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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bildungsarmut in BY - Leidtragende Kinder mit besonderem Förderbedarf - Hilf mit!


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Olfri
01-07-2009, 23:54
Liebe IOFF-Community,

ich bin einer der Mitbegründer von BffE ("Bündnis für faire und pädagogisch sinnvolle Einstellungspraxis"), einem Bündnis aus verschiedenen Verbänden (VdS, BllV, BEV etc.) und der Gewerkschaft GEW, dass es sich zum Ziel gesetzt hat, die schlechten Arbeits- und Einstellungsbedingungen für Sonderschullehrer in Bayern zu verbessern. Trotz erheblichem Bedarf werden Jahr für Jahr viele Junglehrer in Bayern mit befristeten Verträgen abgespeist - um Geld zu sparen. Die Einstellungsnoten für Planstellen sind utopisch - und immer mehr junge Lehrer suchen ihre Zukunft in anderen Bundesländern mit weit besseren Arbeitsbedingungen. Bayern hat bundesweit die größten Förderschulklassen, im Bereich geistige Entwicklung sind 2fache Klassleitungen an der Tagesordnung - 3-4fache Klassenleitungen keine Ausnahmen. Die Einstellungspolitik ist pädagogischer Irsinn - mit vielen negativen Folgen für alle Beteiligten - vor allem für die Schüler. Mehr Infos zum Thema findet man auf www.sopaed.net (http://www.sopaed.net), der Homepage des Bündnisses.

Die neueste Aktion des Bündnisses (es wurden letztes Jahr bereits 3000 Unterschriften im Landtag übergeben, es fand eine Podiumsdiskussion statt, es wurden eingebrachte Petitionen im Landtag abgelehnt etc.) ist eine elektronische Unterstützer/Unterschriftenliste. Ich bitte euch hiermit um eure Hilfe - unterstützt uns, indem ihr euch in unsere Unterschriftenliste eintragt. Wir wollen damit erreichen, dass unsere Forderungen auf unserer Homepage mehr Gewicht erhalten - und sollten sich viele Unterstützer finden, soll die Unterschriftenliste natürlich im Landtag übergeben werden.

Zu finden ist die Aktion unter

http://www.sopaed.net/unterschriftenliste/


Es wäre wirklich toll, wenn ihr diese Aktion unterstützen könntet, es sind nur 2 Klicks und maximal 2 Minuten Aufwand. Es kann im sich selbst so bezeichneten "Bildungsland" Bayern nicht so weitergehen, dass Geld nur für die Bildung der Privilegierten vorhanden ist, und für die benachteiligsten Mitglieder der Gesellschaft nichts mehr übrig bleibt. Vielen Dank für eure Unterstützung!!!

MfG
Florian Kohl
BffE
www.sopaed.net

Orane
02-07-2009, 07:57
Was genau sind jetzt die schlechten Bedingungen - das nicht so fix verbeamtet wird oder die Situation vor Ort? (hab noch keinen Link angeklickt)

Orane
02-07-2009, 08:03
Wenn ich aus deinem Link auf "Warum gibt es das Bündnis" klicke, dann geht es doch wohl mehr um eine Einstellunsgpraxis, die beklagt wird (konkret zu geringe Verbeamtung, unbefristete Verträge) und weniger um schlechte Bedingungen innerschulisch.

Olfri
02-07-2009, 17:34
Es ist eigentlich ganz einfach:

Bayern benötigt dringend alle in Bayern ausgebildeten Sonderpädagogen, um den Status-Quo zu erhalten. Der Status-Quo bedeutet: Bayern hat bundesweit die größten Klassen und auf jeden Sonderschullehrer kommen die meisten Schüler - Schlusslicht laut Satistik der Kultusministerkonferenz. Statt aber die dringend benötigten Lehrer auch alle fest einzustellen, spart sich das Kumi in Bayern dadurch Geld, dass es fast 70% der Sonderschullehrer nur mit befristeten Jahresverträgen ausstattet. Das bedeutet nach 13/12 Jahren Schule, 5-6 Jahren Studium, 2 Jahren Referendariat ein Nettogehalt von ca. 1600 Euro bei Berufsbeginn und aufgrund der gesetzlichen Regelungen zu befristeten Verträgen mindestens alle 2 Jahre einen Schulwechsel, in der Regel aber bereits nach 1 Jahr einen Schulwechsel. Es gibt sehr viele junge Lehrer, die innerhalb 4-5 Jahren an 4-5 unterschiedlichen Schulen waren und dabei auch 4-5 mal umziehen mussten.

In erster Linie ist das für betroffene Lehrkräfte Horror. Hier ein Auszug aus dem Positionspapier der Studienreferendare in der Oberpfalz:

• v.a. im Bereich der Geistigbehinderten-, und Körperbehindertenpädagogik ist die
Anstellungssituation besorgniserregend
• Familienplanung dadurch auch auf lange Sicht kaum möglich
• Ausbildung stabiler sozialer Netzwerke durch häufige Umzüge nur schwer möglich =>
hohe psychische und finanzielle Belastung für die Junglehrer
• Ständiger Lehrerwechsel an den Schulen aufgrund der Vertragslage => schlechter L –
S – Bezug, keine Schulentwicklung, große Fluktuation im Kollegium erschwert die
Zusammenarbeit
• Keine rechtzeitige Vergabe der Zeugnisse, so dass eine Bewerbung in ein anderes
Bundesland unmöglich ist! (Auch mit dem sog. „vorläufigen Zeugnis“ ist dies entgegen
der Aussagen der Regierung nicht möglich!)
• Einstellungsschnitte für alle Fachrichtungen angleichen (wie z.B. in Baden-
Württemberg)

Bayern Förderschulwesen bietet einfach schlechte Arbeitsbedingungen, die Klassen sind zu groß, es gibt zu wenige Lehrer und die Belastungen sind hoch. Die Vergabe der befristeten Jahresverträge und die Praxis, jedes Jahr erneut das Lehrerkarussell zu drehen bedeutet für die Schüler: häufiger Wechsel der Bezugspersonen, Aufbau von gerade für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf so wichtigen Beziehungen ist erschwert, konstantes Arbeiten kaum möglich etc. Das gleiche gilt auch für Eltern, die sich jedes Jahr aufs Neue beschweren.

Skandal: die Lehrer mit befristeten Verträgen wurden von ihren Dienstherrern in einem Regierungsbezirk darum gebeten, möglichst wenig Engagement an den Tag zu legen, da sich jedes Schuljahr die Elternverbände beim Kumi beschweren, warum denn der angagierte Jungelehrer schon wieder die Schule wechseln muss.

