Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Germanwings-Absturz: Psychose des Piloten?
Emotions
13-03-2016, 17:44
Arzt empfahl Einweisung in Psychiatrie (http://www.rp-online.de/nrw/panorama/germanwings-andreas-lubitz-hielt-seine-krankschreibung-geheim-aid-1.5831882)
Der 27-jährige Pilot sollte nach dem Willen eines Arztes in einem psychiatrischen Krankenhaus behandelt werden. Der Mediziner habe am 10. März - also zwei Wochen vor dem Airbus-Absturz - eine mögliche Psychose diagnostiziert und eine Einweisung empfohlen.
Eine Psychose würde die Schuldfrage nochmal ganz anders darstellen, denn unter einer Psychose hat man keine bewußte Kontrolle mehr, da ist man im Wahn, jenseits der Realität. Dann war der sogenannte "kühle Amokläufer" (http://www.aliceschwarzer.de/artikel/150-kerzen-im-koelner-dom-329953) einfach ein Kranker der in die Psychiatrie gehörte.
blackview
14-03-2016, 20:46
Ich finde die Berichterstattung hierzu eh sehr kritisch....Meiner Meinung nach steckte von Anfang an mehr dahinter als eine reine Depression. Im Endeffekt ist das Problematische an der Situation, dass sich nun wahrscheinlich noch weniger Piloten, die psychische Probleme wie Depressionen haben, offenbaren werden, aus Angst ihren Beruf zu verlieren und stigmatisiert zu werden...und sich so keine Hilfe einholen...(Dass Menschen die Kontrolle verlieren und einen erweiterten Suizid begehen geschieht viel zu häufig, so wie es oft leider bei Familienvätern vorkommt, die bei einer Trennung sich und die Kinder töten....Was geht in solchen Menschen vor, frage ich mich.)
Umgekehrt gilt es einen solchen Fall wie den von Herrn Lubitz natürlich zu verhindern, was wiederum teilweise sehr schwierig für Ärzte ist, eine konkrete Diagnose hinsichtlich der Art der Erkrankung zu stellen.
Sollte die Berichterstattung nun aber stimmen und es lag tatsächlich eine Psychose vor, dann verstehe ich nur nicht, weshalb es im Fall von Herrn Lubitz nicht zu einer sofortigen Behandlung gekommen ist. Normalerweise stellt sich die Frage gar nicht. Er muss doch dann im Endeffekt als stabil genug eingestuft worden sein. Verwirrend!
Sollte er in einer psychotischen Phase gewesen sein, dann hat er im Wahn gehandelt....
Zimmer101
14-03-2016, 21:07
^^ Vermutlich wird es eine Mischung aus all dem gewesen sein, was da so an Informationen zusammengekommen ist. Auch bei einer Psychose gibt es ja Abstufungen und meine Vermutung wäre (dann) die, dass er sich in einer Phase befand, wo sich diese erstmals auftretend zu einer 'vollständigen' Psychose mit entsprechendem (vollständigem) Kontrollverlust entwickelte. Ist jemand voll psychotisch, dann ist das eigentlich auch deutlich (vom Umfeld) wahrnehmbar....
Hab' selbst auch mit dem Krankheitsbild der Schizophrenie zu kämpfen gehabt... :-O ... Und das Bild das sich da ergibt, das ist nicht unbedingt ein Unschlüssiges....
gruss... :)
Giftnudel
14-03-2016, 23:55
In dem Artkel steht nicht, dass L. eine Psychose hatte.
Mausophon
15-03-2016, 00:12
...
Sollte die Berichterstattung nun aber stimmen und es lag tatsächlich eine Psychose vor, dann verstehe ich nur nicht, weshalb es im Fall von Herrn Lubitz nicht zu einer sofortigen Behandlung gekommen ist. Normalerweise stellt sich die Frage gar nicht. Er muss doch dann im Endeffekt als stabil genug eingestuft worden sein. Verwirrend!
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Die Diagnose ist nach dem RP-Artikel lediglich durch einen "Arzt", einen "Mediziner" gestellt worden, nicht aber durch einen Arzt, der mit der Überprüfung der Flugtauglichkeit betraut war.
Es ist bekannt, dass L. vor dem Absturz eine Vielzahl von Ärzten aufgesucht hatte, also handelte es sich wahrscheinlich um irgendeinen niedergelassenen Arzt.
