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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld dürfen mit dem Mindestlohn verrechnet werden


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Little_Ally
25-05-2016, 22:49
http://www.tagesschau.de/inland/mindestlohngesetz-sonderzahlungen-101.html

http://m.spiegel.de/wirtschaft/soziales/a-1094056.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=https://www.google.de/

Mal den Fall aus den beiden Links kurz zusammengefasst:
Eine Frau verdiente bis zur Einführung des Mindestlohns 8,03 Euro in der Stunde, zusätzlich zahlte der Arbeitgeber Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Nach Einführung des Mindestlohnes beschloss der Arbeitgeber die Sonderzahlungen künftig durch 12 zu teilen und monatsweise auszuzahlen. Wenn man nun den vertraglichen monatlichen Lohn (Stundenlohn 8,03 Euro) und die monatliche Sonderzahlung zusammenzählt und durch die gearbeitete Stundenzahl teilt, komm man auf einen Stundenlohn von 8,69 Euro und der Mindestlohn wird erreicht. Verdienen tut die Mitarbeiterin das gleiche wie vorher. Sie hatte natürlich auf einen höheren Stundenlohn und weiterhin auf die bisherige Sonderzahlung gehofft und geklagt.Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass der Arbeitgeber Recht hat und das so machen darf.

Irgendwie finde ich das ja seltsam.:nixweiss: Andererseits gehören Sonderzahlungen natürlich auch irgendwie zum Lohn.:nixweiss:

sinead_morrigan
26-05-2016, 00:06
Was ist daran seltsam?

CB ist cool
26-05-2016, 00:15
Das macht mich sprachlos!

Aber gut, was erwartet man auch schon.

Urlaubs-und Weihnachtsgeld sind Sonderzahlungen, die den Namen deshalb tragen, da sie auch für einen bestimmten Zweck da sind, nämlich vielleicht mal im Urlaub etwas zu unternehmen oder doch eventuell mal ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen.

Wie man sich irgendwie denken kann, sind diese Sonderzahlungen auch nicht gerade üppig bei 8,50 brutto.

Der Mindestlohn sollte gesetzlich ausnahmslos die Untergrenze sein. Wie kommt man dazu, jetzt so den Mindestlohn zu unterwandern? Vom Gericht abgesegnet? Völlig absurd!

Ich warte noch auf den Tag, an dem man dafür bezahlen muss, dass man arbeiten darf.

Warum um alles in der Welt geht man überhaupt arbeiten, wenn man dann fast das gleiche hat wie Hartz 4? So sinnerfüllend ist es dann auch nicht. Das ist so unglaublich frustrierend.

goldstern
26-05-2016, 00:32
Weihnachts- und Urlaubsgeld sind doch eh nur freiwillige Leistungen die schon lange nicht mehr von allen Unternehmen gezahlt werden

sinead_morrigan
26-05-2016, 00:53
Das macht mich sprachlos!

Aber gut, was erwartet man auch schon.

Urlaubs-und Weihnachtsgeld sind Sonderzahlungen, die den Namen deshalb tragen, da sie auch für einen bestimmten Zweck da sind, nämlich vielleicht mal im Urlaub etwas zu unternehmen oder doch eventuell mal ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen.

Wie man sich irgendwie denken kann, sind diese Sonderzahlungen auch nicht gerade üppig bei 8,50 brutto.

Der Mindestlohn sollte gesetzlich ausnahmslos die Untergrenze sein. Wie kommt man dazu, jetzt so den Mindestlohn zu unterwandern? Vom Gericht abgesegnet? Völlig absurd!

Ich warte noch auf den Tag, an dem man dafür bezahlen muss, dass man arbeiten darf.

Warum um alles in der Welt geht man überhaupt arbeiten, wenn man dann fast das gleiche hat wie Hartz 4? So sinnerfüllend ist es dann auch nicht. Das ist so unglaublich frustrierend.

Den letzten Teil will ich gar nicht bezweifeln, aber was genau ist an dem Urteil jetzt so falsch? Wie Goldstern schon schreibt, sind das eh freiwillige Leistungen. Beim Mindestlohn geht es doch nur darum, eine Lohnuntergrenze festzusetzen. Ob jemand im Monat nun 1500 Euro verdient mit 8,50 Euro die Stunde oder 1500 Euro mit 6 Euro die Stunde plus Zusatzzahlungen, ist komplett wurscht. Anders ausgedrückt: auf seine eigene Weise hatte der Arbeitgeber schon vor Einführung des Mindestlohns den Mindestlohn gezahlt.

CB ist cool
26-05-2016, 01:08
Den letzten Teil will ich gar nicht bezweifeln, aber was genau ist an dem Urteil jetzt so falsch? Wie Goldstern schon schreibt, sind das eh freiwillige Leistungen. Beim Mindestlohn geht es doch nur darum, eine Lohnuntergrenze festzusetzen. Ob jemand im Monat nun 1500 Euro verdient mit 8,50 Euro die Stunde oder 1500 Euro mit 6 Euro die Stunde plus Zusatzzahlungen, ist komplett wurscht. Anders ausgedrückt: auf seine eigene Weise hatte der Arbeitgeber schon vor Einführung des Mindestlohns den Mindestlohn gezahlt.

Okay, dann war es missverständlich, was ich schrieb. Die 8,50 sollten die Untergrenze sein. Dann wird eben nur der Mindestlohn gezahlt (von dem man fast nicht leben kann, kann jeder für sich ausrechnen, was da brutto übrig bleibt.)

Dann zahlen die Unternehmen das, aber kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Wenn dann demnächst die Nachtzulagen dran sind und der Feiertagszuschlag und das auch noch verrechnet wird, dann gibt es defacto diese Zuschläge auch nicht mehr.

Es gibt dann defacto für diese AG, die dass so wollen, nur noch den Mindestlohn, wenn sie eine Stelle besetzen wollen.

Damit der AN auch genau und sofort sehen kann, dass sich Arbeit so richtig lohnt.

peepe
26-05-2016, 13:25
Ich bekomme weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld, Zuschläge - was ist das?

JackB
26-05-2016, 13:40
Weihnachts- und Urlaubsgeld sind doch eh nur freiwillige Leistungen die schon lange nicht mehr von allen Unternehmen gezahlt werden

Das ist nicht richtig. In vielen Fällen sind sie als Bestandteil des Arbeitsentgeltes im Arbeits- oder Traifvertrag verbindlich festgelegt ("13. Monatsgehalt").

So war es wohl auch in dem entschiedenen Fall:


Konkret geht es um den Fall einer Klägerin aus Brandenburg. Die Frau arbeitet Vollzeit in einer Klinik-Cafeteria und verdiente bis Anfang vergangenen Jahres - also vor der Einführung des Mindestlohns - 8,03 Euro in der Stunde. Zudem ist im Arbeitsvertrag festgelegt, dass ihr jeweils ein halbes Monatsgehalt Weihnachts- und Urlaubsgeld im Jahr zusteht, insgesamt also ein ganzes Monatsgehalt.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/mindestlohn-urteil-weihnachtsgeld-darf-angerechnet-werden-a-1094056.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=https://www.google.de/

Gerade weil die Leistungen ohnehin Bestandteil der Vergütung, können sie bei der Berechnung des Stundenlohns berücksichtigt werden.

JackB
26-05-2016, 13:48
Urlaubs-und Weihnachtsgeld sind Sonderzahlungen, die den Namen deshalb tragen, da sie auch für einen bestimmten Zweck da sind, nämlich vielleicht mal im Urlaub etwas zu unternehmen oder doch eventuell mal ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen.



Das ist eine traditionalistische Sichtweise.

Man könnte aber auch sagen: Sonderzahlungen sind zurückbehaltener Lohn, der ungerechterweise erst zur Jahresmitte oder zu Weihnachten ausbezahlt wird, obwohl die Arbeit schon viel früher geleistet wurde.

golfern
26-05-2016, 14:20
Dass erst ein Arbeitsgericht über das Zusammenspiel von Mindestlohn und eventuellen Zulagen entscheiden muss, zeigt wie einfach es sich die Politik bei der Gesetzgebung gemacht hat.

Als Richter am Arbeitsgericht hat man nach Besoldungsgruppe R 6 ein Monats-Brutto von 9167,62 Euro.

Geteilt durch 21 Arbeitstage und 8 Stunden errechnet sich ein Stundenlohn von 54,57 Euro.

Deren Weihnnachtsgeld sowie Amts-, Familien- und Kinderzulagen werden selbstverständlich nicht auf den Stundenlohn angerechnet. Auf so eine Idee käme auch niemand. Aber bei den 8,50 Euro muss man scheinbar schon ganz genau hinschauen.

https://abload.de/img/der-deutschen-wirtschekjhn.jpg

JackB
26-05-2016, 14:40
Dass erst ein Arbeitsgericht über das Zusammenspiel von Mindestlohn und eventuellen Zulagen entscheiden muss, zeigt wie einfach es sich die Politik bei der Gesetzgebung gemacht hat.



In einem Gesetz kann nicht jeder Einzelfall geregelt werden. Wenn jemand gegen die Anwendung eines Gesetzes klagt, muss es eben ein Verfahren und ein Urteil geben. Das kommt auch vor, wenn ein Gesetz noch so klar und eindeutig formuliert ist.
Irgendjemand fühlt sich immer ungerecht behandelt, und meist findet sich auch ein Anwalt, der ihn vertritt. Vor allem, wenn der Kläger rechtsschutzversichert ist.





Deren Weihnnachtsgeld sowie Amts-, Familien- und Kinderzulagen werden selbstverständlich nicht auf den Stundenlohn angerechnet. Auf so eine Idee käme auch niemand. Aber bei den 8,50 Euro muss man scheinbar schon ganz genau hinschauen.



Was hätte das für eine Bedeutung, wenn man das den Richtern "auf den Stundenlohn anrechnen" würde? Was ist damit gemeint?

golfern
26-05-2016, 15:01
In einem Gesetz kann nicht jeder Einzelfall geregelt werden. Wenn jemand gegen die Anwendung eines Gesetzes klagt, muss es eben ein Verfahren und ein Urteil geben. Das kommt auch vor, wenn ein Gesetz noch so klar und eindeutig formuliert ist.
Irgendjemand fühlt sich immer ungerecht behandelt, und meist findet sich auch ein Anwalt, der ihn vertritt. Vor allem, wenn der Kläger rechtsschutzversichert ist.

Schon klar :ja:


Was hätte das für eine Bedeutung, wenn man das den Richtern "auf den Stundenlohn anrechnen" würde? Was ist damit gemeint?

Es war nur ein Gleichnis. Ich hätte jetzt eher den Einwand erwartet, dass Richter ja gar keinen Stundenlohn haben. :nixweiss: Den Stundenlohn habe ich ja nur theoretisch errechnet, daraus lässt sich keine Bedeutung für eine tatsächliche Berechnung ableiten. :nein:

MarkenMusik-Fan
26-05-2016, 15:47
Vom Gefühl her hatte ich erwartet, dass der Stundenlohn immer 8,50 oder mehr betragen muss, ganz unabhängig davon, ob der Arbeitgeber noch Weihnachts- oder Urlaubsgeld zahlt.
Ist aber leider nicht so und deshalb gefällt mir das Urteil nicht.

