jaspis, mir ist klar, dass ich in dem subjektiven punkt eben nicht objektiv bin, kann nur berichten, was aus der begrenzten kindlichen wahrnehmung übrig geblieben ist. wir waren ein ziemlich grober kiez, und wir waren in gewissem ausmass "gassenbuben" bzw strassenjungen, weil die wohnungen klein waren, und die eltern überarbeitet und langweilig, und alles eng beisammen hauste. jeder kannte jeden und hatte auch was über den zu lästern. die kirche war ja nur 50m weit weg.
und die kids lästerten genau über diese typen in vulgärer weise, die aussage war, dass die generell schwul waren, was gleichzeitig als verrückt und gestört angesehen wurde. da gabs mindestens 5, und teils wurden die verprügelt, und die kinder erzählten das einander.
sodass diese anlassige übergriffigkeit, zb buben die lederhosen trugen ( ) auf die nackten schenkel zu greifen, und zu fragen, ob man denn schon eine freundin hätte, das war halt ein zusätzlich gestörtes verhalten in diesem wahrnehmungsuniversum. wie weit echte pädophilie in form von sex ausgeübt wurde, darüber schweigt die geschichte. da war ich nicht betroffen, nur von anbagger-tendenzen und angrabschen und blödes zeug reden. was der jeweilige im kopf hatte, kann ich nicht sagen.
es war ärgerlich und führte auch zu allerlei konflikten in der gemeinde, der diakon wurde immerhin raus geschmissen (da musste was mit anderen kindern gelaufen sein, weil sie was munkelten), der frisör brachte sich bald darauf um.
wir jungs hatten sowieso keinen allzu guten ruf, was teils an den "milieu" eltern lag, und bekamen an manchen streitigkeiten die schuld zugeschrieben. ich wollte nicht mehr zur kirche gehen, weil mir das ganze dingens zu bizarr war, und war drum ein böses kind, und der vater sehr verzweifelt. weil ja die nachbarn gnadenlos mit dem finger zeigten, bei allem was nicht in ihr überkommenes weltbild passte.
das klingt vielleicht seltsam, war aber am land einfach der commonsense über jahrhunderte. in einer bezirksstadt musste dann alles besonders amtlich und heilig her gehen. die gegend hatte ein klares postkoloniales syndrom (dominanter einfluss von kirche und adel auf das ganze beamten- und erziehungswesen, man ist "provinz"), was aber bis heute keiner kapiert hat. heute sind sie fans von norbert hofer.
der anspruch ob ich was durcheinander bringe, kann hier nicht erhoben werden, da es nur undeutliche autobiographische eindrücke sind.
übrigens der regisseur wolfgang murnberger ist ein genie in der darstellung dieser ländlichen befindlichkeiten. ich kann jeden film von ihm nur empfehlen.
sein film über luis trenker und die riefenstahl hat einen etwas anderen ansatz als die früheren, aber er zeigt eine "bekleidungsordnung", die sich bei uns in der gasse noch 30 jahre länger gehalten hatte.