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  1. #1

    wichtig Neuregelung der Organspende: Widerspruchs- oder Zustimmungslösung

    Nachdem es im letzten November - wie bei medizinethischen Themen üblich - eine Orientierungs­debatte zur Organspende im Bundestag gab (https://www.bundestag.de/dokumente/t...nspende-580078) und mittlerweile das Transplantationsgesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und Strukturen bei der Organspende geändert wurde, findet heute ab 14:05 Uhr die erste Lesung zu zwei Gesetzentwürfen zur Neuregelung der Organspende (nach dem Tod) statt: es stehen die Widerspruchslösung (jede ist Organspenderin, bis sie wiederspricht) und die Zustimmungslösung (weiterhin freiwillige Entscheidung, ähnlich wie seit 2011) zur Debatte (https://www.bundestag.de/dokumente/t...nspende-646302).

    Ausgangspunkt ist die sehr niedrige Anzahl der Organspenden in Deutschland (die sich mit der Entscheidungslösung seit 2011 auch nicht verbessert hat), die den Bedarf bei weitem nicht decken kann, obwohl die Organspendebereitschaft an sich wohl deutlich höher ist. Beide Lösungen setzen auf ein zentrales Register und sehen eine weiter verbesserte Informationsploitik vor, aber die Details unterscheiden sich tweilweise deutlich.

    Der Hauptunterschied ist: bei der Widerspruchslösung muss man aktiv werden, wenn man kein Organspender sein will - bei der Zustimmungslösung muss man aktiv werden, wenn die eigenen Organe gespendet werden sollen. Die Widerspruchslösungs-Befürworter argumentieren, dass sich alle Bürger zwangsläufig mit dem Thema Organspende auseinandersetzen und eine Entscheidung treffen müssen, damit eine Organentnahme nicht gegen ihren eigentlichen Willen vorgenommen werden kann. Mit der Zustimmungslösung soll soetwas ausgeschlossen werden; also dass jemand "versehentlich" zur Organspenderin wird.

    Bundestagsdebatten zu medizinethischen Themen werden nicht selten als "Sternstunden" bezeichnet - vielleicht bekommt das IOFF soetwas ja auch hin.

  2. #2
    Dom Basaluzzo
    unregistriert
    Ich finde die neu geplante Regelung der Widerspruchslösung richtig und ich habe selbst seit einem Besuch im Krankenhaus vor über 20 Jahren einen Organspendeausweis (die gibt es u.a. dort im Wartebereich). Ich vermute, die meisten Menschen denken nicht darüber nach, weil sie nicht über den Tod nachdenken wollen. Diejenigen, die aus Überzeugung gegen Organspenden sind, werden sicher den Widerspruch in Anspruch nehmen. Ich hoffe, dass religiöse Begründungen aus der politischen Debatte heraus gehalten werden, leider war das bei Themen wie Abtreibung oder Präimplantationsdiagnostik nicht der Fall. Als Atheist möchte ich von Politikern, egal welcher Partei, wissenschaftlich und medizinisch gefärbte Beiträge hören, aber bitte keine weiteren Interpretationen Tausend Jahre alter Märchensammlungen zu einem Gesetzentwurf.

  3. #3
    pflegt ihren Dachschaden Avatar von BlackGirl
    Ort: Kölle
    Zitat Zitat von Dom Basaluzzo Beitrag anzeigen
    Ich finde die neu geplante Regelung der Widerspruchslösung richtig und ich habe selbst seit einem Besuch im Krankenhaus vor über 20 Jahren einen Organspendeausweis (die gibt es u.a. dort im Wartebereich). Ich vermute, die meisten Menschen denken nicht darüber nach, weil sie nicht über den Tod nachdenken wollen. Diejenigen, die aus Überzeugung gegen Organspenden sind, werden sicher den Widerspruch in Anspruch nehmen. Ich hoffe, dass religiöse Begründungen aus der politischen Debatte heraus gehalten werden, leider war das bei Themen wie Abtreibung oder Präimplantationsdiagnostik nicht der Fall. Als Atheist möchte ich von Politikern, egal welcher Partei, wissenschaftlich und medizinisch gefärbte Beiträge hören, aber bitte keine weiteren Interpretationen Tausend Jahre alter Märchensammlungen zu einem Gesetzentwurf.
    Ich hab kurz reingezappt und es war leider viel von (christlicher) Nächstenliebe und freiwillig etc. die Rede. Ich denke, man kann jemandem, der wahlberechtigt ist auch zumuten, daß er sich mit dem Thema Organspende auseinandersetzt.

