Seite 2 von 2 ErsteErste 12
Ergebnis 16 bis 19 von 19
  1. #16
    .
    Karl Wilhelm Ramler

    (1725-1798)





    ***



    Der Rabe und der Haushahn



    Ein Rabe schleppte tausend Dinge,

    Geld, Glaskorallen, Perlen, Ringe,

    In seinen Winkel, wo er schlief.


    Der Haushahn sah dies an, und rief

    "Was tust du, Freund, mit diesen Sachen,

    Die dich doch niemals glücklich machen?"


    "Ich weiß es selbst nicht", sprach der Rabe.

    "Ich hab es nur, damit ich's habe."





    ***

  2. #17
    Dies ist ein Gänsehaut erzeugendes Gedicht über das wilde und unbarmherzige Meer,
    doch da es auch ein Gedicht über Menschen ist, die Gefahr für ihr eigen Leib und Leben ignorieren,
    um einem anderen Menschen zu helfen,
    passt es auch ganz wunderbar zur Weihnachtszeit.




    ***



    Otto Ernst
    (1862-1926)




    Nis Randers


    Krachen und Heulen und berstende Nacht,
    Dunkel und Flammen in rasender Jagd -
    Ein Schrei durch die Brandung!

    Und brennt der Himmel, so sieht mans gut.
    Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
    Gleich holt sichs der Abgrund.

    Nis Randers lugt - und ohne Hast
    Spricht er: "Da hängt noch ein Mann im Mast;
    Wir müssen ihn holen."

    Da fasst ihn die Mutter: "Du steigst mir nicht ein:
    Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
    Ich wills, deine Mutter!

    Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;
    Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
    Mein Uwe, mein Uwe!"

    Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
    Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
    "Und seine Mutter?"

    Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:
    Hohes, hartes Friesengewächs;
    Schon sausen die Ruder.

    Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
    Nun muss es zerschmettern ...! Nein, es blieb ganz ...!
    Wie lange? Wie lange?

    Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
    Die menschenfressenden Rosse daher;
    Sie schnauben und schäumen.

    Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt!
    Eins auf den Nacken des andern springt
    Mit stampfenden Hufen!

    Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
    Was da? - Ein Boot, das landwärts hält -
    Sie sind es! Sie kommen! - -

    Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt...
    Still - ruft da nicht einer? - Er schreits durch die Hand:
    "Sagt Mutter, 's ist Uwe!"



    ***

  3. #18
    Heute gibt es wieder einige Aphorismen.




    ***


    Es ist verblüffend, wie heiter man wird, wenn man Hoffnungen aufgibt.

    Terence Rattigan


    ***


    Die Ehe ist wie ein Telefon: Wenn man falsch gewählt hat,
    ist man falsch verbunden.

    Doris Day


    ***


    Die meisten Menschen benützen ihre Jugend,
    um ihr Alter zu ruinieren.

    Jean de la Bruyère


    ***


    Die Dummen braucht man weder zu pflanzen noch zu säen,
    sie wachsen von ganz allein.

    Chinesisches Sprichwort



    ***


    Das Gesicht des Menschen erkennst Du bei Licht,
    seinen Charakter im Dunkeln.

    Zyprisches Sprichwort


    ***


    Freunde sind gut, vorausgesetzt, dass man sie nicht nötig hat.

    Alexander Roda Roda


    ***

  4. #19

    Virginia O'Hanlon

    .
    Gibt es einen Weihnachtsmann?


    Diese Frage bewegte im September 1897 die damals 8-jährige Virginia O'Hanlon und so schrieb sie auf Anraten ihres Vaters, der sich vor einer Antwort drücken wollte, an die New Yorker Zeitung 'The New York Sun'.



    ***


    Lieber Redakteur.
    Ich bin 8 Jahre alt.
    Einige meiner kleinen Freunde sagen, dass es keinen Weihnachtsmann gibt.
    Papa sagt: ‚Wenn du es in der Sun siehst, ist es so.‘
    Bitte sagen Sie mir die Wahrheit: Gibt es einen Weihnachtsmann?
    Virginia O’Hanlon.
    115 West Ninety-fifth Street.



    ***


    Mit seiner Antwort in der Ausgabe vom 21. September 1897 der 'New York Sun', schuf der Redakteur Francis Pharcellus Church einen bewegenden und berührenden Klassiker der Weihnachtsliteratur.



    ***


    Mit Freude beantworten wir sofort und damit auf herausragende Weise die Frage und geben gleichzeitig unserer großen Freude Ausdruck, dass ihre gewissenhafte Autorin zu den Freunden der 'Sun' zählt:


    Virginia,

    deine kleinen Freunde haben unrecht. Sie sind beeinflusst von der Skepsis eines skeptischen Zeitalters. Sie glauben an nichts, das sie nicht sehen. Sie glauben, dass nichts sein kann, was ihr kleiner Verstand nicht fassen kann. Der Verstand, Virginia, sei er nun von Erwachsenen oder Kindern, ist immer klein. In diesem unserem großen Universum ist der Mensch vom Intellekt her ein bloßes Insekt, eine Ameise, verglichen mit der grenzenlosen Welt über ihm, gemessen an der Intelligenz, die zum Begreifen der Gesamtheit von Wahrheit und Wissen fähig ist.

    Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Er existiert so zweifellos wie Liebe und Großzügigkeit und Zuneigung bestehen, und du weißt, dass sie reichlich vorhanden sind und deinem Leben seine höchste Schönheit und Freude geben. O weh! Wie öde wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe. Sie wäre so öde, als wenn es dort keine Virginias gäbe. Es gäbe dann keinen kindlichen Glauben, keine Poesie, keine Romantik, die diese Existenz erträglich machen. Wir hätten keine Freude außer durch die Sinne und den Anblick. Das ewige Licht, mit dem die Kindheit die Welt erfüllt, wäre ausgelöscht.

    Nicht an den Weihnachtsmann glauben! Du könntest ebenso gut nicht an Elfen glauben! Du könntest deinen Papa veranlassen, Menschen anzustellen, die am Weihnachtsabend auf alle Kamine aufpassen, um den Weihnachtsmann zu fangen; aber selbst wenn sie den Weihnachtsmann nicht herunterkommen sähen, was würde das beweisen? Niemand sieht den Weihnachtsmann, aber das ist kein Zeichen dafür, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Die wirklichsten Dinge in der Welt sind jene, die weder Kinder noch Erwachsene sehen können. Sahst du jemals Elfen auf dem Rasen tanzen? Selbstverständlich nicht, aber das ist kein Beweis dafür, dass sie nicht dort sind. Niemand kann die ungesehenen und unsichtbaren Wunder der Welt begreifen oder sie sich vorstellen.

    Du kannst die Babyrassel auseinanderreißen und nachsehen, was darin die Geräusche erzeugt; aber die unsichtbare Welt ist von einem Schleier bedeckt, den nicht der stärkste Mann, noch nicht einmal die gemeinsame Stärke aller stärksten Männer aller Zeiten, auseinanderreißen könnte. Nur Glaube, Phantasie, Poesie, Liebe, Romantik können diesen Vorhang beiseiteschieben und die übernatürliche Schönheit und den Glanz dahinter betrachten und beschreiben. Ist das alles wahr? Ach, Virginia, in der ganzen Welt ist nichts sonst wahrer und beständiger.

    Kein Weihnachtsmann? Gott sei Dank lebt er, und er lebt auf ewig. Noch in tausend Jahren, Virginia, nein, noch in zehnmal zehntausend Jahren wird er fortfahren, das Herz der Kindheit zu erfreuen.



    ***


Stichworte

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •