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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Abschaffung der zwingenden lebenslangen Haft für Mord?


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blaupause
26-03-2016, 14:44
Dein Wikisource-Link verweist auf den §175 ("Unsittlichkeit").

Der richtige Link wäre:

https://de.wikisource.org/wiki/Strafgesetzbuch_f%C3%BCr_das_Deutsche_Reich_(1871)#.C2.A7._211.


Ich wollte eigentlich auf das ganze Gesetz verlinken. Und das hab ich ja auch, aber geschenkt.

Orbitoz
26-03-2016, 15:03
Ja, aber maßgeblich waren die Bestimmungen in §211 in der zum Zeitpunkt der Tatbegehung gültigen Fassung.
Wenn der §211 nach 1945 neu formuliert worden wäre, hätte das keine Rückwirkung auf zurückliegende Taten gehabt. Jedenfalls nicht, wenn die normalen rechtsstaatlichen Grundsätze eingehalten worden wären.Was ich sagen wollte ist, dass es in der Nachkriegsrepublik keine grossen Bestrebungen gab, den §211 zu reformieren - und dies deshalb, weil es eine gewisse Kontinuität in der BRD-Justiz nach 1945 gegeben hat.

Dreher (https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Dreher), Globke (https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Globke), Wolf (https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Anton_Wolf)... um nur einige zu nennen, welche die Nachkriegsjustiz in der BRD aktiv mitgestalteten.

Vielleicht wäre es besser gewesen, Justizminister Maas hätte eine Art unabhängige Expertenkommission einberufen welche die Altlasten des Justizministeriums untersucht. So wären seine Reformbestrebungen betreffend §211 der Öffentlichkeit vielleicht verständlicher darstellbar.

JackB
26-03-2016, 15:52
Was ich sagen wollte ist, dass es in der Nachkriegsrepublik keine grossen Bestrebungen gab, den §211 zu reformieren - und dies deshalb, weil es eine gewisse Kontinuität in der BRD-Justiz nach 1945 gegeben hat.



Okay, für mich kam es eher so rüber, als würdest du unterstellen, dass durch die unveränderte Übernahme des §211 NS-Täter vor einer Verurteilung geschützt wurden, und zwar gewollt ("Perfide ...").

Dass es eine "gewisse Kontinuität" in der Justiz, wie auch in vielen anderen Lebensbereichen, gab, halte ich für selbstverständlich. Man konnte nicht alles komplett neu aufbauen (mit dem Wiederaufbau der Städte und Infrastruktur war man schon genügend beschäftigt), und es gab auch keine Notwendigkeit.




Vielleicht wäre es besser gewesen, Justizminister Maas hätte eine Art unabhängige Expertenkommission einberufen welche die Altlasten des Justizministeriums untersucht. So wären seine Reformbestrebungen betreffend §211 der Öffentlichkeit vielleicht verständlicher darstellbar.

Ich denke, im Justizministerium gibt es dafür genügend Experten. Dass Politiker für alles Mögliche "Expertenkommissionen" einberufen, um sich hinter deren Empfehlungen zu verstecken und ihre Entscheidungen zu rechtfertigen, halte ich eher für ein Übel.

Es geht ja beim §211 nicht um "Altlasten des Justizministeriums". Dass Gesetze sich im Lauf der Zeit als verbesserungswürdig herausstellen, das ist normal. Auch wenn die jetzige Fassung aus der NS-Zeit stammt, sehe ich die Änderung trotzdem als einen solchen ganz normalen Fall an, und nicht als eine "Altlast" aus der NS-Zeit, die großartig von einer unabhängigen Kommission untersucht werden müsste.

Orbitoz
26-03-2016, 16:10
@JackB: ich habe nicht die Absicht, mit dir über irgendwelche begrifflichen Spitzfindigkeiten zu streiten und historische Begebenheiten zu erörtern. Zur Historie des §211 kann sich hier jeder selber ein Bild machen, deshalb die Links.

Im Grundsatz sind wir uns vermutlich einig, dass der §211 überarbeitet werden sollte.

