Nun wird seit Jahren wird über Reformen diskutiert, es ist von zig neuen Geschlechtern die Rede, alles sei fluid und irgendwann kam der Slogan: Transfrauen sind Frauen, es kamen Buchstabensuppen wie FLINTA, die mir fremd sind und mit denen Diskriminierung abgeschafft werden sollen, auch mich aber den Eindruck neuer Schubladen machen.
Aber: Ich hatte lange Zeit immer noch den Eindruck, es ginge um Transsexuelle, eine winzige Gruppe, die natürlich Opfer von Diskriminierung ist, denen ähnliche patriarchalische Mechanismen zugrunde liegen, die auch Frauen zu Opfern machen.
Das hieß für mich bezogen auf Schutzräume: Männer konnten sich auch vorher schon verkleiden, um Frauen zu belästigen, warum sollte gerade die selbst drangsalierte Gruppe auf Frauen losgehen?Erschien mir weit hergeholt, aber ich kann mich nur wiederholen: Mir war da noch gar nicht klar, was die – ich nenne es mal – Bewegung wirklich möchte.
@Zinga:
Vielleicht unterliegst du da derselben falschen Vorstellung, wenn du von Transsexuellen schreibst?
Das neue Gesetzt hat nämlich einen ganz anderen Ansatz:
Es löst das Transsexuellengesetz ab – obwohl es rein gar nichts mehr mit Transsexuellen zu tun hat, die sich im falschen Körper fühlen, sondern einzig und allein mit einem Gefühl, Frau zu sein.
Jetzt sollte man meinen, dass es – harmlos ausgedrückt – ungewöhnlich ist, an ein Gefühl Rechtswirkungen zu knüpfen, die auch in die Rechtskreise anderer eingreifen.
Selbst wenn ich alles, wirklich alles an Bedenken zurückstelle, selbst wenn ich wirklich, wirklich fest daran glaube, dass dieses Gefühl so eklatant wichtig ist, dass es als Ausdruck des Persönlichkeitsrecht auf Biegen und Brechen im Personenstandsrecht umzusetzen ist – Ohne jede Voraussetzung, einfach mal eben so durch Wortmeldung alle rechtliche Wirkungen auszulösen, die an das Geschlecht gebunden ist? Wie kommt man auf so was?
Warum sogar auf eine Begutachtung verzichten? Wer vor dem Sozialgericht um die Zuerkennung eines Grads der Schwerbehinderung kämpft, kommt um eine Begutachtung nicht herum. Sicher empfinden da auch Betroffene, die Begutachtung sei entwürdigend. Trotzdem kommt (bisher) keiner auf die Idee, er könne einfach zur entsprechenden Behörde gehen und einen Ausweis beantragen, weil er sich doch schwerbehindert fühlt.
Beim gefühlt anderen Geschlecht soll das aber gehen. Ein biologischer Mann ist eine Frau.
Warum meint man hier also, vollständig auf jede Hürde verzichten zu können? Dazu lese ich immer wieder (meine einstmals eigene) Vorstellung, dass das doch eher keiner einfach so macht. Als Privatmensch durfte und darf ich naiv sein, als Gesetzgeber sollte das nicht der Fall sein. Das gilt umso mehr, wenn Beweise für das Gegenteil in den eigenen Reihen zu finden sind.
In Reutlingen ist vor wenigen Jahren ein Mann im Rahmen bei Vorstandswahlen (Kreisverband) für einen für Frauen vorgesehenen Platz kandidiert. Die Kandidatur wurde angenommen, er wurde dann sinngemäß befragt, ob er wirklich eine Frau sein, wie er dazu kommt, als Frau zu kandidieren. Er hat brav geantwortet, er sei eine Frau und berufe sich auf das grüne Grundsatzprogramm und das Frauenstatut.
Es geht mir hier aber nicht um den Missbrauch an sich, sondern darum, wie die Grünen genau solche Szenarien nutzen in der Absicht, Bedenken gegen eine Missbrauchsgefahr auszuräumen: Man habe das ja nicht ernst genommen, sei ja klar gewesen, dass das nicht ernst gemeint war, während bei Tessa Ganserer ja vor Jahren ein outing erfolgt ist, sie seit ewigen Zeiten dies und das macht. Kurz: Eine der Anforderungen aus dem alten Transsexuellengesetz.
