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  1. #796
    Bushveld Voortrekker Avatar von peterprochow
    Ort: Provinsie van Transvaal
    Zitat Zitat von sirius Beitrag anzeigen
    Habe jetzt auch überall gelesen, dass es in Kiel eine Beziehungstat war. Finde das Wort Beziehungstat übrigens völlig okay, weil ich im Leben nicht drauf käme, aus diesem Wort irgendeine "Mitschuld" des Opfers abzuleiten (wie das ja einige hier tun). Beziehungstat bedeutet, dass Täter und Opfer eine Beziehung hatten/haben und einer davon dann durchgedreht ist. Ich finde, man sollte nicht immer in jedes Wort alles Mögliche reininterpretieren.

    Wir sind ja selten genug der gleichen Meinung, aber hier gebe ich dir völlig Recht.

    Die Wortbildungsmotivation hinter Beziehungstat sehe ich nicht analog zu Worten wie Gemeinschaftsprojekt ("von der Gemeinschaft verwirklichtes Projekt"), sondern eher analog zu Worten wie Winterwetter (nicht "Wetter des Winters" sondern "Wetter im Winter"). Sicher kann das aber von Sprecher zu Sprecher und je nach Interessenshintergrund auch ohne Böswilligkeit anders wahrgenommen werden.
    Der Kontinuumtransfunktionator ist ein sehr rätselhaftes und mächtiges Gerät,
    und seine Rätselhaftigkeit wird nur durch seine Macht übertroffen.

  2. #797
    Auffe Couch für den BVB Avatar von Jaspis I.O.F.F. Team
    Ort: Doatmund
    Es gibt offenbar eine Art Sprachregelung für Delikte. Auf der Seite des Lehrstuhls für Kriminologie und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum findet man ein entsprechendes Lexikon:

    Krimlex

    Beziehungsdelikte

    Neben "opferlosen" Straftaten (auch "Zustimmungsstraftaten" genannt), - das sind solche, an denen alle Beteiligten freiwillig teilnehmen, z. B. illegales Glücksspiel, verbotene Prostitution, Verkauf und Konsum von Rauschmitteln -, und Delikten, die sich nicht gegen Privatpersonen richten, sondern Behörden und Institutionen bzw. Rechtsgüter der Allgemeinheit betreffen (z. B. Umwelt-, Wirtschaftskriminalität), gibt es Verbrechen, die aus einer spezifischen Täter-Opfer-Beziehung erwachsen (*Opfer). Diese werden als "Beziehungsverbrechen" bezeichnet, wobei zu unterscheiden ist zwischen "echten" und "unechten" Beziehungsverbrechen. Danach ist Kriterium für das echte Beziehungsdelikt die "tatrelevante, vordeliktische, subjektive soziale Beziehung zwischen Opfer und Täter". Nicht ausreichend ist der "durch die Tatsache des Delikts" allein geschaffene soziale Zusammenhang zwischen Opfer und Täter. Vielmehr muß die soziale Beziehung den Beteiligten bewußt sein. Sie müssen "sinnhaft aufeinander eingestellt sein". Echte Beziehungs-verbrechen in diesem Sinne sind z. B. die Mißhandlung von Schutzbefohlenen, sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen sowie Haus- und Familiendiebstahl.
    Sind die Beteiligten dagegen nicht "sinnhaft aufeinander eingestellt", spricht man von "Scheinsozialformen". Hier kommt es dem Täter weniger auf die Beziehung als solche an, als vielmehr auf den materiellen Wert, den das Opfer vermittelt. In diesen Fällen handelt es sich um unechte Beziehungsverbrechen. Dazu zählen z. B. die meisten Diebstähle, Raub und Erpressung. ...

  3. #798
    Bushveld Voortrekker Avatar von peterprochow
    Ort: Provinsie van Transvaal
    Deskriptiver Fachtext, der vermutlich Teil irgendeiner kriminologischen Typologie ist. Aus dessen Zweck heraus ist es verständlich, dass er das Kriterium der fraglichen gemeinsamen Schuld an der Tat nicht aufgreift, also weder bejaht noch verneint. Im wahren Leben wäre eine solche Schuldverteilung sicher auch nur konkret situational vorzunehmen, was aber wiederum nicht die Frage beantwortet, ob der Aspekt der Mitschuld des Opfers dem im Alltag gebrauchten Wort Beziehungstat im Default zuzurechnen ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die fachsprachliche Definition eines Wortes ganz allgemein keine absolute Sicherheit über dessen Bedeutungskomponenten in der Umgangssprache bzw. in der Kommunikation zwischen Laien oder zwischen Medien und Laien schafft.
    Der Kontinuumtransfunktionator ist ein sehr rätselhaftes und mächtiges Gerät,
    und seine Rätselhaftigkeit wird nur durch seine Macht übertroffen.