Snappy77
26-05-2016, 20:21
Den Arbeitgeber interessieren nur die Personalkosten - wie das dann auf der Abrechnung aufgeteilt wird ist doch völlig egal. Selbst die Arbeitgeberanteile zur SV erwirtschaftet der Arbeitnehmer - die "50/50" Aufteilung (heutzutage etwas mehr beim AN) dient doch nur zum Vertuschen der eigentlichen Kosten für die Sozialversicherungen. Genau so gut könnte der AG das Brutto entsprechend erhöhen und die vollen Anteile abziehen.

Problem nur - dann sieht der Mitarbeiter, dass ihm vom Weihnachts/Urlaubsgeld, Überstunden oder der Gehaltserhöhung weniger als 40% netto bleiben und das würde wohl zu Protesten führen... dann lieber verschleiern, das ist besser für die Stimmung und der Arbeitgeber kommt auch noch sozial rüber, da er ja Kosten übernimmt.

Lieb-Ellchen
26-05-2016, 21:22
Den Arbeitgeber interessieren nur die Personalkosten - wie das dann auf der Abrechnung aufgeteilt wird ist doch völlig egal. Selbst die Arbeitgeberanteile zur SV erwirtschaftet der Arbeitnehmer - die "50/50" Aufteilung (heutzutage etwas mehr beim AN) dient doch nur zum Vertuschen der eigentlichen Kosten für die Sozialversicherungen. Genau so gut könnte der AG das Brutto entsprechend erhöhen und die vollen Anteile abziehen.

Problem nur - dann sieht der Mitarbeiter, dass ihm vom Weihnachts/Urlaubsgeld, Überstunden oder der Gehaltserhöhung weniger als 40% netto bleiben und das würde wohl zu Protesten führen... dann lieber verschleiern, das ist besser für die Stimmung und der Arbeitgeber kommt auch noch sozial rüber, da er ja Kosten übernimmt.

Wenn der AG die Sonderzahlungen statt wie bisher zwei mal jährlich nachträglich jetzt zu jedem Monatsende zahlt, dann hat das Auswirklungen auf seine Liquidität.

Die AG-Anteile zur Sozialversicherung zahlt der Arbeitgeber. Wieso erwirtschaftet die der Arbeitnehmer? Und was wird vertuscht? Wie kommst du auf 40 %, die von Lohnerhöhungen verbleiben?

SnakeX
26-05-2016, 23:48
Die AG-Anteile zur Sozialversicherung zahlt der Arbeitgeber. Wieso erwirtschaftet die der Arbeitnehmer?

das steht doch da oben... dem Arbeitgeber ist es Schnurz ob er diese Kohle direkt an die Sozialkassen zahlt oder seinen Beschäftigten gibt, die dann halt das doppelte an die Versicherungen zahlen.
in der Gesamtbetrachtung sind das halt Personalkosten die sich entweder rechnen oder nicht. hat der Arbeitgeber eine zufriedenstellende Bilanz, könnte er diese Kohle, wenn er sie nicht als Arbeitgeberanteil zahlen müsste, dann eben seinen Beschäftigten aufs Gehalt legen und alles bliebe beim Gleichen....
so bezahlt der Arbeitnehmer diese Kohle damit zu 100%, über diesen lächerlichen Umweg.

ManOfTomorrow
26-05-2016, 23:52
Nach diesem Gerichtsurteil wird die SPD doch bestimmt wieder verzweifelt eine Gesetzes-Anpassung in die Wege leiten ... :zahn:

Lieb-Ellchen
27-05-2016, 09:36
das steht doch da oben... dem Arbeitgeber ist es Schnurz ob er diese Kohle direkt an die Sozialkassen zahlt oder seinen Beschäftigten gibt, die dann halt das doppelte an die Versicherungen zahlen.
in der Gesamtbetrachtung sind das halt Personalkosten die sich entweder rechnen oder nicht. hat der Arbeitgeber eine zufriedenstellende Bilanz, könnte er diese Kohle, wenn er sie nicht als Arbeitgeberanteil zahlen müsste, dann eben seinen Beschäftigten aufs Gehalt legen und alles bliebe beim Gleichen....
so bezahlt der Arbeitnehmer diese Kohle damit zu 100%, über diesen lächerlichen Umweg.

Ich stelle mir gerade vor, dieser Vorschlag würde vom Gesetzgeber in die Tat umgesetzt, also AN zahlt die Sozialabgaben alleine und AG erhöht dafür das Bruttogehalt. Den Proteststurm, nicht zuletzt auch in diesem Forum, möchte ich sehen :D

Ich glaube nicht, dass viele daran glauben, dass das Bruttogehalt tatsächlich erhöht würde.

Bela Lugosi
27-05-2016, 11:41
Ich stelle mir gerade vor, dieser Vorschlag würde vom Gesetzgeber in die Tat umgesetzt, also AN zahlt die Sozialabgaben alleine und AG erhöht dafür das Bruttogehalt. Den Proteststurm, nicht zuletzt auch in diesem Forum, möchte ich sehen :D

Ich glaube nicht, dass viele daran glauben, dass das Bruttogehalt tatsächlich erhöht würde.

Aus gutem Grund!

In der Vergangenheit sind die Sozialbeiträge schon öfter erhöht worden. Mir ist nicht bekannt, dass dann die 50% der Erhöhung, die auf den Arbeitnehmer entfielen, automatisch zu einer entsprechenden Gehaltserhöhung geführt hätten.

Sollten diese zu 100% vom Arbeitnehmer getragen werden, käme es selbstverständlich nach jeder Erhöhung bei der nächsten Tarifauseinandersetzung zu entsprechenden Verteilungskämpfen zwischen AN und AG, während bei der momentanen Autfteilung beide ein Interesse haben, dass eine Steigerung begrenzt bleibt.

SilverER
27-05-2016, 12:40
Interessant ist auch die Auslegung des AG...



Die Klägerin ging aber noch gegen eine weitere Auslegung ihres Arbeitgebers vor - wie das Bundesarbeitsgericht hier urteilte, ist noch unklar. Dabei geht es um Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit sowie Überstunden. Die Frau ist der Ansicht, dass dafür der Mindestlohn von 8,50 Euro als Berechnungsgrundlage gelten müsse. Ihr Arbeitgeber berechnet die Zuschläge hingegen auf Grundlage des vertraglichen - geringeren - Stundenlohnes.

SPON (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/mindestlohn-urteil-weihnachtsgeld-darf-angerechnet-werden-a-1094056.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=https://www.google.de/)

Auch wenn die rechtliche Auslegung in diesem Fall korrekt ist, bin ich doch eher der Ansicht des Anwalts der Frau



Dem Anwalt der Klägerin bekommt sie nach wie vor eine Grundvergütung von 1391,36 Euro brutto im Monat. Nach Anrechnung der monatlichen Sonderzahlungen kommt sie demnach brutto auf 1507,30 Euro. "Die Verrechnungen bewirken, dass meine Mandantin nichts vom Mindestlohn hat", sagte ihr Anwalt in der Verhandlung. Für ihn liege der Zweck des Mindestlohngesetzes aber gerade in der Bekämpfung von Armut, auch künftiger Altersarmut.

Lieb-Ellchen
27-05-2016, 12:59
Noch einige Ergänzungen zu SnakeX Beitrag:

1. Man kann nicht sagen, dass der Arbeitnehmer die Kosten, die er verursacht, erwirtschaftet. Daher mein Einwand gegen den Begriff. Zumal die Kosten über die Personalkosten hinausgehen und sich auch in diversen Sachkosten wieder finden, z.B. Kosten des Arbeitsplatzes, Ausstattung usw. Die Kosten des Personals können, aber müssen keinen Einfluss auf den Umsatz haben. Messbar ist der Anteil des einzelnen AN am Umsatz ohnehin in den wenigsten Fällen.

2. Die Aufteilung nach AG-Anteil und AN-Anteil bedeutet keinen besonderen Aufwand für den AG. Die AN-Beiträge werden ja auch vom AG an den SV-Träger abgeführt.

3. User Snappy hat sich über die hohen Abzüge mokiert. Prozentual würden die natürlich steigen, sofern der AN die SV alleine tragen müsste.

4. Das höhere Bruttogehalt hätte natürlich sofort höhere SV-Beiträge zur Folge. Denn davon werden sie berechnet.

SirGuinness
27-05-2016, 13:11
... der Sachverhalt ist doch mE nach ganz easy: der Mindestlohn liegt bei € 8,50 und nicht darunter, was aber mit der Verrechnung von Weihnachts- und Urlaubsgeld der Fall ist. Diese beiden - sagenwirmal - Boni kommen ja noch obendrauf zum Mindestlohn. Beim normalen AN ist das ja nicht anders, da wird auch nichts mit einem Grundgehalt verrechnet.

Ein Richter, der solch ein kontraproduktives Urteil zur bestehenden Gesetzeslage fällt (Mindestlohn € 8,50) denkt weltfremd, hat keine Ahnung vom wirklichen Leben und gehört mE nach fristlos gefeuert. Weil der weiss noch nicht einmal, was ein Gesetz ist.

Willipruefer
27-05-2016, 13:18
So toll, wie Nahles meint, ist der Mindestlohn in der Praxis nicht. Nach diesem Urteil weden AG zunehmend alle Zulagen, die auf den Mindestlohn anrechenbar sind, auch anrechnen. Unter'm Strich scheint mir die Mindestlohnregelung kaum das Papier wert zu sein, auf dem sie steht.

Snappy77
27-05-2016, 13:23
Und was wird vertuscht? Wie kommst du auf 40 %, die von Lohnerhöhungen verbleiben?

Vertuscht werden die tatsächlichen Kosten für Renten/Kranken/Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Wenn jeder Mitarbeiter schwarz auf weiß sehen würde was das alles monatlich in voller Höhe kostet, würden einige das ganze System vielleicht eher in Frage stellen. Bei 4000 Euro brutto z.B. ca. 624 Euro allein für die Krankenversicherung jeden Monat.

Die 40% ergeben sich aus dem Grenzsteuersatz + Sozialversicherungsabgaben. Von allem was oben auf das Gehalt drauf kommt (wie Überstunden, Sonderzahlungen etc) sind die Abzüge enorm. Will man dem Mitarbeiter 50 Euro netto geben, muss man als Arbeitgeber etwa 125 Euro ausgeben. Oder anders ausgedrückt... will der Arbeitgeber dem Mitarbeiter was gutes tun und stellt jedem 1.000 Euro Gewinnbeteiligung zur Verfüfung, bleiben in der Regel nach allen gesetzlichen Abzügen weniger als 400 Euro netto davon übrig.

dedeli
27-05-2016, 13:25
So toll, wie Nahles meint, ist der Mindestlohn in der Praxis nicht. Nach diesem Urteil weden AG zunehmend alle Zulagen, die auf den Mindestlohn anrechenbar sind, auch anrechnen. Unter'm Strich scheint mir die Mindestlohnregelung kaum das Papier wert zu sein, auf dem sie steht.

