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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Trans und Cis: Geschlechteridentitäten im Fokus


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ganzblau
11-06-2020, 17:40
Es scheint im IOFF schon einmal einen Thread zu dem Thema gegeben haben - der ist aber möglicherweise im Archiv verschollen :wink:

Deswegen hier ein neuer Thread, aus aktuellem Anlass:

Vor wenigen Tagen hat die englische Erfolgsautorin J.K. Rowling bei Twitter die Bemerkung fallen lassen, menstruierende Menschen hätte man früher "Frauen" genannt. Sie erntete damit heftige Kritik - mit der Begründung, eine solche Betonung des Geburtsgeschlechts spreche Trans-Frauen ihre Weiblichkeit - und Trans-Männern ihre Männlichkeit - ab.

Während einige Stars der Harry-Potter-Filmreihe wie Daniel Radcliffe (und: Emma Watson) der Autorin widersprechen, hat Rowling mit einem längeren Essay zum Thema nachgelegt:
J.K. Rowling Writes about Her Reasons for Speaking out on Sex and Gender Issues (https://www.jkrowling.com/opinions/j-k-rowling-writes-about-her-reasons-for-speaking-out-on-sex-and-gender-issues/)

Damit hat sie allerdings den Vorwurf, sie sei eine TERF (für: Trans-Exclusionary Radical Feminist (https://en.wikipedia.org/wiki/TERF)) noch befeuert, und es macht sich mittlerweile breiterer (und auch: differenzierterer) Widerspruch bemerkbar - etwa bei Buzzfeed (https://www.buzzfeednews.com/article/amberjamieson/jk-rowling-antitrans-statement?utm_source=dynamic&utm_campaign=bffbbuzzfeed&ref=bffbbuzzfeed&&fbclid=IwAR0NNbD0lfbaFpSggzDtJmlMr4wDNaIF3nKGySm2dVs37Vt1t91fEnPV CSc).

Weil der aktuelle PLT nicht wirklich der richtige Ort für die Diskussion um die "richtige Einstellung" zu diesen Dingen ist (... vgl. Post #248 bis #426) , gibt es hier einen neuen Thread, der zum Austausch einlädt.

Glossar:

Als "Trans" werden Menschen bezeichnet, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen als ihrem Geburtsgeschlecht. Der Begriff "Cis" (oder auch: Cisgender) bezeichnet entsprechend Menschen, deren Geschlechtsidentität mit dem Geburtsgeschlecht übereinstimmt.

Aussen vor bleibt bei diesem Modell die Frage der sexuellen Orientierung. Und ebenfalls nicht geklärt ist damit die Frage, welche anderen Geschlechter mit einzuschliessen sind, die von der binären Unterscheidung "Mann" und "Frau" nicht erfasst werden.
Quelle: Queer-Lexikon (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/das-queer-lexikon-was-bedeutet-cisgender/12792450.html) des Tagesspiegels (05.01.2016)


Ergänzende Informationen:
Regenbogenportal (https://www.regenbogenportal.de/)
"Das Wissensnetz zu gleichgeschlechtlichen Lebensweisen und geschlechtlicher Vielfalt" - BuMi Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Forum Sexualaufklaerung Heft-1-2015 Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung (https://www.bzga.de/infomaterialien/fachpublikationen/forum-sexualaufklaerung/heft-1-2015-geschlechtsidentitaet-und-sexuelle-orientierung/)
als PDF-Datei erhältlich

orca
11-06-2020, 19:44
Zunächst: Ich hoffe, ich kann mich respektvoll ausdrücken. Jeder Mensch soll so leben wie es ihn glücklich macht und er niemandem schadet.

Bisher begegnet mir dieses Thema häufiger bei Twitter. Im RL kenne ich leider niemanden und womöglich bereitet es mir daher auch Schwierigkeiten, weil ich nicht persönlich mal abklopfen kann wie man sensibel mit Stolperfallen umgeht. Für mich ist es quasi ein Minenfeld in der Kommunikation, manche sind richtig picky und hauen einem die gewählten Bezeichnungen mega zickig um die Ohren. Ich gebe zu, dass mir das Thema sehr schwer fällt und ich auf jeden Fall weitere Aufklärung benötigen würde. Vielleicht sind aber auch die "unentspannten" Transmenschen einfach nur sehr laut, was auf mich dann einen sehr abschreckenden Eindruck macht.

titaniafee
11-06-2020, 20:06
Zunächst: Ich hoffe, ich kann mich respektvoll ausdrücken. Jeder Mensch soll so leben wie es ihn glücklich macht und er niemandem schadet.

Bisher begegnet mir dieses Thema häufiger bei Twitter. Im RL kenne ich leider niemanden und womöglich bereitet es mir daher auch Schwierigkeiten, weil ich nicht persönlich mal abklopfen kann wie man sensibel mit Stolperfallen umgeht. Für mich ist es quasi ein Minenfeld in der Kommunikation, manche sind richtig picky und hauen einem die gewählten Bezeichnungen mega zickig um die Ohren. Ich gebe zu, dass mir das Thema sehr schwer fällt und ich auf jeden Fall weitere Aufklärung benötigen würde. Vielleicht sind aber auch die "unentspannten" Transmenschen einfach nur sehr laut, was auf mich dann einen sehr abschreckenden Eindruck macht.
Es kann durchaus sein, dass du Transmenschen kennst - nur es nicht weißt.
Manche leben so, dass sie irgendwann ihr Umfeld total ändern und dann nur in ihrem gefühlten Geschlecht auftreten - und kein Mensch merkt was.
So habe ich es im nahen Kreis erlebt. Und wissen tu ich es auch nur, weil ich eine ganz enge Bindung zu des Menschen jetzigen Ehegespons habe. Es gibt viele, die sehr leise damit leben. So wie du und ich. Ich wäre bei dem Menschen von mir aus nie auf die Idee gekommen, dass es ein Transmensch ist. Weder optisch noch in irgendwelchen Attitüden. Dass der Mensch mal im anderen Geschlecht geboren wurde, ist nicht zu merken.

Kukie
11-06-2020, 21:11
Vielen Dank für das Eröffnen des Threads, freue mich darauf mit Euch zu diskutieren.

Thaliel
12-06-2020, 00:56
Sollen ruhig alle machen wie sie am zufriendensten sind, was mir aber tierisch auf den nicht vorhandenen sack geht, ist das Fordern einiger Vertreter der Segmente. So nach dem Motto: ich will aber!!!einself
Entweder möchte man gleichberechtigt behandelt werden, oder für sich alleine bzw nicht mal eine hand voll andere an der stelle, eine Extrawurst. Beides gleichzeitig geht schlecht.
Mir ist das ja völlig wumpe wenn ich aufm wc sitze, ob die person in der kabine neben mir was unten baumeln hat oder nicht, ob's ein Mensch ist, ein anthropomorph oder ein tribble, hauptsache hinterher hände waschen

Kukie
12-06-2020, 11:16
Ich denke im Bereich Trans ist es ähnlich wie im Bereich Rassismus, sehr viele Menschen kämpfen mit unterschwelligen Vorurteilen. Zumindest kann ich das immer wieder feststellen.

Der Grund warum mich mit diesem Thema gründlicher beschäftigt haben, liegt daran das ich eine Kollegin hatte, die hier massiv gekämpft hat und auch heute noch kämpft. Ich konnte die Entwicklung hier mit verfolgen und es war leider sehr tragisch dies zu beobachten. Von dem Zeitpunkt an dem ich sie kennengelernt hatte, fühlte sie sich nie als Frau bzw. Mädchen. Dies fing beim Klamotten- und Frisurstil an und endete mit einem eher männlichen Spitznamen als Abwandlung ihres Namens. Um die Geschichte kurz zu machen, es war für jeden offensichtlich das hier etwas nicht stimmte und für einen jungen Menschen sehr verwirrend war. Leider war es aber so das gerade im Bereich der Familie (radikale evangelische Christen) keinerlei Verständnis für ihre Situation da war und so kam zu den Problemen noch eine Essstörung dazu. Warum? Weil sich das Mädel quasi ihren Busen weghungern wollte. Um die Geschichte abzukürzen, das ging soweit, das sie nur noch 30kg wog, weil sie Nacht für Nacht daheim im Zimmer auf und abrannte um ja nicht zuzunehmen. Aber selbst diese Eskalation bewegte die Familie nicht einzulenken, so das dann quasi um ihr Leben zu retten nur noch eine Einweisung half. Von da an habe ich leider nur noch sehr wenig mitbekommen, da die Familie niemanden mehr heran lies und dann nach einiger Zeit auch den kompletten Kontakt verloren. Ich frage mich heute sehr oft, was aus ihr geworden ist, konnte aber nichts in Erfahrung bringen, da die komplette Familie dann auch die Gegend verlassen hat.

Aus eben dieser persönlichen Erfahrung, bin ich eben mit Aussagen, wie beispielsweise von Rowling immer sehr irritiert.

Jetzt aber zu ihrem Statement. Mir persönlich ist hier zu viel whataboutism drin. Ich kann manches nachvollziehen, aber vieles eben nicht.

Es macht niemanden weniger zum Mann oder weniger zur Frau, wenn man eine geschlechtsneutrale Person oder eben Transmenschen akzeptiert. Warum auch?

titaniafee
12-06-2020, 16:54
Ich denke im Bereich Trans ist es ähnlich wie im Bereich Rassismus, sehr viele Menschen kämpfen mit unterschwelligen Vorurteilen. Zumindest kann ich das immer wieder feststellen.

Der Grund warum mich mit diesem Thema gründlicher beschäftigt haben, liegt daran das ich eine Kollegin hatte, die hier massiv gekämpft hat und auch heute noch kämpft. Ich konnte die Entwicklung hier mit verfolgen und es war leider sehr tragisch dies zu beobachten. Von dem Zeitpunkt an dem ich sie kennengelernt hatte, fühlte sie sich nie als Frau bzw. Mädchen. Dies fing beim Klamotten- und Frisurstil an und endete mit einem eher männlichen Spitznamen als Abwandlung ihres Namens. Um die Geschichte kurz zu machen, es war für jeden offensichtlich das hier etwas nicht stimmte und für einen jungen Menschen sehr verwirrend war. Leider war es aber so das gerade im Bereich der Familie (radikale evangelische Christen) keinerlei Verständnis für ihre Situation da war und so kam zu den Problemen noch eine Essstörung dazu. Warum? Weil sich das Mädel quasi ihren Busen weghungern wollte. Um die Geschichte abzukürzen, das ging soweit, das sie nur noch 30kg wog, weil sie Nacht für Nacht daheim im Zimmer auf und abrannte um ja nicht zuzunehmen. Aber selbst diese Eskalation bewegte die Familie nicht einzulenken, so das dann quasi um ihr Leben zu retten nur noch eine Einweisung half. Von da an habe ich leider nur noch sehr wenig mitbekommen, da die Familie niemanden mehr heran lies und dann nach einiger Zeit auch den kompletten Kontakt verloren. Ich frage mich heute sehr oft, was aus ihr geworden ist, konnte aber nichts in Erfahrung bringen, da die komplette Familie dann auch die Gegend verlassen hat.

Aus eben dieser persönlichen Erfahrung, bin ich eben mit Aussagen, wie beispielsweise von Rowling immer sehr irritiert.

Jetzt aber zu ihrem Statement. Mir persönlich ist hier zu viel whataboutism drin. Ich kann manches nachvollziehen, aber vieles eben nicht.

Es macht niemanden weniger zum Mann oder weniger zur Frau, wenn eine geschlechtsneutrale Person oder eben Transmenschen akzeptiert. Warum auch?

Genau. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, was JKR will oder meint.

Heloise
12-06-2020, 18:15
Im PLT ist das Wort "Schutzräume" gefallen, und darum geht es wohl auch weitestgehend in dieser Diskussion. Umkleiden, Toiletten, und ähnliches, nicht darum ob jemand sich in seiner/ihrer Männlichkeit/Weiblichkeit bedroht sieht.

Ohne das ich selbst überhaupt in dem drin bin, sind mir doch durch Rowling viele Beiträge zu diesem Thema in den Twitterfeed gespült worden. Und dabei ist auch der Name Alex Drummond gefallen. Und es gibt, für mich, Unterschiede zwischen Transmenschen wie von titaniafee beschrieben, und eben A.D. Wenn es transphob ist, wenn man als Frau sagt, man würde sich in einer gemeinsamen Umkleide (Fitnessstudio, Schwimmbad) unwohl fühlen, dann ist das wohl so. Aber da werden dann die Bedürfnisse/Gefühle einer Gruppe über die einer anderen gestellt.

Bei Twitter sind im Übrigen auch mal Sportwettkämpfe gefallen, bei denen ja auch oft Geschlechtertrennung gilt. Bzw. gibt es überhaupt Wettkämpfe bei denen Männer und Frauen gleich gewertet werden?

titaniafee
12-06-2020, 18:46
Im PLT ist das Wort "Schutzräume" gefallen, und darum geht es wohl auch weitestgehend in dieser Diskussion. Umkleiden, Toiletten, und ähnliches, nicht darum ob jemand sich in seiner/ihrer Männlichkeit/Weiblichkeit bedroht sieht.

Ohne das ich selbst überhaupt in dem drin bin, sind mir doch durch Rowling viele Beiträge zu diesem Thema in den Twitterfeed gespült worden. Und dabei ist auch der Name Alex Drummond gefallen. Und es gibt, für mich, Unterschiede zwischen Transmenschen wie von titaniafee beschrieben, und eben A.D. Wenn es transphob ist, wenn man als Frau sagt, man würde sich in einer gemeinsamen Umkleide (Fitnessstudio, Schwimmbad) unwohl fühlen, dann ist das wohl so. Aber da werden dann die Bedürfnisse/Gefühle einer Gruppe über die einer anderen gestellt.

Bei Twitter sind im Übrigen auch mal Sportwettkämpfe gefallen, bei denen ja auch oft Geschlechtertrennung gilt. Bzw. gibt es überhaupt Wettkämpfe bei denen Männer und Frauen gleich gewertet werden?
Reiten.

ja, es gibt Schwierigkeiten. Und ja, es gibt Klärungsbedarf.
Ich sprach von Schutzräumen. Allerdings meine ich damit Räume, in die sich auch hochtraumatisierte Frauen wagen zu begeben. Und nicht das xy-Klo oder die ab-Umkleide.

Aber sich darüber lächerlich zu machen wie Rowling das getan mit ihrer "lustigen" Suche nach dem Wort Frau ist ätzend.

Marmelada
12-06-2020, 18:55
Ich glaube, diese Diskussion ist hier zum Scheitern verurteilt. Schon auf der ersten Seite ist eine Schärfe und Frontstellung da, die mir die Lust verleidet, mich über das Thema auszutauschen.

Heloise
12-06-2020, 18:56
Aber sich darüber lächerlich zu machen wie Rowling das getan mit ihrer "lustigen" Suche nach dem Wort Frau ist ätzend.

Das stimmt. Da war sicherlich schon eine ordentliche Portion Provokation im Spiel. Ich halte Frau Rowling auch für intelligent genug, um zu wissen, dass das ganze nicht einfach ignoriert wird. Von daher fand ich ihren Einstieg in ihre Erklärung mit "eigentlich wollte ich mich ja gar nicht mehr öffentlich zu diesem Thema äußern" für nicht 100% glaubwürdig.

Edit: wg. Schutzräume, ich hatte da zwei Dinge vermischt, mein Fehler. Hatte im PLT auch nur grob überflogen. Wie gesagt, mir schwimmt das Thema hauptsächlich durch Rowling in meine Timeline. Da ging es um "Single sex spaces".