  4. #799
    Alleine bei uns im Umkreis von ca. 15-20 km gab es in kürzester Zeit viele Mordfälle innerhalb von Familien. Natürlich waren es Beziehungstaten. Aber NIEMAND hat sich an dem Wort gestört. Und NIEMAND hat die abscheulichen Taten irgendwie verharmlost. Und NIEMAND hat einem der Opfer eine "Mitschuld" gegeben.

  5. #800
    Trotzdem sehe ich es so wie Dedeli. Auch wenn es ein Fachterminus ist, hat "Beziehungstat" etwas abschwächendes. Weil darin enthalten ist, dass dieser Tat eine Beziehung zweier Menschen vorausgegangen ist, die an irgendeiner Stelle aus dem Ruder gelaufen ist. Was auch durch ein mögliches "Fehlverhalten" des Opfers ausgelöst worden sein könnte.

    Mir fällt auch kein besserer Begriff ein, aber Beziehungstat hat letztlich etwas von "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich" oder "It takes two to Tango".

  6. #801
    Auffe Couch für den BVB Avatar von Jaspis I.O.F.F. Team
    Ort: Doatmund
    Wenn wir uns nicht mal auf Begrifflichkeit einigen können, wie wollen wir dann über das Thema reden?

    Die Mehrzahl der Gewalttaten gegenüber Frauen passiert im familiären, nachbarlichen, kollegialen oder Freudes-Umfeld. Das heißt, die Opfer standen in einer wie auch immer gearteten Beziehung zum Täter oder zur Täterin. Das sagt nichts über Schuld aus.

  7. #802
    Zitat Zitat von Marmelada Beitrag anzeigen
    Trotzdem sehe ich es so wie Dedeli. Auch wenn es ein Fachterminus ist, hat "Beziehungstat" etwas abschwächendes. Weil darin enthalten ist, dass dieser Tat eine Beziehung zweier Menschen vorausgegangen ist, die an irgendeiner Stelle aus dem Ruder gelaufen ist. Was auch durch ein mögliches "Fehlverhalten" des Opfers ausgelöst worden sein könnte.

    Mir fällt auch kein besserer Begriff ein, aber Beziehungstat hat letztlich etwas von "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich" oder "It takes two to Tango".
    Wenn jemand so denkt kann man es natürlich nicht verhindern. Das liegt aber nicht an dem Wort sondern an dem was man selbst hinein interpretiert.

  8. #803

  9. #804
    Zu dem Wort Beziehungstat: für mich ist das lediglich (gerade wenn es eine neue Meldung ist) die Mitteilung, das das Opfer kein Zufallsopfer war.

  10. #805
    CB ist cool
    unregistriert
    Zitat Zitat von Jaspis Beitrag anzeigen
    Wenn wir uns nicht mal auf Begrifflichkeit einigen können, wie wollen wir dann über das Thema reden?

    Die Mehrzahl der Gewalttaten gegenüber Frauen passiert im familiären, nachbarlichen, kollegialen oder Freudes-Umfeld. Das heißt, die Opfer standen in einer wie auch immer gearteten Beziehung zum Täter oder zur Täterin. Das sagt nichts über Schuld aus.
    Für mich hat Beziehungstat auch immer eine Abschwächung bedeutet. Vielleicht deswegen, weil es sich so anhört, als könnte das Opfer auch provoziert haben wie auch immer ,das es zu der Tat kam.

    Ist es denn so, egal ob Beziehungstat oder keine die Urteile gleich sind, oder wird die "Beziehung" ausgewertet und beeinflusst das Urteil?

  11. #806
    Zitat Zitat von CB ist cool Beitrag anzeigen
    Für mich hat Beziehungstat auch immer eine Abschwächung bedeutet. Vielleicht deswegen, weil es sich so anhört, als könnte das Opfer auch provoziert haben wie auch immer ,das es zu der Tat kam.

    Ist es denn so, egal ob Beziehungstat oder keine die Urteile gleich sind, oder wird die "Beziehung" ausgewertet und beeinflusst das Urteil?

    Das Urteil wird von allen bekannten Faktoren im Zusammenhang mit der Tat beeinflusst. Das wird individuell beurteilt. Auch bei Nichtbeziehungstaten kann eine Provokation oder Streit vorausgegangen sein.

  12. #807
    CB ist cool
    unregistriert
    Zitat Zitat von Lieb-Ellchen Beitrag anzeigen
    Das Urteil wird von allen bekannten Faktoren im Zusammenhang mit der Tat beeinflusst. Das wird individuell beurteilt. Auch bei Nichtbeziehungstaten kann eine Provokation oder Streit vorausgegangen sein.
    Aber eigentlich bräuchte man doch dieBegrifflichkeit dann nicht, oder?