Es war von Anfang an klar, dass der Mindestlohn in der Praxis nicht toll ist. Genau das, was jetzt mit diesem Urteil bestätigt wurde, wurde von Kritikern von Anfang an prophezeit. Das Urteil mag formal richtig sein, aber jedem sollte klar sein, dass man in vielen deutschen Großstädten mit 1360 Euro oder wenig mehr brutto (!) kaum genug zum Leben hat. Ich bin für Mindestlohn, aber in dieser Höhe nützt er insbesondere in Großstädten den Leuten kaum etwas.

Snappy77
27-05-2016, 13:27
Das höhere Bruttogehalt hätte natürlich sofort höhere SV-Beiträge zur Folge. Denn davon werden sie berechnet.

Nein, auch das ist nur ein Rechenspiel. Das Zusatzbrutto kann dann ja einfach Steuer+SVfrei sein, so wie jetzt schon z.B. die Nachtzuschläge. Und auch der Krankenversicherungsbeitrag ist heute schon steuerfrei, das ist bereits so in die Steuertabellen eingearbeitet.

koarla
27-05-2016, 13:44
... der Sachverhalt ist doch mE nach ganz easy: der Mindestlohn liegt bei € 8,50 und nicht darunter, was aber mit der Verrechnung von Weihnachts- und Urlaubsgeld der Fall ist. Diese beiden - sagenwirmal - Boni kommen ja noch obendrauf zum Mindestlohn. Beim normalen AN ist das ja nicht anders, da wird auch nichts mit einem Grundgehalt verrechnet.

Ein Richter, der solch ein kontraproduktives Urteil zur bestehenden Gesetzeslage fällt (Mindestlohn € 8,50) denkt weltfremd, hat keine Ahnung vom wirklichen Leben und gehört mE nach fristlos gefeuert. Weil der weiss noch nicht einmal, was ein Gesetz ist.

Ja, eigentlich sollte der Stundenlohn klar definiert sein und abgrenzbar von Zuschlägen.
Eventuell könnte die Problematik durch einen schlecht formulierten Gesetzestext entstehen. Würde mich nicht wundern, wenn sich da ein Ministerium wieder mal von Lobbyisten und externen Beratern aufs Kreuz legen hat lassen.

Lieb-Ellchen
27-05-2016, 13:50
... der Sachverhalt ist doch mE nach ganz easy: der Mindestlohn liegt bei € 8,50 und nicht darunter, was aber mit der Verrechnung von Weihnachts- und Urlaubsgeld der Fall ist. Diese beiden - sagenwirmal - Boni kommen ja noch obendrauf zum Mindestlohn. Beim normalen AN ist das ja nicht anders, da wird auch nichts mit einem Grundgehalt verrechnet.

Ein Richter, der solch ein kontraproduktives Urteil zur bestehenden Gesetzeslage fällt (Mindestlohn € 8,50) denkt weltfremd, hat keine Ahnung vom wirklichen Leben und gehört mE nach fristlos gefeuert. Weil der weiss noch nicht einmal, was ein Gesetz ist.

Also du meinst jetzt 3 Richter, es war ja schon die dritte Instanz.

Hier mal das Urteil der 2. Instanz, das vom BAG bestätigt wurde

http://www.iww.de/quellenmaterial/id/183762

SnakeX
27-05-2016, 13:58
In der Vergangenheit sind die Sozialbeiträge schon öfter erhöht worden. Mir ist nicht bekannt, dass dann die 50% der Erhöhung, die auf den Arbeitnehmer entfielen, automatisch zu einer entsprechenden Gehaltserhöhung geführt hätten.


warum auch? Arbeitgeber sindnicht in der Pflicht, Steuererhöhungen durch höhere Löhne kompensieren zu müssen.
das hat doch alles nichts mit meiner Aussage zu tun.

SirGuinness
27-05-2016, 14:29
Also du meinst jetzt 3 Richter, es war ja schon die dritte Instanz.

Hier mal das Urteil der 2. Instanz, das vom BAG bestätigt wurde

http://www.iww.de/quellenmaterial/id/183762

... also, ich bin kein Rechtsgelehrter und ich habe auch nicht die Zeit, diesen Roman an Schriftstück zu lesen, aber mir sagt mein Bauchgefühl weiterhin, dass im Mindestlohngesetz steht, dass ein Mindestlohn von € 8,50 seit 1.1.2015 gültig ist und lt. diesem Gesetz bezahlt werden muss (nachstehend ein paar Auszüge aus dem MiLoG):

§ 1 Mindestlohn
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.
(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

§ 3 Unabdingbarkeit des Mindestlohns
Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Umso schlimmer, wenn die Richter in 2 Vorinstanzen ebenfalls keine Ahnung vom MiLoG haben und kontraproduktive Urteile fällen. Wenn auch sie nicht richtig lesen können, gehören sie ebenfalls fristlos gefeuert. Es hätte nur das Urteil gesprochen werden können, dass der AG Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch obendrauf zu zahlen hat.

Aber nein, es wird genau anders und gesetzeswidrig entscheiden. Wozu haben wir Gesetze? Dass sie von Richtern frei nach deren Gusto ausgelegt werden können, wenn der Text eindeutig ist? Das ist doch nur noch Wildwest hier, der Stärkere hat gewonnen!

Das ist nicht mehr meine Welt ...! :tkbeiss:

SilverER
27-05-2016, 14:34
... also, ich bin kein Rechtsgelehrter und ich habe auch nicht die Zeit, diesen Roman an Schriftstück zu lesen, aber mir sagt mein Bauchgefühl weiterhin, dass im Mindestlohngesetz steht, dass ein Mindestlohn von € 8,50 seit 1.1.2015 gültig ist und lt. diesem Gesetz bezahlt werden muss (nachstehend ein paar Auszüge aus dem MiLoG):

§ 1 Mindestlohn
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.
(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

§ 3 Unabdingbarkeit des Mindestlohns
Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Umso schlimmer, wenn die Richter in 2 Vorinstanzen ebenfalls keine Ahnung vom MiLoG haben und kontraproduktive Urteile fällen. Wenn auch sie nicht richtig lesen können, gehören sie ebenfalls fristlos gefeuert. Es hätte nur das Urteil gesprochen werden können, dass der AG Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch obendrauf zu zahlen hat.

Aber nein, es wird genau anders und gesetzeswidrig entscheiden. Wozu haben wir Gesetze? Dass sie von Richtern frei nach deren Gusto ausgelegt werden können, wenn der Text eindeutig ist? Das ist doch nur noch Wildwest hier, der Stärkere hat gewonnen!

Das ist nicht mehr meine Welt ...! :tkbeiss:
Aber was ist der Mindestlohn (oder Arbeitsentgeld)?

dedeli
27-05-2016, 14:58
Umso schlimmer, wenn die Richter in 2 Vorinstanzen ebenfalls keine Ahnung vom MiLoG haben und kontraproduktive Urteile fällen. Wenn auch sie nicht richtig lesen können, gehören sie ebenfalls fristlos gefeuert. Es hätte nur das Urteil gesprochen werden können, dass der AG Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch obendrauf zu zahlen hat.

Aber nein, es wird genau anders und gesetzeswidrig entscheiden. Wozu haben wir Gesetze? Dass sie von Richtern frei nach deren Gusto ausgelegt werden können, wenn der Text eindeutig ist? Das ist doch nur noch Wildwest hier, der Stärkere hat gewonnen!


Der Mindestlohn besagt nur, dass man nicht weniger als 8,50 pro Stunde verdienen darf. Das Gesetz besagt nicht, dass für die Berechnung des Mindestlohns Zuschläge nicht herangezogen werden dürfen. Dass Zuschläge zukünftig zur Berechnung des Mindestlohns mit herangezogen werden, wurde von vielen Kritikern im Vorfeld der Einführung des Mindestlohns kritisiert, das war bei dieser Formulierung des Gesetztestextes klar. Und durch Gesammtsumme aus Lohn und Zuschlägen, geteilt durch Arbeitsstunden verdient die Klägerin nicht weniger als 8,50 pro Stunde, also verstößt ihr Arbeitgeber auch nicht gegen das Gesetz. Schuld an diesem Urteil sind nicht die Richter, sondern die Politiker, die den Mindestlohn als große Reform und tollen Erfolg verkauft haben, obwohl dank der Formulierung bereits im Vorfeld klar war, dass viele Menschen davon nicht profitieren würden.

Lieb-Ellchen
27-05-2016, 15:16
Vertuscht werden die tatsächlichen Kosten für Renten/Kranken/Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Wenn jeder Mitarbeiter schwarz auf weiß sehen würde was das alles monatlich in voller Höhe kostet, würden einige das ganze System vielleicht eher in Frage stellen. Bei 4000 Euro brutto z.B. ca. 624 Euro allein für die Krankenversicherung jeden Monat.

Du meinst, dass es Arbeitnehmer gibt, die nicht wissen, dass der AG die Hälfte der Sozialabgaben übernimmt? Was für ein Unsinn. Falls die AG-Anteil in der Lohnabrechnung nicht drinsteht, hilft auch einfaches Rechnen. Der KV-Beitragssatz wird in den Medien immer Brutto angegeben. Also 14,6 % und nicht 7,3 %. Ebenso wird der RV-Beitragssatz so kommuniziert.
Information ist auch eine Holschuld.


Die 40% ergeben sich aus dem Grenzsteuersatz + Sozialversicherungsabgaben. Von allem was oben auf das Gehalt drauf kommt (wie Überstunden, Sonderzahlungen etc) sind die Abzüge enorm. Will man dem Mitarbeiter 50 Euro netto geben, muss man als Arbeitgeber etwa 125 Euro ausgeben. Oder anders ausgedrückt... will der Arbeitgeber dem Mitarbeiter was gutes tun und stellt jedem 1.000 Euro Gewinnbeteiligung zur Verfüfung, bleiben in der Regel nach allen gesetzlichen Abzügen weniger als 400 Euro netto davon übrig.

In folgendem Fall könnten deine 40 % fast erreicht werden:
-nicht verheiratet
-zu versteuerndes Jahreseinkommen 48.000 und höher

Der Grenzsteuersatz beträgt dann etwa 40 %. Die Sozialabgaben werden dann allerdings schon niedriger sein, da die Beitragsbemessungsgrenze der KV dann schon erreicht wäre und die Beiträge ab der BBG (ca. 50.000 brutto) nicht mehr erhöht werden.

Das ist aber keinesfalls die Regel.

Der tatsächliche Aufwand des Arbeitgebers bei z.B. Zahlung einer Gewinnbeteiligung hängt auch von seiner Gewinnhöhe und der sich hieraus ergebenden Steuer ab. Die Personalkosten mindern den Gewinn und somit die Steuerlast. Also wird er sich einen Teil der Zuwendung an den AN wieder über die Steuer zurückholen.