Wir forden zwar mehr Planstellen, also die Verbeamtung all der dringend benötigten Sonderschullehrer, in erster Linie fordern wir aber die Abschaffung der absolut pädagogisch irrsinnen Vergabe der Jahresverträge. Es muss möglich sein, mindestens 3-5 Jahre an einer Schule zu bleiben, um Schulentwicklung etc. zu ermöglichen. Die hohe Fluktuation ist einfach "dämlich".

So ;)

OF-Hänger
02-07-2009, 18:05
Frag doch ma die Chefin

Haramis
02-07-2009, 18:23
Bayern benötigt dringend alle in Bayern ausgebildeten Sonderpädagogen......
:hammer:

Olfri
02-07-2009, 22:32
:newwer:

Tja, ich kann auch nix dafür, dass ich Angebote aus Niedersachsen und B-W hab, sofort mit ner Planstelle versorgt zu werden, weil meine bayerische *hust* Ausbildung so toll ist.

Wer ist die chefin?

Es geht darum, kritische junge Bajuvaren (und ich bin Franke!) dabei zu unterstützen, der bayerischen Regierung ans Bein zu pinkeln. DAS sollte für den Rest von Deutschland reichen, unsere Unterschriftenliste zu unterstützen. ;)

Olfri
07-07-2009, 17:06
Heute unterschrieb der 1000. Unterstützer. Vielen Dank an alle, die dabei sind!

:d:

alonzo
08-07-2009, 18:13
Das bedeutet nach 13/12 Jahren Schule, 5-6 Jahren Studium, 2 Jahren Referendariat ein Nettogehalt von ca. 1600 Euro bei Berufsbeginn und aufgrund der gesetzlichen Regelungen zu befristeten Verträgen mindestens alle 2 Jahre einen Schulwechsel,

ja und, viele andere akademiker bekommen heutzutage nicht einmal 1600 netto und haben ebenfalls befristete verträge.
ich frage mich überhaupt, was manche leute für vorstellungen von einstiegsgehältern bei akademikern haben? 1600 euro netto sind aus meiner sicht vollkommen angemessen. es handelt sich immerhin um ein einstiegs-gehalt.

Olfri
08-07-2009, 19:23
ja und, viele andere akademiker bekommen heutzutage nicht einmal 1600 netto und haben ebenfalls befristete verträge.
ich frage mich überhaupt, was manche leute für vorstellungen von einstiegsgehältern bei akademikern haben? 1600 euro netto sind aus meiner sicht vollkommen angemessen. es handelt sich immerhin um ein einstiegs-gehalt.

Es geht bei dieser Aktion keineswegs um das Gehalt von Akademikern! Wir kämpfen nicht um mehr Geld, wir kämpfen um bessere Arbeitsbedingungen und um das Recht derjenigen auf Bildung, die in der Gesellschaft ganz unten stehen. Wir kämpfen gegen pädagogischen Irsinn, den die Einstellungspolitik für Sonderschullehrer in Bayern mit sich bringt.

Und nebenbei: Das Einstiegsgehalt eines verbeamteten Sonderschullehrers liegt bei 2300 Euro Netto - er macht genau das gleiche wie sein vielleicht um 2/10 schlechterer Kollege mit einem befristeten Arbeitsvertrag - und beide werden gleich dringend gebraucht - der eine bekommt nur deshalb keinen zukunftssicheren Arbeitsplatz, weil Bayern an der Bildung von Menschen mit Behinderungen spart, und zwar kräftig. Gleiche Arbeit verdient gleiches Geld!

Im übrigen: mit 1600 Euro hast du es heutzutage verdammt schwer, wenn du Familie hast und dein Partner noch in der Ausbildung steckt - schau dich mal im Vergleich bei Einstiegsgehältern mittlerer Berufe um, die NICHT im öffentlichen Dienst tätig sind.

Kosel
08-07-2009, 20:11
Im übrigen: mit 1600 Euro hast du es heutzutage verdammt schwer,

Hast du nicht.

Und überhaupt, wirtschaftsliberal macht ein Sonderpädagogengehalt sowieso keinen Sinn. Sei froh, dass du überhaupt was kriegst.

Ulysses
08-07-2009, 20:14
Und nebenbei: Das Einstiegsgehalt eines verbeamteten Sonderschullehrers liegt bei 2300 Euro Netto - er macht genau das gleiche wie sein vielleicht um 2/10 schlechterer Kollege mit einem befristeten Arbeitsvertrag - und beide werden gleich dringend gebraucht - der eine bekommt nur deshalb keinen zukunftssicheren Arbeitsplatz, weil Bayern an der Bildung von Menschen mit Behinderungen spart, und zwar kräftig. Gleiche Arbeit verdient gleiches Geld!


Das ist bei den LAG nicht anders.

Olfri
08-07-2009, 20:42
Das ist bei den LAG nicht anders.

Habe ich gesagt, dass das gerechtfertigt ist?

@Kosel: Wirtschaftsliberal würde es auch Sinn machen, alles was keinen Profit einspült in die ****** zu schicken? Danke fürs Gespräch.

Im übrigen mag ich es nicht, wenn man Zitate aus dem Komma reisst - das ist dämlich und verfälscht die Aussage. 1600 Euro für eine Familie ist ein Witz!

Frau P aus H
08-07-2009, 20:53
1600 euro netto sind aus meiner sicht vollkommen angemessen. es handelt sich immerhin um ein einstiegs-gehalt.

Nur, dass die Einstiegsgehälter im Öffentlichen Dienst nicht so steigen wie in der Privatwirtschaft.
Ja das ist "Jammern auf hohem Niveau", aber das ist eh ein Totschlagargument.

Frau P aus H
08-07-2009, 20:54
Und überhaupt, wirtschaftsliberal macht ein Sonderpädagogengehalt sowieso keinen Sinn. Sei froh, dass du überhaupt was kriegst.

Gaskammer ist wirtschaftlicher?

Olfri
08-07-2009, 21:14
Gaskammer ist wirtschaftlicher?

s.o.

Ich habs mich nur nicht so deutlich formulieren trauen...

Wenn ich das Wort "wirtschaftsliberal" schon höre. :hammer:

Frau P aus H
08-07-2009, 21:55
Wenn ich das Wort "wirtschaftsliberal" schon höre. :hammer:

Das Wort "wirtschaftsliberal" ist für mich nicht schlimm.

Unfassbar ist es für mich, dass hier zwischen lebenswertem und unwirtschaftlichem Leben "unterschieden" wird.
Und auch unfassbar, dass das quasi unwidersprochen stehen bleibt.