Kukie
12-06-2020, 19:08
Im PLT ist das Wort "Schutzräume" gefallen, und darum geht es wohl auch weitestgehend in dieser Diskussion. Umkleiden, Toiletten, und ähnliches, nicht darum ob jemand sich in seiner/ihrer Männlichkeit/Weiblichkeit bedroht sieht.

Ohne das ich selbst überhaupt in dem drin bin, sind mir doch durch Rowling viele Beiträge zu diesem Thema in den Twitterfeed gespült worden. Und dabei ist auch der Name Alex Drummond gefallen. Und es gibt, für mich, Unterschiede zwischen Transmenschen wie von titaniafee beschrieben, und eben A.D. Wenn es transphob ist, wenn man als Frau sagt, man würde sich in einer gemeinsamen Umkleide (Fitnessstudio, Schwimmbad) unwohl fühlen, dann ist das wohl so. Aber da werden dann die Bedürfnisse/Gefühle einer Gruppe über die einer anderen gestellt.

Bei Twitter sind im Übrigen auch mal Sportwettkämpfe gefallen, bei denen ja auch oft Geschlechtertrennung gilt. Bzw. gibt es überhaupt Wettkämpfe bei denen Männer und Frauen gleich gewertet werden?

Jetzt nehmen wir das Thema Schutzräume. Nehmen wir an Mann steckt in der Umwandlung zu Frau. In welchen Toilettenraum wäre er wohl geschützter? Ich finde dies kann nicht pauschalisiert werden. Nicht so wie JKR es tut.

Zu den Sportwettkämpfen. Hier halte ich es aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen tatsächlich für problematisch. Anders sehe ich es jedoch bei Menschen mit nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen, wie Caster Semana. Wenn diese sich mehr als Frau identifiziert, dann ist das halt so.

Gemeinsame Wertung? Mir würde da nur sowas wie Schach einfallen.

dracena
12-06-2020, 19:11
Und es gibt, für mich, Unterschiede zwischen Transmenschen wie von titaniafee beschrieben, und eben A.D. Wenn es transphob ist, wenn man als Frau sagt, man würde sich in einer gemeinsamen Umkleide (Fitnessstudio, Schwimmbad) unwohl fühlen, dann ist das wohl so. Aber da werden dann die Bedürfnisse/Gefühle einer Gruppe über die einer anderen gestellt.



Das wäre auch mein Punkt. Ich möchte nicht die Umkleide mit jemandem teilen, der einen Penis hat. Die Frauenumkleide ist ja auch MEIN Schutzraum.
Im absurdesten Fall können sich lesbische Frauen dafür rechtfertigen und als transfeindlich bezeichnen lassen müssen, wenn sie nicht mit einer transsexuellen Frau schlafen wollen, wenn diese (noch) einen Penis hat.

Rowlings lange Ausführungen kann ich überwiegend gut nachvollziehen.

Ich habe einiges bei Twitter über das Thema mitbekommen und bin mal wieder unangenehm berührt von der Aggressivität einer bestimmten Gruppe. Warum man wieder eine Schublade, diesmal TERF, benötigt, um Fronten zu schaffen und zu verhärten, weiß ich nicht.

Heloise
12-06-2020, 19:25
Jetzt nehmen wir das Thema Schutzräume. Nehmen wir an Mann steckt in der Umwandlung zu Frau. In welchen Toilettenraum wäre er wohl geschützter? Ich finde dies kann nicht pauschalisiert werden. Nicht so wie JKR es tut.Stichpunkt: Umwandlung. Die war ja auch Thema. Ich bin mitlesender Laie, und was die rechtliche Seite angeht, hab ich gar keine Ahnung. Rowling argumentiert ja, dass eine Umwandlung gar nicht nötig ist, um als Transfrau "behandelt" zu werden. Sondern das es reichen würde, wenn Mann sagt, ich fühle mich als Frau und schon stünde der Weg in die "single sex spaces" offen.

Für mich stellt sich die Frage, und das ist tatsächlich ernsthaftes Interesse, ab wann wird man (gesetzlich?) als Transfrau/mann betrachtet? Mit der Erkenntnis, ja, ich fühle mich als und möchte in Zukunft dauerhaft so leben, oder gibt es "Voraussetzungen" , die erfüllt werden müssen?

Kukie
12-06-2020, 19:51
Hier zwei, wie ich finde interessante Artikel aus meinen Lesezeichen.

Ein etwas älterer Artikel aus dem Ärzteblatt.

https://www.aerzteblatt.de/archiv/59749/Transsexualitaet-Transidentitaet-Was-ist-weiblich-was-maennlich

Dann noch was von Bento.

https://www.bento.de/politik/transsexuellengesetz-warum-die-namensaenderung-einfacher-werden-muss-a-00000000-0003-0001-0000-000000790882

titaniafee
12-06-2020, 20:09
Stichpunkt: Umwandlung. Die war ja auch Thema. Ich bin mitlesender Laie, und was die rechtliche Seite angeht, hab ich gar keine Ahnung. Rowling argumentiert ja, dass eine Umwandlung gar nicht nötig ist, um als Transfrau "behandelt" zu werden. Sondern das es reichen würde, wenn Mann sagt, ich fühle mich als Frau und schon stünde der Weg in die "single sex spaces" offen.

Für mich stellt sich die Frage, und das ist tatsächlich ernsthaftes Interesse, ab wann wird man (gesetzlich?) als Transfrau/mann betrachtet? Mit der Erkenntnis, ja, ich fühle mich als und möchte in Zukunft dauerhaft so leben, oder gibt es "Voraussetzungen" , die erfüllt werden müssen?
In Deutschland nach entsprechender psychologisch/psychiatrischer Begutachtung und nach einiger Zeit der Einnahme von Hormonen, kann man das Geschlecht rechtlich ändern lassen. Die operative Geschlechtsanpassung ist dabei nicht zwingend notwendig. Und du musst natürlich (wie lange genau weiß ich nicht) eine entsprechende Zeit in deinem wirklichen Geschlecht (also nicht das Geburtsgeschlecht) gelebt haben.

titaniafee
12-06-2020, 20:15
Ich gebe gerne zu, dass es teilweise "mode" ist sich Trans zu fühlen bzw. die Störung die diesen Mensch quält, wird damit definiert, hat aber eher nix damit zu tun. Dafür als Beispiel fällt mir die letzte Zeit des Daniel Küblböck ein.
Aber die wirklich Transsexuellen wissen das häufig schon sehr früh. Jungs die als Mädchen geboren werden, erzählen beispielsweise schon mit 3 Jahren, dass der Schniedel noch wachsen wird. Oder oft fügen sich Mädchen die als Jungs geboren werden Verletzungen am Penis zu in dem Wunsch das "fremde Ding da" loszuwerden. Das ist ein ganz harter Leidensdruck. Und dann noch die Ablehnung von allen Seiten.

Witwe Bolte
12-06-2020, 20:17
Rowlings lange Ausführungen kann ich überwiegend gut nachvollziehen.

Ich habe einiges bei Twitter über das Thema mitbekommen und bin mal wieder unangenehm berührt von der Aggressivität einer bestimmten Gruppe. Warum man wieder eine Schublade, diesmal TERF, benötigt, um Fronten zu schaffen und zu verhärten, weiß ich nicht.

Zustimmung.
Und ich bin eine Frau. Keine cis, keine "Person, die menstruiert" oder sonst etwas.

titaniafee
12-06-2020, 20:22
Zustimmung.
Und ich bin eine Frau. Keine cis, keine "Person, die menstruiert" oder sonst etwas.

Hat dir das irgendwer abgesprochen?

Witwe Bolte
12-06-2020, 20:23
Dieser Tweet, auf den sich Rowling bezog.

Kukie
12-06-2020, 20:26
Zustimmung.
Und ich bin eine Frau. Keine cis, keine "Person, die menstruiert" oder sonst etwas.

Natürlich bist CIS, das ist doch einfach nur eine wissenschaftliche Einordnung, gleichbedeutend mit Geburts- oder Hebammengeschlecht. Daran kann man sich nun wirklich nicht aufhängen.

Kukie
12-06-2020, 20:33
Dieser Tweet, auf den sich Rowling bezog.

https://www.devex.com/news/sponsored/opinion-creating-a-more-equal-post-covid-19-world-for-people-who-menstruate-97312#.XtwLnv0aEeR.twitter


Hier mal der Artikel auf den JKR sich bezogen hat. Dieser hat meiner Meinung nach eine sehr unglücklich gewählte Überschrift. Ansonsten geht's einfach um Menstruation und Hygiene.


An estimated 1.8 billion girls, women, and gender non-binary persons menstruate, and this has not stopped because of the pandemic. They still require menstrual materials, safe access to toilets, soap, water, and private spaces in the face of lockdown living conditions that have eliminated privacy for many populations.

Sich hier an der Überschrift aufzuhängen, ist weit über das Ziel hinausgeschossen.

Sabuha
12-06-2020, 21:25
Ich hoffe, ich kann hier auch „doofe“ Fragen stellen.
Ich kenne mich mit der gesamten Thematik nicht so wirklich aus und habe in den letzten Jahren immer was neues gehört, wo ich erstaunt war, dass es sowas überhaupt gibt.

Es soll vorkommen, dass ein Kind nach der Geburt irgendwie zwei Geschlechtsanlagen hat oder so etwa (oder im Körperinneren anders als das äußere?). Oft entscheiden die Eltern dann, ob Junge oder Mädchen und dann wird für immer darüber geschwiegen. Statt abzuwarten, ob das Kind sich irgendwann einem Geschlecht zugehörig fühlt und dann selbst die Entscheidung trifft.
Leider weiß ich weder, wo ich das gehört hatte noch wie das richtig hieß.

Ich habe mich aber immer wieder gefragt, ob manche Transgender vielleicht deshalb dieses Gefühl des falschen Körpers haben, weil irgendwer da eine falsche Entscheidung getroffen hat.

Wisst ihr, was ich meinen könnte?


Und Cis - ich dachte, das wäre noch eine weitere Form. Man lernt echt immer wieder dazu :D

Witwe Bolte
12-06-2020, 21:29
Sabuha, das sind Intersexuelle.

Kukie
12-06-2020, 21:43
Ich hoffe, ich kann hier auch „doofe“ Fragen stellen.
Ich kenne mich mit der gesamten Thematik nicht so wirklich aus und habe in den letzten Jahren immer was neues gehört, wo ich erstaunt war, dass es sowas überhaupt gibt.

Es soll vorkommen, dass ein Kind nach der Geburt irgendwie zwei Geschlechtsanlagen hat oder so etwa (oder im Körperinneren anders als das äußere?). Oft entscheiden die Eltern dann, ob Junge oder Mädchen und dann wird für immer darüber geschwiegen. Statt abzuwarten, ob das Kind sich irgendwann einem Geschlecht zugehörig fühlt und dann selbst die Entscheidung trifft.
Leider weiß ich weder, wo ich das gehört hatte noch wie das richtig hieß.

Ich habe mich aber immer wieder gefragt, ob manche Transgender vielleicht deshalb dieses Gefühl des falschen Körpers haben, weil irgendwer da eine falsche Entscheidung getroffen hat.

Wisst ihr, was ich meinen könnte?


Und Cis - ich dachte, das wäre noch eine weitere Form. Man lernt echt immer wieder dazu :D

Ja, das ist leider sehr oft so, da die Option eines dritten Geschlechts sehr lange nicht zur Verfügung stand. In vielen Ländern muss innerhalb kurzer Zeit nach der Geburt ein Geschlecht festlegen muss. Durch die dann geschlechtsangleichenden Operationen wird ein gesundes Kind "krank" gemacht, da der Wunsch der Eltern über das Geschlecht entscheidet und nicht die natürliche Entwicklung. Ich möchte hier niemanden an den Pranger stellen, denn ich glaube das ist eine fast unmenschliche für Eltern ist, die fast nur schief gehen kann.

Es gibt natürlich auch Kinder, die immer intersex bleiben, was auch völlig normal ist und in der Geschichte auch schon wesentlich akzeptierter als heute ist.

Ich sag mal... jedes Kind weiss, das Schnecken Zwitter sind, aber bei Menschen bringt es das Weltbild ins Wanken.

Witwe Bolte
12-06-2020, 21:57
Ich sag mal... jedes Kind weiss, das Schnecken Zwitter sind, aber bei Menschen bringt es das Weltbild ins Wanken.
1) Das weiß längst nicht jedes Kind und 2) weil nun mal 99 % aller Menschen nicht Intersexuell sind.

Kukie
12-06-2020, 22:02
1) Das weiß längst nicht jedes Kind und 2) weil nun mal 99 % aller Menschen nicht Intersexuell sind.

Jedes Kind das in Bio aufpasst schon und es sind noch weniger Menschen intersex. 2 von 1000 ungefähr, was es aber keinen Deut unnatürlicher macht. Wenn dies wäre, sollten wir blonde oder rothaarige Menschen genauso behandeln, denn schließlich sind 98% aller Menschen schwarz oder braunhaarig.

dedeli
12-06-2020, 22:08
Ich versuche beide "Seiten" zu verstehen. Das Thema ist nicht einfach, die Twitterdiskussion habe ich nur am Rande mitbekommen, die PLT-Diskussion gar nicht.

Ich selbst hab keine Probleme, wenn eine Transfrau (mit vorhandenem Penis) sich mit mir Umkleide oder Schwimmhalle teilt. Für mich sind Geschlechteridentitäten zu einem großen Teil sowieso eher soziale Konstrukte.

Wenn ein Mensch sich als Frau fühlt (aber biologisch als Mann geboren ist), dann sehe ich ihn als Frau, auch wenn er einen Penis hat. Allerdings bin ich sozusagen als junge Frau bereits viel in einer Queer/Kinky-Umgebung unterwegs gewesen und kenne daher Transmenschen.

Vielleicht bin ich deswegen näher an Kukie dran.

Ein Freund von mir wurde biologisch als Frau geboren und so habe ich ihn auch kennengelernt. Seit über 20 Jahren lebt er als Mann. Seit über 15 Jahren auch offiziell, nachdem er die Bedingungen erfüllt hat. Zu der Zeit waren geschlechtsangleichende Operationen noch Voraussetzung, wie Entfernung der Brüste und Fortpflanzungsunfähigkeit z.B. bei ihm durch Entfernung der Eierstöcke/Gebärmutter. Das ist heute nicht mehr der Fall.

Er ist mit einer heterosexuellen Frau verheiratet. Niemand, der ihn sieht oder mit ihm spricht, auch nicht wenn er ihn näher kennenlernt, würde darauf kommen, dass er mit biologischem Geschlecht Frau geboren wurde. ABER: Er hat keinen Penis, da die OP sehr schwierig ist und die Resultate oft als nicht zufriedenstellend empfunden werden.

Soll er auf die Damentoilette oder in die Damen-Umkleidekabine gehen, nur weil er keinen Penis hat? Und eine Transfrau, die z.B. schon durch Hormone einen Busen hat, soll in die Männerumkleide? Vor allem vor dem Hintergrund, dass Transfrauen häufig Opfer sexueller Gewalt und Hassverbrechen werden? Noch ein dritter Umkleidebereich?

Ich versuche auch die Einwände von z.B. dracena zu verstehen.

dracena
12-06-2020, 22:20
Sich hier an der Überschrift aufzuhängen, ist weit über das Ziel hinausgeschossen.

Was wäre denn das Ziel, über das deiner Meinung nach hinausgeschossen würde?

