Ich bepate dieses Mal Argentinien. Das Land ist immer eine Reise wert. Ihr werdet euch nicht sattsehen können und euch freuen wie ein Baby, wenn ihr merkt, was Argentinien alles zu bieten hat. Und um euch das Land etwas näher zu bringen, gibt es hier 2 argentinische Legenden.
Die Kinder des Teufels
Im 16. Jahrhundert begann das Königreich Spanien, die Region des heutigen Argentinien zu erobern und zu kolonialisieren. Die Konquistadoren waren wenig zimperlich, brannten ganze Dörfer nieder und töteten tausende der dort lebenden Ureinwohner. Es schien, als könnte sich ihnen nichts in den Weg stellen und als hätten sie keine Angst, selbst die dunkelsten Flecken dieses noch unbekannten Kontinents für sich zu vereinnahmen.
Eines Tages erreichten die spanischen Eroberer ein Dorf an einem der vielen Zuläufe des Paraná. Und was sie hier sahen, ließ sie erschaudern und in Gebete voller Angst sinken. Kinder mit Augen so schwarz wie eine Nacht ohne Mond und ohne Sterne. Ein Konquistador schrieb in sein Tagebuch: „Da sah ich sie vom Pferde aus vor den kleinen strohgedeckten Hütten stehen, Kinder ohne etwas Weißes in den Augen, als würde man in den finstersten Abgrund direkt in den Schlund der Hölle blicken.“ Die Männer waren so entsetzt, dass sie schnell wegritten und allen von den Niños del diablo erzählten, den Kindern des Teufels.
Doch ihr Kommandant wollte das nicht glauben und so schickte er sich selbst an, mit vielen Männern zu dem Dorf zu reiten. Und tatsächlich, seine Männer hatten nicht gelogen. Es gab sie wirklich, die Kinder des Teufels. Er befahl, alle Kinder in eine nahegelegene Höhle zu bringen, sodass sie keinen Kontakt mehr zum Dorf hätten. Nur einmal am Tage sollten sie Wasser und etwas zu essen bekommen. Doch wenige Tage später hatten sich auch die Augen einiger Soldaten schwarz verfärbt. Die Konquistadoren glaubten, mit einem Fluch belegt worden zu sein. Sie töteten alle Kinder und sämtliche Bewohner des Dorfes.
Mitte des 20. Jahrhunderts unternahmen Archäologen aus Argentinien und Spanien eine Forschungsreise, um eben dieser Legende nachzugehen. Schließlich fanden sie den Ort und auch die Höhle. Nur wenige Überreste und ein paar Malereien an den Höhlenwänden waren allerdings alles, was sie fanden. Etwas enttäuscht gingen ein paar von ihnen im nahen Fluss schwimmen, was die Hitze zu der Zeit erträglicher machte.
Ein paar Tage später begannen sich auch die Augen einiger Forscher schwarz zu verfärben. Voller Panik wurden sie in das nächste Krankenhaus gefahren, wo man feststellte, dass sie ein Parasit befallen hatte. Der winzig kleine Malatkawurm, der in den Gewässern dieser Gegend vorkommt, frisst sich in das Auge. Die Schwarzfärbung entsteht, wenn die Brut dieses Zwitterwurms schlüpft und das Elterntier stirbt. Dieser Zyklus wiederholt sich so lange, bis im Auge keine Nahrung mehr zu finden ist. Dann sterben die Würmer und das Auge trocknet aus.
Queen Victorias Bulle
Es war im 19. Jahrhundert, als die englische Witwe Esther Farray-Brynngin nach Argentinien reiste. Ein paar Wochen zuvor hatte sie ein Telegramm erhalten, dass ihr Mann, Lord Alexander Farray-Brynngin, ein zu der damaligen Zeit bekannter Herausgeber von Reiseliteratur, in einer abgelegenen Gegend ums Leben gekommen sei. Da es große Probleme bei der Identifizierung gab, entschloss sich seine Witwe, trotz ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft, nach Argentinien zu reisen, um die Leiche ihres Ehemannes zu holen.