Mausophon
26-03-2016, 18:36
Was ich prinzipiell richtig finde, denn sie hätte die Möglichkeit sich zu trennen oder ins Frauenhaus zu gehen. Bei solchen Verzweiflungstaten wird die Anklage von Mord allerdings wohl eher in Totschlag geändert, um eben diesen Umständen Rechnung zu tragen, was ich auch richtig finde.

Inwieweit bei einem "Haustyrannenfall" diese Möglichkeit besteht, wäre erst einmal zu prüfen. Mehrfach wurde hier das Fallbeispiel von Wikipedia angeführt. Dort heißt es: "Der Ehemann der Angeklagten, das spätere Tatopfer, hatte ihr zudem gedroht, dass er sie finden werde, auch wenn sie vor ihm in ein Frauenhaus o.Ä. flüchte. Daher kam für die Angeklagte auch nicht die Trennung vom Ehemann als Lösung in Betracht. In der Angeklagten reifte daher der Entschluss heran, dass der einzige Ausweg die Tötung des Ehemannes sei."
https://de.wikipedia.org/wiki/Haustyrannenmord

Diese Fallkonstellationen machen m.A.n. die Unzulänglichkeit des § 211 StGB und insbesondere die des Mordmerkmals "Heimtücke" in ihrer jetzigen Fassung überdeutlich. Sie privilegiert Täter, die ihre Opfer jahrelang sadistisch quälen, wenn eine spätere Tötungshandlung kein Mordmerkmal erfüllt und auch solche, die ebenso wie die Frau, die ja "in ein Frauenhaus hätte gehen können", andere Möglichkeiten gehabt hätten, als zu töten und deren Vorteil nur darin bestand, dass sie körperlich stark genug waren, ihr Opfer sozusagen von vorn umzubringen. Ich sehe nicht, inwiefern letzteres weniger strafwürdig sein soll - in vielen Fällen wird dabei die aus der körperlichen Unterlegenheit resultierende Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt und seine Arglosigkeit, die sich darin dokumentiert, dass es sich in diese schutzlose Situation überhaupt erst begeben hat.

Mit diesem Beitrag trifft JackB den Nagel auf den Kopf:

Die angesprochene Rechtsfolgenlösung ist ein Notbehelf, um aus der geltenden Rechtslage resultierende Ungerechtigkeiten zu vermeiden.

Das Ganze ist zwar durch den BGH "abgesegnet", aber im Grunde nicht im Einklang mit verfassungsstaatlichen Grundsätzen: An der Stelle korrigiert die Justiz einen (vermeintlichen) Fehler der Legislative bei der Festsetzung des Strafrahmens, und nimmt sich die Freiheit, eine vom Wortlaut des Gesetzes abweichende Strafe zu verhängen.

Die Verfassung sieht aber vor, dass die Legislative den Strafrahmen vorgibt, den die Judikative einzuhalten hat. Insofern erscheint es angebracht, dass die Legislative ihren Fehler korrigiert, so das auf die zweifelhafte Rechtsfolgenlösung verzichtet werden kann.

Das ist nicht wegzuargutmentieren.

Die vorgesehene Milderung nach "schwerer Beleidigung" gefällt mir allerdings gar nicht.
In das Mordmerkmal der "niedrigen Beweggründe" sollten m.E. nicht nur, wie geplant, explizit rassistische und fremdenfeindliche Angriffe einbezogen werden, sondern auch sexistische (Stichwort Unehrenmorde).

Ka

Loxagon
26-03-2016, 19:13
Der Gesetzentwurf, den Bundesjustizminister Maas vorlegen will, sieht vor, dass Haftstrafen für Morde auf bis zu fünf Jahre gesenkt werden können - wenn der Täter durch eine "schwere Beleidigung" betroffen war.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/heiko-maas-will-zwingende-lebenslange-haft-fuer-mord-abschaffen-a-1084124.html

Bevor man darüber nachdenkt den Mordparagraphen zu reformieren sollte man erst mal über nen gescheiten Bundesjustizminister nachdenken. Das obere Motiv als strafmildernd anzuerkennen ist für mich nicht nur absurd sondern eine Einladung jemanden umzubringen.