Er muss dem Mediziner, von dem die Rede ist, weder offenbart haben, dass er Pilot ist noch ist erkennbar, dass der Arzt bei Kenntnis aller Umstände zu diesem Zeitpunkt anders hätte handeln dürfen oder gar müssen.
Zunächst einmal ist eine Zwangsbehandlung in Deutschland nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässig. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass vorab erkennbar war, dass Umstände gegeben waren, die eine Behandlung gegen seinen Willen gerechtfertigt hätten. Es gibt eine Vielzahl von Psychotikern, die ohne ärztliche Behandlung bleiben, weil sie diese schlicht ablehnen.
Auch wenn der Arzt wusste, dass L. Copilot war, hätte er mit einem Geschehen, wie es später eintrat, nicht rechnen müssen, meiner Meinung nach auch nicht rechnen können, denn so etwas ist noch nie vorgekommen.
Bei einem bloßen Verdacht auf das Vorliegen einer Psychose und ohne akute Suizidalität oder Fremdaggression konnte er nicht anders als ihn gehen lassen, wenn L. sich nicht in Behandlung begeben wollte.
Emotions
15-03-2016, 00:23
In dem Artkel steht nicht, dass L. eine Psychose hatte.
Deswegen auch ein Fragezeichen, aber wenn ein Arzt zu einer Einweisung rät und die Diagnose Psychose stellt, dann muß er schon gute Gründe haben. Dann müßte man aber auch fragen warum keine Zwangseinweisung?
Mir gings nur um eins, deshalb auch der Beispielartikel von Alice Schwarzer, es wurde schon übelst über ihn geurteilt, wenn es eine schwerwiegende Psychose war, dann wäre er nicht er selbst gewesen.
Apropos Behandlung, er war doch bei 30+ Ärzten, was mir damals schon merkwürdig vorkam, ein Depressiver würde nicht so hyperaktiv zu Ärzten laufen, der läuft eher zu garkeinem Arzt mehr.
Giftnudel
15-03-2016, 00:32
Deswegen auch ein Fragezeichen, aber wenn ein Arzt zu einer Einweisung rät und die Diagnose Psychose stellt, dann muß er schon gute Gründe haben. Dann müßte man aber auch fragen warum keine Zwangseinweisung?
Steht ausführlich im Post von Mausophon.
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Apropos Behandlung, er war doch bei 30+ Ärzten, was mir damals schon merkwürdig vorkam, ein Depressiver würde nicht so hyperaktiv zu Ärzten laufen, der läuft eher zu garkeinem Arzt mehr.
War er aktuell wegen Depressionen bei den Ärzten? Bekannt ist eine frühere Depression.
Mausophon
15-03-2016, 00:37
Deswegen auch ein Fragezeichen, aber wenn ein Arzt zu einer Einweisung rät und die Diagnose Psychose stellt, dann muß er schon gute Gründe haben. Dann müßte man aber auch fragen warum keine Zwangseinweisung?
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Dazu habe ich eben etwas geschrieben. Es gibt keine Zwangseinweisung allein aufgrund der Tatsache, dass eine Psychose vorliegt oder - wie hier - der Verdacht gegeben ist.
Es gab keine Verurteilung wegen einer Straftat, es gab kein Betreuungsverfahren. Denkbar wäre also höchstens eine Unterbringung nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch kranker Personen, je nachdem in welchem Bundesland der L. sich gerade aufhielt.
Grundsätzlich sind Selbst- oder Fremdgefährdung die Voraussetzung. Dazu: s.o.
Deswegen auch ein Fragezeichen, aber wenn ein Arzt zu einer Einweisung rät und die Diagnose Psychose stellt, dann muß er schon gute Gründe haben. Dann müßte man aber auch fragen warum keine Zwangseinweisung?
Ja, und die Gründe sind vermutlich, dass der Arzt zur medizinischen Einschätzung gelangt ist, dass sich die festgestellte Psychose stationär am besten behandeln lässt.
Das ist ein guter Grund, zu einer Einweisung zu raten, aber überhaupt kein Grund, eine Zwangsanweisung zu veranlassen.
Giftnudel
15-03-2016, 11:55
Ja, und die Gründe sind vermutlich, dass der Arzt zur medizinischen Einschätzung gelangt ist, dass sich die festgestellte Psychose stationär am besten behandeln lässt.
Das ist ein guter Grund, zu einer Einweisung zu raten, aber überhaupt kein Grund, eine Zwangsanweisung zu veranlassen.