...
Aber eigentlich sollte mich hier nichts mehr wundern.

Kosel
08-07-2009, 21:56
Im übrigen: mit 1600 Euro hast du es heutzutage verdammt schwer,

Hast du nicht.

Und überhaupt, wirtschaftsliberal macht ein Sonderpädagogengehalt sowieso keinen Sinn. Sei froh, dass du überhaupt was kriegst.

Frau P aus H
08-07-2009, 22:00
Hast du nicht.

Und überhaupt, wirtschaftsliberal macht ein Sonderpädagogengehalt sowieso keinen Sinn. Sei froh, dass du überhaupt was kriegst.

Ah, auf den zweiten Blick erkenne ich das Stöckchen...

Olfri
08-07-2009, 22:02
Hast du nicht.

Und überhaupt, wirtschaftsliberal macht ein Sonderpädagogengehalt sowieso keinen Sinn. Sei froh, dass du überhaupt was kriegst.

Du wiederholst dich. Aber danke, dass du mein Posting sticky hältst.

@Frau P: "Wirtschaftsliberalität" ist für so Manchen anscheinend eine politisch korrekte Umschreibung für eine utilitaristische ethische Grundhaltung, in der der Schutz angeblich nicht "lebenswerten" Lebens für sinnlos erachtet wird, da er der Mehrheit der Menschen nur "schadet" - wer keinen volkswirtschaftlichen Nutzen erbringt soll der Mehrheit auch nicht auf der Tasche liegen.

Olfri
08-07-2009, 22:29
Ah, auf den zweiten Blick erkenne ich das Stöckchen...

Darf ich den Sinn erfragen?

Frau P aus H
08-07-2009, 23:01
Darf ich den Sinn erfragen?

Den des Stöckchens?
Dann bin ich die falsche Ansprechpartnerin.


Die Erklärung war übrigens sehr überflüssig.

Olfri
08-07-2009, 23:19
Gut, dann war sie überflüssig. Lehrerin? *seufz*

Ich war jahrelang nicht hier im Forum, aber es scheint sich einiges geändert zu haben...

Orane
09-07-2009, 03:29
@Olfri

Wie ist die durchschnittliche Klassenstärke an Förderschulen in Bayern?

Ich geh mit dir, wenn du sagst, dass für gute Schulentwicklungsarbeit Zeit benötigt wird.
Aber ich kann ansonsten nicht so wirklich erkennen, was jetzt wirklich die schlechten Arbeitsbedingungen sind, die ihr beklagt und mir scheint, euer Fokus liegt schon sehr auf der Verbeamtung.

Schlechte Arbeitsbedingungen für Lehrer innerschulisch sind für mich beispielsweise:

- fehlende Lehrerkooperation
- mangelnde Führung (Schulleitung)
- keine funktionierende Kommunikationsstrukturen (auch nach außen)
- schlechte Ausstattung (Fach-/Materialräume z.B.)
- kein wirklicher "Arbeitsplatz" für die Lehrkräfte (Schreibtisch in der Schule)

Vanish
09-07-2009, 07:08
Wer glaubt, dass 1600 Euro für einen Leher im sonderpädagogischen Bereich "ausreichend" oder sogar "mehr als genug" sind, dem rate ich an, es mal einen Tag in einer Förderschule zu versuchen.

Orane
09-07-2009, 11:08
Es ist aber ein Unterschied, ob man argumetiert, dass man aus existentiellen Gesichtspunkten mehr Geld benötigt oder dass man für die Leistung nicht angemessen bezahlt wird.

Olfri
09-07-2009, 14:19
Es ging doch NIE um existentielle Sicherheit. Was glaubt ihr denn, warum ich unsere Seite verlinke? Das Thema ist komplex!

Ich empfehle die Lektüre folgender Seiten:

Informationen über die gegenwärtige Situation in Bayern:

http://www.sopaed.net/info/

http://www.sopaed.net/info/warteliste/


Bedarf und Folgen der Einstellungspolitik:

http://www.sopaed.net/info/bedarf/


Ziele:

http://www.sopaed.net/info/ziel/




Kurz: Bayern hat laut KMK bundesweit die größten Klassen an den Förderschulen und es kommen auf jeden Lehrer die meisten Schüler. 2-3-fache Klassenleitungen an Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ist normal, in den Förderzentren (Föschp L) sitzen bis zu 15 Schüler in einer Klasse. Die Schulhäuser sind marode, es fehlt an Therapiemöglichkeiten in den Schulen, die Materialien sind uralt, die Möbel ebenso.

Es geht nur sekundär um die gleiche Bezahlung für die gleiche Arbeit, wir fordern PRIMÄR die Abschaffung der Vergabe befristeter Einjahresverträge, die laut gesetzlichen Regelungen zu befristeten Verträgen (Stichwort Kettenverträge) zur Folge haben, dass ein Großteil der Junglehrer jedes Jahr die Schule wechseln muss - das ist pädagogischer Irsinn für Schüler, die den pädagogischen Bezug als Grundvoraussetzung für erfolgreiche Bildungsarbeit benötigen - was es für die betroffenen Lehrer bedeutet ist zwar sekundär, aber trotzdem von Belang, da ein Dienstherr so nicht mit seinen in der Bildung angestellten und vor allem BITTER und DRINGEND benötigten Arbeitskräften umgehen kann.

Zitat von unserer Seite, und das ist KEINE Ausnahme, sonder für sehr viele Junglehrer die Realität:


Ich mache die ganze Einstellungsprozedur im Sonderschulwesen nun schon das sechste Jahr mit. Jedes Jahr eine neue Schule, jedes Jahr nur einen Jahresvertrag, jedes Jahr fachfremd eingesetzt. Habe ich mich etwa nicht in dieser Zeit bewährt? Nach der Regierung nicht, da zählt nur die Examensnote. Das ist ein Witz!

Um es "wirtschaftsliberal" zu sagen: Eine Firma, die ihre Mitarbeiter dringend benötigt kann sie auch nicht für dumm verkaufen - die Mitarbeiter würden sich einfach einen besseren Job suchen. Und genau das machen immer mehr Junglehrer in Bayern, weil sie in anderen Bundesländern (http://www.sopaed.net/info/bye-bye-bayern/) wesentlich bessere Arbeitsbedingungen finden. Damit geben sich aber nicht alle zufrieden - zum Glück! - sondern stellen sich auf die Hinterfüße und wollen endlich Verbesserungen - das heisst bessere Bildungschancen auch für die, die eben nicht mit den allerbesten Voraussetzungen ins Leben starten konnten, und die noch vor allem noch nicht einmal die Möglichkeit haben, sich selbst zu wehren.