Lieb-Ellchen
27-05-2016, 15:30
Der Mindestlohn besagt nur, dass man nicht weniger als 8,50 pro Stunde verdienen darf. Das Gesetz besagt nicht, dass für die Berechnung des Mindestlohns Zuschläge nicht herangezogen werden dürfen. Dass Zuschläge zukünftig zur Berechnung des Mindestlohns mit herangezogen werden, wurde von vielen Kritikern im Vorfeld der Einführung des Mindestlohns kritisiert, das war bei dieser Formulierung des Gesetztestextes klar. Und durch Gesammtsumme aus Lohn und Zuschlägen, geteilt durch Arbeitsstunden verdient die Klägerin nicht weniger als 8,50 pro Stunde, also verstößt ihr Arbeitgeber auch nicht gegen das Gesetz. Schuld an diesem Urteil sind nicht die Richter, sondern die Politiker, die den Mindestlohn als große Reform und tollen Erfolg verkauft haben, obwohl dank der Formulierung bereits im Vorfeld klar war, dass viele Menschen davon nicht profitieren würden.

Aber wie hätte man die Sonderzahlungen von der Berechnung des Mindestlohns ausnehmen können, wenn doch die Zahlungen freiwillig sind. Es wäre doch ungerecht, wenn dieser AG gegenüber denjenigen, die vor dem Gesetz knapp über dem heutigen ML zahlten jedoch keine Sonderzahlungen.
Für mich ist das Urteil zu 100 % korrekt und es ist auch gerecht. Menschen, die über dem ML liegen bzw. vorher schon lagen, profitieren nunmal nicht davon.

Snappy77
27-05-2016, 15:33
In folgendem Fall könnten deine 40 % fast erreicht werden:
-nicht verheiratet
-zu versteuerndes Jahreseinkommen 48.000 und höher


Mein Beispiel:

Steuerklasse 1, Kirchenmitglied

Brutto: 3.500
Netto: 2.121,67
AG-Kosten: 4.176,38

Brutto: 3.750
Netto: 2.238,23
AG-Kosten: 4.474,69

Um dem Mitarbeiter 116,56 Euro netto zu geben, muss der Arbeitgeber also 298,31 Euro ausgeben.

Oder andersrum... dem Mitarbeiter bleiben 39% übrig

dedeli
27-05-2016, 15:44
Aber wie hätte man die Sonderzahlungen von der Berechnung des Mindestlohns ausnehmen können, wenn doch die Zahlungen freiwillig sind. Es wäre doch ungerecht, wenn dieser AG gegenüber denjenigen, die vor dem Gesetz knapp über dem heutigen ML zahlten jedoch keine Sonderzahlungen.
Für mich ist das Urteil zu 100 % korrekt und es ist auch gerecht. Menschen, die über dem ML liegen bzw. vorher schon lagen, profitieren nunmal nicht davon.

Natürlich ist das Urteil formal richtig, das habe ich ja auch geschrieben, dass der Arbeitgeber gegen kein Gesetz verstößt und die Richter so entscheiden mussten. Mein Problem mit dem Mindestlohn ist genereller Natur, ich halte einen Mindestlohn von 8,50 brutto für zu niedrig. Ich lebe in München und damit hat man keine Chance eine Familie zu ernähren, nicht mal ansatzweise. In München wäre das sogar für Doppelverdiener, die nur Mindestlohn erhalten, schwierig.

CB ist cool
27-05-2016, 17:30
Der Mindestlohn ist auch zu wenig außerhalb der Ballungszentren.

Zumal seit Einführung bei uns durchaus Maßnahmen eingeführt wurden, die die Arbeitssituation eher verschlechtert hat.

Wir haben eine Rüstzeit vor Arbeitsbeginn, die gekürzt wurde. Wir haben im schriftlichen Bereich und auch an der Hotline erhöhte Vorgaben, die in der Stunde erfüllt werden müssen.

Wir haben ein Anrecht auf eine Bildschirmarbeitsplatzpause, die durch das neue Zeiterfassungssystem jede überschrittene Sekunde zählt und man tatsächlich dadurch in Minusstunden rutschen kann, wenn man die 5 Minuten wirklich nur geringfügig überschreitet.

Die Pause ist eigentlich dazu da, mal aufzustehen und vom Bildschirm wegzukommen.

Es ist nicht schön.

Ich kann mir so richtig die Klägerin vorstellen, die davon ausging einen Anspruch auf die Sonderzahlungen zu haben und das auch einkalkuliert hatte, weil man mit so einem geringen Gehalt wirklich rechnet und plant.

Und dann das böse Erwachen.

JackB
27-05-2016, 18:24
... also, ich bin kein Rechtsgelehrter und ich habe auch nicht die Zeit, diesen Roman an Schriftstück zu lesen, aber mir sagt mein Bauchgefühl weiterhin, dass im Mindestlohngesetz steht, dass ein Mindestlohn von € 8,50 seit 1.1.2015 gültig ist und lt. diesem Gesetz bezahlt werden muss (nachstehend ein paar Auszüge aus dem MiLoG):

§ 1 Mindestlohn
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.
(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

[...]

Umso schlimmer, wenn die Richter in 2 Vorinstanzen ebenfalls keine Ahnung vom MiLoG haben und kontraproduktive Urteile fällen. Wenn auch sie nicht richtig lesen können, gehören sie ebenfalls fristlos gefeuert. Es hätte nur das Urteil gesprochen werden können, dass der AG Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch obendrauf zu zahlen hat.

Aber nein, es wird genau anders und gesetzeswidrig entscheiden. Wozu haben wir Gesetze? Dass sie von Richtern frei nach deren Gusto ausgelegt werden können, wenn der Text eindeutig ist? Das ist doch nur noch Wildwest hier, der Stärkere hat gewonnen!

Das ist nicht mehr meine Welt ...! :tkbeiss:



Der Gesetzestext ist in der Tat ziemlich eindeutig, und da steht eben NICHT, dass ein Mindestlohn bezahlt werden muss, sondern "ein[es] Arbeitsentgelt[s] mindestens in Höhe des Mindestlohns ".

Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld ist eindeutig Teil des Entgeltes (was denn sonst - ein Geschenk?) und beeinflusst dessen Höhe. Insofern kann man dem Gesetzgeber nicht vorwerfen, dass er das Gesetz unklar formuliert habe, und erst recht nicht den Richtern, dass sie es falsch ausgelegt hätten.

JackB
27-05-2016, 18:31
Ich kann mir so richtig die Klägerin vorstellen, die davon ausging einen Anspruch auf die Sonderzahlungen zu haben und das auch einkalkuliert hatte, weil man mit so einem geringen Gehalt wirklich rechnet und plant.

Und dann das böse Erwachen.

Dass die Klägerin zuerst davon ausging, dass ihr Gehalt erhöht würde, kann ich verstehen. Wer liest schon Gesetze? Und dass sie dann enttäuscht war, auch.

Dass sie dann aber durch drei Instanzen klagt, nicht. Denn so, wie das Gesetz formuliert ist, ist die Sachlage ziemlich klar. Das müsste ihr nicht nur Anwalt gesagt haben, sondern auch der Betriebsrat (der sicher nicht ohne Grund die Betriebsvereinbarung unterschrieben hat).

chatte03
27-05-2016, 18:35
Es war von Anfang an klar, dass der Mindestlohn in der Praxis nicht toll ist. Genau das, was jetzt mit diesem Urteil bestätigt wurde, wurde von Kritikern von Anfang an prophezeit. Das Urteil mag formal richtig sein, aber jedem sollte klar sein, dass man in vielen deutschen Großstädten mit 1360 Euro oder wenig mehr brutto (!) kaum genug zum Leben hat. Ich bin für Mindestlohn, aber in dieser Höhe nützt er insbesondere in Großstädten den Leuten kaum etwas.

Da liegt genau der Hase im Pfeffer: Der Mindestlohn ist zu niedrig, um (bei Vollzeitbeschäftigung) ein akzeptables Auskommen zu haben - und einen gewissen, ausreichend motivierenden Abstand zu Hartz 4.

Das Urteil ist (soweit ich es kenne - ich habe es noch nicht gelesen und verlasse mich mal auf die vorstehenden Angaben) vermutlich korrekt; das Gesetz sagt ja nur, dass jeder gearbeiteten Stunde eine Bezahlung in Höhe von mindestens 8,50 Euro brutto gegenüberstehen muss. Im Gesetz ist nicht davon die Rede, in welcher Form / zu welchem Zeitpunkt diese Bezahlung erfolgen muss. Daher ist es gesetzeskonform, wenn ein Teil des Stundenlohns sofort (bzw. monatlich) gezahlt wird und ein Teil in Form der "Sonderzahlungen" - also erst später, z.B. zu Weihnachten oder im Sommer. Um die gesetzliche Vorgabe der Mindestbezahlung für jede geleistete Stunde zu prüfen, kann und muss aber jede Zahlung berücksichtigt werden. Denn was soll Weihnachts- oder Urlaubsgeld denn sonst sein, als ein (zu einem späteren Zeitpunkt) ausgezahlter Teil des Entgelts für die geleistete Arbeit?

Es geht doch sicher niemand davon aus, dass solche Sonderzahlungen wohltätige Geschenke des Arbeitgebers sind, die er ohne Berücksichtigung der Arbeitsleistung macht. Ganz im Gegenteil. Diesen Teil der Bezahlung hält er eine Zeitlang zurück und knüpft ihn sogar oft noch an zusätzliche Bedingungen (wie z.B. Beschäftigung zu bestimmten Stichtagen - 01.07. oder 01.12. eines Jahres - oder kein selbstverschuldetes Ausscheiden vor dem 31.03. des Folgejahres...).

Das alles verbietet das Gesetz nicht, es sagt nämlich nichts darüber aus, wie der Mindestlohn gezahlt werden soll / muss. Es sagt nur: Eine Stunde Arbeit muss unterm Strich mindestens 8,50 Euro bringen.

Ich fürchte, das wird auch für die Zuschläge gelten. Gut, wenn sie gezahlt werden, aber sie fließen in die Berechnung des Mindestlohn ein.

Es ist zwar verständlich, dass sich insbesondere die betroffenen Arbeitnehmer vom MiLoG mehr versprochen haben, aber das sind leider unerfüllte Wünsche. Und wo das Gesetz nicht mehr hergibt, kann auch kein Richter mehr zusprechen.


Die einzig richtige Konsequenz aus der Erkenntnis, dass das MiLoG vielfach ins Leere läuft und die 8,50 Euro nicht reichen, ist schlicht eine Erhöhung des Mindestlohns. Dafür sollte man sich stark machen.

CB ist cool
27-05-2016, 18:40
@ Jack. Da das Ganze jetzt als richtungsweisende Gesetzgebung hinsichtlich des Mindestlohnes deklariert wird, wirst Du doch jetzt nicht ernsthaft der Klägerin und deren Anwalt hinterhertragen, dass es klar war, oder?

Anscheinend war nichts klar, sonst hätte es ja kein Urteil gegeben.

Ich warte voll Spannung auf das Urteil zur Anrechung für Nacht-und Feiertagszuschlägen. Sicher findet man da auch etwas brauchbares, um es anrechnen zu lassen.

Aber ganz wichtig!!!!! Auch in dem Sektor soll bitte......BITTE.....die private Altersvorsorge soll noch möglich sein, ne?!

CB ist cool
27-05-2016, 18:51
Es gibt immer tolle Menschen, die über Dinge sprechen die sie nicht selbst kennen. Und dann gibt es Menschen, die tatsächlich damit leben müssen.

ich bin hier raus.