Dazu sag ich nur eines: NUR GETROFFENE HUNDE BELLEN!

Für Mord gibt es niemals eine Ausrede - aber... Mörder sind nicht das allerschlimmste... Vergewaltiger sind NOCH schlimmer und diese sollten nie wieder einen Fuß aus dem Knast setzen dürfen.

SnakeX
27-03-2016, 05:50
Mörder sind nicht das allerschlimmste... Vergewaltiger sind NOCH schlimmer und diese sollten nie wieder einen Fuß aus dem Knast setzen dürfen.

:mauer:

*Blue*
29-03-2016, 07:04
für mich geht das alles in richtung einer akzeptanz von selbstjustiz

kann man gut finden - aber man sollte es mal beim namen nennen.

wenn dich jm lange quält - dann ist es nicht so schlimm, wenn du ihn umbringst.
der staat kann dich vor dem ja offenbar nicht schützen.


heftig find ich das mit "schwere Beleidigung" - das ist ja geradezu ein Aufruf an alle mit erhöhtem Ehrgefühl - das macht mir Angst.
und wenn ich jm kaltblütig ermordet habe - wie soll mir dann jm beweissen, dass der Tote mich zuvor nicht ganz ganz schwer beleidigt hat ??

maxine
29-03-2016, 08:48
Der Thread-Titel ist irreführend und müsste geändert werden.

JackB
29-03-2016, 09:31
für mich geht das alles in richtung einer aktzeptanz von selbstjustiz

kann man gut finden - aber man sollte es mal beim namen nennen.

wenn dich jm lange quält - dann ist es nicht so schlimm, wenn du ihn umbringst.
der staat kann dich vor dem ja offenbar nicht schützen.

Akzeptanz ... naja. Es geht doch nicht um Straffreiheit, sondern um eine Erweiterung des Strafrahmens, um differenzierte Strafen verhängen zu können, wie es bei anderen Delikten schon immer möglich ist.

Fünf Jahre für Mord klingt sicher wenig im Vergleich zu lebenslänglich. Aber es ist immer noch viel im Vergleich zu den Mindeststrafen, die für andere Delikte gelten: Ein Jahr für Totschlag im minderschweren Fall, zwei Jahre für Vergewaltigung, Geldstrafe für Steuerhinterziehung.

Man kann ja nicht sagen, was nicht mit lebenslänglich bestraft wird, ist akzeptiert.


Der Thread-Titel ist irreführend und müsste geändert werden.

Richtig. Abschaffung der lebenslänglichen Haftstrafe wird nicht vorgeschlagen, sondern nur deren obligatorischen Verhängung.

Zaadi
30-03-2016, 13:28
Der Gesetzentwurf, den Bundesjustizminister Maas vorlegen will, sieht vor, dass Haftstrafen für Morde auf bis zu fünf Jahre gesenkt werden können - wenn der Täter durch eine "schwere Beleidigung" betroffen war.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/heiko-maas-will-zwingende-lebenslange-haft-fuer-mord-abschaffen-a-1084124.html

Bevor man darüber nachdenkt den Mordparagraphen zu reformieren sollte man erst mal über nen gescheiten Bundesjustizminister nachdenken. Das obere Motiv als strafmildernd anzuerkennen ist für mich nicht nur absurd sondern eine Einladung jemanden umzubringen.

Ich komme da auf den Gedanken das der Minister Mordabsichten hegt und nicht solang einsitzen will :zahn:

tanakin
30-03-2016, 14:04
Öhmmm...

Kann mal jemand den begriff "schwere Beleidigung" näher spezifizieren? Und wird dann auch der kulturelle/soziale/ethnische hintergrund des beleidigten/beleidigenden berücksichtigt?
Ich mein, wenn ich mich nur mal so ein paar Minuten an eine handelsübliche bus-/bahnhaltestelle zu beginn/ende der schulzeit stelle, dann könnten die sich ja u.U. Völlig straffrei abmessern...