    Ich hab übrigens auch einen Organspendeausweis. Ich fahr schließlich viel mit dem Fahrrad...

  4. #4
    Bitte trefft eine Entscheidung. Auch schon vor einer evtl. Gesetzesänderung. Ihr nehmt Euren Angehörigen eine große Last ab.

    Übrigens: Auf dem Organspendeausweis kann man auch eintragen, dass keine Organe gespendet werden sollen. Oder nur ein Bestimmtes. Oder etwas ausschließen ("alles außer Herz" oder "alles außer Augen").

    Bitte trefft eine Entscheidung und füllt so ein Ding aus.

  5. #5
    Zitat Zitat von Bonus Beitrag anzeigen
    Bitte trefft eine Entscheidung und füllt so ein Ding aus.
    Vor über 10 Jahren bereits erledigt. Und ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Menschen keinen Ausweis haben und/oder im Gespräch sagen "Toll, dass Du das hast, wollte ich auch immer mal machen".
    Daher (und aus einigen anderen Gründen) befürworte ich die Widerspruchslösung.

  6. #6
    Ich komme in Frieden. Auf ewig! Avatar von dracena I.O.F.F. Team
    Ort: Mördergrube
    Ich finde, man darf jedem Menschen zumuten, sich mit der Organspende auseinanderzusetzen. Wer nicht spenden will, kann das vermerken lassen.
    Bei der Widerspruchslösung wird niemand zum Spenden gezwungen, aber jeder muss eine Entscheidung treffen. Die ist nicht unwiderruflich und kann jederzeit wieder geändert werden.
    Nein ist ein vollständiger Satz.

  7. #7
    pflegt ihren Dachschaden Avatar von BlackGirl
    Ort: Kölle
    Zitat Zitat von dracena Beitrag anzeigen
    Ich finde, man darf jedem Menschen zumuten, sich mit der Organspende auseinanderzusetzen. Wer nicht spenden will, kann das vermerken lassen.
    Bei der Widerspruchslösung wird niemand zum Spenden gezwungen, aber jeder muss eine Entscheidung treffen. Die ist nicht unwiderruflich und kann jederzeit wieder geändert werden.

  8. #8
    Aber was ist mit Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nicht in der Lage sind, das Thema mit all seiner Komplexität wirklich zu erfassen. Dafür kann es ja eine Vielzahl von Gründen geben. Z.B. jemand lebt noch nicht so lange hier, und spricht die Sprache nicht so gut, dass er selbstverständlich alle einheimischen Medien lesen und sich wirklich ein umfassenden Bild von dieser komplexen Thematik machen kann.
    Oder jemand, der geistig behindert ist. Das sind nur ein paar Beispiele.

    Laut Art. 2 Grundgesetz hat jeder das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Das Konzept des Hirntodes ist durchaus umstritten. Unter "tot" mag sich zumindest manch einer etwas anderes vorstellen, wenn er sich denn näher mit dem Thema befasst.

    https://www.deutschlandfunk.de/wie-t...icle_id=263202


    Ehrlich gesagt schaudere ich bei dem Gedanken, dass ein Staat sich des Körpers eines Menschen bemächtigt, der aus welchen Gründen auch immer nicht in der Lage war, sich wirklich umfassend mit so einem komplizierten Thema zu befassen.

  9. #9
    pflegt ihren Dachschaden Avatar von BlackGirl
    Ort: Kölle
    Also, das Thema ist für meine 12jährige nicht zu komplex. Abgesehen davon, die Frage ist recht einfach: Ja oder nein. Und was für mich persönlich angeht, es gibt für mich kein einziges schlüssiges Argument, das GEGEN eine Organspende spricht.