Die tollen Menschen, die gerne sprechen und es nicht erlebt haben, haben immer die ultimative Lösung und angeblich das Wissen. Naja, gut. Dann ist es so.

CB ist cool
27-05-2016, 19:13
.

JackB
27-05-2016, 19:46
Anscheinend war nichts klar, sonst hätte es ja kein Urteil gegeben.



Was ist das für ein Rechtsgrundsatz? - "Wenn die Sache klar ist, wird kein Urteil gesprochen!" ???

chatte03
27-05-2016, 20:08
@ Jack. Da das Ganze jetzt als richtungsweisende Gesetzgebung hinsichtlich des Mindestlohnes deklariert wird, wirst Du doch jetzt nicht ernsthaft der Klägerin und deren Anwalt hinterhertragen, dass es klar war, oder?

Anscheinend war nichts klar, sonst hätte es ja kein Urteil gegeben.

Anwälte verdienen daran, dass sie Prozesse FÜHREN - nicht daran, dass sie sie gewinnen. Und je höher die gerichtliche Instanz ist, in die sie mit ihrem Prozess kommen, desto höher sind die Anwaltsgebühren, die sie verlangen können.

Ich bezweifle, ob jeder Anwalt immer nur das Wohl seines Mandanten im Sinn hat, wenn er einen Prozess für den Mandanten führt. Ein verantwortungsvoller Anwalt klärt jedenfalls fair und offen über die Erfolgsaussicht auf. Er kann sich natürlich auch mal irren, aber hier kommt mir das etwas - nun ja, seltsam vor.


Es gibt immer tolle Menschen, die über Dinge sprechen die sie nicht selbst kennen. Und dann gibt es Menschen, die tatsächlich damit leben müssen.

ich bin hier raus.

Die tollen Menschen, die gerne sprechen und es nicht erlebt haben, haben immer die ultimative Lösung und angeblich das Wissen. Naja, gut. Dann ist es so.


.

:confused:

Wen oder was meinst Du? Das hatten wir ja nun schon mehrfach, dass Du aus solchen Diskussionen "raus" warst, und irgendwie verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass dieser Punkt jedes Mal kommt, wenn man Dir nicht uneingeschränkt zustimmt.

Na, mir soll's egal sein. Aber ich wundere mich.


Übrigens halte ich gar nichts von Neiddiskussionen à la: "Der Richter verdient soundsoviel, und der hat ja keine Ahnung..." Wenn mir jemand erklären kann, warum es gerechter wäre, wenn jeder - egal, welche Ausbildung und welchen Job er hat - gleich viel verdienen würde, ich wäre sehr interessiert. Ich persönlich halte das nicht für gerechter.

Ein Richter muss erst mal mindestens 8 bis 9 Jahre Ausbildung (Studium und Referendarzeit sowie zwei Staatsexamen) hier sich bringen, in denen er viel Arbeit investieren muss und nichts oder sehr wenig verdient. Während der Referendarzeit - rund 3 Jahre - bekommt er nur eine "Unterhaltsbeihilfe", die je nach Bundesland zwischen etwa 900 und 1200 Euro monatlich liegt. Quelle (http://www.lto.de/jura/referendariat-zahlen/verguetung-gehalt/)

Das erste "richtige" Gehalt, wenn man dann endlich einen Job als Volljurist ergattert hat, geht bei vielen Akademikern für die Rückzahlung von BAföG-Darlehen drauf. Und nicht nur eines... Und dann fängt man endlich, so etwa mit dreißig Jahren, überhaupt mal an, Geld zu verdienen.

Während meiner Referendarzeit war ich u.a. in einer Kommunalverwaltung eingesetzt. Da waren gleichaltrige Angestellte mit Ende 20 dabei, ihre Häuschen zu bauen und Familien zu gründen. Sie hatten oft schon mit 15 ihre Ausbildung angefangen, mit 18 abgeschlossen (ich kenne sogar Leute, die mit 13 ihre Ausbildung angefangen haben und schon mit knapp 17 fertig waren) und haben dann verdient. Schon als Azubis bekamen sie Geld, wenn auch noch etwas weniger als die Referendare (heute bekommt ein Azubi im öffentlichen Dienst rund 800 Euro monatlich, also nicht viel weniger als der Referendar). Und dann hatten sie mit 28 schon zehn Jahre lang ein festes Gehalt, plus Weihnachtsgeld etc., vor allem aber plus Rentenbeiträgen...

Diesen finanziellen Vorsprung, den ein Nichtakademiker hat, muss ein Akademiker im Laufe seines Berufslebens erst einmal aufholen. Das ist gar nicht so einfach. Ich konnte in dem entsprechenden Alter jedenfalls im Traum noch nicht an Hausbau und Familiengründung denken.

Man kann m.E. nicht alle und alles in einen Topf werfen. Die Lebenswege sind unterschiedlich und die Arbeit und die Anforderungen auch. Das drückt sich auch in der Bezahlung aus. Das heißt natürlich längst nicht, dass alles gerecht zugeht - ganz sicher nicht. Aber alle gleich zu behandeln, wäre aus meiner Sicht eben auch nicht gerecht.

Lieb-Ellchen
27-05-2016, 20:23
Mein Beispiel:

Steuerklasse 1, Kirchenmitglied

Brutto: 3.500
Netto: 2.121,67
AG-Kosten: 4.176,38

Brutto: 3.750
Netto: 2.238,23
AG-Kosten: 4.474,69

Um dem Mitarbeiter 116,56 Euro netto zu geben, muss der Arbeitgeber also 298,31 Euro ausgeben.

Oder andersrum... dem Mitarbeiter bleiben 39% übrig

Du bleibst irgendwie standhaft bei deiner unsinnigen Rechnung, den Nettobetrag des AN von den Kosten (vor Steuern) des Arbeitgebers ins Verhältnis zu setzen. Das macht aber überhaupt keinen Sinn. Zumal du ja bei deinem ebenso unsinnigen Vorschlag, den Arbeitgeberanteil auch vom Arbeitnehmer zahlen zu lassen, das Bruttogehalt erhöhen wolltest.
Und wenn du schon die Kosten des AG mit einbeziehst, dann bitte auch die gesetzliche Unfallversicherung und die U1, U2 und U3 Umlagen.

Aber ich gebe dir insofern Recht, dass die tatsächliche Nettoquote von ca. 46 % viel zu niedrig ist. Aber das liegt weniger an den Sozialabgabe, die sich in den letzten 20 Jahren prozentual kaum erhöht haben, als an der kalten Progression bei der Einkommensteuer.

CB ist cool
27-05-2016, 20:24
@chatte

welche genaue Antwort ERWARTEST du denn von mir, damit wieder alles chick ist?

Ich hab keine Lust mit Dir zu reden, ich denke schon dass auch Du in der Lage bist, das zu verstehen.

Ich hab genug geschrieben. Und wenn man wirklich mal nachliest und versucht zu verstehen, antwortet man nicht so wie du es tust.

Ich bedanke mich DANN JETZT BITTE für dein Verständnis und hoffe auf keine Antwort.

Das bekommst Du hin:d:

Lieb-Ellchen
27-05-2016, 20:42
Natürlich ist das Urteil formal richtig, das habe ich ja auch geschrieben, dass der Arbeitgeber gegen kein Gesetz verstößt und die Richter so entscheiden mussten. Mein Problem mit dem Mindestlohn ist genereller Natur, ich halte einen Mindestlohn von 8,50 brutto für zu niedrig. Ich lebe in München und damit hat man keine Chance eine Familie zu ernähren, nicht mal ansatzweise. In München wäre das sogar für Doppelverdiener, die nur Mindestlohn erhalten, schwierig.

Ich finde das Urteil nicht nur formal richtig sondern auch gerecht. Die Sache wäre ja auch bei einem höheren Mindestlohn vor Gericht gelandet.

Ob der Mindestlohn hoch genug ist, ist ein anderes Thema. Aber ohne die Regierungsbeteiligung der SPD würde es den gar nicht geben. Sollte man auch mal erwähnen.

Mausophon
27-05-2016, 20:45
@chatte

welche genaue Antwort ERWARTEST du denn von mir, damit wieder alles chick ist?

Ich hab keine Lust mit Dir zu reden, ich denke schon dass auch Du in der Lage bist, das zu verstehen.

Ich hab genug geschrieben. Und wenn man wirklich mal nachliest und versucht zu verstehen, antwortet man nicht so wie du es tust.

Ich bedanke mich DANN JETZT BITTE für dein Verständnis und hoffe auf keine Antwort.

Das bekommst Du hin:d:


Und ich habe keine Lust, derart unsinnige Beiträge zu lesen.
Chatte hat sich die Mühe gemacht, zu erklären, warum das Urteil -juristisch gesehen - korrekt ist. Sie schreibt im selben Atemzug, dass der Mindestlohn aus ihrer Sicht zu niedrig angesetzt und der richtige Weg die Anhebung des MiLos ist.
An ihrem Beitrag ist sachlich nicht das Geringste auszusetzen. Darüber hinaus stellt sie sich auf deine Seite.

Wenn dir etwas nicht passt, wütest du gegen User, die dir freundlich antworten und drohst, den Thread zu verlassen. Wenn du dich mit Themen nicht ernthaft auseinandersetzen möchtest, bleib doch dem Thread fern statt Teilnehmer zu beschimpfen, die nicht im Geringsten für deine Probleme verantwortlich sind.

CB ist cool
27-05-2016, 22:11
Ich streue dann mal Asche auf mein Haupt. Ich bin echt schlecht, unmöglich, merkbefreit und undankbar ob der tollen Beiträge hier. Wahrscheinlich bin ich auch kognitiv eingeschränkt.

Ich entschuldige mich hier offiziell wegen meines unmöglichen Verhaltens! Es tut mir so leid!!

Snappy77
27-05-2016, 22:17
Du bleibst irgendwie standhaft bei deiner unsinnigen Rechnung, den Nettobetrag des AN von den Kosten (vor Steuern) des Arbeitgebers ins Verhältnis zu setzen. Das macht aber überhaupt keinen Sinn.

Ich arbeite seit fast 20 Jahren in der Personalabteilung und das einzige was Sinn macht sind die Personalkosten, sprich Brutto + Lohnnebenkosten. Das ist das einzige was für die Firma zählt. Wenn also der Chef sagt das er X Euro für Gehaltserhöhungen übrig hat, bleiben von diesem Betrag die in dem Beispiel erwähnten 39% für den Mitarbeiter übrig. Und ja, mit U1,U2, Insolvenzgeldumlage und Unfallversicherung sieht es noch schlechter aus, aber die Werte schwanken zu sehr je nach KK bzw. Tätigkeit als das man die in ein einfaches Beispiel reinrechnen kann.

dedeli
27-05-2016, 22:29
Ob der Mindestlohn hoch genug ist, ist ein anderes Thema. Aber ohne die Regierungsbeteiligung der SPD würde es den gar nicht geben. Sollte man auch mal erwähnen.

