behinderung oder anderweitig festgestelltem Förderbedarf ein, sondern JEDES Kind.
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Geändert von Pestalozzi (08-04-2018 um 00:53 Uhr)
Wenn Eltern Respektlosigkeit vorleben, werden die Kinder vermutlich auch keinen Respekt entwickeln.
Wo Lehrer sowieso nur als faule Säcke mit zuviel Ferien gelten, wird das nichts. Und wo schon das Wort "Disziplin" einen negativen Beigeschmack hat, wird das Unterrichten sehr schwer.
Wenn man schon die Hälfte der Unterrichtszeit damit verbringen muss, soweit Ruhe in den Klassenraum zu bringen, dass man mit dem Unterrichtsstoff anfangen kann, werden zumindest diejenigen, die lernen wollen, irgendwann entmutigt.
Ich kenne genug Lehrer, die vorzeitig in den Ruhestand gingen. Die meisten nicht, wiel sie so faul waren, sondern weil sie nervlich und daraufhin folgend auch körperlich einfach am Ende waren.
Nein ist ein vollständiger Satz.
"Don't you еver dare to wear my Depeche Mode T-shirt"
There are 10 types of people in the world:
Those who understand binary, and those who don't.
Zur Inklusion:
Kinder, die als nicht beschulbar gelten, profitieren nicht davon
https://www.news4teachers.de/2016/07...hause-bleiben/
Die Autisten können nichts für ihr Verhalten, die anderen Schüler haben aber doch auch Rechte.
Auch andere Störungen und Behinderungen können nicht gut aufgefangen werden, wenn Räumlichkeiten, Lehrkräfte usw einfach nicht reichen.
Ich kenne nur zwei Kinder, die eingeschränkt sind und in Regelschulen gehen. Das ist nicht repräsentativ, klar.
Aber diese Kinder sind nicht grade glücklich an der Regelschule, weil sie sehr genau mitbekommen, was sie alles nicht können und dass sie die Langsamsten und Schwächsten in der Klasse sind.
Nein ist ein vollständiger Satz.
Dass alles das mit dazu gehört, was an einer Förderschule geleistet wird, ist vielen wohl überhaupt nicht bewusst. Jemand, der aufgrund einer Querschnittlähmung auf den Rollstuhl angewiesen ist und für den die größten Barrieren, die drei Stufen vor der Eingangstür der Schule darstellen, ist gar nicht - noch nicht mal ansatzweise! - der Maßstab, wenn man über Inklusion (von körperlich und geistig behinderten Menschen) sprechen will. Es gehört sooo viel mehr dazu, was Förderschulen leisten. Woran in der öffentlichen Diskussion aber kaum mal gedacht wird
Ich habe aufgrund einer - vergleichsweise leichten - Körperbehinderung meine gesamte Schulzeit (in den 1980er) auf einer Förderschule verbracht. Und das bedauere ich bis heute kein bisschen. Bessere Lernbedingungen als in den kleinen Klassen (max. 12 Schüler) mit zusätzlicher individueller Einzelförderung, wie ich sie damals erlebt habe, kann man sich überhaupt gar nicht vorstellen. Das war auf der Förderschule keine Beschulung zweiter Klasse (wie das viele vermutlich denken), sondern First Class. Von dem ganzen Drumherum, das Du aufzählst und das dort perfekt gegeben war, mal ganz zu schweigen.
Auch wenn das sicherlich viele wundern wird, aber ich, als selber körperlich behinderter Mensch, halte nicht viel von den Inklusionsbestrebungen im Schulbereich. Vor allem, wenn dafür funktionierende, und für viele Behinderte zwingend notwendige Infrastruktur geopfert wird. Da bleiben so viele auf der Strecke und kippen schlicht hinten über. Für die kann dann kaum noch was getan werden.
Aus meiner Sicht vollkommen nachvollziehbare und richtige Entscheidung.
Je nach Ausprägung ist Autismus nicht ganz so einfach.
Dass die Probleme mit Kindern z.B. mit Mehrfachbehinderungen oder Aggressionsstörungen noch viel größer sind, ist unbestreitbar.
Nein ist ein vollständiger Satz.