Es ist schade und vielleicht auch mein Fehler, dass gleich alle auf das "Geld" gekommen sind - so war es nicht gemeint: es geht primär nicht um mehr Geld, sondern es geht um mehr Bildung und ein Ende dummer und sinnloser Einstellungspolitik.

alonzo
09-07-2009, 15:30
Und nebenbei: Das Einstiegsgehalt eines verbeamteten Sonderschullehrers liegt bei 2300 Euro Netto - er macht genau das gleiche wie sein vielleicht um 2/10 schlechterer Kollege mit einem befristeten Arbeitsvertrag - und beide werden gleich dringend gebraucht - der eine bekommt nur deshalb keinen zukunftssicheren Arbeitsplatz, weil Bayern an der Bildung von Menschen mit Behinderungen spart, und zwar kräftig. Gleiche Arbeit verdient gleiches Geld!

Im übrigen: mit 1600 Euro hast du es heutzutage verdammt schwer, wenn du Familie hast und dein Partner noch in der Ausbildung steckt - schau dich mal im Vergleich bei Einstiegsgehältern mittlerer Berufe um, die NICHT im öffentlichen Dienst tätig sind.

zu den einstiegsgehältern von akademikern kann ich dir ganz konkrete beispiele aus einem internationalen chemieunternehmen aus dem rhein-neckar-raum nennen.
betriebswirte und juristen sind bei 30.000 - 32.000 € p.a. dabei, bei ingenieuren und informatikern ist die spanne größer, bei 30.000 - 35.000 € p.a., chemiker haben die höchsten einstiegsgehälter, allerdings muss man hier berücksichtigen, dass die meisten chemiker promoviert haben.

die gehälter im gehobenen und höheren öffentlichen dienst sind nicht zu verachten, vor allem nicht, wenn man dann schließlich verbeamtet ist. und wenn du beamter bist oder auch als angestellter mehrere jahre (ich glaube um die 15) im öffentlichen dienst tätig warst, bist du unkündbar.
daneben ist es auch längst nicht mehr der fall, dass du in der privatwitschaft zwangsläufig exorbitante gehaltssprünge machst. auch für die meisten angestellten akademiker ist da irgendwo dann zwischen 55.000 - 65.000 p.a. schluss. natürlich gibt es auch besser bezahlte stellen, aber diese sind rar gesät. zudem steigt auch im öffentlichen dienst das gehalt nach dienstjahren.

wenn du mit 1600 euro netto nicht auskommst, dann kannst du schlichtweg mit geld nicht umgehen. und wenn du behauptest, du hast familie, dann kannst du auch nicht mit 1600 euro ankommen, sondern du bekommst dann auch kindergeld, weiterhin bietet sich an in lohnsteuerklasse III zu wechseln.
viele menschen, die eine berufsausbildung abgeschlossen haben, bekommen weniger als 1600 euro netto und haben dennoch familie.

der beruf des lehrers ist sicher sehr aufreibend und verantwortungsvoll und ich habe vollstes verständnis, dass die situation der vefristeten arbeitsverträge unbefriedigend ist. ebenso ist sicher die arbeitsbelastung sehr hoch, bedingt wohl auch durch die einstellungspolitik.
allerdings bin ich auch der meinung, dass sich ein lehrer zumindest in finanzieller hinsicht nicht beklagen kann. daher ist eine gehaltsdebatte fehl am platz. man sollte den lehrern nicht mehr bezahlen, sondern mehr lehrer einstellen, um die arbeitsbelastung zu mindern.

Vanish
09-07-2009, 15:46
Es ist aber ein Unterschied, ob man argumetiert, dass man aus existentiellen Gesichtspunkten mehr Geld benötigt oder dass man für die Leistung nicht angemessen bezahlt wird.

Soweit ich das sehe geht es nicht darum, dass man mit 1600 Euro nicht auskommt, sondern dass 1600 Euro für das, was da von einem verlangt wird bei weitem nicht genug ist.

Vanish
09-07-2009, 15:49
...die man irgendwoher nehmen muss.

..und "leider" wollen die sogar bezahlt werden...

Olfri
09-07-2009, 16:42
...die man irgendwoher nehmen muss.

...und zumindest erstmal die vorhandenen so einstellen, dass es auch pädagogisch Sinn macht und nicht kontraproduktiv ist - was spricht gegen unbefristete Angestelltenverträge und eine Abschaffung dieser vermalledeiten Jahresverträge - sie kosten auch nicht mehr.

Antananarivo
09-07-2009, 17:19
...und zumindest erstmal die vorhandenen so einstellen, dass es auch pädagogisch Sinn macht und nicht kontraproduktiv ist - was spricht gegen unbefristete Angestelltenverträge und eine Abschaffung dieser vermalledeiten Jahresverträge - sie kosten auch nicht mehr.
Doch. Nach spätestens 2 Jahren kostet der Angestellte mehr.

In Sachsen ist das im Bereich der berufsbildenden Schulen auch gängige Praxis. Da sagt man den Referendaren schon ganz offiziell, dass sie, wenn sie pfiffig sind, sich eine Stelle in einem anderen Bundesland suchen sollten.

Folge ist, dass viele Lehrer mit auslaufenden Verträgen sich an Privatschulen bewerben. Davon gibt es viele. Allerdings - und dann sind wir wieder beim leidigen Thema - möchten die meisten dann doch nicht für das Gehalt arbeiten, was sie da geboten bekommen.

Frau P aus H
09-07-2009, 20:30
Schlechte Arbeitsbedingungen für Lehrer innerschulisch sind für mich beispielsweise:

- fehlende Lehrerkooperation
- mangelnde Führung (Schulleitung)
- keine funktionierende Kommunikationsstrukturen (auch nach außen)
- schlechte Ausstattung (Fach-/Materialräume z.B.)
- kein wirklicher "Arbeitsplatz" für die Lehrkräfte (Schreibtisch in der Schule)


das sind doch Kinkerlitzchen. Damit leben Lehrer schon seit Jahrzehnten. Richtig schlimm ist, dass benötigte Stellen nicht geschaffen werden bzw. nicht neu besetzt werden, und damit die Schüler unterversorgt sind. Bzw. zu große Klassen gemacht werden müssen und man sich von Förderung oder gar pädagogischem Handeln verabschieden und einsehen muss, dass man im Grunde nur aufbewahren soll.

