Als ich heute Morgen beim Youtube das Siegerlied noch mal schaute, war rechts der oberste Vorschlag, sich die 1:44 Stunde (?) ESC-Sendung von gestern nochmal anzusehen. Hits: 0
Um es mal mit Levina zu Vergleichen:
http://kworb.net/popde/archive/20170210.html
Jamie Lee (damals für 69Cent)
http://kworb.net/popde/archive/20160227.html
Ann Sophie / Kümmert:
http://kworb.net/popde/archive/20150307.html
Und Michaels Verlauf bisher:
http://kworb.net/popde/archive/20180223.html
Geändert von Clumsy (23-02-2018 um 16:41 Uhr)
Ich hab mir das Siegerlied heute noch zweimal in der Studioversion angehört und jetzt find ich es wirklich gut. Gestern dachte ich noch, es sei einfach langweilig
Auch wenn ich mit der Meinung hier wohl eher einsam bin:
Ich glaube, wir hätten mit Xavier Darcy die tauglichste Chance auf eine der besseren Platzierungen gehabt.
Sowohl der Song als auch die Performance haben ein Alleinstellungsmerkmal. Xavier hätte sich erfrischend vom mehrheitlichen ESC-Einheitsbrei absetzen können, der auch 2018 zu erwarten ist. Ein Zottelfreak als skurrile One-Man-Show, mit der am wenigsten statischen Komposition des Vorentscheids. Die – wie ich finde – sehr mitreißende Melodielinie wird gekonnt variiert und steigert dabei im Laufe des Songs noch ihre Ohrwurmqualität. Dazu ein sehr authentisch wirkender Spaß am Auftritt. Quasi „nackt“ ohne Show-Suppengrün, was schon Lenas Punkte in die Höhe trieb.
Auf jeden Fall hätte sich keiner gefragt – was war nochmal der dt. Beitrag?
Zudem liebte ich als alter Fan von Fisher Z die Art von Xavier, zu singen (das halbbritische Elternhaus schlägt sich auch in seiner Aussprache nieder. Man hört, dass er nicht etwa aus Buxtehude kommt).
Wobei: die Songs im Einspieler machten bei mir Lust auf mehr und fand ich teils fast noch besser.
Dagegen der Gewinner Michael Schulte:
Eine Ballade aus dem Satzbaukasten. Ganz brav aufgeteilt nach Strophen-Bridge-Refrain. Also überraschungsfrei, wie es alle machen, die auf Nummer Sicher gehen wollen. Sprich: so ziemlich jeder im Lissabon-Contest. Entsprechend könnte seine Betroffenheitsnummer im Pathos ähnlicher ESC-Balladen versuppen. Letzter Platz wird es aber diesmal sicher nicht.
Nun zu den anderen (habe teils die Namen vergessen):
Die georgische Ex-Aupair:
Im von The Voice gewohnt anstrengenden Entengequäke fing sie den Song an. Der Refrain war doch Bohlen, oder?
Ryk
Schade! Eine fast magisch-melodiöse Nummer. Aber leider: Zuviele „Umwege“ in der allzu vibrierenden Art zu Singen und dem Klavierspiel. Virtuosity kills the Song. Hätte ich gerne mal pur gehört, etwa nur mit Akustikgitarre.
Die Ballermann-Bayern:
Hier hätte ich mehr Ecken und Kanten erwartet. Sowas wie Polka-Schrägheit. Stattdessen: Aprés-Ski Hüttengaudi mit Discostampf à la Schinkenstraße. Die bajuwarische Version von Las Ketchup.
Ivy Quainoo:
Sie kann immer noch keine hohen Töne singen. Der Song war üblicher Schrott der letzten Vorentscheidungsjahre. Ein irgendwie bekannter Refrain im Retro-Pop. Scheinbar ewig wiederholt und nur im Gesang variiert.
Ich fand Xavier auch am besten. Wäre nach Lena endlich mal wieder jemand mit 'ner auffallenden Persönlichkeit gewesen.
