Du reduzierst jeden einzelnen Umstand zu sehr auf sich alleine. Niemand nimmt es Wulff übel, wenn er Fußball gucken geht.
Aber es ist schon sehr auffällig, dass ein Berufspolitiker, der jahrzehntelang extrem sensibel war, wie er in der Öffentlichkeit ankommt und gesehen wird, ja sogar überaus oft nach der Schnauze des Volkes gesprochen hat, jetzt überhaupt keine Sensibilität mehr zeigt, was sein eigenes Auftreten in der Öffentlichkeit angeht.
Es ist klar, dass er sich nicht hinstellt und seine Fehler selbst aufarbeitet. Das wäre quasi ein Schuldeingeständnis und würde ihn nicht vom Druck befreien, der auf ihn lastet, weil viele Bürger es ungerecht finden, welche Leistungen er weiterhin in Anspruch nehmen darf. Aber er sorgt weiter für die Mosaiksteine, die das Gesamtbild noch verstärken, dass es ihm nur um sich selbst geht. Wie Apollo schon andeutete: Es ist durchaus möglich, sich etwas weiter zurückzuziehen und den Ball flacher zu halten.
Stattdessen hat er sich mit vollen Ehren verabschieden lassen (warum damit eigentlich nicht warten, bis die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen einstellt oder er in einem Prozess freigesprochen wird, also der Verlust seiner Ehre zumindest nach offizieller Lesart verneint ist?), und sich als VIP zu zeigen sieht auch nicht unbedingt so aus, als würde man nur einen Funken an Bescheidenheit zeigen.
Wulff wurde überhaupt erst als Langweiler mit seinem braven Schwiegersohnimage beliebt (in erster Linie, weil er seriös und zu platt für Skandale wirkte) und kam so folglich erst in seine Ämter. Verstoßen wurde er auch nicht deswegen, weil er plötzlich nicht mehr langweilig war, sondern weil er allgemein geltenden Maßstäben nicht gerecht wurde. Soll ich jetzt nochmal erklären, warum ein Ex-Bundespräsident, der weiter die gleichen vom Steuerzahler bezahlten Bezüge wie bisher bezieht, nicht sofort am Tag seines Rücktritts reine Privatperson wird, bei der nur noch normale Maßstäbe gelten im Sinne von "das würden wir doch alle machen"?