Ja, die SPD, die die Agenda2010 verbrochen hat :rolleyes:. Ein Mindestlohn in dieser Höhe ist ein Feigenblatt, mehr nicht und der ganze Bohei darum bezüglich großer Erfolg und Triumph mMn nicht gerechtfertigt. Es ist ein richtiger Ansatz, mehr aber auch nicht.

Mausophon
27-05-2016, 22:58
Ja, es ist absolut gruselig, dass ganze Generationen redlich arbeitender Menschen in unserem wohlhabenden Land von ihrer Arbeit noch gerade so existieren, aber nicht mehr fürs Alter vorsorgen können und dass die Regierenden das genau wissen, seit Jahrzehnten aber nichts gegen die Rentenproblematik unternehmen.
Die Agenda 2010 spielt eine wichtige Rolle. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass sowohl der Mindestlohn als auch die Minilöhne, die vor dem Mindestlohn gang und gäbe waren, eine Winzigkeit über dem
Hartz IV-Niveau angesiedelt sind. Hartz IV dikitiert die Preise, für Arbeit und für Wohnungen der unteren Kategorie.
Die öffentlichen Stellen tun eine Menge, um die Lage noch zu verschärfen. Inzwischen wird ja z.B. längst nicht mehr jeder hart arbeitende Mensch für das, was er erwirtschaftet bezahlt. Es ist wohlbekannt, dass auf Baustellen vielfach wie zu Zeiten der Sklaverei verfahren wird. Getan wird so gut wie nichts dagegen.
Öfffentlich geförderter Wohnungbau? Eigenheimzulage? Schnee von gestern. Lasst uns doch lieber den kleinen Rentnern in die Tasche greifen und ihre Betriebsrenten mit Krankenversichrungsbeiträgen belasten, auch wenn wir vor ein paar Jahren noch hoch und heilig das Gegenteil versprochen haben.
Deutschland ist nicht ärmer geworden, Geld fließt ja immer noch genug. Es ist der Sozialstaat, der die Bankrotterklärung abgegeben hat.

JackB
27-05-2016, 22:59
Ein Mindestlohn in dieser Höhe ist ein Feigenblatt, mehr nicht [...]

In der Diskussion um den Mindestlohn wurden von den Befürwortern sehr gern Beispiele wie die Friseure in Brandenburg (oder S-A?) angeführt, deren (tariflicher!) Stundenlohn bei 3 Euro nochwas lag, oder andere Fälle von Stundenlöhnen unterhalb von 7, 6 oder gar 5 Euro.
Ich finde, es ist eine Respektlosigkeit diesen Menschen gegenüber zu sagen, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro kein Fortschritt sei. Zumindest diejenigen unter denen, die ihren Job nach der Einführung des Mindestlohns nicht verloren haben, werden das Anliegen der Klägerin als ziemliches Luxusproblem empfinden und sehr froh darüber sein, selber jetzt mehr als früher zu bekommen.

[Dass 8,50 Euro für Münchener Verhältnisse nicht auskömmlich ist, ist ein Problem, das auch im Vorfeld ausführlich diskutiert wurde. Es sollte halt ein deutschlandweit einheitlicher Mindestlohn sein, und da waren 8,50 Euro ein Kompromiss. Den Bedarf in der teuersten Großstadt zum Maßstab zu machen, nach dem sich auch das letzte Dorf in der hintersten Provinz zu richten hat, wäre halt auch problematisch.]

Aber das alles hat eigentlich wenig mit dem Thema zu. Denn egal, wie hoch der Mindestlohn festgesetzt worden wäre, es gäbe Arbeitnehmer, deren Einkommen schon davor knapp darüber gelegen hätte, und die deshalb enttäuscht darüber gewesen wären, dass ausgerechnet sie nicht profitieren.

CB ist cool
27-05-2016, 23:08
Ja, es ist absolut gruselig, dass ganze Generationen redlich arbeitender Menschen in unserem wohlhabenden Land von ihrer Arbeit noch gerade so existieren, aber nicht mehr fürs Alter vorsorgen können und dass die Regierenden das genau wissen, seit Jahrzehnten aber nichts gegen die Rentenproblematik unternehmen.
Die Agenda 2010 spielt eine wichtige Rolle. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass sowohl der Mindestlohn als auch die Minilöhne, die vor dem Mindestlohn gang und gäbe waren, eine Winzigkeit über dem
Hartz IV-Niveau angesiedelt sind. Hartz IV dikitiert die Preise, für Arbeit und für Wohnungen der unteren Kategorie.
Die öffentlichen Stellen tun eine Menge, um die Lage noch zu verschärfen. Inzwischen wird ja z.B. längst nicht mehr jeder hart arbeitende Mensch für das, was er erwirtschaftet bezahlt. Es ist wohlbekannt, dass auf Baustellen vielfach wie zu Zeiten der Sklaverei verfahren wird. Getan wird so gut wie nichts dagegen.
Öfffentlich geförderter Wohnungbau? Eigenheimzulage? Schnee von gestern. Lasst uns doch lieber den kleinen Rentnern in die Tasche greifen und ihre Betriebsrenten mit Krankenversichrungsbeiträgen belasten, auch wenn wir vor ein paar Jahren noch hoch und heilig das Gegenteil versprochen haben.
Deutschland ist nicht ärmer geworden, Geld fließt ja immer noch genug. Es ist der Sozialstaat, der die Bankrotterklärung abgegeben hat.

Ja, aber.....schau nach Frankreich, die wollen das so nicht und da machen alle mit......wo ist hier denn die Solidarität, Mitleid braucht keine Sau.

dedeli
27-05-2016, 23:11
In der Diskussion um den Mindestlohn wurden von den Befürwortern sehr gern Beispiele wie die Friseure in Brandenburg (oder S-A?) angeführt, deren (tariflicher!) Stundenlohn bei 3 Euro nochwas lag, oder andere Fälle von Stundenlöhnen unterhalb von 7, 6 oder gar 5 Euro.
Ich finde, es ist eine Respektlosigkeit diesen Menschen gegenüber zu sagen, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro kein Fortschritt sei. Zumindest diejenigen unter denen, die ihren Job nach der Einführung des Mindestlohns nicht verloren haben, werden das Anliegen der Klägerin als ziemliches Luxusproblem empfinden und sehr froh darüber sein, selber jetzt mehr als früher zu bekommen.

Und genau dort wird eben auf andere Art und Weise wieder "eingespart" oder umdeklariert, wie CB sehr gut beschrieben hat. Bei meinem Cousin, der in einem Callcenter gearbeitet hat, in der tiefsten Provinz, hat sich nicht wirklich viel geändert. Da wurde eben Weihnachtsgeld/Urlaubsgeld umgelegt, Sonderzahlungen für Schichtzahlungen gekürzt und von Lohnerhöhungen kann man dort nur träumen.

JackB
27-05-2016, 23:18
Ja, es ist absolut gruselig, dass ganze Generationen redlich arbeitender Menschen in unserem wohlhabenden Land von ihrer Arbeit noch gerade so existieren, aber nicht mehr fürs Alter vorsorgen können und dass die Regierenden das genau wissen, seit Jahrzehnten aber nichts gegen die Rentenproblematik unternehmen.
Die Agenda 2010 spielt eine wichtige Rolle. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass sowohl der Mindestlohn als auch die Minilöhne, die vor dem Mindestlohn gang und gäbe waren, eine Winzigkeit über dem
Hartz IV-Niveau angesiedelt sind. Hartz IV dikitiert die Preise, für Arbeit und für Wohnungen der unteren Kategorie.


Das ist doch nicht richtig.
Der Regelbedarf von ALG2 liegt bei 404 Euro im Monat, dazu kommen die (angemessenen) Wohnkosten, KV etc. Maximal kommt das, alles eingeschlossen, auf rund 1000 Euro für einen Alleinstehenden. Im Vergleich dazu sind die knapp 1500 Euro, die die Klägerin verdient, schon mal deutlich mehr. Hälst du den Unterschied wirklich für eine "Winzigkeit"?

dedeli
27-05-2016, 23:22
Das ist doch nicht richtig.
Der Regelbedarf von ALG2 liegt bei 404 Euro im Monat, dazu kommen die (angemessenen) Wohnkosten, KV etc. Maximal kommt das, alles eingeschlossen, auf rund 1000 Euro für einen Alleinstehenden. Im Vergleich dazu sind die knapp 1500 Euro, die die Klägerin verdient, schon mal deutlich mehr. Hälst du den Unterschied wirklich für eine "Winzigkeit"?

Dir ist schon klar, dass 8,50 Euro das Bruttogehalt sind?

Von 1360 - 1500 Euro brutto werden also noch Sozialversicherung, Krankenversicherung und auch noch Steuern abgezogen. Und ja, da ist dann nur noch ein sehr knapper Unterschied zu ALGII.

bedefort
27-05-2016, 23:32
Das ist doch nicht richtig.
Der Regelbedarf von ALG2 liegt bei 404 Euro im Monat, dazu kommen die (angemessenen) Wohnkosten, KV etc. Maximal kommt das, alles eingeschlossen, auf rund 1000 Euro für einen Alleinstehenden. Im Vergleich dazu sind die knapp 1500 Euro, die die Klägerin verdient, schon mal deutlich mehr. Hälst du den Unterschied wirklich für eine "Winzigkeit"?

Bei Steuerklasse I und Kirchenmitgliedschaft bleiben von knapp 1500 Euro ca. 1080 Euro.

JackB
27-05-2016, 23:33
Und genau dort wird eben auf andere Art und Weise wieder "eingespart" oder umdeklariert, wie CB sehr gut beschrieben hat. Bei meinem Cousin, der in einem Callcenter gearbeitet hat, in der tiefsten Provinz, hat sich nicht wirklich viel geändert. Da wurde eben Weihnachtsgeld/Urlaubsgeld umgelegt, Sonderzahlungen für Schichtzahlungen gekürzt und von Lohnerhöhungen kann man dort nur träumen.

Das ist aber ein ganz grundsätzliches Problem, das völlig unabhängig von der Höhe des festgesetzten Mindestlohns ist. Natürlich versuchen Arbeitgeber Mehrkosten durch geeignete Maßnahmen auszugleichen, um profitabel zu bleiben. Und wenn alles nichts hilft oder nicht ausreicht, bleibt als letzter Schritt Arbeitsplatzabbau oder -verlagerung. Das waren ja von vornherein Argumente, die die Gegner des Mindestlohns angeführt hatten. Interessant, dass jetzt, nach der Einführung, du als Befürworter sie anführst.

Und trotzdem werden die Leute, die vorher nur 3,5 Euro verdient habe, jetzt deutlich mehr verdienen (wie gesagt: Sofern sie ihren Job noch haben), denn soviel Weihnachts- und Urlaubsgeld kann man denen unmöglich anrechnen, dass sie damit auf 8,50 Euro kommen. Das funktioniert bei Arbeitnehmern, die vorher zwischen 7,85 Euro und 8,50 Euro in der Stunde plus 13. Monatsgehalt verdient hatten. Diejenigen, die weniger hatte, bekommen auf jeden Fall mehr, und diejenigen, die vorher hatten, bei denen war ohnehin klar, dass sie nicht betroffen sind.

dedeli
27-05-2016, 23:34
Bei Steuerklasse I und Kirchenmitgliedschaft bleiben von knapp 1500 Euro ca. 1080 Euro.