Michaels Song ist nett, er selbst vermutlich auch, aber bei dem Auftritt kam irgendwie nix rüber. Wirkte irgendwie lieblos runtergesungen.
Xavier hat hingegen richtig Spaß gemacht. Da hätte ich gerne noch länger zugeguckt.
Ich fand Xavier auch nicht schlecht, aber doch etwas over the top und das hat eben beim Zuschauer nicht connected.
Xavier hatte eine gute Präsenz, aber war vom Teilehmerfeld auch der unbekannteste zusammen mit Ryk. Ich fand seinen Beitrag am internationalsten, nicht so piefig und schwer. Ich denke, der hätte beim ESC auch anderen Ländern Spaß gemacht. Die recht guten Punkte des Panels und der Jury sprechen ja auch dafür, dass er bei einem internationalen Publikum gut ankommen kann.
Bin einfach froh, dass wir mal wieder einen Mann schicken. Die Frauen gehen einfach unter.
Ich denke nicht dass die Frauen untergehen, sonst wären 2016 nicht Jamala (erste) sowie Dami (zweite) geworden. Die Frauen, die wir die letzten Jahre geschickt haben, haben halt einfach schwache Songs gehabt. Hätte ein Mann jeweils die Songs gesungen, wäre das genauso passiert.
Die Show selbst - also ungeachtet der Songs - empfand ich als absolut unterirdisch. Die Moderation von Elton und vor allem von Linda Zervakis war in meinen Augen erschreckend katastrophal. Die ESC- und Vorentscheid-Euphorie kam mir übertrieben gekünstelt rüber und sie machten nicht den Eindruck, als hätten sie wirklich Bock drauf. Nach dem tausendstem "Okay" von den beiden bluteten meine Ohren. Gerade von einer Tagesschau-Sprecherin hätte ich weitaus mehr Professionalität erwartet. Und damit meine ich nicht ihren Riesenpimmel-Spruch, sondern die komplette Leistung den Abend über.
Grundsätzlich fand ich auch recht verstörend, wie schnell man den Abend hinter sich bringen wollte. Sechs Songs, ein paar Mal den Schnelldurchlauf, ein minderbegabter YouTube-Star als Pausenfüller - was auch wieder eine pure Peinlichkeit war - und dann war das auch schon nach noch nicht mal zwei Stunden vorbei. Mir fehlt da einfach das ESC-Feeling.
Das Setting hatte den Charme der frühen Neunziger. Man orientierte sich - das muss ich anerkennen - am Bühnenhintergrund an dem der Finalshow in Lissabon, also ohne LED-Wände und ohne Videobespielung und hat sie quasi in klein nachgebaut. Das war klug. Dennoch hätte man sich kaum ein kleineres Studio aussuchen können. Wieso zieht man das nicht selbstbewusst groß auf, wie man es zuvor schon 2013 (Hannover, TUI Arena), 2014 (Köln, Lanxess Arena) und 2015 (Hannover, TUI Arena) gemacht hat? Das hatte wesentlich mehr Flair als diese Kellerveranstaltung.
Das war alles in Summe so unwürdig. Als würde man dem dicken Stiefkind, das man eigentlich hasst, aber durchschleppen muss, zum Geburtstag gerade mal so eben einen Fertigkuchen vom Aldi zum Geburtstag gönnen.
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Ich hab mir beim Schreiben dieses Beitrags den Siegersong zwei, drei Mal in der Studioversion angehört und ganz so lahm und fad wie gestern Abend finde ich ihn inzwischen nicht mehr. Es ist immer noch eine todsterbenslangweilige Nummer, mit der wir uns dennoch qualitativ sicher nicht blamieren werden. Trotzdem hätte ich einfach mal eine Gaudi wie bei Voxxclub gut gefunden. Qualitativ sind wir da sicher auf sicherem Pfad unterwegs, keine Frage. Aber meeh, es besteht bei solchen Nummern immer die Gefahr, wegen purer Fadheit unterzugehen, weil eben 14 andere Länder Ähnliches hinschicken.