Olfri
09-07-2009, 21:19
das sind doch Kinkerlitzchen. Damit leben Lehrer schon seit Jahrzehnten. Richtig schlimm ist, dass benötigte Stellen nicht geschaffen werden bzw. nicht neu besetzt werden, und damit die Schüler unterversorgt sind. Bzw. zu große Klassen gemacht werden müssen und man sich von Förderung oder gar pädagogischem Handeln verabschieden und einsehen muss, dass man im Grunde nur aufbewahren soll.

Das ist das, was ich selbst gerade erlebe - tätig an einem Förderzentrum, 15 Kids in der Klasse, jedes davon mit gravierenden individuellen Problemen, echte "Lernzeit" am Tag maximal 90 Minuten von 6 Schulstunden - ein guter Tag ist, wenn am Ende des Schultages keiner verletzt ist oder die Polizei nicht kommen musste...An der Schule bereits Dynastien, die Eltern waren natürlich auch auf der Schule, der Bruder kommt nächstes Jahr, die Schwester ist 2 Klassen höher - und beinahe jede Familie mit extremen Problemen, viele nicht deutschsprachig, sehr häufig keine sozialen Umfelder, in denen Kinder problemlos groß werden können. An der Schule kein Psychologe, keine Therapeuten, 1 (!) Sozialarbeiter für knapp 90 Schüler. "Förderklasse" mit dem Ziel, die Schüler soweit zu fördern, dass sie wieder an die "Regelschule" kommen? Weit gefehlt - sehr viel mehr als "Verwahrung" ist wirklich nicht drin...

@Antanarivo: Die bayerischen Privatschulen (vor allem geistige Entwicklung - Lebenshile) zahlen besser als die Regierungen - 50 Euro mehr im Monat ;)

Orane
10-07-2009, 06:53
Und das hat etwas mit dem Kostendruck und damit zu tun, dass -anders als beispeilsweise bei den Gymnasien- überhaupt keine Lobby vorhanden ist.

Ebenso sehe ich die hohe Fluktuation, die kontinuierliches Arbeiten nahezu unmöglich macht, als durchaus erhebliches Problem an.

Beides kann man nicht durch Verbeamtung lösen, aber durch die Schaffung entsprechender Planstellen und durch Arbeitsbedingungen und Bezahlung, die dazu führen, dass die Stellen auch besetzt werden können.

Was ist neben der zu lösenden Fluktuation das zweite von 'beides'?

Und mir ging es hier auch nur um einen Kategorienfehler. Ich hatte den Eindruck, dass unbefristete Verträge, Verbeamtung zu besseren Arbeitsbedingungen führt. Tun sie ja, aber eben nur indirekt und rahmengebend. Vor Ort gibt es eben auch innerschulisch einiges zu leisten, das für gute Arbeitsbedingungen und dann auch wirklich einen optimalen Rahmen für angemessene pädagogische Arbeit sorgt. Und da ist eben nicht nur das System gefordert, sondern eben auch die Akteure vor Ort.

Denn, @Olfri, ich bin ganz dabei, wenn es darum geht, genügend Lehrkräfte auf Dauer einzustellen, so dass das Verhältnis Schüler-Lehrer stimmt. Aber ich halte nichts davon, wenn das als Allheimittel propagiert wird (was ich euch nicht unterstelle). Allein mehr Lehrer in der Klasse machen eben noch keine bessere Unterrichtsqualität aus.



das sind doch Kinkerlitzchen.

Sind sie nicht.

Vanish
10-07-2009, 07:36
Das ist das, was ich selbst gerade erlebe - tätig an einem Förderzentrum, 15 Kids in der Klasse, jedes davon mit gravierenden individuellen Problemen, echte "Lernzeit" am Tag maximal 90 Minuten von 6 Schulstunden - ein guter Tag ist, wenn am Ende des Schultages keiner verletzt ist oder die Polizei nicht kommen musste...An der Schule bereits Dynastien, die Eltern waren natürlich auch auf der Schule, der Bruder kommt nächstes Jahr, die Schwester ist 2 Klassen höher - und beinahe jede Familie mit extremen Problemen, viele nicht deutschsprachig, sehr häufig keine sozialen Umfelder, in denen Kinder problemlos groß werden können. An der Schule kein Psychologe, keine Therapeuten, 1 (!) Sozialarbeiter für knapp 90 Schüler. "Förderklasse" mit dem Ziel, die Schüler soweit zu fördern, dass sie wieder an die "Regelschule" kommen? Weit gefehlt - sehr viel mehr als "Verwahrung" ist wirklich nicht drin...


Ich kenne zwei an einer Förderschule tätige Lehrer (über 30 Dienstjahre an Förderschulen) und die erzählen nichts anderes.
Das wird hier im Forum immer gerne bestritten, dass das die Realität sein soll.

Frau P aus H
10-07-2009, 08:19
Sind sie nicht.

Doch. Im Vergleich schon.

Das aufgezählte ist schon schlecht, das ist unbestritten. Aber im Vergleich zu zu wenig Lehrer/Kollegen sind das Kinkerlitzchen.

Man kann den fehlenden Arbeitsplatz ausgleichen (kennst du Lehrer, die kein Arbeitszimmer haben?) etc, aber wenn man "zuviele" Schüler hat, wie will man das wirklich ausgleichen?
Klar helfen Methodik und verschiedene didaktische Mittel, dass die Schüler beschäftigt sind. Aber so, dass man die Schule verlässt und weiß, was die einzelnen Schüler heute gelernt haben, ist es nicht (mehr).
Und das ist nicht meine einzelne persönliche Meinung.
Tragisch ist in diesem Fall die Verbeamtung, die einen zur Loyalität dem Dienstherrn gegenüber zwingt.
Leider sind viele Eltern auch wenig engagiert, oder wenn sie engagiert sind, dann sind sie ent-solidarisiert, kümmern sich nur um IHR Kind, die anderen sind egal.

xikaxe
10-07-2009, 10:46
Das ist das, was ich selbst gerade erlebe - tätig an einem Förderzentrum, 15 Kids in der Klasse, jedes davon mit gravierenden individuellen Problemen, echte "Lernzeit" am Tag maximal 90 Minuten von 6 Schulstunden - ein guter Tag ist, wenn am Ende des Schultages keiner verletzt ist oder die Polizei nicht kommen musste...An der Schule bereits Dynastien, die Eltern waren natürlich auch auf der Schule, der Bruder kommt nächstes Jahr, die Schwester ist 2 Klassen höher - und beinahe jede Familie mit extremen Problemen, viele nicht deutschsprachig, sehr häufig keine sozialen Umfelder, in denen Kinder problemlos groß werden können. An der Schule kein Psychologe, keine Therapeuten, 1 (!) Sozialarbeiter für knapp 90 Schüler. "Förderklasse" mit dem Ziel, die Schüler soweit zu fördern, dass sie wieder an die "Regelschule" kommen? Weit gefehlt - sehr viel mehr als "Verwahrung" ist wirklich nicht drin...