Ich bin tatsächlich der Meinung, dass man Menschen, die menstruieren, auch als Frauen bezeichnen darf.
Dabei ist mir selbstverständlich klar, dass nicht jede Frau menstuiert (Operation, Menopause, Menarche, was auch immer), aber wenn jemand menstuiert, dann handelt es sich doch um eine biologische Frau?

Ich finde diese ganzen kleinen Schubladen so unnötig zersetzend. Irgendwann igelt sich jeder in seiner eigenen ein, das ist bloß leider nicht so witzig wie Loretta im Leben von Brian.

Kukie
12-06-2020, 22:35
Was wäre denn das Ziel, über das deiner Meinung nach hinausgeschossen würde?

Ich bin tatsächlich der Meinung, dass man Menschen, die menstruieren, auch als Frauen bezeichnen darf.
Dabei ist mir selbstverständlich klar, dass nicht jede Frau menstuiert (Operation, Menopause, Menarche, was auch immer), aber wenn jemand menstuiert, dann handelt es sich doch um eine biologische Frau?

Ich finde diese ganzen kleinen Schubladen so unnötig zersetzend. Irgendwann igelt sich jeder in seiner eigenen ein, das ist bloß leider nicht so witzig wie Loretta im Leben von Brian.

Oh... Das spreche ich doch gar nicht ab. Wie gesagt, ich halte das immer noch für unglücklich formuliert, besonders wenn man den Artikel liest. Das Problem ist meiner Meinung nach, das man alles richtig machen wollte, mit der Bezeichnung Menschen die konstruieren, da es schliesslich auch nicht binäre Menschen gibt, die das tun. Zumindest empfinde ich es so bei der Lektüre des Artikels so.

Das Ziel? Akzeptanz. Dies vermisse ich auf beiden Seiten.

Niemand muss einen intersexuellen oder Transsexuellen Menschen daten. Aber das hat nichts mit den Begrifflichkeiten zu tun. Schliesslich daten wir auch nicht jeden anderen Menschen und haben Präferenzen.

Heloise
12-06-2020, 22:54
Ein Freund von mir wurde biologisch als Frau geboren und so habe ich ihn auch kennengelernt. Seit über 20 Jahren lebt er als Mann. Seit über 15 Jahren auch offiziell, nachdem er die Bedingungen erfüllt hat. Zu der Zeit waren geschlechtsangleichende Operationen noch Voraussetzung, wie Entfernung der Brüste und Fortpflanzungsunfähigkeit z.B. bei ihm durch Entfernung der Eierstöcke/Gebärmutter. Das ist heute nicht mehr der Fall.

Er ist mit einer heterosexuellen Frau verheiratet. Niemand, der ihn sieht oder mit ihm spricht, auch nicht wenn er ihn näher kennenlernt, würde darauf kommen, dass er mit biologischem Geschlecht Frau geboren wurde. ABER: Er hat keinen Penis, da die OP sehr schwierig ist und die Resultate oft als nicht zufriedenstellend empfunden werden.

[b] Soll er auf die Damentoilette oder in die Damen-Umkleidekabine gehen, nur weil er keinen Penis hat? Und eine Transfrau, die z.B. schon durch Hormone einen Busen hat, soll in die Männerumkleide? Vor allem vor dem Hintergrund, dass Transfrauen häufig Opfer sexueller Gewalt und Hassverbrechen werden? Noch ein dritter Umkleidebereich?[b]

Auf diese Fragen kann ich dir leicht eine Antwort geben. Nein, natürlich soll er dann nicht auf/in die Damentoilette/Umkleide bzw. die Transfrau nicht bei den Herren. Zumindest nicht in deinen Beispielen.

Aber ich hab oben schon Alex Drummond genannt. Als Mann geboren, identifiziert sich als Frau. Hat aber Vollbart, sowie sich gegen Hormone und gegen Angleichung entschieden. Machen lange Haare und Kleider aber einen Mann dann gleich zur Frau? Und würde ich dann immer noch sagen, ja, du gehörst in die Damenumkleide? Ich muss zugeben, da hört mein Verständnis auf :helga:

Und wenn ich mir so ansehe, was titaniafee, Kukie und du (danke für die Infos) über die Voraussetzungen zur Anerkennung hier in Deutschland geschrieben haben, scheinen die Gegebenheiten hier anders zu sein als in GB.

Vielleicht ist Deutschland auch rückständig was das Thema angeht, ich weiß es nicht, aber soll ein "ich identifiziere mich als Mann/Frau" alleine ausreichen, um Zugang zu den jeweiligen Single sex spaces (gibt's da eigentlich ein deutsches Wort für :help:) zu bekommen?


Niemand muss einen intersexuellen oder Transsexuellen Menschen daten. Aber das hat nichts mit den Begrifflichkeiten zu tun. Schliesslich daten wir auch nicht jeden anderen Menschen und haben Präferenzen.

Doch, teilweise schon, was Dracena geschrieben hat, ist ja nicht völlig aus der Luft gegriffen. Lesbische Feministinnen, die gesagt haben, dass sie keine Transfrauen daten wollen, werden teilweise direkt in die Kategorie "transphob" gesteckt.

Kukie
12-06-2020, 23:07
@Heloise Ich denke da kommt es einfach wie so oft auf die Formulierung an. Warum es herausstellen, das man es nicht will. Einfach nicht machen und es interessiert wahrscheinlich keinen. Wenn so etwas aber plakativ ins Rampenlicht gestellt und provokativ geäussert, klar ruft das bei den einen Aufschrei hervor. Stell Dir das ganz Szenario mit dicken Menschen vor oder mit kleinwüchsigen Menschen. Würde dich von der jeweiligen Community die gleiche Reaktion geben.

Aber ich find es auch bescheuert, weil ein Sexualpartner immer persönlichen Präferenzen unterliegt, egal um was es geht.

Mr. Gordo
13-06-2020, 02:23
@Heloise Ich denke da kommt es einfach wie so oft auf die Formulierung an. Warum es herausstellen, das man es nicht will. Einfach nicht machen und es interessiert wahrscheinlich keinen. Wenn so etwas aber plakativ ins Rampenlicht gestellt und provokativ geäussert, klar ruft das bei den einen Aufschrei hervor. Stell Dir das ganz Szenario mit dicken Menschen vor oder mit kleinwüchsigen Menschen. Würde dich von der jeweiligen Community die gleiche Reaktion geben.



Wenn mir eine lesbische Frau proaktiv sagen würde, dass sie nicht mit mir schlafen möchte, weil ich ein Mann bin oder sie meinen Pullermann ekelhaft findet, dann wäre die in meinen Augen natürliche Reaktion, zusammen darüber zu lachen. Warum darf also eine lesbische Frau nicht genauso offen darüber reden, dass sie nicht mit einer Frau schlafen möchte, die als Mann zur Welt kam, ohne gleich als Transphob zu gelten?

Der Unterschied an der Sache ist, dass alle genannten Beispiele Übergewichtige, Kleinwüchsige und Transmenschen, anders als ihre der "Norm" entsprechenden Gegenstücke, im Alltag tatsächlichen Feindseligkeiten vermehrt ausgesetzt sind. Und dabei geht es dann um Grundsätzliches. Da wird nämlich in der Regel der Mensch dahinter gar nicht mehr gesehen, er wird gezielt verletzt und somit wird das auch viel sensibler wahr genommen.


Offen darüber zu reden halte ich nicht für verwerflich und ist in meinen Augen auch ein Weg zum normalen Umgang miteinander.


Ich verstehe, dass die Bürde der grundsätzlichen Verurteilung für das was man ist eine große Last darstellt, auf der anderen Seite sehe ich die Einreihung in diese Kategorisierung fast schon wieder als gleichstellend. Denn genauso wie die lesbische Frau für sich eine Transfrau als Partnerin ausschließen kann, kann eine Transfrau eine lesbische Frau als Partnerin ausschließen, wenn sie beispielsweise nur auf der Suche nach einer anderen Transfrau ist. Wenn man das in diesem Verständnis miteinander tut, ohne sich als Menschen gegenseitig auszuschließen, dann ist das in meinen Augen die perfekte Harmonie.

Kukie
13-06-2020, 05:56
Denke das dies halt viel dran liegt. Wie es gesagt wird. Die Radikalität. Dann lieber Klappe halten und einfach nicht machen.

Sabuha
13-06-2020, 06:46
Es kommt manchmal vor, dass Leute den Kampf darum, gewisse Dinge als normal in der Gesellschaft zu verankern, als übertrieben sehen.

Jetzt muss man neben weiblich und männlich auch noch divers stehen haben.
Jetzt muss man auch noch über die Symbole an der Klotür diskutieren.
Und Dinge, die einen stören, kann man ja einfach umgehen.
Wenn ich nicht weiß, in welchen Umkleideraum ich gehen darf, dann kann ich mich ja vorher/nachher zuhause umziehen. Wo ist das Problem?
Ich zeige mich auch nicht gerne nackt vor fremden bzw. sehe nicht gerne Fremde nackt. Da brauch ich auch keine Extra-Lösung sondern finde meine persönliche Lösung.
Was ist dabei, muss man für alles eine offizielle Lösung fordern?
Muss man so eine Welle machen?

Man vergisst, dass diese Extra-Lösung für mich als „normale“ (vermutlich müsste ich hier cis sagen?) eine ganz andere Bedeutung hat.

Ich bzw mein Geschlecht hat schon immer existiert und wurde wahrgenommen.
Wenn ich auf ein Männerklo gehe, weil das Frauenklo extrem voll ist, ist es meine Entscheidung garniert mit etwas frech/cool/mutig sein.

Das ist nicht das gleiche, wie auf ein Männerklo gehen zu müssen, weil es für mich kein anderes gibt, wohin ich gehen darf.
Mich zuhause umzuziehen, ist meine eigene Wahl, obwohl es eine Umkleide gibt, zu der ich eindeutig gehöre, ohne dass andere mich angucken oder auffordern, in die richtige zu gehen.

Und deshalb muss man erstmal vielleicht ins andere Extrem fallen, etwas radikaler sein, lästiger und fordernder.
Quasi von einem Extrem ins andere (zumindest gefühlt)
Gestern war mein Geschlecht nicht existent.
Heute fordere ich so viel, dass Frauen sich aufregen, dass man ihnen das Frau-Sein abspricht.
Und morgen können wir dann alle gleichwertig leben.

Ich find es lästig mit dem w/m/div
Ich fände es lästig, in meinem Unternehmen Türbeschriftungen anzupassen.
Vieles, wo ich einfach :rolleyes: denke.
Aber ja, dann bin ich halt nicht mehr einfach nur eine Frau, sondern ein CIS.
Na und?
Andere mussten ein Leben lang mit einer falschen Identität leben.
Dann verkrafte ich es auch, wenn die ollen Namen neu definiert werden.

Das ist für mich fast wie ein Negerkuss, der jetzt Schaumkuss heißt.
Na und? Wir wissen alle, was gemeint ist. Es beharren manche darauf, dass man das weiterhin ja noch sagt, weil es nicht böse gemeint ist und schon immer so war.
Aber Negerkuss tut manchen weh.
Schaumkuss keinem.

ganzblau
14-06-2020, 06:56
... Danke, Sabuha :bussi: Du lieferst mir mit deinen Ausführungen zum Schluss ein gutes Stichwort, bei dem ich mich mit "einhängen" kann.

WEIL es ein Exkurs ist, im Spoiler:

In der Schweiz tobt gerade der von dir zuletzt angesprochene Begrifsskrieg. Und zwar im Nachgang zum Mord an George Floyd bzw. im Nachgang zu den Solidaritätskundgebungen gegen Rassismus. Und ich meine genau die Negerkuss / Schaumkuss-Diskussion. Das Ding heisst in der deutschen Schweiz "Mohrenkopf" - und scheint so etwas wie eine heilige Kuh zu sein. Dazu der Tagesschau-Beitrag (https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/migros-und-der-mohrenkopf?id=1e99cbf4-5790-478a-82d5-7bb47cc43027) vom letzten Freitag, falls sich jemand weiter informieren will. Sage und schreibe 95% der Deutschschweizer sehen offenbar in der Bezeichnung nichts Anstössiges ... und verwiesen wird auf Ortsnahmen und vor allem Ortswappen, wo der "Mohr" nach wie vor seine Schuldigkeit tut.

Kurz und knapp: Der Inhaber der Schaumkuss-Fabrik "Dubler" hat zwar vor vielen Jahren dafür gesorgt, dass der Schattenriss eines klischierten Schwarzen von der Verpackung verschwand, aber er schwor auch, dass er an der Bezeichnung "Mohrenkopf" festhalten werde. Das ist der Grund, weswegen die Migros die Süssigkeit nun aus allen Filialen verbannt hat ... und das hat wiederum den Volkszorn entfacht. Auf die Argumente pro und kontra will ich gar nicht eingehen, weil das nur ein Abklatsch der in Deutschland geführten Diskussion ist - und ja, Sabuha hat schon alles gesagt.

Wie erkläre ich einem gestandenen Schweizer, dass der "Mohrenkopf" als Bezeichnung rassistisch ist - und rassistisch bleibt, auch wenn es doch nur "nett gemeint" ist :nixweiss: Und wieso fällt es einer Mehrheit von Menschen so schwer, über den Tellerrand zu blicken und wenigstens den Versuch zu unternehmen, die Sache aus Sicht eines Betroffenen anzuschauen? :nixweiss: Würde man das tun, dann wäre die Frage der Angemessenheit keine. Weil sich die Gleichgültigkeit vieler nun mal mit dem Leid des einzelnen gar nicht aufrechnen lässt.

Und was hat das alles mit dem hier angesprochenen Thema zu tun. Ich finde, ziemlich viel :ja:

Dass die Farbe der Hautoberfläche wenig bis nichts über die Person aussagt, die in der Hülle steckt, hat sich mittlerweile offenbar herumgesprochen. Dass man Menschen nicht mit imperialistisch vorbelasteten Begriffen wie eben "Neger" (oder: "Mohr" ) bezeichnen soll, ist auch weitgehend Konsens.

Offenbar ist es aber für die Leute etwas anderes, wenn eine harmlose Süssigkeit umbenannt werden soll ... und ich denke, das hat schlicht und einfach mit der Popularität des fraglichen Objekts zu tun: Wer People of Color kennt, wird sich kaum weigern, auf die Bedürfnisse dieser Personen einzugehen - und wer keine kennt, dem kann es egal sein, welche Bezeichnungen gerade angesagt sind. Die Süssigkeit aber kennen - und mögen - die meisten; ergo tut man sich schwer mit einem Namenswechsel um der political correctness willen. Und es zeigt sich wieder mal die alte Leier: Wenn im wesentlichen nur den direkt Betroffenen ein gesellschaftlicher Umschwung am Herzen liegt, dann dauert es.

Deshalb ist ja der jetzige globale Umschwung (der auch den "Mohrenkopf" mit sich reisst, genauso wie die Statuen alter Kolonialherren) so wichtig: Die Beschäftigung mit Rassismusthemen ist ENDLICH mehrheitsfähig!

Das aber ist die Beschäftigung mit anderen als binären Geschlechtsidentitäten noch lange nicht. Und deshalb diskutieren wir hier gerade so kontrovers.

Für J.K. Rowling ist klar und nicht hinterfragbar, dass das biologische Geschlecht eine für uns alle unumstössliche Realität darstellt. Und dass deshalb menstruierende Personen als Frauen zu identifieren - und zu bezeichnen sind. Dracena sagt, dass sie in einem safe space, der für das weibliche Geschlecht reserviert ist, niemanden "mit Penis" sehen will.