Darum geht es mir hier. Ich begründe lang und breit, anhand welcher Kriterien man auf die Ernstlichkeit schließen kann – im Gesetz findet das aber keinen Niederschlag. Hätten wird das Gesetz bereits, wäre es gar nicht erlaubt, sich oder anderen Fragen zu stellen. Jede(r) der will, darf das, Verstöße sind bußgeldbewehrt. Das gilt auch für Private.
Warum also meint der Gesetzgeber, eine Missbrauchsgefahr sei nicht realistisch?
Tatsächlich beinhaltet jedes Recht eine Missbrauchsgefahr und es stellt sich immer die Frage, wie das Risiko minimiert werden kann und in welchem Verhältnis der Aufwand hierbei zum Erfolg steht.
Da die Änderung des Personenstands an gar keine Hürden mehr gebunden ist, geht man also von einer gegen null gehenden Gefahr aus und so findet sich auf der Seite des Bundesministeriums für Justiz der Hinweis:
„Das Selbstbestimmungsgesetz ändert nichts an der bestehenden Praxis in Frauenschutzräumen.“
So so. Hier sollte man vielleicht die eigenen Aktivisten entsprechend informieren, nachdem die gängige Antwort auf Fragen zu den Umkleideräumen lautet: Transfrauen sind Frauen. Sie gehen in die Umkleide für Frauen.
Nun soll aber das Selbstbestimmungsgesetz gar nichts an der Praxis ändern. Praxis jetzt ist aber: Personenstandsänderungen für Transsexuelle, die seit Jahren unter Zwang stehen, begutachtet und operiert sind.
Nach dem neuen Gesetz: alle, die wollen und deshalb beim Standesamt waren.
Wie kann sich unter diesen (Nicht-)Voraussetzungen nichts an der Praxis ändern?
Aus den eigenen Reihen: Tessa Ganserer, die stolz mit einem Männerkörper als lesbische Frau in der Frauensauna sitzt und das bei Instagram feiern lässt. Mehr als die Hälfte der Frauenhäuser stehen Transsexuellen offen (wir erinnern uns: operiert und begutachtet). Das muss dann zwangsläufig für die selbst ernannten Frauen auch gelten.
Wenn der Gesetzgeber im Zuge einer Gesetzesänderung meint, es ändere sich nichts, obwohl genau dieses Gesetz alles ändert – muss er sich fragen lassen, ob er eigentlich weiß, was er da macht und setzt sich dem Vorwurf der Unredlichkeit aus.
Laut Umfragen soll rund ein Drittel für die Reform sein, ein Drittel dagegen und der Rest unentschlossen. Ich bin einigermaßen davon überzeugt, dass zwei Drittel dagegen wären, wenn sie wüssten, worum es hier geht. So wie ich früher auch, lehnen sich viele zurück im Glauben, das betreffe sie selbst nicht. Männer können sich das leisten, Frauen nicht.
Man muss sich das aber praktisch vorstellen:
Ich sehe vor mir einen Mann mit Rock.
Das kann sein:
- Ein Mann aus dem Travestiebereich
- Ein Transsexueller mit mehr oder weniger abgeschlossener Angleichung
- Ein Karnevalsfreund
- Ein Mann, der seinen Fetisch auslebt
- Ein Exibitionist
- Ein Crossdresser
- Eine Transfrau
Wie soll ich wissen, was davon zutrifft? Ich sehe es nicht. So wie ein Mann die Wahrnehmung hat, Frau zu sein, habe ich die Wahrnehmung, vor mir steht ein Mann.
Denn was er auf jeden Fall ist:
Ein biologischer Mann. Und das betrifft dann alle.
Warum brauchen wir Schutzräume? Weil die Welt durch Männergewalt ein gefährlicher Ort ist. Es wird auch nicht diskutiert, dass Schutzräume überflüssig sind, weil nicht alle Männer Vergewaltiger sind. Möchte ich aber auch in Zukunft keinen Penis in der Umkleide sehen, muss ich künftig – fernbleiben, kurz: Frauen und Mädchen zeigen Meideverhalten.