Oder zur Beobachtung und Abklärung, ob eine Psychose vorliegt. Der Arzt schreibt nichts von einer behandlungsbedürftigen, sondern von einer möglichen Psychose.
Nebenbei bemerkt, ist das anscheinend nur die Meinung eines Arztes. L. war bei ca. 40, wobei unbekannt ist, wie viele davon Psychiater/Psychologen waren.
blackview
15-03-2016, 19:36
Sollte tatsächlich nur der Verdacht einer Psychose vorgeherrscht haben bzw. sich L. noch in einem Stadium seiner Erkrankung befunden haben, das keinerlei Selbst- und Fremdgefährdung erkennen ließ, dann konnte auch keine Zwangsbehandlung bzw. -einweisung erfolgen, das ist wahr.
Die Freiheit des Menschen ist das höchste Gut.
Aufgrund der schwankenden Stadien bei psychotischen Erkrankungen ist es sicherlich auch seitens der Ärzte sehr schwer einzuschätzen, ab wann der Zeitpunkt gekommen ist, dass der betroffene Mensch tatsächlich zwangseingewiesen werden muss.
Die Krux ist, dass es wahrscheinlich so ist, dass sich eben aus den o.g. Gründen derartige Unglücke leider nicht verhindern lassen können.
L. ist tot. Da ist es unerheblich, was der letzendlich wirklich hatte. Was ich viel schlimmer finde, das anscheinend dieses Unglück nun dafür genutzt werden soll, die ärztliche Schweigepflicht auch in Deutschland aufzuweichen.
Was die Hinterbliebenen angeht, ist wohl die Klage gegen die Lufthansa von der US-Justiz zugelassen worden, da sich diese wohl gegen die US-Flugschule der Lufthansa richtet und damit gegen ein in den USA tätiges Unternehmen.
Edelstahl
15-03-2016, 21:11
L. ist tot. Da ist es unerheblich, was der letzendlich wirklich hatte. Was ich viel schlimmer finde, das anscheinend dieses Unglück nun dafür genutzt werden soll, die ärztliche Schweigepflicht auch in Deutschland aufzuweichen.
Wenn man eine Wiederholung vermeiden möchte sicher nicht.
Zimmer101
15-03-2016, 23:31
^^ was auch ganz interessant ist...: der Anteil der Bevölkerung die im Laufe ihres Lebens an Schizophrenie erkrankt liegt bei etwa 1%. Es ist also durchaus eine Krankheit, die dann doch relativ häufig vorkommt....
gruss... :)
Mausophon
16-03-2016, 00:11
^^ was auch ganz interessant ist...: der Anteil der Bevölkerung die im Laufe ihres Lebens an Schizophrenie erkrankt liegt bei etwa 1%. Es ist also durchaus eine Krankheit, die dann doch relativ häufig vorkommt....
gruss... :)
...und von diesen erleben ca. 10 - 20 % eine einmalige psychotische Episode.
http://www.psychose.de/wissen-ueber-psychosen-13.html
Ich stell den Link mal hier rein... http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/menschen-hautnah/video-germanwings-absturz-leben-lernen-mit-dem-schmerz--100.html
Im ZDF gerade eine Reportage zum Thema. Da wird einem Angst und Bange.....
symantec
25-03-2016, 05:14
Das alles macht mich unendlich traurig. Vor allem die Berichterstattung, man versucht mal wieder ne menge Verantwortliche zu finden außer dem echten Täter, traurig aber wahr.
Der Abschlussbericht der BEA auf den sich der Artikel im Eingangsposting stützt ist hier:
https://www.bea.aero/uploads/tx_elydbrapports/BEA2015-0125.de-LR.pdf
Ab Seite 110 sind die ziemlich umfangreichen Sicherheitsempfehlungen der BEA dargelegt. Im Anhang ist auch die Stellungnahme der BFU zum Abschlussbericht enthalten. Dort bewertet die BFU den Bericht und die Darstellung des Hergangs aus ihrer Sicht - allerdings ohne vollumfänglichen Einblick in die Krankenakten von Lubitz gehabt zu haben.
US-Anwälte reichen Klage gegen die Flugschule der Lufthansa ein (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/germanwings-absturz-anwaelte-verklagen-lufthansa-flugschule-a-1087002.html)
Ich würde mal davon ausgehen, das die Klage auch zugelassen wird. Schliesslich wurde Lubitz in genau der Flugschule ausgebildet. Die Ausbildung fand also in Arizona statt.