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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gedichte gesucht - Thema: Sprache


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SchatzEngel
22-11-2005, 16:13
Hey! Ich bin mir nich ganz sicher, ob ich das hier jetzt richtig reinstelle, aber Gedichte gehören ja wohl auch zum geschriebenen Wort ;)
Also. Ich suche Gedichte die um die Sprache an sich handeln oder um die Beziehung die ein Mensch zur Sprache haben kann.
Bisher bereits bekannte Beispiele sind zum "Wünschelrute" von Joseph von Eichendorff, "Ich fürchte mich so" von Rainer Maria Rilke oder "Ein Wort" von Gottfried Benn.
Und ich suche nun mehr dieser Art, da ich bald eine Abiturvorbereitungsklausur schreibe, in der ich einen Gedichtvergleich anstellen muss. Und zum üben such ich mal ein paar passende Gedichte. Vielleicht gibt es ja ein paar erlesene Lyriker unter euch? :) Würd mich freuen.

Lieben Gruß

oblom
22-11-2005, 16:40
Vielleicht gibt es ja ein paar erlesene Lyriker unter euch? :)
Forenkollege Pikul ist ein herausragender Vertreter der monegassischen Tuntenlyrik. :anbet:

Bis Pikul eine Kostprobe zum besten gibt, könntest Du ja bei Ernst Jandl nachrecherchieren, z.B.:

fortschreitende räude

him hangfang war das wort hund das wort war bei
gott hund gott war das wort hund das wort hist fleisch
geworden hund hat hunter huns gewohnt


him hanflang war das wort hund das wort war blei
flott hund flott war das wort hund das wort hist fleisch
gewlorden hund hat hunter huns gewlohnt


schim schanflang war das wort schund das wort war blei
flott schund flott war das wort schund das wort schist
fleisch gewlorden schund schat schunter schuns gewlohnt


schim schanschlang schar das wort schlund schasch wort
schar schlei schlott schund flott war das wort schund
schasch fort schist schleisch schleschlorden schund
schat schlunter schluns scheschlohnt


s-----------------------c--------------------h
s-----------------------c--------------------h
schllls-----------------c--------------------h
flottsch

Jaluda
22-11-2005, 18:04
Weil ich da Abitur lese, fällt mir das Sternchenthema in BaWü, nämlich die Exillyrik ein. Da haben sich einige Dichter mit der Sprache beschäftigt, da sie oft im Exil nicht mehr ihren Beruf ausüben konnten. Fremde Sprache, kein Publikum, kein Broterwerb.

Habe hier eines von Berthold Viertel: Die deutsche Sprache

oder...
Abdolreza Madjderey: Sprachnomadenleben
Franco Biondi: Sprachfelder
Tryphon Papastamatelos: sprach-barriere

Ich weiß nicht, ob sowas, also Exillyrik überhaupt deinem Wunsch enspricht. Man findet die wohl größtenteils auch nicht im Internet wegen des Copyrights. Wenn dich was davon interessiert, schreib mir mal eine PN =)

Zartbitter
23-11-2005, 01:03
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen,
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurückbegeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt vor einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.

Novalis

Pikul
23-11-2005, 01:12
Forenkollege Pikul ist ein herausragender Vertreter der monegassischen Tuntenlyrik. :anbet: :suspekt:

Fr33damalex
23-11-2005, 09:28
Was ist die Sprache dieser Welt,
diese all zusammenhält?
Wer hat das große Wort gesagt?
Wer hat in der Ursprach was gesagt?
Wer redet mit der großen Zunge
und schreit die Wörter aus der Lunge?
Niemand spricht des Doktors Hals,
außer er hat eine Balz!



Das ist die Sprache dieser Welt,
diese all zusammenhält.

Fr33d

SchatzEngel
23-11-2005, 11:10
Hey danke an euch!

oblom
23-11-2005, 16:17
:suspekt:
Hab ich den Pfosten da etwa falsch verstanden? :nixweiss:

[ontopic]

Erich Fried:
Logos

Das Wort ist mein Schwert
und das Wort beschwert mich

Das Wort ist mein Schild
und das Wort schilt mich

Das Wort ist fest
und das Wort ist lose

Das Wort ist mein Fest
und das Wort ist mein Los

Aktivpfosten
23-11-2005, 16:44
Alter Eimer, zeige Treue,
Alte Reimer, zeiget Reue.
:rolleyes:

Pikul
23-11-2005, 18:07
Hinter eines Baumes Rinde
Saß die Made mit dem Kinde.
Sie ist Witwe, denn der Gatte
Den sie hatte, fiel vom Blatte.
....
:rolleyes:

Zartbitter
23-11-2005, 18:14
Es handelte sich dabei um eine monegassische Made? :o



Ich sehe hier eine vortreffliche Gelegenheit dieses Gedicht nochmals zu 'Gehör' zu bringen:


Das Wasser

Ohne Wort, ohne Wort
rinnt das Wasser immerfort;
andernfalls, andernfalls
spräch es doch nichts andres als:


Bier und Brot, Lieb und Treu,-
und das wäre auch nicht neu.
Dieses zeigt, dieses zeigt,
daß das Wasser besser schweigt.

Christian Morgenstern

Katherine
23-11-2005, 18:34
"Ihr Worte"



Ihr Worte, auf, mir nach!,
und sind wir auch schon weiter,
zu weit gegangen, geht's noch einmal
weiter, zu keinem Ende geht's.

Es hellt nicht auf.

Das Wort
wird doch nur
andre Worte nach sich ziehn,
Satz den Satz.
So möchte Welt,
endgültig,
sich aufdrängen,
schon gesagt sein.
Sagt sie nicht.

Worte, mir nach,
daß nicht endgültig wird
- nicht diese Wortbegier
und Spruch auf Widerspruch!

Laßt eine Weile jetzt
keins der Gefühle sprechen,
den Muskel Herz sich anders üben.

Laßt, sag ich, laßt.

Ins höchste Ohr nicht,
nichts, sag ich, geflüstert,
zum Tod fall dir nichts ein,
laß, und mir nach, nicht mild
noch bitterlich,
nicht trostreich,
ohne Trost
bezeichnend nicht,
so auch nicht zeichenlos -

Und nur nicht dies: das Bild
im Staubgespinst, leeres Geroll
von Silben, Sterbenswörter.

Kein Sterbenswort,
Ihr Worte!



Ingeborg Bachmann