Meine Forderungen an den Gesetzgeber sind, nicht einfach Bedenken zu zerstreuen, sondern den Bürgern zu erklären, durch welche konkrete Maßnahmen diese ausgeräumt werden können.
Also:
Es wird behauptet, es ändere sich nichts bezogen auf Schutzräume. Wodurch konkret wird das gewährleistet?
Es wird behauptet, es bestehe keine Missbrauchsgefahr. Welchen Erfahrungswerten liegt diese Annahme zugrunde? Ein Blick in andere Länder mit ähnlicher Gesetzgebung belegt das Gegenteil. Was soll in Deutschland anders geregelt werden? Wurden Strafrechtler als Experten beigezogen? Wie schätzen diese die Missbrauchsgefahr ein? Wie wird gewährleistet, dass Kriminalstatistiken nicht verfälscht werden, nachdem hiervon Präventationsmaßnahmen mit entsprechender Finanzierung abhängen?
Ich kann aus dem Kreis meiner Klientel sagen, dass es für einige ausgesprochen verlockend sein wird, wenn sie über Anfragen beim Einwohneramt nicht mehr ohne Weiteres auffindbar sind.
Experten auf dem Gebiet des Strafrechts warnen jedenfalls. Sie kennen ihre Mandantschaft.
Weiter:
Warum ist das Persönlichkeitsrecht einer Minderheit so hoch zu bewerten, dass die Interessen von Frauen dahinter zurücktreten? Welches Gewicht hat ein Interesse, das einem jährlichen Wandel unterzogen werden kann?
Und umgekehrt: Wenn das alles so leicht wechselbar ist, wozu dann den Personenstand ändern? Frauenkleidung können Männer ja jetzt auch schon tragen und auch behaupten, sie seien eine Frau. Und fühlen darf er auch jetzt schon was er fühlt. So wie ich wahrnehme, dass ein Mann vor mir steht, denn daran kann das Gesetz nichts ändern. Was bringt es also dem Transmenschen?
Ich weiß, dass es auch Initiativen gegen das Gesetz gibt, denen man sich anschließen kann. Trotzdem kann es nicht schaden, solche rein sachbezogenen Fragen dem Volksvertreter aus dem eigenen Wahlkreis oder auch anderen zu stellen.
Mein Fazit:
Das Gesetz ist gut gemeint und schlecht gemacht und zwar bereits ganz unabhängig davon, dass die Grundannahme „wer-will-ist-Frau“ absurd ist. Dazu wurde auch hier im Thread schon alles geschrieben. Ich vermute als Hintergrund, dass man hier billig ein Antidiskriminierungsdingens schaffen wollte, mit dem man sich gleichzeitig bei einer der Zielgruppen anbiedern kann, man an Frauen gar nicht gedacht hat (man übersieht immer gerne mal die Hälfte der Bevölkerung) und jetzt überrascht ist, dass das nicht einfach so durchgewunken werden kann.
Dass wir überhaupt so weit gekommen sind, ist meiner Meinung nach der Lautstärke der Aktivisten geschuldet, die wie so oft als Vertreter einer riesigen Menge an Menschen erscheint, aber eigentlich keiner weiß, wen die eigentlich zu vertreten meinen. Schon die Einteilung der Menschheit in Männer und alles andere, das jetzt eine Buchstabensuppe ist, in der Frauen blöde und auf Körperfunktionen reduzierte Namen bekommen, während Männer Männer bleiben, ist so offensichtlich patriarchalisch, dass es mich wundert, wie das als progressiv gesehen werden kann.
Keine Transfrau muss Angst vor Feministinnen haben. Aber Frauen werden von ihrer selbsternannten Lobby beschimpft, beleidigt und verfolgt, weil sie sich nicht erwartungsgemäß verhalten, die Klappe halten und den männlichen Interessen huldigen. Dass sich die Aggression gerade gegen Frauen und nicht gegen Männer richtet, die sich mal wieder ihr Desinteresse leisten können, spricht für mich ebenfalls dafür, dass es mal wieder gegen Frauen geht. Wie eigentlich immer.