Am 5. Februar 1847 erreichte sie nach mehrwöchiger Überfahrt den südamerikanischen Kontinent. Von der Küste ging es dann per Kutsche ins Landesinnere. Die lange Schiffsreise und die unbequeme Fahrt mit der Kutsche über holprige Wege setzten der hochschwangeren Frau deutlich zu. Und so, eines Tages, begannen plötzlich die Wehen einzusetzen. Dies war ein großes Problem, denn sie waren weit vom nächsten Ort geschweige denn der nächsten Stadt entfernt. Nur ihre Kammerzofe, ein Diener, der Kutscher und zwei argentinische Begleiter waren bei ihr. Da eine weitere Kutschfahrt nicht in Frage kam, war sie wohl oder übel gezwungen, das Kind mitten in der Pampa zu bekommen.
Die zwei argentinischen Begleiter bedeuteten ihr, noch in der Kutsche zu warten, damit sie alles vorbereiten könnten. Sie entzündeten ein Feuer und begannen, den Boden in einem Umkreis von mehreren Metern ab- und auszubrennen. Anschließend legten sie eine Decke aus, auf die sich Esther Farray-Brynngin legen sollte. Zwischen zwei sehr schmerzhaften Wehen fragte sie nach, warum sie das Feuer entzündet hätten. Sie erzählten, dass Frauen in der Gegend schon seit Jahrhunderten ihre Kinder so gebären würden. Der Boden wäre weich und warm und ideal für die Niederkunft. Der Boden müsse allerdings ausgebrannt werden, um die werdenden Mutter vor der Araña del placenta zu schützen. Lady Farray-Brynngin schaute daraufhin die Männer entsetzt an, den sie sprachen von einer sogenannten Mutterkuchenspinne. Die Männer nickten und erzählten weiter. Der Mutterkuchen, bevor er ebenfalls ausgeboren wird, sondert ein bestimmtes Sekret ab, dass diese Art von Spinnen anlockt. Sie leben dicht unter dem Boden und würden blitzschnell auftauchen. Sie sind aber so klein, dass man sie schnell übersieht. Sie krabbeln in den Geburtskanal und beißen sich dort fest, was einen Krampf auslöst, wodurch der Mutterkuchen stecken bleibt und die Frau letztlich stirbt. Doch bevor sie protestieren konnte, setzte schon die nächste Wehe ein und das Baby kam langsam. Und so konnte sie in dem Moment keinen Gedanken mehr an diese angst machende Geschichte verlieren. Als das Baby endlich da war und sie es überglücklich in ihren Armen hielt, gellte plötzlich ein Schrei der Witwe durch diesen Glücksmoment. Leider hatten die Männer den Boden in ihrer Eile nicht ordentlich genug ausgebrannt und eine Spinne war in die Frau gekrabbelt. Sie konnten nicht mehr viel tun, ein paar Stunden später war Esther Farray-Brynngin tot.
Gemeinsam mit ihrem Leichnam und dem ihres Mannes sowie dem gesunden Baby kehrte ihre kleine Gefolgschaft schließlich nach England zurück. Dort verbreitete sich die Geschichte in Windeseile und sorgte für große Probleme in den Krankenhäusern und bei den Ärzten. Aus Sorge, ihnen könnte auch dergleichen passieren, wollte tausende von Frauen in ihrer Hysterie nicht mehr natürlich gebären, sondern per Kaiserschnitt entbinden. Ein Problem, das schließlich auch das Königshaus erreichte. Schließlich sah sich Queen Victoria gezwungen, eine königliche Bulle herauszugeben, dass eine ihrer Tanten dereinst ein Kind in Argentinien gebar, und sich beide bester Gesundheit erfreuten. Auch sie, die Königin höchstselbst, würde die von Gott gewollte Niederkunft stets einem Kaiserschnitt vorziehen. Erst diese Verkündung ließ die Hysterie allmählich abebben.