@Antanarivo: Die bayerischen Privatschulen (vor allem geistige Entwicklung - Lebenshile) zahlen besser als die Regierungen - 50 Euro mehr im Monat ;)

okay, aber das ist doch nicht nur ein Problem in Bayern. Die Förderzentren in anderen Bundesländern sehen doch auch nicht anders aus, das kann ich aus eigener Erfahrung auch so sagen.

xikaxe
10-07-2009, 11:40
das war damit auch nicht gemeint. Mich stört hier aber, dass es sich nur um Bayern dreht, obwohl es in den anderen Bundesländern auch nicht viel besser aussieht. Darauf bezog sich mein Beitrag.

Frau P aus H
10-07-2009, 13:29
Anderseits drückt die geringe Bezahlung natürlich auch eine mangelnde Wertschätzung der Arbeit aus, gerade auch im Vergleich mit z.B. Gymnasiallehrern, ein Umstand, der allerdings den gesamten Sozial- und Bildungsbereich betrifft und bei den Erziehern zwischenzeitlich dazu geführt hat, dass die zahlreichen neu geschaffenen Planstellen mangels ausgebildeter Kräfte nicht mehr besetzt werden können und damit auch alle tollen Pläne zur Kinderbetreuung und besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Familie längst Makulatur sind.

Hab gerade nochmal nachgeschaut, Gymnasiallehrer haben die selbe Besoldungsgruppe wie Sonderschullehrer.

Kindergärtnerinnen sind natürlich absolut unterbezahlt, wie soll man da selbst eine Familie gründen???

Frau P aus H
10-07-2009, 13:55
:o

Wenn dem so ist, ziehe ich meinen Einwand selbstredend hiermit zurück.

Wenn ich das im Netz richtig lese, sind Grundschul- und Hauptschullehrer eine Gehaltsgruppe niedriger als Gymnasial- und Sonderschullehrer.

Olfri
10-07-2009, 18:20
Jup das ist so - Gymnasium und Sonderschule aufgrund eines vertieften Studiums A13, Grund und Hauptschule A12 - auch eine Frechheit.

Es ist in Bayern deswegen auch gängige Praxis, Volks- und Hauptschullehrer an den Förderzentren als Ersatz für die nichtvorhandenen Sonderschullehrer (das ist zwar die Begründung, allerdings bin ICH mir da nicht so sicher) einzusetzen - diese werden auch schneller verbeamtet als Sonderschullehrer - warum? - sie sind billiger. Auch etwas, was nicht sein kann...!

Jetzt habt ihr mich gekitzelt und ich will euch noch ein paar Dinge aus eigener Erfahrung erzählen, was bei uns in Bayern so Realität ist.

Es gibt einige Dinge, die notwendig wären, um die Situation vor Ort an betroffenen Schulen zu verbessern. Die gängige Einstellungspraxis, befristete Jahresverträge zu vergeben, verschlimmert aber alles noch. Die Begründung ist vor allem auch eine Lustige: die Schülerzahlen würden jedes Jahr sinken - das mag in den Statistiken der Regelschulen so stimmen, an den Förderschulen gehen die Schülerzahlen leider nicht zurück - dennoch wird hier gekürzt. Wir hatten am Dienstag Personalversammlung für den Regierungsbezirk Mittelfranken - auch der Regierungsschuldirektor war anwesend. Zitat: "Wie sie ja wissen, gehen die Schülerzahlen stetig zurück, zwar nicht an unseren Schulen, aber allgemein - wir werden deshalb wohl auch im neuen Schuljahr an jeder Schule ca. 2 Stunden Lehrerstunden einsparen müssen - aber die fallen ja kaum auf." Naja...

Und weil hier gesagt wurde, unbefristete Angestelltenverträge wären billiger als befristete Angestelltenverträge: Das halte ich für ein riesiges Gerücht - man beginnt in Bayern als Sonderschullehrer TV-L E13 Stufe 1, im zweiten Jahr steigt man in Stufe 2 auf usw. Das geschieht UNABHÄNGIG davon, ob man jedes Jahr einen neuen Vertrag erhält oder nicht. Auch der Wechsel von staatlichem und privatem Träger spielt seit letztem Jahr keine Rolle mehr (Betroffen waren diejenigen, die 1 Jahr lang privat angestellt waren, dann 1 Jahr einen staatlichen Vertrag hatten, danach wieder einen befristeten privaten Vertrag - die Lohngruppen wurden nicht angepasst).
Allerdings erfordert die Vergabe der befristeten Verträge eine Masse an Verwaltungsarbeit - immer wieder eine große Klage aus Regierungskreisen, die jedes Jahr aufs Neue mit den unzähligen befristeten Jahresverträgen hausieren müssen, die Bewerbungsunterlagen zur erneuten Einstellung in den Staatsdienst abarbeiten müssen, die neuen Verträge erstellen, die Betroffenen auf Kosten der Steuerzahler zur Vertragsunterschrift nach Ansbach fahren lassen, unzählige Briefe verschicken müssen - als ob das keine Kosten und vor allem kein Chaos verursachen würde.

Bestes Beispiel:Nächste Woche sollen die Einstellungsnoten für 2009 bekannt gegeben werden - die Zuteilungen für nächstes Schuljahr kommen dann eine Woche später - sagt man. Bei mir wechselt das letztes Jahr bis Ende August! Und am ersten Schultag wurde mir dann auf der Lehrerkonferenz mitgeteilt, dass ich doch an eine andere Schule müsste, weil da noch Stunden fehlen würden - ich habe mich geweigert! Und es ist regelmäßig so - die Regierungsbezirke versinken im Chaos, die Nummern (also wir) werden umhergeschoben und man kann sich nie sicher sein, wo man letztendlich im neuen Schuljahr landet - außer man zieht die Reißleine und versucht an privaten Schulen unterzukommen.