Und davon müssen dann auch noch u.U. weitere Kosten getragen werden wie z.B. Fahrtkosten, Kleidung, die nur teilweise von der Steuer abgesetzt werden können. Nicht umsonst gibt es die ALGII-Aufstocker.

Mausophon
27-05-2016, 23:44
Das ist doch nicht richtig.
Der Regelbedarf von ALG2 liegt bei 404 Euro im Monat, dazu kommen die (angemessenen) Wohnkosten, KV etc. Maximal kommt das, alles eingeschlossen, auf rund 1000 Euro für einen Alleinstehenden. Im Vergleich dazu sind die knapp 1500 Euro, die die Klägerin verdient, schon mal deutlich mehr. Hälst du den Unterschied wirklich für eine "Winzigkeit"?

Ja sicher.
Die Klägerin verdient rund 1095 € netto.
Wie du auf 1000 € Hartz IV kommst, weiß ich zwar nicht. Du hast eben noch geschrieben, dass man nicht von Städten wie Münschen ausgehen darf. Genau das ist aber Voraussetzung, um auf solche Beträge zu kommen. Köln z.B. gehört zu den Städten, die in die höchste Mietstufe (nach Anlage zum Wohngeldgesetz) eingruppiert sind. Eine Wohnung für eine Einzelperson darf maximal 542 € kosten. Plus Regelleistung ergibt das also 946 €. Außerhalb der Ballungsräume wären die Wohnkosten und damit der Gesamtbetrag allerdings wesentlich niedriger.
Hätte unser fiktiver Großstadt-Hartzi also einen 100-€-Minijob, wäre er mit der Klägerin genau gleichauf.

dedeli
27-05-2016, 23:46
Und trotzdem werden die Leute, die vorher nur 3,5 Euro verdient habe, jetzt deutlich mehr verdienen (wie gesagt: Sofern sie ihren Job noch haben), denn soviel Weihnachts- und Urlaubsgeld kann man denen unmöglich anrechnen, dass sie damit auf 8,50 Euro kommen. Das funktioniert bei Arbeitnehmern, die vorher zwischen 7,85 Euro und 8,50 Euro in der Stunde plus 13. Monatsgehalt verdient hatten. Diejenigen, die weniger hatte, bekommen auf jeden Fall mehr, und diejenigen, die vorher hatten, bei denen war ohnehin klar, dass sie nicht betroffen sind.

Leider hat sich für viele gar nichts geändert. Wer vorher mit einem Tariflohn 3,50 verdient hat, war vermutlich ALGII-Aufstocker. Wer jetzt 8,50 brutto (!) verdient, ist, sobald Kinder vorhanden sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit immer noch HartzIV-Aufstocker, egal in welcher Gegend.

JackB
27-05-2016, 23:54
Ja sicher.
Die Klägerin verdient rund 1095 € netto.
Wie du auf 1000 € Hartz IV kommst, weiß ich zwar nicht. Du hast eben noch geschrieben, dass man nicht von Städten wie Münschen ausgehen darf. Genau das ist aber Voraussetzung, um auf solche Beträge zu kommen. Köln z.B. gehört zu den Städten, die in die höchste Mietstufe (nach Anlage zum Wohngeldgesetz) eingruppiert sind. Eine Wohnung für eine Einzelperson darf maximal 542 € kosten. Plus Regelleistung ergibt das also 946 €. Außerhalb der Ballungsräume wären die Wohnkosten und damit der Gesamtbetrag allerdings wesentlich niedriger.



Richtig. Ich bin von Wohnungskosten von 600 Euro ausgegangen. Die werden natürlich NICHT überall anerkannt. Dann wird aber der Abstand noch größer.

JackB
28-05-2016, 00:02
Bei Steuerklasse I und Kirchenmitgliedschaft bleiben von knapp 1500 Euro ca. 1080 Euro.

1080 Euro, über die der Arbeitnehmer frei verfügen kann (Sozialversicherungsabgaben sind da schon abgezogen.)
Von den maximal 1000 Euro ALG2 gehen 600 Euro Wohnungskosten ab, frei verfügbar sind die genannten 404 Euro.

Natürlich gehen auch von den 1080 Euro Wohnungskosten ab. In München bleibt bleibt da oft wirklich nicht mehr übrig, in Brandenburg schon.
Außerdem hat der Mindestlohnempfänger die Möglichkeit, seine Wohnungskosten zu senken (indem er etwa mit seinem Partner zusammenzieht), wodurch ihm mehr für sonstige Verwendung bleibt. Dem ALG2-Empfänger würden die eingesparten KOsten vom Bedarf abgezogen.

dedeli
28-05-2016, 00:07
1080 Euro, über die der Arbeitnehmer frei verfügen kann (Sozialversicherungsabgaben sind da schon abgezogen.)
Von den maximal 1000 Euro ALG2 gehen 600 Euro Wohnungskosten ab, frei verfügbar sind die genannten 404 Euro.

Natürlich gehen auch von den 1080 Euro Wohnungskosten ab. In München bleibt bleibt da oft wirklich nicht mehr übrig, in Brandenburg schon.
Außerdem hat der Mindestlohnempfänger die Möglichkeit, seine Wohnungskosten zu senken (indem er etwa mit seinem Partner zusammenzieht), wodurch ihm mehr für sonstige Verwendung bleibt. Dem ALG2-Empfänger würden die eingesparten KOsten vom Bedarf abgezogen.

Dafür hat, wie ich schon geschrieben habe, der Arbeitnehmer u.U. höhere Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, die nur begrenzt von der Steuer abgesetzt werden können. Des weiteren braucht man für viele Berufe eine größere Ausstattung an feinerer Kleidung, die, sofern es sich nicht um explizite Berufskleidung handelt, gar nicht von der Steuer abgesetzt werden kann. Im Endeffekt nimmt es sich nicht viel und sobald Kinder vorhanden sind und ohne Partner, der deutlich mehr verdient, ist ein Arbeitnehmer im Billiglohnbereich sowieso ALGII-Aufstocker, unabhängig davon, ob er vorher 3,50 oder jetzt 8,50 Stundenlohn erhält.

Mausophon
28-05-2016, 00:08
Richtig. Ich bin von Wohnungskosten von 600 Euro ausgegangen. Die werden natürlich überall anerkannt. Dann wird aber der Abstand noch größer.

Die Klägerin verdient also so viel wie ein Hartz-IV-Empfänger mit einem 100-€-Job.
Dafür steht sie in Vollzeit in einer Klink-Cafeteria, holt sich dicke Beine und Rückenschmerzen. Wirtschaftlich gesehen ist das höchst unvernünftig. Es bringt ihr höchstens das gute Gefühl, keine Leistungen vom Amt zu beziehen.
Im Alter nützt es ihr gar nichts. Sie kann keine auskömmliche Rente erwirtschaften. Wenn sie riestert, wird ihr die zusätzliche Rente später voll auf die Sozialhilfe angerechnet. Also spart sie das Geld besser und kauft sich, bevor sie in Rente geht, möglichst nochmal neu, was kaputtgehen könnte. Wenn nach Renteneintritt nämlich die Waschmaschine und der Fernseher gleichzeitig über den Jordan gehen, ist sie völlig abgestrapst. Ihr Vermögen darf dann nämlich nur noch 2600 € betragen. Alles darüber hinaus wird ihr wiederum angerechnet. Da nützt es ihr dann auch gar nichts, dass ihr nach der
Hartz IV-Gesetzgebzung ein Betrag im unteren 5-stelligen Bereich belassen wird, wenn sie das entsprechende Alter erreicht hat. Mit der Pensionierung ist das alles aufzuzehren, sonst gibt's nämlich keine ergänzende Sozialhilfe.

JackB
28-05-2016, 00:12
Leider hat sich für viele gar nichts geändert. Wer vorher mit einem Tariflohn 3,50 verdient hat, war vermutlich ALGII-Aufstocker. Wer jetzt 8,50 brutto (!) verdient, ist, sobald Kinder vorhanden sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit immer noch HartzIV-Aufstocker, egal in welcher Gegend.

Auch das war ein Argument der Mindestlohn-Gegner.
Aber die Befürworter haben sich da eben am liebsten den Alleinstehenden herangezogen, der durch den Mindestlohn die Chance hat, über die Hartz4-Grenze zu kommen.

Wenn du jetzt einen Mindestlohn forderst, durch den sogar Familien über die Hartz4-Grenze kommen, und das auch in München, dann muss der wahrscheinlich bei 15 oder 20 Euro liegen.

Das wäre dann allerdings eine ganz neue Diskussion. Selbst die LINKE fordert bisher "nur" 10 Euro.

dedeli
28-05-2016, 00:19
Auch das war ein Argument der Mindestlohn-Gegner.
Aber die Befürworter haben sich da eben am liebsten den Alleinstehenden herangezogen, der durch den Mindestlohn die Chance hat, über die Hartz4-Grenze zu kommen.

Wenn du jetzt einen Mindestlohn forderst, durch den sogar Familien über die Hartz4-Grenze kommen, und das auch in München, dann muss der wahrscheinlich bei 15 oder 20 Euro liegen.

Das wäre dann allerdings eine ganz neue Diskussion. Selbst die LINKE fordert bisher "nur" 10 Euro.

Mir ist es ehrlich gesagt egal, was die Mindestlohn-Gegner als Argumente angeführt haben, mit denen habe ich nichts zu tun, denn ich war immer für einen Mindestlohn und stehe da der Position der Linken durchaus nahe. Dass nicht 20 Euro Mindestlohn gezahlt werden können, ist mir auch klar. Dafür gibt es aber auch noch weitere Instrumente in einer sozialen Marktwirtschaft, die ausgleichend wirken können und auch an örtliche Gegebenheiten angepasst werden könnten, wie z.B. sozialer Wohnungsbau, Wohngeld usw.

JackB
28-05-2016, 00:52
Die Klägerin verdient also so viel wie ein Hartz-IV-Empfänger mit einem 100-€-Job.
Dafür steht sie in Vollzeit in einer Klink-Cafeteria, holt sich dicke Beine und Rückenschmerzen. Wirtschaftlich gesehen ist das höchst unvernünftig. Es bringt ihr höchstens das gute Gefühl, keine Leistungen vom Amt zu beziehen.
Im Alter nützt es ihr gar nichts. Sie kann keine auskömmliche Rente erwirtschaften. Wenn sie riestert, wird ihr die zusätzliche Rente später voll auf die Sozialhilfe angerechnet.

Ich habe verschiedentlich gelesen, dass ALG2-Bezug mit vielen Zumutungen verbunden sei: Man müsse dem Jobcenter in entwürdigender Weise Einblick in die privaten Verhältnisse gewähren, man müsse vielfältige Auflagen erfüllen, sich ständig bewerben, auch wenn es aussichtslos sei, häufig werde man in irgendwelche "Maßnahmen" geschickt, und sei ständig von Sanktionen bedroht. Und wenn man irgendwelche zusätzliche Einnahmen hat, sei es ein Geschenk, eine Erbschaft, oder ein Ferienjob der Kinder, hält das Amt die Hand auf.
Ich halte das vielfach für übertrieben, aber ein bisschen was ist schon dran. Und das entfällt alles für den Bezieher von Mindestlohn.