"Damals" hatte ich sogar mal eine beinahe-schlägerei mit einem taxifahrer, weil ich ihm ein herzliches "taxifahrer" hinterhergebrüllt habe, nachdem er mich fast vom rad gesemmelt hatte...


Aber:
Den wegfall von "heimtücke" zugunsten von "wehrlos" begrüsse ich!
Heimtücke setzt argwohn voraus, den kleinkinder zb gegenüber eltern/vertrauenspersonen nicht empfinden (können), wodurch das mordmerkmal entfällt...

Frosch17
30-03-2016, 14:33
Öhmmm...

Kann mal jemand den begriff "schwere Beleidigung" näher spezifizieren? Und wird dann auch der kulturelle/soziale/ethnische hintergrund des beleidigten/beleidigenden berücksichtigt?
Ich mein, wenn ich mich nur mal so ein paar Minuten an eine handelsübliche bus-/bahnhaltestelle zu beginn/ende der schulzeit stelle, dann könnten die sich ja u.U. Völlig straffrei abmessern...

Von straffrei steht da kein Wort. Ich bitte doch, sich ein bisschen mehr an den Fakten und weniger an der eigenen Phantasie zu orientieren. Herzlichen Dank.

sirius
30-03-2016, 14:37
Die Änderung hinsichtlich Heimtücke ist eine großartige Sache von Herrn Maas. Bisher wurde z.B. die jahrelang mishandelte Frau besonders hart bestraft, wenn sie den körperlich überlegenen Mann vergiftet hat. Der Mann war eben "arglos" und somit ist es Mord. Umgekehrt wurde es teilweise nicht als Mord gewertet, wenn ein völlig unbescholtener Mann erst zusammengeschlagen und dann wenige Minuten später mit massiven Tritten ins Gesicht getötet wurde. Hier war das Opfer im Moment der Tötung auf Grund der vorausgegangenen Schlägerei ja nicht mehr arglos. Mir kann niemand erzählen, dass das Verhalten der Frau verwerflicher ist als das des Schlägers. Das kann es ja nicht sein.

Politiker sind nicht alle ganz doof, die denken sich schon was dabei. Es ist irgendwie typisch, dass man dieses Thema völlig ignoriert und sich auf diesen einen zweifelhaften Punkt der "schweren Beleidigung" stürzt, ohne dass überhaupt jemand weiß wie das näher ausgelegt werden soll. Hauptsache erstmal stänkern. Ich sehe hier definitiv erstmal die angesprochene Verbesserung und alles weitere muss man erstmal abwarten.

Achja: Dass der Threadtitel alberne Stimmungsmache ist habe ich schon vor Tagen geschrieben...

foka
30-03-2016, 14:44
Von straffrei steht da kein Wort. Ich bitte doch, sich ein bisschen mehr an den Fakten und weniger an der eigenen Phantasie zu orientieren. Herzlichen Dank.

Ja. Insofern fände ich es auch nur fair, den Threadtitel zu ändern. Der erste Programmentwurf war noch nie ein "Fake" oder "unecht", und es ist eben einer der Tricks von Rechtspopulisten, die Message durch geringfügige Änderungen dem Hassbild insgesamt anzugleichen. Es mag zuerst wie eine Lappalie aussehen, aber man sollte diesen typischen Versuchen schon im Keim entgegenwirken, meine ich.

Edit: Falscher Thread. Aber den hier betrifft es ebenso, es geht hier natürlich nicht um die "Abschaffung der lebenslangen Strafe". Schlimm, dass sowas überhaupt im Threadtitel stehen bleibt.