Ich dachte ja zunächst auch, dass es hier um einen ähnlich unwichtigen Aufriss geht, wie ihn 95% der Deutschschweizer mit Blick auf den in Ungnade gefallen "Mohrenkopf" erkennen. Aber mittlerweile denke ich anders.

Was, wenn die Trans-Person "mit Penis", die sich als Frau sieht, aufgrund der gesellschaftlichen Zuschreibung als "Mann" dem genau gleichen Leidensdruck ausgesetzt ist wie der als Frau geborene Cis-Mensch, der vor einer gewalttätigen Beziehung flieht? Dann haben beide einen Raum der Schonung verdient und sollten sich um diesen nicht kloppen müssen. Genausowenig wie um die Bezeichnung "Frau".

In einer traditionell patriarchalischen Weltordnung sind ALLE diskriminiert, die sich den festen Gender-Zuordnungen und Rollenvorstellungen entziehen möchten. Bis hin zum Punkt, wo es lebensgefährlich wird. Sei es, weil andere einen nicht leben lassen möchten, wie man es gerne tun würde. Sei es, weil Lebensräume aktiv ... etwa durch Gewalt ... beschnitten werden. Wo die Gewalt anfängt und wo sie aufhört: Das sollte nicht der Massstab werden, um Leidensdruck zu definieren. Weil das Mehrheiten grundsätzlich anders sehen als Minderheiten. Und NICHT, weil es unmöglich sein sollte, sich ohne bestimmte, geteilte Erfahrungen (... wie zum Beispiel monatliche Blutungen) nicht trotzdem vollumfänglich einigen zu können.

Eigentlich ganz einfach.

tanakin
14-06-2020, 09:15
Ernstgemeinte frage bzgl „schutzräume“...

Damen, die zu fortgeschrittener stunde das herrenklo mitbenutzen sind ja nun nahezu „normal“, und ein „hier ist das männerklo,.“ wird gerne mit einem flapsigen „stell dich nicht so an, ich schau dir schon nix weg!“ abgebügelt...

Wieso „darf“ da der mann nicht auf SEINEM schutzraum bestehen? Oder, überspitzt gesagt: warum darf ich nicht vice versa die damentoilette mit dem gleichen argument aufsuchen?

Oder, diese diskussion hatte ich auch schonmal, wieso „darf“ ein mann Nicht auf dem frauenparkplatz parken? Weil männer niemals angst haben? Weil sich rein geschlechtsspezifisch männer automatisch jedem angriff erwehren können?

Ich selber finde parkraum für ängstliche personen eine hervorragende idee, aber unterm strich ist doch das beharren auf reinen „frauen“parkplätzen eigentlich auch sexismus? Und das mitbenutzen des herrenklos ohne akzeptanz eines „gegenbesuches“ doch ebenso?

Kukie
14-06-2020, 09:29
@ganzblau

zum Thema Mohrenkopf und auch Mohrenapotheke hätte ich auch eine Anmerkung. Ich komme aus Bayern, wo die Bezeichnung Mohr auch gerade bei Aptheken und manchem auch Wirtschaften schon vorkommt, sowie auch der Mohrenkopf und kein Negerkuss. Die Bezeichnung Mohr ist bei vielen Bezeichnungen nicht mit Neger gleichzusetzen, sondern kommt vom Heiligen Mauritius, einem römischen, immer als Schwarzen dargestellten Heerführer, der aus Afrika stammte. Mauritius wiederum stammt wahrscheinlich vom ich glaube griechischen Wort Morus, was schwarz bedeutet. Die Benennung hatte also oft mehr mit Verehrung zu tun, als mit Diskriminierung. Das gilt zum Beispiel auch für die Stadt Coburg, die einen Mohrenkopf im Wappen führt, da der heilige Mauritius der Stadtheilige ist. Die Benennung der Apotheken hat zum Beispiel, neben dem heiligen Mauritius auch damit zu tun, das die Mauren eine viel weiter entwickelte Medizin nach Europa brachten und damit identifiziert wurden. Sorry für den kleinen Exkurs, aber die Bezeichnung Mohr ist meiner Meinung nach etwas differenzierter als Neger.
Das heisst nicht, das sie nicht kritisch betrachtet werden muss, aber ich finde die Hintergründe sind auch wichtig.

Manchmal um zu verstehen, warum sich manche Mohrenapotheke nicht umbenennen will.

Kukie
14-06-2020, 09:34
Ernstgemeinte frage bzgl „schutzräume“...

Damen, die zu fortgeschrittener stunde das herrenklo mitbenutzen sind ja nun nahezu „normal“, und ein „hier ist das männerklo,.“ wird gerne mit einem flapsigen „stell dich nicht so an, ich schau dir schon nix weg!“ abgebügelt...

Wieso „darf“ da der mann nicht auf SEINEM schutzraum bestehen? Oder, überspitzt gesagt: warum darf ich nicht vice versa die damentoilette mit dem gleichen argument aufsuchen?

Oder, diese diskussion hatte ich auch schonmal, wieso „darf“ ein mann Nicht auf dem frauenparkplatz parken? Weil männer niemals angst haben? Weil sich rein geschlechtsspezifisch männer automatisch jedem angriff erwehren können?

Ich selber finde parkraum für ängstliche personen eine hervorragende idee, aber unterm strich ist doch das beharren auf reinen „frauen“parkplätzen eigentlich auch sexismus? Und das mitbenutzen des herrenklos ohne akzeptanz eines „gegenbesuches“ doch ebenso?

Dies hat denke ich ganz viel mit Gewalt gegen Frauen zu tun. Nicht weil Männer niemals Angst haben. Sondern weil Gewalt einfach in den meisten Fällen von Männern ausgeübt wird.

tanakin
14-06-2020, 09:43
Ohne frage, aber gewalt von männern an männern findet ebenfalls statt?

Kukie
14-06-2020, 09:53
Ohne frage, aber gewalt von männern an männern findet ebenfalls statt?

Das ist unbestreitbar. Aber eine Lösung die allen gerecht wird, dazu fehlt mir auch jegliche Idee.

Jaspis
14-06-2020, 10:50
Da dieses Thema schon von der Begrifflichkeit her sehr komplex ist, habe ich im Eröffnungsposting weitere Informationsquellen verlinkt.

Heloise
14-06-2020, 11:18
Ernstgemeinte frage bzgl „schutzräume“...

Damen, die zu fortgeschrittener stunde das herrenklo mitbenutzen sind ja nun nahezu „normal“, und ein „hier ist das männerklo,.“ wird gerne mit einem flapsigen „stell dich nicht so an, ich schau dir schon nix weg!“ abgebügelt...

Wieso „darf“ da der mann nicht auf SEINEM schutzraum bestehen? Oder, überspitzt gesagt: warum darf ich nicht vice versa die damentoilette mit dem gleichen argument aufsuchen?

Oder, diese diskussion hatte ich auch schonmal, wieso „darf“ ein mann Nicht auf dem frauenparkplatz parken? Weil männer niemals angst haben? Weil sich rein geschlechtsspezifisch männer automatisch jedem angriff erwehren können?

Ich selber finde parkraum für ängstliche personen eine hervorragende idee, aber unterm strich ist doch das beharren auf reinen „frauen“parkplätzen eigentlich auch sexismus? Und das mitbenutzen des herrenklos ohne akzeptanz eines „gegenbesuches“ doch ebenso?Also bezüglich der Klonutzung "zu fortgeschrittener Stunde" geb ich dir Recht.

Aber das Parkplätze, gerade nachts, möglichst noch schlecht ausgeleuchtet, eher für Frauen eine Gefahr darstellen, sollte doch außer Frage stehen. Ich betrachte mich nicht als ängstlich, aber z. B. Autobahnraststätten zu später Stunde verursachen mir ein ungutes Gefühl, und ich nutze sie wirklich nur im äußersten Notfall. Einen einfachen Parkplatz würde ich da gar nicht ansteuern.

Aber ja, vllt. sollte man sie umbenennen in "Parkplätze für Menschen, die häufiger Opfer (sexueller) Gewalt werden", denn das es nicht nur Frauen betrifft, darum geht es ja auch eigentlich in diesem Thread.

Mr. Gordo
14-06-2020, 13:21
Das Parkplatz-Argument ist eigentlich gar nicht schlecht, um die Tiefe dieser Diskussion zu verdeutlichen und weswegen die Standpunkte so unterschiedlich sind.

Wenn Rowling von der Angst vor dem Predatoren spricht, der in Frauenkleidern getarnt in ihren Schutzraum eindringen könnte, dann gehört sie mit diesen Ängsten vielleicht auch einer Minderheit an, genau wie der Mann, der gerne den sicheren Parkplatz für Männer hätte, sei es, weil er einmal schwer verprügelt wurde oder gar ebenfalls sexuelle Gewalt erfahren hat. Ja, damit ist er ebenfalls in der Minderheit mit seiner Angst, aber sie ist letztendlich für diese Person ebenso real, wie für eine (in der Mehrheit) geängstigte Frau.

Eine Lösung gibt es nicht. Man kann nur versuchen, es am Ende des Tages für so viele Menschen so angenehm wie möglich zu machen, sollte aber auch nicht vergessen, dass auch auf diese Weise Menschen mit ihren Ängsten auf der Strecke bleiben werden.

Ohne dabei tatsächlich vom Herzen her rassistisch oder transphob zu sein.

titaniafee
14-06-2020, 13:50
Ernstgemeinte frage bzgl „schutzräume“...

Damen, die zu fortgeschrittener stunde das herrenklo mitbenutzen sind ja nun nahezu „normal“, und ein „hier ist das männerklo,.“ wird gerne mit einem flapsigen „stell dich nicht so an, ich schau dir schon nix weg!“ abgebügelt...

Wieso „darf“ da der mann nicht auf SEINEM schutzraum bestehen? Oder, überspitzt gesagt: warum darf ich nicht vice versa die damentoilette mit dem gleichen argument aufsuchen?

Oder, diese diskussion hatte ich auch schonmal, wieso „darf“ ein mann Nicht auf dem frauenparkplatz parken? Weil männer niemals angst haben? Weil sich rein geschlechtsspezifisch männer automatisch jedem angriff erwehren können?

Ich selber finde parkraum für ängstliche personen eine hervorragende idee, aber unterm strich ist doch das beharren auf reinen „frauen“parkplätzen eigentlich auch sexismus? Und das mitbenutzen des herrenklos ohne akzeptanz eines „gegenbesuches“ doch ebenso?
Die Wahrscheinlichkeit als erwachsener Mann vergewaltigt zu werden in dunklen Ecken ist ungleich geringer als die für eine Frau.
Noch dazu von einer Frau. Insofern: Wenn also alle Männer auf Frauenparkplätzen parken, ist den ängstlichen Männern eben auch nicht geholfen. Außerdem parken ständig Männer auf Frauenparkpätzen. Das ist einfach die Realität, weil es überhaupt keine rechtlichen Folgen hat. (Es parken ja auch genug Leute die Behindi-Plätze zu und da kann es Folgen haben).

titaniafee
14-06-2020, 13:55
... Danke, Sabuha :bussi: Du lieferst mir mit deinen Ausführungen zum Schluss ein gutes Stichwort, bei dem ich mich mit "einhängen" kann.

WEIL es ein Exkurs ist, im Spoiler:

In der Schweiz tobt gerade der von dir zuletzt angesprochene Begrifsskrieg. Und zwar im Nachgang zum Mord an George Floyd bzw. im Nachgang zu den Solidaritätskundgebungen gegen Rassismus. Und ich meine genau die Negerkuss / Schaumkuss-Diskussion. Das Ding heisst in der deutschen Schweiz "Mohrenkopf" - und scheint so etwas wie eine heilige Kuh zu sein. Dazu der Tagesschau-Beitrag (https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/migros-und-der-mohrenkopf?id=1e99cbf4-5790-478a-82d5-7bb47cc43027) vom letzten Freitag, falls sich jemand weiter informieren will. Sage und schreibe 95% der Deutschschweizer sehen offenbar in der Bezeichnung nichts Anstössiges ... und verwiesen wird auf Ortsnahmen und vor allem Ortswappen, wo der "Mohr" nach wie vor seine Schuldigkeit tut.

Kurz und knapp: Der Inhaber der Schaumkuss-Fabrik "Dubler" hat zwar vor vielen Jahren dafür gesorgt, dass der Schattenriss eines klischierten Schwarzen von der Verpackung verschwand, aber er schwor auch, dass er an der Bezeichnung "Mohrenkopf" festhalten werde. Das ist der Grund, weswegen die Migros die Süssigkeit nun aus allen Filialen verbannt hat ... und das hat wiederum den Volkszorn entfacht. Auf die Argumente pro und kontra will ich gar nicht eingehen, weil das nur ein Abklatsch der in Deutschland geführten Diskussion ist - und ja, Sabuha hat schon alles gesagt.

Wie erkläre ich einem gestandenen Schweizer, dass der "Mohrenkopf" als Bezeichnung rassistisch ist - und rassistisch bleibt, auch wenn es doch nur "nett gemeint" ist :nixweiss: Und wieso fällt es einer Mehrheit von Menschen so schwer, über den Tellerrand zu blicken und wenigstens den Versuch zu unternehmen, die Sache aus Sicht eines Betroffenen anzuschauen? :nixweiss: Würde man das tun, dann wäre die Frage der Angemessenheit keine. Weil sich die Gleichgültigkeit vieler nun mal mit dem Leid des einzelnen gar nicht aufrechnen lässt.

Und was hat das alles mit dem hier angesprochenen Thema zu tun. Ich finde, ziemlich viel :ja:

Dass die Farbe der Hautoberfläche wenig bis nichts über die Person aussagt, die in der Hülle steckt, hat sich mittlerweile offenbar herumgesprochen. Dass man Menschen nicht mit imperialistisch vorbelasteten Begriffen wie eben "Neger" (oder: "Mohr" ) bezeichnen soll, ist auch weitgehend Konsens.

Offenbar ist es aber für die Leute etwas anderes, wenn eine harmlose Süssigkeit umbenannt werden soll ... und ich denke, das hat schlicht und einfach mit der Popularität des fraglichen Objekts zu tun: Wer People of Color kennt, wird sich kaum weigern, auf die Bedürfnisse dieser Personen einzugehen - und wer keine kennt, dem kann es egal sein, welche Bezeichnungen gerade angesagt sind. Die Süssigkeit aber kennen - und mögen - die meisten; ergo tut man sich schwer mit einem Namenswechsel um der political correctness willen. Und es zeigt sich wieder mal die alte Leier: Wenn im wesentlichen nur den direkt Betroffenen ein gesellschaftlicher Umschwung am Herzen liegt, dann dauert es.

Deshalb ist ja der jetzige globale Umschwung (der auch den "Mohrenkopf" mit sich reisst, genauso wie die Statuen alter Kolonialherren) so wichtig: Die Beschäftigung mit Rassismusthemen ist ENDLICH mehrheitsfähig!

Das aber ist die Beschäftigung mit anderen als binären Geschlechtsidentitäten noch lange nicht. Und deshalb diskutieren wir hier gerade so kontrovers.

Für J.K. Rowling ist klar und nicht hinterfragbar, dass das biologische Geschlecht eine für uns alle unumstössliche Realität darstellt. Und dass deshalb menstruierende Personen als Frauen zu identifieren - und zu bezeichnen sind. Dracena sagt, dass sie in einem safe space, der für das weibliche Geschlecht reserviert ist, niemanden "mit Penis" sehen will.