Weiteres Beispiel: Ich erhielt letztes Jahr einen befristeten staatlichen Jahresvertrag und wurde höchstpersönlich nach Ansbach eingeladen - so wie alle mit befristeten staatlichen Verträgen. Ich rief in Ansbach an und fragte, warum ich da extra hinfahren müsse. Kein Problem, wurde mir gesagt, die Fahrkosten werden erstattet. Auf Anfragen beim Personalrat wurde mir erklärt, dass man es von Regierungsseite aus die Jahre zuvor versäumt hatte, die Arbeitsverträge rechtzeitig unterschreiben zu lassen - jeder Angestellte Lehrer, der seinen befristeten Arbeitsvertrag nicht VOR dem ersten Schultag unterschrieben hatte, hatte aufgrund arbeitsrechtlicher Vorgaben einen Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag, sobald er ohne Unterschrift seinen Dienst angetreten hatte - da gab es dann wohl vor 2 Jahren ein paar Klagen, seitem werden die Angestelltenverträge vor Ort in Ansbach mit persönlichem Erscheinen unterschrieben. Außerdem, und das ist wirklich unfassbar, wurden wir dort auch bezüglich unseres Verhaltens in dem einem Jahr gebrieft: Wir wurden gebete, unser Engagement in dem einen Jahr nicht zu übertreiben - wortwörtlich: Denken sie dran, sie sind wahrscheinlich nur ein Jahr an der Schule - machen sie keine AGs, nehmen sie keine Eingangsklassen, beschränken sie ihre Elternarbeit auf das Notwendige, sie müssen kein engagierter Lehrer sein - wir haben nämlich jedes Jahr das Problem, dass sich die Eltern aufregen, warum wir den engagierten Lehrer wieder wegschicken - und das können wir wirklich nicht gebrauchen. Zitat Ende.

Hört sich unglaublich an, ist aber so.

@Orane: Du hast vollkommen Recht, dass innerschulisch auch im Förderschulbereich EINIGES passieren muss - eine Folge der repressiven Einstellungspolitik ist aber auch, dass die FRISCH ausgebildeten Junglehrer, die von der Uni mit den neuesten pädagogischen Konzeptionen ausgestattet sind, eben NICHT dauerhaft in einem Kollegium verweilen, sondern der hohen Fluktuation ausgesetzt sind. Was dann letztendlich passiert: die neuen Ideen und pädagogischen Inhalte gehen verloren, weil sich der Junglehrer nach einiger Zeit einfach den überalterten Kollegien anpasst - wenn man in einem Kollegium das Wort ergreift und etwas von "Individualisierung aufgrund konstruktivistischer Erkenntnisse" erzählt, und als Reaktion "Wasn des???" kommt - naja...Schulentwicklung und Profilbildung sind so schwer zu realisieren. Hauptsache man macht jedes Jahr für teures Geld Evaluation an den Schulen, die so oder so eh keinen Sinn macht, da 2 Jahre später das Kollegium wieder ganz anders aussieht. Und bezüglich deiner Aussage zur Unterrichtsqualität: Ein Arbeitgeber hat viele junge und motivierte Mitarbeiter, die mit Sicherheit ANDEREN Unterricht machen, als viele der bereits seit 20 Jahren tätigen Mitarbeiter. Sie haben nämlich gelernt, was es heisst offene Unterrichtsabgebote zu machen, Freiarbeit umzusetzen, sinnvoll zu differenzieren, Lerntheken zu gestalten, fächerübergreifend und projektorientiert zu arbeiten, Spaß am Lernen zu vermitteln. Der Arbeitgeber hat meiner Meinung nach die Aufgabe, die Motivation und die Stärken der Junglehrer zu nutzen und dafür zu sorgen, dass auch die älteren Semester von den Jungen lernen können - stattdessen zerstört er systematisch die Motivation der Junglehrer und sorgt dafür, dass diese sich anpassen: Warum soll ich mir den Hintern aufreissen, es bringt ja doch nix, wenn ich nächstes Jahr wieder wo anders bin...

@xikaxe: Ich bin Sprecher eines Bündnisses, das in Bayern entstand, weil man die Lernbedingungen für Schüler mit besonderem Förderbedarf hier nicht mehr so hinnehmen will. Ich kann nur alle anderen Bundesländer aufrufen, sich genauso zu engagieren ;)

alonzo
11-07-2009, 16:56
@allonzo:

Warum sollte sich ein (Förderschul-)Lehrer mit seinen Gehaltsvorstellungen an einem Beschäftigten in der Chemieindustrie orientieren?


die von mir genannten gehälter sind ein replik auf diesen einwand von olfri. das einstiegsgehalt eines angestellten lehrers unterscheidet sich nicht von einem angestellten in der freien wirtschaft.



Im übrigen: mit 1600 Euro hast du es heutzutage verdammt schwer, wenn du Familie hast und dein Partner noch in der Ausbildung steckt - schau dich mal im Vergleich bei Einstiegsgehältern mittlerer Berufe um, die NICHT im öffentlichen Dienst tätig sind.


Vergleichbar sind nur die gehälter anderer Lehrberufe.


was willst du da vergleichen? die gehälter für lehrer im öffentlichen dienst sind gleich und hängen von der einstufung und den dienstjahren ab.
grund-, haupt-, fachschullehrer an berufsschulen a12. real-, gymnasial-, berufs-, sonderschullehrer a13. der einzige unterschied für das nettoeinkommen besteht darin, ob man verbeamtet oder angestellter ist.

Orane
13-07-2009, 08:41
Doch. Im Vergleich schon.

Das aufgezählte ist schon schlecht, das ist unbestritten. Aber im Vergleich zu zu wenig Lehrer/Kollegen sind das Kinkerlitzchen.

Leider sind viele Eltern auch wenig engagiert, oder wenn sie engagiert sind, dann sind sie ent-solidarisiert, kümmern sich nur um IHR Kind, die anderen sind egal.

Inzwischen haben ja schon einige im Thread ausgeführt, warum dies sicher keine Kinkerlitzchen sind, auch nicht im Vergleich, das muss ich ja nicht wiederholen.
Bezüglich der Elternschaft geb ich dir recht, ich würd mir wünschen, dass nämlich genau die Gruppe, die nun wirklich den meisten Einfluss auf Schulpolitik haben kann, viel mehr gemeinsam und organisierter die Stimme erheben würde. Die wahren Lobbyisten für Schüler sind –gleich welche Schulform- letztlich die Eltern, und würde dies richtig genutzt, könnte auch ein Philologenverband einpacken.

Orane
13-07-2009, 08:43
Als Kinkerlitzchen sehe die von dir genannten Punkte allerdings auch nicht an und dass Du Probleme ansprichst, die letztlich für alle Schulformen gelten, macht die Sache ebensowenig besser, wie die Tatsache, dass die Probleme seit Jahrzehnten bekannt sind.