Frosch17
30-03-2016, 14:54
Ich hab den Thread-Titel dem Spiegel-Titel angeglichen.

foka
30-03-2016, 15:45
Danke! Da macht ein Wort schon einen Unterschied! :-)

symantec
30-03-2016, 19:24
5 Jahre für Mord das gibt doch schon längst, nennt sich minderschwerer Fall, kann auch bei schweren Beleidigungen oder ähnlichem angewendet werden. Kennt der Maas den Inhalt der Gesetze nicht. Und lebenslang für Mord ist schön seit längerer Zeit schon nicht mehr der Standart, leider denn den Richtern wird viel zu viel Spielraum eingeräumt.

Mausophon
30-03-2016, 19:41
5 Jahre für Mord das gibt doch schon längst, nennt sich minderschwerer Fall, kann auch bei schweren Beleidigungen oder ähnlichem angewendet werden. Kennt der Maas den Inhalt der Gesetze nicht. Und lebenslang für Mord ist schön seit längerer Zeit schon nicht mehr der Standart, leider denn den Richtern wird viel zu viel Spielraum eingeräumt.

Quelle?
Gibt's nich.
Guckstdu Gesetz.

maxine
30-03-2016, 20:09
5 Jahre für Mord das gibt doch schon längst, nennt sich minderschwerer Fall, kann auch bei schweren Beleidigungen oder ähnlichem angewendet werden. Kennt der Maas den Inhalt der Gesetze nicht. Und lebenslang für Mord ist schön seit längerer Zeit schon nicht mehr der Standart, leider denn den Richtern wird viel zu viel Spielraum eingeräumt.


Das trifft wohl eher auf dich zu.

Mausophon
30-03-2016, 20:21
Aus "Die 6 wichtigsten Tipps für ein erfolgreiches Jurastudium":
""Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung!" Dieser Spruch, der dem ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, Hans Carl Nipperdey (1895-1968), zugeschrieben wird, ist schon Jahrzehnte alt. Trotzdem gilt er bis heute."
https://pagewizz.com/erfolg-im-jurastudium-die-6-wichtigsten-tipps/

Wir können vermuten, dass hier einer der Gründe dafür liegt, dass Herr Maas, im Gegensatz zu symantec, Justizminister ist.

symantec
01-04-2016, 20:21
Wenn angeblich lebenslang die einzigste Strafe für Mord ist wie kommt es dann zu solch einem Urteil:

http://www.welt.de/vermischtes/article138997078/8-5-Jahre-Haft-im-Prozess-um-zerstueckelte-Leiche.html

Also muss es Möglichkeiten geben eine Mordstrafe abzumildern.

Mausophon
02-04-2016, 00:29
Wenn angeblich lebenslang die einzigste Strafe für Mord ist wie kommt es dann zu solch einem Urteil:

http://www.welt.de/vermischtes/article138997078/8-5-Jahre-Haft-im-Prozess-um-zerstueckelte-Leiche.html

Also muss es Möglichkeiten geben eine Mordstrafe abzumildern.

Ja, die sog. Rechtsfolgenlösung, s.o. im Thread.
Eine ausführliche Erklärung findest du z.B. hier: http://www.juraindividuell.de/artikel/die-tatbestandsloesung-des-bgh-als-kunstgriff-der-gerechtigkeit-bei-atypischen-mord/

JackB übte hier im Thread in m.E. zutreffender Weise Kritik an dieser Handhabung:

Die angesprochene Rechtsfolgenlösung ist ein Notbehelf, um aus der geltenden Rechtslage resultierende Ungerechtigkeiten zu vermeiden.

Das Ganze ist zwar durch den BGH "abgesegnet", aber im Grunde nicht im Einklang mit verfassungsstaatlichen Grundsätzen: An der Stelle korrigiert die Justiz einen (vermeintlichen) Fehler der Legislative bei der Festsetzung des Strafrahmens, und nimmt sich die Freiheit, eine vom Wortlaut des Gesetzes abweichende Strafe zu verhängen.

Die Verfassung sieht aber vor, dass die Legislative den Strafrahmen vorgibt, den die Judikative einzuhalten hat. Insofern erscheint es angebracht, dass die Legislative ihren Fehler korrigiert, so das auf die zweifelhafte Rechtsfolgenlösung verzichtet werden kann.