Ich dachte ja zunächst auch, dass es hier um einen ähnlich unwichtigen Aufriss geht, wie ihn 95% der Deutschschweizer mit Blick auf den in Ungnade gefallen "Mohrenkopf" erkennen. Aber mittlerweile denke ich anders.

Was, wenn die Trans-Person "mit Penis", die sich als Frau sieht, aufgrund der gesellschaftlichen Zuschreibung als "Mann" dem genau gleichen Leidensdruck ausgesetzt ist wie der als Frau geborene Cis-Mensch, der vor einer gewalttätigen Beziehung flieht? Dann haben beide einen Raum der Schonung verdient und sollten sich um diesen nicht kloppen müssen. Genausowenig wie um die Bezeichnung "Frau".

In einer traditionell patriarchalischen Weltordnung sind ALLE diskriminiert, die sich den festen Gender-Zuordnungen und Rollenvorstellungen entziehen möchten. Bis hin zum Punkt, wo es lebensgefährlich wird. Sei es, weil andere einen nicht leben lassen möchten, wie man es gerne tun würde. Sei es, weil Lebensräume aktiv ... etwa durch Gewalt ... beschnitten werden. Wo die Gewalt anfängt und wo sie aufhört: Das sollte nicht der Massstab werden, um Leidensdruck zu definieren. Weil das Mehrheiten grundsätzlich anders sehen als Minderheiten. Und NICHT, weil es unmöglich sein sollte, sich ohne bestimmte, geteilte Erfahrungen (... wie zum Beispiel monatliche Blutungen) nicht trotzdem vollumfänglich einigen zu können.

Eigentlich ganz einfach.
:d:


@ganzblau

zum Thema Mohrenkopf und auch Mohrenapotheke hätte ich auch eine Anmerkung. Ich komme aus Bayern, wo die Bezeichnung Mohr auch gerade bei Aptheken und manchem auch Wirtschaften schon vorkommt, sowie auch der Mohrenkopf und kein Negerkuss. Die Bezeichnung Mohr ist bei vielen Bezeichnungen nicht mit Neger gleichzusetzen, sondern kommt vom Heiligen Mauritius, einem römischen, immer als Schwarzen dargestellten Heerführer, der aus Afrika stammte. Mauritius wiederum stammt wahrscheinlich vom ich glaube griechischen Wort Morus, was schwarz bedeutet. Die Benennung hatte also oft mehr mit Verehrung zu tun, als mit Diskriminierung. Das gilt zum Beispiel auch für die Stadt Coburg, die einen Mohrenkopf im Wappen führt, da der heilige Mauritius der Stadtheilige ist. Die Benennung der Apotheken hat zum Beispiel, neben dem heiligen Mauritius auch damit zu tun, das die Mauren eine viel weiter entwickelte Medizin nach Europa brachten und damit identifiziert wurden. Sorry für den kleinen Exkurs, aber die Bezeichnung Mohr ist meiner Meinung nach etwas differenzierter als Neger.
Das heisst nicht, das sie nicht kritisch betrachtet werden muss, aber ich finde die Hintergründe sind auch wichtig.

Manchmal um zu verstehen, warum sich manche Mohrenapotheke nicht umbenennen will.
Um zu verstehen, warum das nicht so einfach ist: Der "Mohr" hatte lange Jahrhunderte nur die Funktion als Diener der weißen. Und genau deswegen ist Mohr als rassistisch zu verstehen.
Die Herleitung vom heiligen Mauritius ist immer das Feigenblatt der "ich-bin-doch-kein-rassist-aber"


Ohne frage, aber gewalt von männern an männern findet ebenfalls statt?
Es ist halt schwierig in einer Gruppe Gleicher den einen vor dem anderen zu schützen, wenn nicht alle Mitglieder der Gruppe per se dazu bereit sind.
Aber man kann immerhin versuchen andere Gruppen vor dieser einen Gruppierung zu schützen. Und genau das wird versucht mit beispielsweise Frauenparkplätzen.

tanakin
14-06-2020, 15:18
Die Wahrscheinlichkeit als erwachsener Mann vergewaltigt zu werden in dunklen Ecken ist ungleich geringer als die für eine Frau.
Noch dazu von einer Frau. Insofern: Wenn also alle Männer auf Frauenparkplätzen parken, ist den ängstlichen Männern eben auch nicht geholfen. Außerdem parken ständig Männer auf Frauenparkpätzen. Das ist einfach die Realität, weil es überhaupt keine rechtlichen Folgen hat. (Es parken ja auch genug Leute die Behindi-Plätze zu und da kann es Folgen haben).

Ich wage mal zu behaupten, dass nur ein verschwindend geringer teil der vergewaltigungen in dunklen parkplatznischen stattfindet. Die „begründung“ für extra ausgewiesene frauenplätze ist im Grunde geschlechtsneutral:

Sie sind besser ausgeleuchtet, die wege in die „öffentlichkeit“ sind kürzer, sie vermitteln schlicht ein gefühl der sicherheit! Gewalt ist nicht immer gleich vergewaltigung, aber ich möchte jetzt nicht den nebenkriegsschauplatz „gewalt durch frauen an männern“ aufmachen, obschon auch DIE stattfindet.

Geschlechtsneutral sollte man diese stellplätze eigentlich als sonderplätze oder halt „schutzräume“ titulieren! Wundert mich eigentlich eh, dass da nich nicht dran gerüttelt wurde, weil es ja „frauenparkplätze“ sind.

Marmelada
14-06-2020, 15:19
Es parken ja auch genug Leute die Behindi-Plätze zu ....

"Behindi-Plätze"?! Nicht Dein Ernst.

tanakin
14-06-2020, 15:21
:d:


Um zu verstehen, warum das nicht so einfach ist: Der "Mohr" hatte lange Jahrhunderte nur die Funktion als Diener der weißen. Und genau deswegen ist Mohr als rassistisch zu verstehen.
Die Herleitung vom heiligen Mauritius ist immer das Feigenblatt der "ich-bin-doch-kein-rassist-aber"


Es ist halt schwierig in einer Gruppe Gleicher den einen vor dem anderen zu schützen, wenn nicht alle Mitglieder der Gruppe per se dazu bereit sind.
Aber man kann immerhin versuchen andere Gruppen vor dieser einen Gruppierung zu schützen. Und genau das wird versucht mit beispielsweise Frauenparkplätzen.

Was ist im grunde genommen schwierig daran, einen menschen vor übergriffen/anfeindungen/whatever von anderen menschen zu schützen? Indem du die geschlechter in dieser sache dergestalt differenzierst, bist DU dann nicht einen deut besser und könntest ebensogut „mohr“ sagen!

Haters gonna hate, und wenn ich mich beleidigt fühlen WILL, dann passiert das auch schon, wenn man mich „mann“ nennt oder dich ne „frau“!

titaniafee
14-06-2020, 15:33
Was ist im grunde genommen schwierig daran, einen menschen vor übergriffen/anfeindungen/whatever von anderen menschen zu schützen? Indem du die geschlechter in dieser sache dergestalt differenzierst, bist DU dann nicht einen deut besser und könntest ebensogut „mohr“ sagen!

Haters gonna hate, und wenn ich mich beleidigt fühlen WILL, dann passiert das auch schon, wenn man mich „mann“ nennt oder dich ne „frau“!

Sorry, aber (Cis-)Männer als unterprivilegierte Gruppe hinzustellen, ist mehr als lächerlich.
Das klingt schon nach diesen albernen Maskulinisten.

Und natürlich gibt es Frauen die gewalttätig gegenüber Männern sind.
Allerdings habe ich noch von keinem Fall gehört, in dem ein (erwachsener - sonst könnte/dürfte er eh nicht selber mit dem Auto fahren) Mann alleine von einer Frau in einem Parkhaus überfallen wurde. Umgekehrt wird da schon eher ein Schuh drauf

Sara Sidle
14-06-2020, 15:40
Warum steigt eigentlich immer noch jemand auf die plumpen Provokationen von tanakin ein? Jedesmal, wenn es irgendwo um Frauenrechte geht, kommt er mit seinem unsäglichen Frauenparkplatzbeispiel. Ich kann's nicht mehr hören!

Ich habe bisher interessiert mitgelesen, aber jetzt macht es keinen Spaß mehr.

tanakin
14-06-2020, 15:47
Warum steigt eigentlich immer noch jemand auf die plumpen Provokationen von tanakin ein? Jedesmal, wenn es irgendwo um Frauenrechte geht, kommt er mit seinem unsäglichen Frauenparkplatzbeispiel. Ich kann's nicht mehr hören!

Ich habe bisher interessiert mitgelesen, aber jetzt macht es keinen Spaß mehr.

:rolleyes:
Zeigst du mir bitte meine provokationen auf, dann lösche ich sie gerne! Mir geht es im grunde „nur“ darum, dass keine extremen standpunkte eingenommen werden...! Wenn jede partei nur ein kleines bisschen entspannter an die sache rangeht, kommt man doch viel leichter zu einem konsens! Von vorneherein eine geschlechterkeule zu schwimgen verhärtet nur die fronten...

Kukie
14-06-2020, 17:09
@titaniafee

Das mag sein, das dies von gewissen Kreisen so verwendet wird. Jedoch bin ich gegen pauschalisierte Abkanzlungen. Denn es gibt Mohren seit Jahrhunderten in Gegenden, die zur damaligen Zeit sicher keinen Diener gesehen haben. Das ist etwas, das ich an solchen Diskussionen hasse. Es gibt nur mehr schwarz und weiss, aber keinerlei Graustufen mehr.

Zur vom Frauenparkplatz ausgelösten Diskussion. Ich habe nochmal ausführlich darüber nachgedacht. Das hat schon einen gewissen whataboutismus der vom eigentlichen Problem ablenkt. Die Grundsatzfrage ist doch eigentlich warum Männer überhaupt meinen Gewalt gegenüber Frauen und schwächeren Männern ausüben zu müssen. Ist es nicht so das wir eine Lösung für diesen Anteil der Männer und minimalen Anteil Frauen finden müssen? Die ihre vermeintliche Dominanz ausspielen und nutzen wollen, getrieben von Trieb und gesellschaftlichen Vorstellungen?

Ist es nicht eigentlich schlimm, das wir überhaupt Schutzräume wie Frauenparkplätze benötigen? Sollte es nicht möglich sein, alle Pissoirs abzuschrauben und Unisextoiletten zu benutzen ohne das es Angst vor Vergewaltigungen gibt? Das ist manchmal ein Irrsinn, der nicht in meinen Kopf will.

Heloise
14-06-2020, 17:10
:rolleyes:
Zeigst du mir bitte meine provokationen auf, dann lösche ich sie gerne! Mir geht es im grunde „nur“ darum, dass keine extremen standpunkte eingenommen werden...! Wenn jede partei nur ein kleines bisschen entspannter an die sache rangeht, kommt man doch viel leichter zu einem konsens! Von vorneherein eine geschlechterkeule zu schwimgen verhärtet nur die fronten...

Ich empfinde "es gibt auch Gewalt gegen Männer, also brauch es keine gesonderten Frauenparkplätze" schon als Provokation.

Sabuha
14-06-2020, 17:20
Ist es nicht eigentlich schlimm, das wir überhaupt Schutzräume wie Frauenparkplätze benötigen? Sollte es nicht möglich sein, alle Pissoirs abzuschrauben und Unisextoiletten zu benutzen ohne das es Angst vor Vergewaltigungen gibt? Das ist manchmal ein Irrsinn, der nicht in meinen Kopf will.

Ersteres ja.
Zweiteres: Getrennte Toiletten sind ja nicht aufgrund der Vergewaltigungsgefahr? Sondern weil die einen im Stehen pinkeln wollen/können und die anderen da nicht immer vorbeilaufen wollen.
Ich bin nicht scharf darauf, das Klo mit Männern zu teilen. Ich kann dann in Ruhe noch nachschminken, Schlüpper und Brüste ordentlich zurechtzuppeln usw :D


Ich dachte eher, hier in diesem Thread geht es eher darum, dass man informiert und diskutiert. Welche Möglichkeiten es gibt, mehr Toleranz und Verständnis in der Gesellschaft zu kriegen und selber mitzuwirken usw.

Dass Frauen im Parkhaus geschützter sind, toll.
Dass Männer das nicht habe - nicht toll.
Aber dann muss man nicht den Frauen den Parkplatz wegnehmen. Da muss man überlegen, wie man mehr Schutz für diese Männer kriegt.
Aber das ist auch keine Diskussion, die man HIER führen müsste, denke ich.

tanakin
14-06-2020, 17:24
Ich empfinde "es gibt auch Gewalt gegen Männer, also brauch es keine gesonderten Frauenparkplätze" schon als Provokation.

Das habe ich nicht geschrieben! Ich habe geschrieben, dass wir gesonderte parkplätze für vorbelastete/ängstliche/„bedürftige“ MENSCHEN bräuchten, unabhängig vom Geschlecht!
Ich habe geschrieben, dass auch bei männern die notwendigkeit für schutzräume bestehen kann, und dazu stehe ich auch... ich hoffe, dass du dich DAVON nicht provoziert fühlst, falls doch, tut es mir leid...

dedeli
14-06-2020, 18:09
Aber das ist auch keine Diskussion, die man HIER führen müsste, denke ich.

Genau so, aber leider scheint das ein zwanghafter Reflex mancher Männer zu sein, dass in jedem Thema, bei dem es mal nicht primär um Männer geht, trotzdem irgendwie das Thema auf Männer und deren Diskriminierung gelenkt werden muß. Passiert ja auch regelmäßig bei Themen wie "Gewalt gegen Frauen", da kann man kaum bis drei zählen, bis jemand wie Tanakin um die Ecke kommt mit "Aber Männer werden auch Opfer von Gewalt...". Analog weiße Menschen, die beim Thema #blacklivesmatter reflexhaft von irgendwelchen Diskriminierungen weißer Menschen reden, anstatt einfach mal das Anliegen von #blacklivesmatter ernstzunehmen und darüber nachzudenken.

Mich kotzt dieser Whataboutismus echt an. Denjenigen, die sowas bringen, geht es nicht darum, alle Seiten zu beleuchten oder um die Ausgeglichenheit der Meinungen. Denjenigen geht es schlicht und einfach darum, dass möglichst viel über sie und möglichst wenig über andere Themen gesprochen wird, insbesondere wenn sie ihre Privilegien von diesen bedroht sehen. Einfach indem man Diskussionen anzettelt, die mit dem eigentlich Anliegen nichts mehr zu tun haben. Auch eine Form von "Nicht ernstnehmen", "Im Keim ersticken", "Mundtot machen".

Die Beiträge von Tanakin sind ein Paradebeispiel dafür, wie man Diskussionen mit diesem Whataboutismus zerschießen kann.

Marmelada
14-06-2020, 18:22
Die Beiträge von Tanakin sind ein Paradebeispiel dafür, wie man Diskussionen mit diesem Whataboutismus zerschießen kann.

Wenn man sie sofort in eine vorbereitete Schublade packt, ja. Muss man aber nicht. Und man muss sie auch nicht pauschal aburteilen.

Dieses ist kein "Frauen"-Thread, sondern einer, in dem es um Geschlechtsidentitäten geht. Und die Idee eines Schutzes für besonders schutzbedürftige Menschen scheint mir in diesem Zusammenhang interessant zu sein.

Dass es auch Männer gibt, die Opfer von Gewalt werden, hätte man vor 10 Jahren gar nicht sagen können ohne ausgelacht zu werden. Inzwischen gibt es Beratungsstellen und Schutzräume.