  13. #808
    Zitat Zitat von redglori Beitrag anzeigen
    Traurig

    Die rassistischen Kommentare im Focus sind allerdings widerlich.

  14. #809
    Tzerberus
    unregistriert
    Zitat Zitat von dedeli Beitrag anzeigen
    [...] Ich habe z.B. heute in den Kommentaren zu einem Artikel zur Gewalt gegen Frauen (vermutlich bei Spiegel), gelesen, dass so eine Tat wie in Freiburg doch viel schockierender wäre als eine Beziehungstat, bei der ein Ehepartner getötet würde. Ich verstehe das nicht, für mich ist beides gleich schockierend und das bestätigt durchaus, dass manche so ticken, wie Mausophon das beschrieben hat.
    Ich schau lieber nicht nach, was Mausophon geschrieben hat, weil ich auch zu diesen tickenden Personen gehöre. Da ich im ersten Moment etwas von mir enttäuscht war, dass mich das Eine mehr schockiert als das Andere habe ich nachgedacht, warum das so ist. Und während ich so denke, schreibt JackB einiges, worüber ich noch nicht nachgedacht hatte, dem ich aber zustimme.
    Zitat Zitat von JackB Beitrag anzeigen
    Ob das eine oder andere für jemanden schockierender ist als das andere, hängt verständlicherweise davon ab, inwieweit er das auf sich selber bezieht.

    Durch Täter, die sich sozusagen zufällig ihr Opfer suchen, wie anscheinend bei der Tat in Freiburg, kann sich jeder bedroht fühlen. Und diese Wahrnehmung von Bedrohung ist vermutlich das, was bei manchen Menschen "schockierend" ist.
    Vor einer Bedrohung durch einen (Ex-)Partner, der einen anzünden oder sonstwie schwere Gewalt ausüben könnte, fühlen sich die meisten dagegen ziemlich sicher, also bleibt hier der "Schock" aus.

    Insofern kann ich solche Aussagen gut verstehen. Eine Einordnung, was (für die Betroffenen) schlimmer ist, wird damit nicht gemacht.
    Wobei für mich die Tat in Freiburg keine Bedrohung ist, sondern eher ein Schock, eine Bestürzung, wie schnell alles vorbei sein kann. Man ist 19, ist jung, das Leben steht einem offen und dann...AUS!
    Es ist die Schnelligkeit des Endes, die mich mehr bestürzt als die häusliche Gewalt, die sich in meiner Vorstellung quälend langsam hinzieht, sich steigert und dann irgendwann kulminiert. Man sollte Schrecklichkeiten nicht gegeneinander aufrechnen. Aber dass einen das Eine mehr bestürzt wie das Andere, obwohl beide gleich schlimm sind, finde ich nicht schlimm, solange man sich ab und an hinterfragt.

    Ist es denn so schlimm, dass einem einige Dinge mehr bestürzen als andere? Man rechtfertigt dadurch doch nichts. Die volle Wahrheit: Wenn ich in Kiel lese, dass ein kleines Mädchen tot gefahren wurde, bin ich schockierter, wie wenn ich lese, dass in Indien 100 Menschen bei einem Zugunglück umgekommen sind, wo vermutlich auch kleine Kinder bei gewesen sein dürften. Nicht nett von mir! Bin ich der Einzige?

    Zitat Zitat von redglori Beitrag anzeigen
    Scheiße! Das berührt mich sehr. Nicht nur die fiese Machart (gibt es aktuell unter den Tätern einen Wettbewerb, wer am perversesten eine Frau umbringen kann? Anzünden, Hinterher ziehen, was noch? So was plant man doch vorher...), sondern schlichtweg, weil ich die Klinik gut kenne. Kronshagen ist wie ein Stadtteil von Kiel. Wenn man die Örtlichkeiten kennt, wird das Grauen irgendwie persönlicher und man ist schockierter. Das kann man kaum beeinflussen Dedeli.

  15. #810
    Zitat Zitat von CB ist cool Beitrag anzeigen
    Aber eigentlich bräuchte man doch dieBegrifflichkeit dann nicht, oder?
    Braucht man nicht und verwendet man nicht in der Verhandlung. Ergibt sich allerdings aus der Beziehung, die zwischen Täter und Opfer bestand.

    Würde es dir weiter helfen, wenn man statt des Wortes Beziehungstat nur schreibt "der Täter ist der Ehemann, Lebensgefährte, Ex des Opfers?" Käme das selbe dabei heraus und niemand könnte mehr meckern.


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