Ja. Ich bin sowieso schon lange nicht mehr nur bei der Förderschule, davon ab kann vermutlich so mancher Gymnasiallehrer vermutlich einiges von den Kollegen von der Förderschule lernen.


Ein guter Tag ist einer, an dem kein Schüler verletzt wurde.
Ein Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss.


Zergehen insbesondere vor dem Umstand, dass man damit noch nicht einmal beim eigentlichen Auftrag von Schule angelangt ist, sondern eher bei einer dafür doch eigentlich vorauszusetzenden Selbstverständlichkeit.

Orane
13-07-2009, 08:51
@Orane: Du hast vollkommen Recht, dass innerschulisch auch im Förderschulbereich EINIGES passieren muss - eine Folge der repressiven Einstellungspolitik ist aber auch, dass die FRISCH ausgebildeten Junglehrer, die von der Uni mit den neuesten pädagogischen Konzeptionen ausgestattet sind, eben NICHT dauerhaft in einem Kollegium verweilen, sondern der hohen Fluktuation ausgesetzt sind. Was dann letztendlich passiert: die neuen Ideen und pädagogischen Inhalte gehen verloren, weil sich der Junglehrer nach einiger Zeit einfach den überalterten Kollegien anpasst - wenn man in einem Kollegium das Wort ergreift und etwas von "Individualisierung aufgrund konstruktivistischer Erkenntnisse" erzählt, und als Reaktion "Wasn des???" kommt - naja...Schulentwicklung und Profilbildung sind so schwer zu realisieren.

Ein Arbeitgeber hat viele junge und motivierte Mitarbeiter, die mit Sicherheit ANDEREN Unterricht machen, als viele der bereits seit 20 Jahren tätigen Mitarbeiter. Sie haben nämlich gelernt, was es heisst offene Unterrichtsabgebote zu machen, Freiarbeit umzusetzen, sinnvoll zu differenzieren, Lerntheken zu gestalten, fächerübergreifend und projektorientiert zu arbeiten, Spaß am Lernen zu vermitteln. Der Arbeitgeber hat meiner Meinung nach die Aufgabe, die Motivation und die Stärken der Junglehrer zu nutzen und dafür zu sorgen, dass auch die älteren Semester von den Jungen lernen können - stattdessen zerstört er systematisch die Motivation der Junglehrer und sorgt dafür, dass diese sich anpassen: Warum soll ich mir den Hintern aufreissen, es bringt ja doch nix, wenn ich nächstes Jahr wieder wo anders bin...


Das alles gilt ebenso für andere Schulformen. :)
Wobei ich glaube, dass beide aufeinander zugehen müssen. Alte lernen von den Jungen und den innovativen Konzepten, die diese aus der Uni mitbringen und umgekehrt sind Junge auch bereit, von den Erfahrungen Ältere was anzunehmen.
Aber ich glaube auch, dass ein durchschnittlich jüngeres Kollegium grundsätzlich innovativer ist. Beispiel ist hierfür die Grundschule Kleine Kielstraße, die 2007 den ersten Deutschen Schulpreis bekam. Liegt im absoluten Brennpunkt und leistet beeindruckende pädagogische Arbeit. Was stark einem recht jungen, motivierten Kollegium geschuldet ist, aber auch einer Schulleitung, die zu führen versteht und somit auch den Erfahrungsschatz der älteren Kollegen zu nutzen und einzubinden weiß.

Olfri
13-07-2009, 12:03
Das alles gilt ebenso für andere Schulformen. :)
Wobei ich glaube, dass beide aufeinander zugehen müssen. Alte lernen von den Jungen und den innovativen Konzepten, die diese aus der Uni mitbringen und umgekehrt sind Junge auch bereit, von den Erfahrungen Ältere was anzunehmen.


Da hast du sicherlich Recht. Mein Anliegen ist es eben, dafür zu streiten, dass das im sonderpädagogischen Bereich Förderschulen möglich werden kann ;) Wie man an den Bildungsstreiks und den Aktionen der Schüler und Studenten sehen kann, gibt es überall im Bereich der Bildung Widerstand - mit Sicherheit nicht grundlos.

@Eltern: Wir haben es geschafft, Eltern zu mobilisieren - aber es ist wirklich so, dass erst einmal das eigene Kind zählt - alles andere ist nicht so wichtig. Und das ist ja nicht nur in diesem Fall so - für die meisten Menschen zählt nur das Eigene, der Rest ist egal.

Olfri
13-07-2009, 18:24
Die Förderzentren gehören aufgelöst.

Der Satz alleine reicht aber nicht. Die Förderzentren, ich würde ja sogar sagen, die Sonderschulen gehören aufgelöst - da stimme ich dir zu - aber dann müssen auch die Rahmenbedingungen an den Regelschulen stimmen - Barrierefreiheit muss gewährleistet werden, die Klassen müssen kleiner sein, sonderpädagogische Kompetenzen müssen vor Ort vorhanden sein (am besten im 2-Pädagogen-System) - spricht: die individuelle bestmögliche Bildung sollte gewährleistet werden können.

Im Endeffekt ist es Begriffsmakulatur - ob Sonderschule oder Regelschule, es sind alles Gebäude, die für den selben Zweck gebaut wurden.

Olfri
14-07-2009, 13:45
Nein. Die Förderzentren dienen in erster Linie einem Zweck: der Segregation. Wie die gute alte Behinderteneinrichtung: aus den Augen, aus dem Sinn.

Die Förderzentren sind aber auch nur Schulhäuser und was man aus ihnen macht. Das meinte ich mit Begriffsmakulatur. Ansonsten bin ich mit dir einer Meinung - es kann so nicht weitergehen.

Fr33damalex
14-07-2009, 20:04
Ja gut. Ich meine, die Förderhäuser leisten an für sich sehr gute Arbeit. Aber wenn weder die Schüler noch deren Eltern das Angebot ernst nehmen und die Förderhäuser lediglich deswegen besuchen, weil sie als Hartz-IV-Familie es nach einem Antrag im Sozialamt des Arbeitsamts kostenlos bekommen, dann bringen sie gar nichts.

Fr33d

Olfri
15-07-2009, 17:04
Ja gut. Ich meine, die Förderhäuser leisten an für sich sehr gute Arbeit. Aber wenn weder die Schüler noch deren Eltern das Angebot ernst nehmen und die Förderhäuser lediglich deswegen besuchen, weil sie als Hartz-IV-Familie es nach einem Antrag im Sozialamt des Arbeitsamts kostenlos bekommen, dann bringen sie gar nichts.

Fr33d

???

Man merkt, dass du von der Thematik überhaupt keine Ahnung hast...