Dass es mehr als zwei Geschlechter gibt, war vor 5 Jahren absurd, inzwischen ist es auch immer noch Brüller wert.

Ich fand an der Diskussion um Rowling (auch hier) schwierig, dass sofort wieder Schwarz-Weiß gemalt wurde. Sie konnte sagen, was sie wollte: Es landete sofort in der Schublade, die man schon vorher bereitgehalten hatte. Von Tweet zu Tweet mehr fand ich das anstrengend, wie sie zu erklären versuchte und doch immer wieder sofort verurteilt wurde.

Vielleicht wäre dieses Thema um sehr vielfältige Identitäten eine Möglichkeit, um auch vielfältige Beiträge zu ertragen ohne sofort draufzuhauen.

dedeli
14-06-2020, 18:38
Nein, es ist kein Frauenthread, es ist ein Thread, in dem es um "Trans-und-Cis-Geschlechteridentitäten-im-Fokus" geht. Und ich sehe das wie Sabuha, das ist nicht unbedingt der Platz für die Diskussion "Gewalt gegen Männer" oder warum Männer (die auch als Männer leben) nicht auf Frauenparkplätzen parken dürfen. Denn letztendlich führt das eben genau dazu, dass eben nicht mehr über "Trans-und-Cis-Geschlechteridentitäten-im-Fokus" diskutiert wird.

tanakin
14-06-2020, 18:39
Ich denke, ich werde euch hier mal alleine lassen, aber ein letztes statement sei bitte erlaubt:

„Beissreflexe“ gubt es definitiv in beiden lagern! ;)

Kukie
15-06-2020, 13:26
Passend zum Thema des Threads ist auch, das Trump vor zwei Tagen die von Obama eingeführte Regelung zum Schutz der Transmenschen vor Diskriminierung im Gesundsheitswesen zurückgenommen hat.

Damit kehrt das dortige Gesundheitswegen zur Interpretation des Wortes Geschlecht als männlich oder weiblich und wie von der Biologie bestimmt zurück. Das hat den Effekt das Ärzte und Versicherer nun Transmenschen die Versorgung verweigern können. Besonders pervers finde ich, das diese Entscheidung am Jahrestag des Pulse-Massakers von Orlando mitgeteilt wurde.

Hier noch ein Blogbeitrag zu Magdalen Berns, die auch in Einordnung von JKR's Aussagen eine Rolle spielte.

https://www.freitag.de/autoren/charlie-schulze/den-kopf-hinhalten

Eine wirklich interessante Persönlichkeit, auch wenn ich ihren Thesen und den Terfs allgemein kritisch gegenüber stehe.

Hier auch noch ein anderer Artikel in dem die Sicht der TERFs beleuchtet wird.

https://diestoerenfriedas.de/gender-ist-keine-identitaet-es-ist-ein-werkzeug-des-patriarchats-eine-feministische-sicht-auf-genderidentitaetspolitik/

Allen in allem ein Thema, an dem man sich vielfältig abarbeiten kann. Aber ich finde auch diese Sicht sollte nicht im Dunkel bleiben.

Lachsack
17-06-2020, 13:12
Ganz schön schwieriges Thema !

Generell finde ich es schade, dass sich nicht jeder einfach so kleiden, benehmen und leben kann wie er/sie/es möchte. (Zumindest nicht ohne Diskreminierung/blödde Sprüche/Naserümpfen oder gar Ausgrenzung)
Mir persönlich ist es vollkommen egal, ob jemand männlich, weiblich oder als was auch immer auftritt, so lange der Charakter stimmt.

Ich selbst wollte als weiblich geborenens Kind und Jugendliche immer ein Junge sein und sah auch so aus, mit kurzen Haaren, Fussball spielen, Baumklettern und Ähnlichem.
Ich habe meinen weiblichen Körper gehasst !
Ich hatte auch mehrheitlich männliche Freunde, die mich auch "als einen der ihren" akzeptiert haben (die jeweiligen Eltern hatten oft eher Probleme damit)
Hätte ich zwischen 4 und 13 Jahren selbst entscheiden dürfen, hätte ich mich sofort umoperieren lassen.

Irgendwann kam dann aber die Pubertät und die weiblichen Attribute liessen sich nicht mehr verleugnen. Ich bin heute als Erwachsene immer noch "burschikos" unterwegs und halte mich von allzu gestylten und mädchenhaften Frauen eher fern, aber ich habe mich ganz gut mit meiner Situation arrangiert und geniesse teilweise auch das Frausein.
Ich habe jetzt aber keine ernsthaften psychischen Probleme (was wohl aber auch einfach an meinem Naturell liegt), es ist halt, wie es ist.

Ich kann aber die Transgendergemeinde sehr gut verstehen und wahrscheinlich ist es in unsrer Gesellschaft einfach so, dass man leider nur mit Radikalismus Dinge verändern kann.
Von daher finde ich die momentanen Diskussionen sowohl in diesem Bereich als auch bezüglich Rassendiskreminierung sehr begrüßenswert.
Es geht ja im Grunde schon in der frühesten Erziehung los. Jungs bekommen den Ball/das Auto geschenkt, Mädchen die Puppe.
Was soll der Mist mit rosa/blau ?? Warum sollen Jungs keine Kleider anziehen ? Warum sollen Mädchen lange Haare haben ? Habt ihr Euch mal an Fasching einen Kindermaskenball angeschaut ? Mädchen sind zu 99% Prinzessin, Jungs Superhelden oder Ähhnliches. (und noch ein paar neutrale Kostüme wie Marienkäfer oder so) All das geben die Eltern vor. Da müsste sich meiner Meinung nach zuallererst mal was ändern !

Die Diskussion bezüglich Toiletten/Duschräumen ist aber nochmal was ganz Anderes, denn da wird dann halt auch die Freiheit der übrigen Nutzer eingeschränkt bzw. möglicherweise ein Unwohlsein verursacht. Wäre aber auch relativ einfach zu lösen mit Einzelkabinen.

Sicherlich wird es aber noch eine sehr sehr lange Zeit dauern, bis all das selbstverständlich geworden ist....

freddimaus
17-06-2020, 13:33
Ich habe hier öfters das Wort "Umwandlung" gelesen. Mir hat vor über zehn Jahren schon eine transsexuelle Frau gesagt, dass sie dieses Wort sehr stört. Und lieber das Wort "Angleichung" hören und lesen möchte, da ihr Körper ihrem Geschlecht angeglichen wird.

In der Agentur, in der ich arbeite, war ich Teil der Gruppe, die sich um genderneutrale Sprache für die Agentur und auch unsere Kunden gekümmert hat.
Im Zuge dessen haben wir uns mit einer intersexuellen Person getroffen, die sich auch in dem Bereich engagiert. Interessant fand ich in dem Zusammenhang, dass es auch in der Gruppe, in der die Person sich engagiert, Uneinigkeit bei dem Thema Gendersprache gibt.

Und leicht befremdlich fand ich folgendes: Wir haben sie (im Sinne von "die Person") gefragt, welches Pronomen sie (siehe vorherige Klammer) für sich nimmt. Sie nimmt für sich "es".
Weil es ja eher verächtlich ist, wenn man von "es" bei Personen spricht, war das für mich befrfemdlich.

Ihre Argumentation, dass sie nun einmal weder "er" noch "sie" ist und "es" an sich nicht negativ, habe ich dann auch verstanden.

Was "es" auch verletzt ist, dass jeden Abend in der Tagesschau "Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren" gesagt wird. Dadurch fühlt sie sich nicht angesprochen. Warum also nicht schlicht ein "Guten Abend"?

Das Thema Gender und Sprache finde ich alleine schon aus beruflicher Interesse wirklich sehr spannend. Glaube aber, dass es sehr, sehr lange dauern wird, da einen gemeinsamen Konsens zu finden.

ganzblau
05-09-2020, 19:59
In der FAZ haben Bernd Ahrbeck und Marion Felder einen Gastbeitrag veröffentlicht, der hohe Wellen wirft:

Das Thema Gender-Identität überfordert Kinder (https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/gastbeitrag-das-thema-gender-identitaet-ueberfordert-kinder-16934895.html)
Der ursprüngliche Titel wurde dabei nachträglich entschärft:
https://abload.de/img/faz-transgenderpropagbvjcx.jpg (https://abload.de/image.php?img=faz-transgenderpropagbvjcx.jpg)


Dazu der TheoBlog (kirchlich-reformatorische Perspektive, greift das Thema auf):
Die klassische Familie wird zum Ausnahmefall (https://theoblog.de/die-klassische-familie-wird-zum-ausnahmefall/35589/)

Und queer.de (Gegenposition):
FAZ erfindet "Transgenderpropaganda" in Kitas (https://www.queer.de/detail.php?article_id=36996)


Worum geht es? Der FAZ-Gastbeitrag bezeichnet inklusionspädagogische Materialien, die der Berliner Senat u.a. für Kitas anbietet, als heikel, weil sie Kinder verwirren könnten und, vor allem, das klassische heteronormative Familienbild untergraben würden. Als "hetzerisch" bezeichnen demgegenüber LGTBQ-Vertreter*innen den Artikel und sehen ihn in einer ganzen Reihe von FAZ-Beiträgen, die queere Vorbilder und Modelle verunglimpfen.

... Mich erinnert ja die Geschichte extrem an den Aufruhr an Schweizer Schulen vor fünf Jahren, als sogenannte "Sex-Koffer" für den Aufklärungsunterricht angeboten wurden (mit u.a. einer Plüschvagina und einem Holzpenis). Diese wurden von konservativen Kreisen als gefährliche Instrumente einer forcierten "Sexualisierung" bezeichnet und entsprechend heftig kritisiert.

Hier das Corpus Delicti von damals:
https://abload.de/img/vaginapenisonkgh.jpg (https://abload.de/image.php?img=vaginapenisonkgh.jpg)

Ein anderes Thema (Sexaufklärung statt Gender-Identität ), aber derselbe Streit um die Angemessenheit und Altersgerechtigkeit. Und, natürlich, um die Definitionsmacht in Sex- und Gender-Angelegenheiten.

Marmelada
05-09-2020, 20:50
Dazu der TheoBlog (kirchlich-reformatorische Perspektive, greift das Thema auf):
Die klassische Familie wird zum Ausnahmefall (https://theoblog.de/die-klassische-familie-wird-zum-ausnahmefall/35589/)


Das ist ein Blog aus der fundamentalistisch-evangelikalen Ecke. Nur zur Einordnung. Die sind mehr als konservativ und haben starke Tendenzen zu rechtsaußen.
Sie sind eine reaktionäre Minderheit, auch wenn das Ding äußerlich seriös daherkommt.

Deren Lieblings-Kampfthemen sind Abtreibung, Homosexualität und Gender. Alles vom Teufel!

ganzblau
05-09-2020, 20:53
Aha, ok. - danke. Also keine landeskirchliche o.ä. Perspektive :nein:
Stimmt: Das ist wichtig. Es ist dann auch nicht verwunderlich, wenn die auf den Wagen aufspringen :rolleyes:

Marmelada
05-09-2020, 21:00
Aha, ok. - danke. Also keine landeskirchliche o.ä. Perspektive :nein:

Nein, die offiziellen Seiten lesen sich völlig anders.

Kirche in Vielfalt denken (https://www.gender-ekd.de/)

Muse
14-11-2020, 14:26
Da ich in dem Thema nicht belesen bin, habe ich gesucht und bei Wikipedia gefunden, dass sich in Deutschland bisher nur wenige Menschen als "divers" ins Geburtsregister haben eintragen lassen. Aber das ist vielleicht ja nicht die oberste Priorität bei den Betroffenen.
Gibt es irgendwo Zahlen, wie viele Menschen in Deutschland sich als divers bezeichnen würden?

Ich arbeite in einer Uniklinik und in der Medizin gibt es neben männlich + weiblich auch die Rubrik "unbestimmt" zum Beispiel bei der Aufnahme in ein Krankenhaus. Nun gibt es ja teilweise sehr große geschlechtsspezifische Unterschiede, sei beim Abbau von Medikamenten oder bei der Schmerzverarbeitung u.v.m.. Ich selber arbeite im Labor und hier gibt für sehr viele Analysen geschlechtsspezifische Grenzwerte, z.B. beim Blutbid oder vielen Enzymen. Wir haben diskutiert welche Grenzwerte für "unbestimmt" sinnvoll und doch noch aussagekräftig sind, entsprechende Studien haben wir nicht gefunden.

Gibt es irgendwo Schätzungen, wie viele Menschen dies betrifft?

ganzblau
17-03-2021, 06:13
Ich denke, dass es schwierig ist, mit Statistiken zu arbeiten, wo die untersuchten Befindlichkeiten fliessend sind. Es geht ja letztlich darum, Geschlecht nicht binär, sondern als Spektrum zu verstehen. Wie will man so etwas messen :nixweiss:

Allerdings bin ich auch unwissend, wo solche Statistiken zu finden wären. Das Schweizerische Bundesamt für Statistik erhebt zum Beispiel keine Geschlechterzugehörigkeit bei Volksabstimmungen, aus Datenschutzgründen.


Aktuell geht im US-Staat Missouri das Plädoyer eines Vaters viral, der seine Tochter begleitet hat. (Es geht da um die Frage, wie mit dem Thema im Sportunterricht umzugehen ist.)

Emotionale Rede von Vater von Transgender-Tochter geht viral (https://www.tagesanzeiger.ch/emotionale-rede-von-vater-von-transgender-tochter-geht-viral-153694510060?utm_source=sfmc&utm_medium=email&utm_campaign=TA_ED_9_ENG_EM_NL_XX_DERMORGEN_XX_2021-03-17&utm_term=2021-03-16&utm_content=1143120&utm_id=f9074277-a234-489f-bb9d-3821002da845&utm_source=sfmc&utm_term=&utm_content=161371&utm_id=f9074277-a234-489f-bb9d-3821002da845&sfmc_activityid=db40a2f6-7e41-40d1-be89-cc1a66b07f11&utm_medium=email&utm_campaign=TA_ED_9_ENG_EM_NL_XX_DERMORGEN_XX_2021-03-17)

Marmelada
17-03-2021, 07:30
Aktuell geht im US-Staat Missouri das Plädoyer eines Vaters viral, der seine Tochter begleitet hat. (Es geht da um die Frage, wie mit dem Thema im Sportunterricht umzugehen ist.)

Emotionale Rede von Vater von Transgender-Tochter geht viral (https://www.tagesanzeiger.ch/emotionale-rede-von-vater-von-transgender-tochter-geht-viral-153694510060?utm_source=sfmc&utm_medium=email&utm_campaign=TA_ED_9_ENG_EM_NL_XX_DERMORGEN_XX_2021-03-17&utm_term=2021-03-16&utm_content=1143120&utm_id=f9074277-a234-489f-bb9d-3821002da845&utm_source=sfmc&utm_term=&utm_content=161371&utm_id=f9074277-a234-489f-bb9d-3821002da845&sfmc_activityid=db40a2f6-7e41-40d1-be89-cc1a66b07f11&utm_medium=email&utm_campaign=TA_ED_9_ENG_EM_NL_XX_DERMORGEN_XX_2021-03-17)

Sehr beeindruckend und berührend.

Marmelada
17-03-2021, 09:25
LittleAlly hatte das im PLT gepostet:

Elliot Page ist auf dem Time-Cover, als erster Transman:

https://s18.directupload.net/images/210317/58suvyy2.jpg

Quelle (https://www.nzz.ch/panorama/elliot-page-als-erster-trans-mann-auf-dem-cover-des-time-magazine-ld.1606976)

Das ist für mich nach wie vor sehr beeindruckend. Der Schritt, mir die Brüste amputieren zu lassen, wäre für mich ein absoluter Alptraum. Und es wäre ein riesiger Einschnitt in meine Identität.

Wie belastend muss es sein, wenn man es genau umgekehrt empfindet und das Gefühl hat, dass sie einfach nicht zu einem selbst, zur eigenen Identität dazu gehören, dass sie unerwünschte Fremdkörper sind.

vergas
17-03-2021, 13:49
LittleAlly hatte das im PLT gepostet:

Elliot Page ist auf dem Time-Cover, als erster Transman:

Quelle (https://www.nzz.ch/panorama/elliot-page-als-erster-trans-mann-auf-dem-cover-des-time-magazine-ld.1606976)

Das ist für mich nach wie vor sehr beeindruckend. Der Schritt, mir die Brüste amputieren zu lassen, wäre für mich ein absoluter Alptraum. Und es wäre ein riesiger Einschnitt in meine Identität.

Wie belastend muss es sein, wenn man es genau umgekehrt empfindet und das Gefühl hat, dass sie einfach nicht zu einem selbst, zur eigenen Identität dazu gehören, dass sie unerwünschte Fremdkörper sind.
,
Ich weiß nicht, ob er vorher schon so war oder ob das geschickt fotografiert oder schon operiert ist, aber vom Körperbau (Hüfte, Beine) wirkt er nicht weiblich. Das Gesicht ist immer noch feminin bzw. androgyn. Aber er sieht nicht schlecht aus.


Zu der Rede des Vaters, ein Posting vorher:
Was die Teilnahme an Sportveranstaltungen betrifft, bin ich zwiegespalten. Bleibt da nicht kräftemäßig ein Vorteil für Transfrauen?

Marmelada
17-03-2021, 14:42
Ich weiß nicht, ob er vorher schon so war oder ob das geschickt fotografiert oder schon operiert ist, aber vom Körperbau (Hüfte, Beine) wirkt er nicht weiblich. Das Gesicht ist immer noch feminin bzw. androgyn. Aber er sieht nicht schlecht aus.


In einem Instagram-Post oder auf Facebook hatte er geschrieben, dass ihm die Brüste amputiert worden sind.

Claudia
28-07-2021, 12:44
Ein Artikel zum Gesetzentwurf für das Selbstbestimmungsgesetz, der im Mai abgelehnt wurde.

https://www.sueddeutsche.de/kultur/selbstbestimmungsgesetz-trans-bundestag-gesetzentwurf-1.5301369

ganzblau
29-07-2021, 09:35
Ein paar Links, zum Nachlesen:

Proportion of people identified as transgender and non-binary gender in Brazil (https://www.nature.com/articles/s41598-021-81411-4)

Varianten der Geschlechtsentwicklung: Consensus-Papier der medizinischen Universität Wien (https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detailseite/2018/news-im-juni-2018/varianten-der-geschlechtsentwicklung-consensus-papier-regelt-medizinische-behandlung-von-betroffenen-kindern-und-jugendlichen/)

Ich will hier keine can of worms öffnen, sondern bloss darauf hinweisen, dass die Festlegung von Geschlecht als "klar männlich" oder "klar weiblich" nicht für alle Zeiten gegeben ist. Immerhin hat die Medizin heute differenzierte Mittel, um Menschen als binär oder nonbinär zu bezeichnen ... und im letzteren Fall abzuklären, ob eine Fehlentwicklung vorliegt, die es zu behandeln gibt, oder eine Entwicklung, die man an die betroffenen Personen überantworten kann bzw. soll.

Marmelada
29-07-2021, 09:40
Es gab im Tagesspiegel vor einigen Jahren auch einen Artikel eines Biologie-Professors dazu:

Gender in der Biologie Es gibt mehr als zwei Geschlechter

Nur „weiblich“ und „männlich“ ist zu wenig. Es gibt mehr als zwei Geschlechter. In der Biologie ist das inzwischen anerkannt. (https://www.tagesspiegel.de/wissen/gender-in-der-biologie-es-gibt-mehr-als-zwei-geschlechter/13386730.html)

tantes
29-07-2021, 12:39
Es gab im Tagesspiegel vor einigen Jahren auch einen Artikel eines Biologie-Professors dazu:

Gender in der Biologie Es gibt mehr als zwei Geschlechter

Nur „weiblich“ und „männlich“ ist zu wenig. Es gibt mehr als zwei Geschlechter. In der Biologie ist das inzwischen anerkannt. (https://www.tagesspiegel.de/wissen/gender-in-der-biologie-es-gibt-mehr-als-zwei-geschlechter/13386730.html)

Siehe Schnecken. Vor vielen Jahren schon im Bio-Unterricht gelernt.

Martha Quadrata
31-07-2021, 08:04
LittleAlly hatte das im PLT gepostet:

Elliot Page ist auf dem Time-Cover, als erster Transman:

https://s18.directupload.net/images/210317/58suvyy2.jpg

Quelle (https://www.nzz.ch/panorama/elliot-page-als-erster-trans-mann-auf-dem-cover-des-time-magazine-ld.1606976)

Das ist für mich nach wie vor sehr beeindruckend. Der Schritt, mir die Brüste amputieren zu lassen, wäre für mich ein absoluter Alptraum. Und es wäre ein riesiger Einschnitt in meine Identität.

Wie belastend muss es sein, wenn man es genau umgekehrt empfindet und das Gefühl hat, dass sie einfach nicht zu einem selbst, zur eigenen Identität dazu gehören, dass sie unerwünschte Fremdkörper sind.

Mein Kind ist Transgender.
Mit 14 bekam er die Hormonblocker, die normalerweise ein Jahr lang verabreicht werden, was u.a. auch dazu dienen soll, daß die Kinder/ Jugendlichen ausreichend Zeit haben, sich ihrer Entscheidungen sicher zu sein.
Bei meinem Sohn - dem bei Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde - war es aber sehr deutlich, so daß er bereits nach einem halben Jahr schon die Testosteron-Spritzen bekam. Und glücklich war.
Das ganze Prozedere geht nur mit halbjährlichen Psychologen- und halbjährlichen Endokrinologen-Terminen. Nur von denen bekommt man dann auch die Rezepte für das Testo.
Für die Personenstandsänderung (Namensänderung in Geburtsurkunden & Co) braucht es dann zwei psychologische Gutachten - einen darf man sich selber aussuchen, einer wird gestellt.
Diese reicht man dann mit dem Antrag auf Personenstandsänderung bei Gericht ein und bekommt dann eine Vorladung, die natürlich keine gerichtliche Verhandlung beinhaltet, sondern lediglich ein persönliches Gespräch mit einem Richter, der dann am Ende der Änderung zustimmt oder eben nicht. Also zittern bis zum Schluß. Aber wir bzw. unser Kind hatte Glück - sowohl die Psychologen waren vom Fach als auch der Richter.
Mit 16 war dann der größte Wunsch eine Mastektomie (Brustentfernung) - für uns Eltern, die das aufgrund des Alters entscheiden mussten, eine sehr schwere Situation!
Schlußendlich war uns aber klar, daß wir unser Kind auch dabei unterstützen und begleiten.
Mittlerweile ist er 19, bezeichnet sich als Non binary (Nicht binär) - Google & Co erklären das alles wunderbar -, hat das Testo abgesetzt, schon einige Male seine Periode bekommen und bereut nichts, auch nicht die Brustentfernung, im Gegenteil: seine größte Sorge ist oder war, daß diese nach Absetzen des Testo wieder wachsen könnten, auch wenn die Ärzte natürlich erklärt haben, daß das unwahrscheinlich sei, da ja die Brustdrüsen und das Brustgewebe vollständig entfernt wurden.
An eine geschlechtsangleichende OP hat er nie gedacht - worüber ich froh bin, weil es wirklich sehr schwere OP sind - und er ist sehr glücklich, daß sich auch die Sprache zumindest in einigen Bereichen geschlechtergerecht anpasst.

Im Herbst 2019 habe ich mir aufgrund meiner genetischen Krebserkrankung meine Brüste zwar nicht abnehmen, aber "aushöhlen" und mit Implantaten füllen lassen, bin damit nur semi zufrieden und kann mir gut vorstellen, auch ohne zu leben. Es gibt soviel Wichtigeres.

Liebe Grüße.

ganzblau
31-07-2021, 09:09
Vielen Dank. Das finde ich wunderbar: Wie ihr euren Sohn unterstützt habt. Und wie du das erzählst, aus der Sicht der Eltern :knuddel:

(Zur Frage deiner Brüste kriegst du eine PN von mir.)

Martha Quadrata
31-07-2021, 11:20
Nichts zu danken!
Naja, natürlich war es anfangs nicht leicht für uns, allerdings kam das Thema auch nicht aus dem Nichts, es gab einige Vorzeichen bzw. schon Situationen, wir konnten nur nicht ganz so schnell agieren, wie wir gewollt hätten, da mich die Ernsthaftigkeit der Thematik dann mitten in meiner Chemozeit erwischte.
Schlußendlich hatten wir ja keine andere Wahl als unser Kind zu begleiten, da wir um die hohe Suizidrate in diesem Personenkreis wussten.
Toll und bewundernswert an unserem Kind fand ich, daß er für seinen neuen Namen den zweiten Silbenteil des alten Namens genommen hat, den wir zuvor bereits als neutrale Abkürzung benutzten. So mussten wir uns in unserer Ansprache an ihn nicht umgewöhnen, haben aber natürlich mit seinem vollständigen neuen Namen kein Problem. Momentan überlegt er, eine neue Personenstandsänderung vorzunehmen - es ist "Nicht Binären" eben doch wichtig, kein bestimmtes Geschlecht zu haben - und er bezieht uns freiwillig in die neue Namenswahl mit ein. :)

Auf Deine PN antworte ich später (ich hatte ja eigentlich keine Frage zu meinen Brüsten. :D ).

Felicious
31-07-2021, 12:32
Mein Kind ist Transgender.
Mit 14 bekam er die Hormonblocker, die normalerweise ein Jahr lang verabreicht werden, was u.a. auch dazu dienen soll, daß die Kinder/ Jugendlichen ausreichend Zeit haben, sich ihrer Entscheidungen sicher zu sein.
Bei meinem Sohn - dem bei Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde - war es aber sehr deutlich, so daß er bereits nach einem halben Jahr schon die Testosteron-Spritzen bekam. Und glücklich war.
Das ganze Prozedere geht nur mit halbjährlichen Psychologen- und halbjährlichen Endokrinologen-Terminen. Nur von denen bekommt man dann auch die Rezepte für das Testo.
Für die Personenstandsänderung (Namensänderung in Geburtsurkunden & Co) braucht es dann zwei psychologische Gutachten - einen darf man sich selber aussuchen, einer wird gestellt.
Diese reicht man dann mit dem Antrag auf Personenstandsänderung bei Gericht ein und bekommt dann eine Vorladung, die natürlich keine gerichtliche Verhandlung beinhaltet, sondern lediglich ein persönliches Gespräch mit einem Richter, der dann am Ende der Änderung zustimmt oder eben nicht. Also zittern bis zum Schluß. Aber wir bzw. unser Kind hatte Glück - sowohl die Psychologen waren vom Fach als auch der Richter.
Mit 16 war dann der größte Wunsch eine Mastektomie (Brustentfernung) - für uns Eltern, die das aufgrund des Alters entscheiden mussten, eine sehr schwere Situation!
Schlußendlich war uns aber klar, daß wir unser Kind auch dabei unterstützen und begleiten.
Mittlerweile ist er 19, bezeichnet sich als Non binary (Nicht binär) - Google & Co erklären das alles wunderbar -, hat das Testo abgesetzt, schon einige Male seine Periode bekommen und bereut nichts, auch nicht die Brustentfernung, im Gegenteil: seine größte Sorge ist oder war, daß diese nach Absetzen des Testo wieder wachsen könnten, auch wenn die Ärzte natürlich erklärt haben, daß das unwahrscheinlich sei, da ja die Brustdrüsen und das Brustgewebe vollständig entfernt wurden.
An eine geschlechtsangleichende OP hat er nie gedacht - worüber ich froh bin, weil es wirklich sehr schwere OP sind - und er ist sehr glücklich, daß sich auch die Sprache zumindest in einigen Bereichen geschlechtergerecht anpasst.

Im Herbst 2019 habe ich mir aufgrund meiner genetischen Krebserkrankung meine Brüste zwar nicht abnehmen, aber "aushöhlen" und mit Implantaten füllen lassen, bin damit nur semi zufrieden und kann mir gut vorstellen, auch ohne zu leben. Es gibt soviel Wichtigeres.

Liebe Grüße.

Danke für dein Posting. Das hat mich sehr berührt :d:

Martha Quadrata
31-07-2021, 13:39
Oh, das freut mich. Danke! :wub:

titaniafee
31-07-2021, 20:00
Oh, das freut mich. Danke! :wub:

Ich finde auch, dein Post klingt wunderbar entspannt deinem Sohn gegenüber.
Er ist dein Kind, egal wie er sein Geschlecht (er)lebt. :wub:

ganzblau
31-07-2021, 20:37
Auf Deine PN antworte ich später (ich hatte ja eigentlich keine Frage zu meinen Brüsten. :D ). Schtümmt :schäm:

Martha Quadrata
01-08-2021, 06:08
Ich finde auch, dein Post klingt wunderbar entspannt deinem Sohn gegenüber.
Er ist dein Kind, egal wie er sein Geschlecht (er)lebt. :wub:

Ja, das ist eine gute Beschreibung - entspannt. Das ist es wirklich. Natürlich gab es auch mal "prikäre" Situationen, etwa als der neue Perso noch nicht da war, aber die Schulfahrt nach England anstand und die Kinder ihre Ausweise in der Hand halten und beim Einstieg dem Busfahrer zeigen sollten - da war die Sorge groß, daß ein hinter ihm stehendes Kind den alten Namen hätte sehen können. Er hatte kurz vorher die Schule wegen Umzug gewechselt und wollte an der neuen Schule "bei Null" anfangen, sprich: überall als Junge starten und erstmal niemandem davon erzählen. Nachdem er aber verstanden hat, daß es zumindest einige Lehrpersonen geben muß, die davon wissen, fand dann nach einer kurzen Erklärung auch die Klassenlehrerin eine Lösung, in dem sie dann alle Ausweise einsammelte und beim Einsteigen der jeweiligen Kinder dem Busfahrer zeigte.
Insgesamt muß man eh mal erwähnen, daß es auf diesem Weg viele verständnisvolle Menschen braucht, die Eltern allein reichen da nicht. Hier - und vermutlich auch bei den meisten anderen Jugendlichen - waren das die Lehrer*innen und Psycholog*innen sowie natürlich auch beste Freund*innen.
Uns ist während dieser ganzen Begleitzeit aufgefallen, wie oft wir uns nach dem Geschlecht oder sexuellen Ausrichtung eines Menschen erkundigen - sei es direkt oder "hinten rum" und uns dann klar wurde, wie egal das eigentlich ist und vor allem: daß das niemanden überhaupt was angeht.