Zum Schaden von Transmenschen:
Gesetzgebungsverfahren und Aktivisten konterkarieren das Anliegen, Transmenschen vor Diskriminierung zu schützen. Die jährliche Wechselmöglichkeit macht das Anliegen beliebig und lächerlich. Und sie werden tatsächlich in die Nähe von Triebtätern durch die Diskussionen über Missbrauch gerückt, Frauen, die die Reform ablehnen, in die Nähe von rechts.
In England ist eine vergleichbare Reform gescheitert. Dort hat bereits eine abgeschwächte Variante, die immerhin noch eine Begutachtung und eine Ernsthaftigkeit im Sinne einer zweijährigen Vorgeschichte vorsieht, zu gravierenden Missbrauchsfällen geführt. Und zu einem messbaren Rückgang der Akzeptanz und der Förderung von Vorbehalten, die vorher nicht da war.
Und am Schluss wieder zurück zum Zitat in diesem Beitrag.
Eine Geschlechtsdysphorie kann viele Ursachen haben. Wenn in wenigen Jahren ein Anstieg an Jugendlichen von zigtausend Prozent beobachtet wird, wäre es sinnvoll, zu überlegen, woran das liegt, bevor Pubertätsblocker verordnet werden. Das gilt umso mehr, als der Großteil der Jugendlichen, die raus aus ihrem Geschlecht wollen – wenig überraschend – Mädchen sind. Das Wiederaufleben von Geschlechterstereotypen kommt nicht von ungefähr. Schon als Kind nie mit Puppen gespielt, kurze Haare – so fangen Berichte von Betroffenen oft an. Das Gefühl wird häufig mit Geschlechterrollen begründet.
Gutachter winken aber die Betroffenen meist durch. Das kann richtig gewesen sein bei der bisherigen Praxis, aber nicht mehr, wenn ein unerklärlicher rasanter Zuwachs an Mädchen da ist.
https://www.youtube.com/watch?v=sJGAoNbHYzk
In England wurde die Klinik in Tavistock geschlossen mit der Begründung, man setze dort junge Menschen einem beachtlichen Risiko der Beeinträchtigung ihrer psychischen Gesundheit aus. 2010 waren rund 140 Patienten auf der Warteliste, 2021 waren es fast 5000. Ich habe keinen Zweifel, dass man dort den Betroffenen helfen wollte. Die Vorstellung, man werde hoffentlich das Richtige tun, hat sich aber als falsch herausgestellt.
Und hier schließt sich der Kreis:
Durch die Diskussion und die Schließung der Klinik scheint ein Prozess in Gang zu sein, Jugendliche vor diesen Eingriffen zu schützen, aber Transsexuelle haben nun ein Kompetenzzentrum für medizinische Eingriffe verloren. Und das ist der Punkt: Verloren haben alle und die Frage stellt sich für mich, ob wir diese Runde auch mitdrehen wollen, indem wir die Augen aus Bequemlichkeit verschließen.
Zum Böhmermann-Video:
Das Ding ist richtig übel und bezeichnend für die Art und Weise, wie ein Beitrag zum Thema nicht aussehen sollte. Es sei denn, das Ziel besteht in einer Selbstinszenierung, für die Öl ins Feuer Sinn macht. Die aus Russland gestützten Kampagnen würden mich zwar interessieren (wo finde ich die? Der Bundesverband Trans und andere Organisationen werden mit öffentlichen Geldern finanziert). Mit derart billiger Polemik erreicht man jedenfalls nur die ohnehin überzeugte Zielgruppe, bei der man sich anbiedern möchte. Wundert mich, dass so was hier eingestellt wird, ausgerechnet in einem Thread zum Thema Feminismus. Oder ganz einfach: Feministinnen werden nicht rechts, wenn sie mit Frauenrechten argumentieren. Einer sachlichen Auseinandersetzung wir man mittelfristig mit solchen Aktionen jedenfalls nicht ausweichen können.