Ich lieb' sowas ja. Egal, wie annehmbar die Management-Ebene sonst ist, es scheint immer grundsätzlich verdächtig zu sein, wenn die Mitarbeiter mal selbst aktiv Irgendwas™ machen.
„Love all, trust a few, do wrong to none.“ - William Shakespeare
Meine Marketingkollegin verlässt uns. Wir stellen den Sekt kalt.
Das war echt hart. Also, so richtig. Sie hat sich von uns allen schlimm gemobbt gefühlt (hat aber nur selbst ordentlich ausgeteilt und uns bei der Chefin schlecht gemacht und Leute ausgegrenzt undundund), und jetzt hat sie eingesehen, dass wir einfach zu böse sind und sie nicht verdienen. Ist ihre fünfte Stelle in vier Jahren. Aber ja, es liegt halt daran, dass alle immer auf sie eifersüchtig sind.
Hoffentlich kommt jemand Nettes nach.
Doch, sollen wir. Ehrlich gesagt arbeiten wir tatsächlich zumindest in meinen höheren Ebenen sehr eigenverantwortlich, insbsondere wenn man bedenkt, dass es um Budgets im 6-7-stelligen Bereich geht. Mein Chef hat gar nicht die Zeit, sich um Jeden zu kümmern, will es gar nicht und er mischt sich auch erst dann ein, wenn es nicht läuft.
In den letzten Jahren gab es massive Umstrukturierungen und Masterpläne für die Zukunft. Uns hat es erst mal kaum getroffen und wird es zumindest in Bezug auf Umstrukturierungen auch nicht. Aber diese ganzen Verbesserungsmaßnahmen der... Soft Skills (?) und so müssen wir mitdurchleiden. Ich darf regelmäßig Online-Schulungen machen, in denen es um Code of Conduct, Mitarbeiterführung (ohne dass ich groß wen zu führen hätte ), Teamfähigkeit oder Zeitmanagement geht, wir haben dauernd Meetings/Seminare dazu, füllen Fragebogen aus... Es nervt. Und wie gesagt: Unverordnet von oben lief es eigentlich immer ganz gut...
Wir hatten halt auch viel zu hohe Ansprüche an sie. Das sehen wir jetzt ein. Ich meine, wieso wollten wir denn wissen, wann wir was bei Konferenzen zu tun haben und wo wir wann sein sollen? Und was es zu sehen geben wird? Wieso kann das denn nicht genau so eine Überraschung für uns sein, wie für die Kunden? Muss man denn immer das ganze Leben voll verplanen? Nur weil wir schon immer vorher wussten, was uns erwartet, muss man das ja nicht immer so machen. Und dass Leute bei der letzten Konferenz nach sieben Stunden Flug feststellen mussten, dass für sie kein Hotelzimmer gebucht worden war, ist doch kein Beinbruch. Sollen sie sich halt irgendwo in der völlig ausgebuchten Stadt was anderes suchen! Sind doch alle erwachsen.
Nein, wir hatten einfach andere Prioritäten. Dabei hätte es uns eigentlich genug sein sollen, dass sie sehr hübsch ist (mit Makeup und Haarteil). Und man muss nun mal die Wahl des Kleides für den Gesellschaftsabend bei der Konferenz stundenlang im Büro diskutieren, anstatt Agendas an Kollegen zu schicken. Wenn wir damit ein Problem haben, dann liegt das daran, dass wir auf ihr Aussehen neidisch sind und auf den SLK ihres Freundes.
Und ganz ehrlich, dass wir erwartet haben, dass sie wenigstens die grundlegenden Prinzipien unseres Geschäfts versteht, das war eindeutig unser Fehler.
Aber!
Ich fasse diese Haltung der Cheffitäten unter der griffigen Bezeichnung „Das Monsterkinderklopapier-Mobiliar“ zusammen. Da scheint die Ansicht zu herrschen, dass Arbeitnehmer gleichzeitig Folgendes sind:
- Monster, die mittels strengster Regeln und Kontrollen und Überwachung in Schach gehalten werden müssen.
- Unmündige Kinder, die permanent von der Obrigkeit angeleitet werden müssen, da sie selbst völlig unfähig sind, Zusammenhänge zu erkennen oder überhaupt etwas Sinnvolles zu machen.
- Klopapier, das gefälligst immer griffbereit zu sein hat, am besten rund um die Uhr. (Fluch auf die deutsche Gesetzgebung, die Feierabend und gar Urlaub vorsieht!)
- Mobiliar, das frei nach Gutdünken durch die Gegend geschoben werden kann und keine eigene Meinung hat.
Ist jetzt nicht unbedingt auf Dein Unternehmen bezogen, Tapi. Da scheint es so grob immerhin einigermaßen mit Vertrauen und Eigenverantwortung zu laufen. Aber ich bekomme das da oben so oft mit, dass ich mich wirklich frage, warum keiner merkt, dass das doch durchaus dumm fürs Geschäft selbst ist, wenn man die Arbeitnehmer in Nichtmanagementpositionen so ausbremst/behandelt.
„Love all, trust a few, do wrong to none.“ - William Shakespeare
So isses...
Klar ist das nicht überall und immer so, auch bei uns nicht. Mein direkter Chef ist super und behandelt mich wie eine mündige Erwachsene, die weiß, was sie macht, und die weder von ihm geführt noch motiviert werden muss. Das ist echt entspannend für uns beide, wir bereden halt, was getan werden muss, ich mache es, wenn ich seine Hilfe brauche (bei Eskalationen etwa), melde ich mich.
Aber die Ebene darüber... ich sag nur soviel, sie wollte (ernsthaft), dass wir sie "Khaleesi" nennen. Das war, bevor Danaerys die Kontrolle über ihre Städte verliert und von ihrem Drachen gerettet werden muss. Ich hatte schon vorgelesen und wusste, was passiert, und fand den Namen daher komplett angemessen.
Sie sieht sich so zu einem Drittel ihrer Zeit als unsere gütige Mutter, ansonsten sind wir ihr entweder egal oder sie hasst und bestraft uns. Manchmal auch alles zusammen, nur nach Leuten getrennt. Wenn sie uns hasst oder liebt, kriegen wir die volle Ladung Mikromanagement ab, und dann übergeht sie auch unsere direkten Chefs.
Größter Fehler, den man mit ihr machen kann: Denken, sie wäre eine gute Freundin. Sie merkt sich alles. Und alles kann gegen uns verwendet werden. Trotzdem macht jede ehrgeizige junge Frau, die neu in die Gruppe kommt, genau denselben Fehler.