Mich wundert hier allerdings, warum dieses Thema unter "Promis, Yellow Press & Skurriles" steht - davon trifft ja einzig "Skurriles" zu und das wird der ganzen Thematik und vor allem den betroffenen Menschen sehr ungerecht.

ganzblau
01-08-2021, 06:11
Ich kümmere mich mal drum ;)

Martha Quadrata
01-08-2021, 06:12
Schtümmt :schäm:

Alles gut, Du hast mir ja trotzdem viel Interessantes geschrieben. Gib nur etwas Zeit dafür. :knuddel:

Martha Quadrata
01-08-2021, 06:16
Hab' nochmal nachgeschaut - es ging ja im EP um Promis, vielleicht deshalb. Hatte ich nicht mehr auf dem Schirm, weil ich schon wieder so im Thema drin war, also alles gut.

ganzblau
01-08-2021, 06:19
Naja, es hat mit Joanne Rowling angefangen. Aber das EP kann ich anpassen und einen Antrag auf Verlegung des Threads ins MTT stellen. Hier ist so etwas wie ein geschützter Raum. Dort ist dafür die Resonanz grösser.

Marmelada hat auch schon angemerkt, dass das Thema hier nicht wirklich hingehört.
Soll ich um Verschiebung bitten? Was meint ihr?


edit:
Beim Schwurbel-Thread ist gerade eine ähnliche Diskussion am Laufen. Weil es anfangs um Promis wie Xavier Naidoo ging - das Thema aber längst Tagesaktualität ist.

Martha Quadrata
01-08-2021, 06:22
:d:

dracena
01-08-2021, 07:43
Hab' nochmal nachgeschaut - es ging ja im EP um Promis, vielleicht deshalb. Hatte ich nicht mehr auf dem Schirm, weil ich schon wieder so im Thema drin war, also alles gut.

Wenn du möchtest, kann dieser Thread gerne in die Lounge.
Im MTT gibt es dazu Threads und ich fände es nicht so gut, wenn du bzw dein Sohn im MTT Thema wärt.

Martha Quadrata
01-08-2021, 07:53
Danke fürs Kümmern! Mir ist es im Grunde egal, ich bin hier ja auch schon im öffentlichen Bereich und ich kenne aufgrund Twitter & Co durchaus auch die teilweise sehr unschönen Äußerungen der Transgender-Thematik gegenüber.
Entscheidet ihr, ich bin da offen und mir bleibt es ja freigestellt, wieviel "Privates" ich preisgebe. Ich hatte mich ja zuerst nur an dem "Skurril" gestoßen und danach erst bemerkt, daß es im EP ja um Promis ging.

dracena
01-08-2021, 08:03
Wie gesagt, im MTT gibt es einen Thread, in dem das Thema trans auch diskutiert wird, Fokus ist aber ursprünglich ein anderer. Ich möchte diesen Thread dort nicht anhängen, auch weiß es hier grade um dein Kind geht und nicht um das allgemeine Thema.
Wenn du findest, in der Lounge oder im MGM besser aufgehoben zu sein, melde dich bei mir ;)

(ich glaube, dieser Thread ist im YPS, weil das Thema Trans nach den massiven Aggressionen von Transaktivisten gegen Rowling aus dem PLT ausgelagert wurde, wo es ursprünglich diskutiert wurde)

Martha Quadrata
01-08-2021, 13:44
Nein, alles gut so, wie es ist! :knuddel:

ganzblau
02-08-2021, 06:26
Für mich als Threaderstellerin auch :bussi:

Marauder
02-08-2021, 09:18
Mein Kind ist Transgender.
Mit 14 bekam er die Hormonblocker, die normalerweise ein Jahr lang verabreicht werden, was u.a. auch dazu dienen soll, daß die Kinder/ Jugendlichen ausreichend Zeit haben, sich ihrer Entscheidungen sicher zu sein.
Bei meinem Sohn - dem bei Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde - war es aber sehr deutlich, so daß er bereits nach einem halben Jahr schon die Testosteron-Spritzen bekam. Und glücklich war.
Das ganze Prozedere geht nur mit halbjährlichen Psychologen- und halbjährlichen Endokrinologen-Terminen. Nur von denen bekommt man dann auch die Rezepte für das Testo.
Für die Personenstandsänderung (Namensänderung in Geburtsurkunden & Co) braucht es dann zwei psychologische Gutachten - einen darf man sich selber aussuchen, einer wird gestellt.
Diese reicht man dann mit dem Antrag auf Personenstandsänderung bei Gericht ein und bekommt dann eine Vorladung, die natürlich keine gerichtliche Verhandlung beinhaltet, sondern lediglich ein persönliches Gespräch mit einem Richter, der dann am Ende der Änderung zustimmt oder eben nicht. Also zittern bis zum Schluß. Aber wir bzw. unser Kind hatte Glück - sowohl die Psychologen waren vom Fach als auch der Richter.
Mit 16 war dann der größte Wunsch eine Mastektomie (Brustentfernung) - für uns Eltern, die das aufgrund des Alters entscheiden mussten, eine sehr schwere Situation!
Schlußendlich war uns aber klar, daß wir unser Kind auch dabei unterstützen und begleiten.
Mittlerweile ist er 19, bezeichnet sich als Non binary (Nicht binär) - Google & Co erklären das alles wunderbar -, hat das Testo abgesetzt, schon einige Male seine Periode bekommen und bereut nichts, auch nicht die Brustentfernung, im Gegenteil: seine größte Sorge ist oder war, daß diese nach Absetzen des Testo wieder wachsen könnten, auch wenn die Ärzte natürlich erklärt haben, daß das unwahrscheinlich sei, da ja die Brustdrüsen und das Brustgewebe vollständig entfernt wurden.
An eine geschlechtsangleichende OP hat er nie gedacht - worüber ich froh bin, weil es wirklich sehr schwere OP sind - und er ist sehr glücklich, daß sich auch die Sprache zumindest in einigen Bereichen geschlechtergerecht anpasst.

Im Herbst 2019 habe ich mir aufgrund meiner genetischen Krebserkrankung meine Brüste zwar nicht abnehmen, aber "aushöhlen" und mit Implantaten füllen lassen, bin damit nur semi zufrieden und kann mir gut vorstellen, auch ohne zu leben. Es gibt soviel Wichtigeres.

Liebe Grüße.

Das ist interessant, vor allem der Weg zur Non-Binarität. Was mir hier Sorgen macht: Es zeichnet sich immer häufiger ab, dass Menschen ihr Geschlecht als fluide empfinden und ihr Empfinden als trans Person sich ändert. In diesem Zusammenhang finde ich irreversible Operationen und Hormongaben schon krass. Im Fall von Martha Quadratas Kind ist es ja zum Glück so, dass die OP nicht bereut wird, aber mit 19 hat man auch noch so viele Jahre vor sich.

kreatur
02-08-2021, 10:19
Mein Kind ist Transgender.
Mit 14 bekam er die Hormonblocker, die normalerweise ein Jahr lang verabreicht werden, was u.a. auch dazu dienen soll, daß die Kinder/ Jugendlichen ausreichend Zeit haben, sich ihrer Entscheidungen sicher zu sein.
Bei meinem Sohn - dem bei Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde - war es aber sehr deutlich, so daß er bereits nach einem halben Jahr schon die Testosteron-Spritzen bekam. Und glücklich war.
Das ganze Prozedere geht nur mit halbjährlichen Psychologen- und halbjährlichen Endokrinologen-Terminen. Nur von denen bekommt man dann auch die Rezepte für das Testo.
Für die Personenstandsänderung (Namensänderung in Geburtsurkunden & Co) braucht es dann zwei psychologische Gutachten - einen darf man sich selber aussuchen, einer wird gestellt.
Diese reicht man dann mit dem Antrag auf Personenstandsänderung bei Gericht ein und bekommt dann eine Vorladung, die natürlich keine gerichtliche Verhandlung beinhaltet, sondern lediglich ein persönliches Gespräch mit einem Richter, der dann am Ende der Änderung zustimmt oder eben nicht. Also zittern bis zum Schluß. Aber wir bzw. unser Kind hatte Glück - sowohl die Psychologen waren vom Fach als auch der Richter.
Mit 16 war dann der größte Wunsch eine Mastektomie (Brustentfernung) - für uns Eltern, die das aufgrund des Alters entscheiden mussten, eine sehr schwere Situation!
Schlußendlich war uns aber klar, daß wir unser Kind auch dabei unterstützen und begleiten.
Mittlerweile ist er 19, bezeichnet sich als Non binary (Nicht binär) - Google & Co erklären das alles wunderbar -, hat das Testo abgesetzt, schon einige Male seine Periode bekommen und bereut nichts, auch nicht die Brustentfernung, im Gegenteil: seine größte Sorge ist oder war, daß diese nach Absetzen des Testo wieder wachsen könnten, auch wenn die Ärzte natürlich erklärt haben, daß das unwahrscheinlich sei, da ja die Brustdrüsen und das Brustgewebe vollständig entfernt wurden.
An eine geschlechtsangleichende OP hat er nie gedacht - worüber ich froh bin, weil es wirklich sehr schwere OP sind - und er ist sehr glücklich, daß sich auch die Sprache zumindest in einigen Bereichen geschlechtergerecht anpasst.

Im Herbst 2019 habe ich mir aufgrund meiner genetischen Krebserkrankung meine Brüste zwar nicht abnehmen, aber "aushöhlen" und mit Implantaten füllen lassen, bin damit nur semi zufrieden und kann mir gut vorstellen, auch ohne zu leben. Es gibt soviel Wichtigeres.

Liebe Grüße.

Ich bin froh dass ich doch in diesen Thread geguckt habe, sonst hätte ich diesen wunderbaren Beitrag hier verpasst. Danke <3

Marmelada
02-08-2021, 18:55
Auf Funk gibt es eine interessante kleine Reportage mit intergeschlechtlichen Menschen.

https://www.facebook.com/funk/posts/1276168502796303

Martha Quadrata
03-08-2021, 08:07
Das ist interessant, vor allem der Weg zur Non-Binarität. Was mir hier Sorgen macht: Es zeichnet sich immer häufiger ab, dass Menschen ihr Geschlecht als fluide empfinden und ihr Empfinden als trans Person sich ändert. In diesem Zusammenhang finde ich irreversible Operationen und Hormongaben schon krass. Im Fall von Martha Quadratas Kind ist es ja zum Glück so, dass die OP nicht bereut wird, aber mit 19 hat man auch noch so viele Jahre vor sich.

Ich will es nicht schön reden: natürlich haben wir, die ja aufgrund der Minderjährigkeit noch alle Entscheidungen "absegnen" mussten, es uns nie einfach damit gemacht. Haben das Kind viel aufgeklärt, uns selber intensiv informiert etc. Uns war auch immer klar, daß - egal wie sehnsüchtig ein Jugendlicher diese Schritte wünscht - sie aufgrund des Alters und somit fehlenden Erfahrungen schlicht nicht abschätzen können, was die Zukunft da mal so bringen wird.
Aber ganz ehrlich: das wissen wir Erwachsenen bei diversen Entscheidungen ja auch nicht.
Bezüglich der Testo-Gaben bedeutete das halt, daß die Stimme - einmal tiefer geworden - nicht mehr "heller" wird. Trotz der gut 2jährigen Verabreichung hat sich die Stimme zwar verändert, ist jetzt aber nicht so tief wie die eines "Brummbärs" geworden. Der vermehrte Haarwuchs wird nach Absetzen des Testos nur minimal, wenn überhaupt, zurückgehen, aber rasieren müssen sich ja alle, die ihren Haarwuchs an diversen Körperteilen nicht mögen, auch. Die Brust könnte man wieder aufbauen. Die Narben von der Mastektomie sind dann zwar nicht weg und die Brust wäre dann künstlich, aber es wäre möglich. Insofern trifft es mit dem "irreversibel" nicht so ganz.
Unser Kind brauchte diesen Weg über das Männlichwerden, um festzustellen, daß er sich als weder-noch fühlt. Ich bin in einigen Gruppierungen zum Thema unterwegs, nicht nur im Netz, sondern auch im RL, und kann die Aussage, immer mehr würden ihr "Trans-Empfinden" ändern, nur bedingt bestätigen. Allerdings gibt es da noch weitaus mehr Abstufungen als "divers" oder "bi" und ich denke, da müssen sich die Kinder und Jugendlichen erstmal genauso wiederfinden wie zuvor in die gegengeschlechtliche Rolle.
Es wird aber immer wichtig sein und bleiben, daß wir sie begleiten und Verständnis haben. Man kann sich ja sicher denken, daß man sich bei so manchen Aussagen über Transgender als Mutter extrem verletzt fühlt - wie mag es da erst den Betroffenen gehen?




Ich bin froh dass ich doch in diesen Thread geguckt habe, sonst hätte ich diesen wunderbaren Beitrag hier verpasst. Danke <3

Dankeschön! :wub:

Marauder
03-08-2021, 09:55
Ich will es nicht schön reden: natürlich haben wir, die ja aufgrund der Minderjährigkeit noch alle Entscheidungen "absegnen" mussten, es uns nie einfach damit gemacht. Haben das Kind viel aufgeklärt, uns selber intensiv informiert etc. Uns war auch immer klar, daß - egal wie sehnsüchtig ein Jugendlicher diese Schritte wünscht - sie aufgrund des Alters und somit fehlenden Erfahrungen schlicht nicht abschätzen können, was die Zukunft da mal so bringen wird.
Aber ganz ehrlich: das wissen wir Erwachsenen bei diversen Entscheidungen ja auch nicht.
Bezüglich der Testo-Gaben bedeutete das halt, daß die Stimme - einmal tiefer geworden - nicht mehr "heller" wird. Trotz der gut 2jährigen Verabreichung hat sich die Stimme zwar verändert, ist jetzt aber nicht so tief wie die eines "Brummbärs" geworden. Der vermehrte Haarwuchs wird nach Absetzen des Testos nur minimal, wenn überhaupt, zurückgehen, aber rasieren müssen sich ja alle, die ihren Haarwuchs an diversen Körperteilen nicht mögen, auch. Die Brust könnte man wieder aufbauen. Die Narben von der Mastektomie sind dann zwar nicht weg und die Brust wäre dann künstlich, aber es wäre möglich. Insofern trifft es mit dem "irreversibel" nicht so ganz.
Unser Kind brauchte diesen Weg über das Männlichwerden, um festzustellen, daß er sich als weder-noch fühlt. Ich bin in einigen Gruppierungen zum Thema unterwegs, nicht nur im Netz, sondern auch im RL, und kann die Aussage, immer mehr würden ihr "Trans-Empfinden" ändern, nur bedingt bestätigen. Allerdings gibt es da noch weitaus mehr Abstufungen als "divers" oder "bi" und ich denke, da müssen sich die Kinder und Jugendlichen erstmal genauso wiederfinden wie zuvor in die gegengeschlechtliche Rolle.
Es wird aber immer wichtig sein und bleiben, daß wir sie begleiten und Verständnis haben. Man kann sich ja sicher denken, daß man sich bei so manchen Aussagen über Transgender als Mutter extrem verletzt fühlt - wie mag es da erst den Betroffenen gehen?





Dankeschön! :wub:

Danke für die sehr interessanten Einblicke. Ich weiß nicht, ob es de-trans nun vermehrt gibt oder ob es dafür nur eine Öffentlichkeit gibt, die es vorher nicht gab, ich wusste davon bis vor einiger Zeit nicht. Und ja, ich finde es auch wichtig, dass insbesondere Jugendliche und auch Kinder ihre Erfahrungen machen und das Spektrum erkunden sollen, aber gerade deshalb finde ich Eingriffe eben schwierig. Denn ausgehend von einer sozialkonstruktivistischen Perspektive auf Geschlecht sollten vor allem Genitalien erst einmal zweitrangig sein, gerade bei Non-Binarität. Aber ich schaue da von außen drauf und kann die Innenperspektive selbst nicht nachvollziehen.