Zur Rentenproblematik: Wenn man davon ausgeht, dass jemand sein ganzes Berufsleben nichts als den Mindestlohn verdient, mag das Problem ja bestehen. Aber ich halte das für den falschen Ansatz, davon auszugehen, dass der Mindestlohn sozusagen ein Normalzustand, der sich durch ganze Leben zieht. Dass es bei der Rente Probleme geben wird, erwarte. Aber ich bin skeptisch, ob es ein gangbarer Weg ist, über einen höheren Mindestlohn dagegen anzugehen. Ich stelle die Frage: Wie hoch müsste der Mindestlohn denn sein, um sicherzustellen, dass auch berufslebenslange Bezieher desselben damit eine auskömmliche Rente erwerben können?

JackB
28-05-2016, 01:10
Mir ist es ehrlich gesagt egal, was die Mindestlohn-Gegner als Argumente angeführt haben, mit denen habe ich nichts zu tun, denn ich war immer für einen Mindestlohn und stehe da der Position der Linken durchaus nahe.

Das habe ich schon wahrgenommen, und gerade deshalb finde ich es bemerkenswert, dass du jetzt die Argumente der Gegner anführst.
Wenn du mit "Position der Linken", der du nahestehst, die Forderung nach 10 Euro meinst, dann halte ich das für inkonsequent. Denn auch mit 10 Euro in der Stunde würde eine Familie mit Kindern und einem oder eineinhalb Verdienern in München nicht über die Hartz4-Grenze kommen.

Aber du weichst von der Forderung ab, unter der die Diskussion geführt wurde. Die Forderung SPD, Grünen, und soweit ich weiß auch Linken war "Wer Vollzeit arbeitet, soll auch davon leben können". Nicht: "Wer Vollzeit arbeitet, soll auch eine Familie davon ernähren können. Auch in München!"

Natürlich ist es vollkommen legitim, Forderungen aufzustellen, die von denen der Parteien abweichen. Aber es gehört nicht in diesen Thread.

Mausophon
28-05-2016, 01:27
...
Zur Rentenproblematik: Wenn man davon ausgeht, dass jemand sein ganzes Berufsleben nichts als den Mindestlohn verdient, mag das Problem ja bestehen. Aber ich halte das für den falschen Ansatz, davon auszugehen, dass der Mindestlohn sozusagen ein Normalzustand, der sich durch ganze Leben zieht. Dass es bei der Rente Probleme geben wird, erwarte. Aber ich bin skeptisch, ob es ein gangbarer Weg ist, über einen höheren Mindestlohn dagegen anzugehen. Ich stelle die Frage: Wie hoch müsste der Mindestlohn denn sein, um sicherzustellen, dass auch berufslebenslange Bezieher desselben damit eine auskömmliche Rente erwerben können?

Ich denke, man müsste mit einer Reihe von anderen Instrumenten ansetzen als dem Mindestlohn.
Ich sehe z.B. keinerlei Notwendigkeit, Empfängern von Grundsicherung, ganz besonders Grundsicherung im Alter, ihre Ersparnisse in dem Maße abzunehmen, wie es heute geschieht. Hier könnte man das Schonvermögen dem von Hartz IV-Empfängern angleichen.
Eine Möglichkeit wäre, die Riester-Rente bis zu einer festzulegenden Grenze anrechnungsfrei zu stellen, um auch Geringverdienern die Möglichkeit wirksamer Altersvorsorge zu eröffnen.
Ganz besonders wichtig finde ich die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus.

SnakeX
28-05-2016, 06:05
Ich habe verschiedentlich gelesen, dass ALG2-Bezug mit vielen Zumutungen verbunden sei: Man müsse dem Jobcenter in entwürdigender Weise Einblick in die privaten Verhältnisse gewähren, man müsse vielfältige Auflagen erfüllen, sich ständig bewerben, auch wenn es aussichtslos sei, häufig werde man in irgendwelche "Maßnahmen" geschickt, und sei ständig von Sanktionen bedroht. Und wenn man irgendwelche zusätzliche Einnahmen hat, sei es ein Geschenk, eine Erbschaft, oder ein Ferienjob der Kinder, hält das Amt die Hand auf.
Ich halte das vielfach für übertrieben, aber ein bisschen was ist schon dran. Und das entfällt alles für den Bezieher von Mindestlohn.


ich gebe dir ja in vielen Dingen recht, aber du kannst doch nicht allen Ernstes die menschverachtenden Missstände bei der Gängelung von Arbeitslosen, als Pluspunkt für Mindestlohnempfänger verkaufen, weil sie davon nicht betroffen sind.
das ist doch Humbug....

robin1
28-05-2016, 09:43
In der Diskussion um den Mindestlohn wurden von den Befürwortern sehr gern Beispiele wie die Friseure in Brandenburg (oder S-A?) angeführt, deren (tariflicher!) Stundenlohn bei 3 Euro nochwas lag, oder andere Fälle von Stundenlöhnen unterhalb von 7, 6 oder gar 5 Euro.
Ich finde, es ist eine Respektlosigkeit diesen Menschen gegenüber zu sagen, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro kein Fortschritt sei.

also wer tatsächlich für "3 euro nochwas" arbeiten ging, hat's scheinbar nicht so mit selbstachtung... schlimm genug, das arbeitgeber sowas überhaupt zahlen, noch schlimmer, das es arbeitnehmer gab, die das mit sich machen lieißen.

Lieb-Ellchen
28-05-2016, 10:14
Ich arbeite seit fast 20 Jahren in der Personalabteilung und das einzige was Sinn macht sind die Personalkosten, sprich Brutto + Lohnnebenkosten. Das ist das einzige was für die Firma zählt. Wenn also der Chef sagt das er X Euro für Gehaltserhöhungen übrig hat, bleiben von diesem Betrag die in dem Beispiel erwähnten 39% für den Mitarbeiter übrig. Und ja, mit U1,U2, Insolvenzgeldumlage und Unfallversicherung sieht es noch schlechter aus, aber die Werte schwanken zu sehr je nach KK bzw. Tätigkeit als das man die in ein einfaches Beispiel reinrechnen kann.

Für den Arbeitgeber macht natürlich Sinn, wie hoch die Kosten tatsächlich sind, wenn er x Brutto an den AN zahlt. Das Netto des AN ist für ihn uninteressant, da es je nach Steuerklasse und Gehaltshöhe, sehr unterschiedlich ist. Es wird ja wohl kaum ein AG auf die Idee kommen, eine Sonderzahlung netto zu bestimmen und auszuzahlen und daraus die Bruttoabrechnung zu errechnen.
Was die Zahlung dem AG dann tatsächlich kostet, also wie diese seinen eigenen Nettogewinn reduziert, das sollte ihm dann sein Steuerberater vorrechnen.

Der MA wiederum erhält den Bescheid über die Höhe der Bruttosonderzahlung und wird dann anhand Vergleich mit einem "normalen" Monat sehen, wieviel ihm davon übrigbleibt. Ihn wird der AG-Anteil an der SV nicht interessieren.

Aber deine ursprüngliche Intention war, dass der AG-Anteil an der SV auf den Bruttolohn aufgeschlagen wird und dann mit dem AN-Anteil gemeinsam von selbigem abgezogen wird. Auf meinen Einwand, dass der höhere Bruttolohn eine Erhöhung der Steuer und auch der Sozialabgaben zur Folge hast du entgegnet, dass man diesen Anteil dann steuerfrei und SV-frei halten müsse. Mal davon abgesehen, dass das sehr kompliziert wäre und alles andere als transparent, reduziert es natürlich die prozentualen Abzüge vom Gesamtbrutto.
In deinem Beispiel in Post #35


Steuerklasse 1, Kirchenmitglied

Brutto: 3.500
Netto: 2.121,67
AG-Kosten: 4.176,38

Brutto: 3.750
Netto: 2.238,23
AG-Kosten: 4.474,69

Um dem Mitarbeiter 116,56 Euro netto zu geben, muss der Arbeitgeber also 298,31 Euro ausgeben.

Oder andersrum... dem Mitarbeiter bleiben 39% übrig

würde die Rechnung so aussehen:

Brutto 4.176,38
steuer- und SV-frei: 676,38
netto 2.121,67 + 676,38 = 2.798,05

Brutto 4.474,69
Steuer- und SV-frei: 724,69
netto 2.238,23 + 724,69 = 2.962,92

Jetzt kriegt der MA von den 298,31 sogar 164,87. Die Rechnung gefällt mir :D

dedeli
28-05-2016, 12:18
Das habe ich schon wahrgenommen, und gerade deshalb finde ich es bemerkenswert, dass du jetzt die Argumente der Gegner anführst.
Wenn du mit "Position der Linken", der du nahestehst, die Forderung nach 10 Euro meinst, dann halte ich das für inkonsequent. Denn auch mit 10 Euro in der Stunde würde eine Familie mit Kindern und einem oder eineinhalb Verdienern in München nicht über die Hartz4-Grenze kommen.

Aber du weichst von der Forderung ab, unter der die Diskussion geführt wurde. Die Forderung SPD, Grünen, und soweit ich weiß auch Linken war "Wer Vollzeit arbeitet, soll auch davon leben können". Nicht: "Wer Vollzeit arbeitet, soll auch eine Familie davon ernähren können. Auch in München!"

Natürlich ist es vollkommen legitim, Forderungen aufzustellen, die von denen der Parteien abweichen. Aber es gehört nicht in diesen Thread.

Wie ich schon schrieb, wäre der Mindestlohn nicht die einzige Maßnahme, ich habe auch geschrieben, dass er der richtige Ansatz ist. Und, wie ich auch schon schrieb, ist mir auch klar, dass es nicht für alle Sonderfälle (z.B. München) DIE Lösung gibt, wenn sie alleine aus einer Anhebung des Mindestlohns besteht, das müßte eben durch andere Maßnahmen wie z.B. sozialer Wohnungsbau flankiert werden.

Worum es mir ging, ist, dass der Mindestlohn in dieser Höhe nicht der große Erfolg und Triumph war und ist, wie ihn die SPD verkauft hat und dass sich die Situation für viele Menschen durch den Mindestlohn in dieser Höhe nicht verbessert hat. Das zeigt auch die Enttäuschung und Verwunderung der Betroffenenen über dieses Gerichtsurteil, z.B. auch in diesem Thread. Wenn es der große Erfolg wäre, dann würde der SPD nicht in Massen die Wählerschaft davonlaufen, dafür gibt es natürlich auch andere Gründe, aber die frühere Stammklientel fühlt sich trotz der Einführung des Mindestlohns, der eben vielen dieser Menschen gar nichts gebracht hat, nicht mehr vertreten.

JackB
28-05-2016, 13:48
Worum es mir ging, ist, dass der Mindestlohn in dieser Höhe nicht der große Erfolg und Triumph war und ist, wie ihn die SPD verkauft hat

Behauptet hier doch auch niemand.