  10. #10
    little pig, LET.ME.IN.! Avatar von Flunsch
    Ort: unterm Dach
    Diesen (etwas älteren) Artikel in der FAZ fand ich recht interessant zu lesen:

    ORGANSPENDE IN ÖSTERREICH „Für ein Nein reicht ein Zettel im Geldbeutel“

    Ich für meinen Teil befürworte ebenfalls die Widerspruchslösung.
    Geändert von Flunsch (26-06-2019 um 22:43 Uhr)

  11. #11
    Das Thema ist überhaupt nicht einfach- sondern ethisch sehr komplex. Z.B. stellt sich die Frage, ob Hirntote möglicherweise noch Schmerz empfinden.

    https://www.sueddeutsche.de/gesundhe...te-1.1299076-2


    Und es gibt Berichte von Anstieg des Blutdrucks und der Herzfrequenz bei der Organentnahme.

    https://www.deutschlandfunk.de/wie-t...icle_id=263202


    Wie gesagt, unter "tot" stellt sich manch einer womöglich etwas anderes vor, weswegen das Konzept "Hirntod" eben auch nicht unumstritten ist.

    Und ich denke, dass jemand zum einen solche Informationen haben muss, und auch in der Lage sein muss, das alles wirklich zu erfassen, um eine tatsächlich bewusste Entscheidung zu treffen.

    Ich finde, dass sich da riesige ethische Baustellen auftun, gerade auch im Hinblick auf Art. GG 2, das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

    Auf den Körper eines anderen Menschen zuzugreifen, wenn dieser womöglich noch ein Sterbender ist, ist ein tiefgreifender Eingriff auf einen anderen Menschen.

  12. #12
    pflegt ihren Dachschaden Avatar von BlackGirl
    Ort: Kölle
    Sorry, aber hier bin ich draussen, ich schreib sonst noch was, was wohlmöglich hierforums zum Rauswurf führt.

    Alles was du hier anführst, ist klar und deutlich geregelt, somit auch keine Baustellen. Es sei denn natürlich, man erschafft künstlich welche.

  13. #13
    Zitat Zitat von dracena Beitrag anzeigen
    Ich finde, man darf jedem Menschen zumuten, sich mit der Organspende auseinanderzusetzen. Wer nicht spenden will, kann das vermerken lassen.
    Bei der Widerspruchslösung wird niemand zum Spenden gezwungen, aber jeder muss eine Entscheidung treffen. Die ist nicht unwiderruflich und kann jederzeit wieder geändert werden.
    Nein, das darf man nicht jedem zumuten.
    Es muss jedem selbst überlassen sein ob er sich mit dem Thema Tod beschäftigen möchte.
    Wer dies möchte, kann sich aktiv für eine Organentnahme entscheiden, in Papierform.
    Und nur das sollte gelten.


    Im übrigen auch ein Punkt für eine Patientenverfügung.
    Wir können Krise!

  14. #14
    Ich finde Stellas Einwände schon berechtigt. ... Ein Schwerstmehrfachbehinderter, der sich aufgrund massivster kognitiver Einschränkungen zeitlebens nie mit den Thema auseinandersetzen und nach eigenem Willen entsprechend positionieren konnnte, wird automatisch Organspender? Das sind Menschen, die von Geburt an zappelnd und sabbernd, gewindelt in ihrem Rollstuhl sitzen und bei denen auch erfahrene Bezugspersonen oft nur eine GANZ vage Einschätzung abgeben können, was die Person von ihrer Umwelt wahrnimmt.


    Wie problematisch ist für Menschen mit Behinderung die pauschalisierte Einwilligung zur Organspende?
    Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland lehnt Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Spahn vehement ab.
    Geändert von Will.Hunting (27-06-2019 um 06:28 Uhr)

  15. #15
    Ich komme in Frieden. Auf ewig! Avatar von dracena I.O.F.F. Team
    Ort: Mördergrube
    Zitat Zitat von Will.Hunting Beitrag anzeigen
    Ich finde Stellas Einwände schon berechtigt. ... Ein Schwerstmehrfachbehinderter, der sich aufgrund massivster kognitiver Einschränkungen zeitlebens nie mit den Thema auseinandersetzen und nach eigenem Willen entsprechend positionieren konnnte, wird automatisch Organspender?
    Nein, der wird einen Betreuer haben, der das entscheidet. Wie der Betreuer auch alle anderen Entscheidungen trifft, die der Behinderte nicht treffen kann. Z.B. über sonstige medizinische Behandlungen und ob die überhaupt stattfinden. Das ist nichts, was irgendwie neu wäre.
    Nein ist ein vollständiger Satz.


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