Also ganz ehrlich, hier wird ja mal wieder schwer am Rad gedreht...
Der Untergang des Abendlandes, weltweite Ächtung und innere Zerreißprobe, ein tiefrotes, totalitäres Regime - haben wir sonst noch Schreckensszenarien, die wegen einer 6 %-Partei an die Wand gemalt werden müssen?
Die Linke wird auf Knien rutschen, wenn sie überhaupt die 5 %-Hürde schafft, das kann nämlich nach den letzten Umfragetrends auch noch schief gehen. Noch mehr wird sie auf Knien rutschen, wenn sie dann sogar ein bisschen mitregieren darf; angesichts der deutlich stärkeren Fraktionen von SPD und Grünen wird sich die Linke allerdings ganz erheblich anpassen müssen und kleine Brötchen backen.
Es steht doch außer Frage, dass mit den dominierenden Parteien und vor allem mit dem Bundestag insgesamt keine Systemänderung stattfinden wird im Sinne einer kommunistischen oder auch nur sozialistischen, undemokratischen Staatsform.
Wir haben noch immer ein Grundgesetz und ein Bundesverfassungsgericht.
Ich teile natürlich die Ansicht, dass die linken Theorien zwar nett gedacht sind, aber dem menschlichen Wesen einfach nicht entsprechen. Alte Erkenntnis: Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz. Wer's mit 30 noch ist, hat keinen Verstand.
Aber deshalb muss man doch nicht eine Partei mit einer Reihe gemäßigter, kluger Köpfe und vielen sinnvollen Ideen wegen einiger abwegiger Vorstellungen komplett ausgrenzen. Zumal wenn sich abzeichnet, dass die handelnden Personen genau wissen, welche Ziele sie never ever in einen Koalitionsvertrag bekommen würden.
Ich merke nur mal an, dass Berlin schon länger von RRG regiert wird. Die vorhandenen Probleme sind durchaus nicht einseitig der Linken zuzuschreiben, daran sind alle fleißig beteiligt.
Dass es hier sozialistische Anwandlungen gibt, kann ich jedenfalls nicht feststellen.
Wenn jetzt jemand mit dem (im ersten Anlauf missglückten) Mietendeckel kommt: Tatsache ist, dass Wohnraum hier zu einem Spekulationsobjekt sondergleichen geworden ist. Alle Welt - und das meine ich ganz wörtlich - investiert in Berliner Immobilien, weil man sich davon fette Gewinne verspricht.
Chinesische Investoren legen hier Geld an, auch
schwedische Großinvestoren sind dabei und kaufen mal eben 130 Häuser, viele andere sind auch noch dabei.
Liste der größten Immobilieninvestoren in Berlin
Wo neu gebaut wird, entstehen ganz überwiegend Bauten mit völlig überzogenen Luxus-Standards. Selbst relativ normale Wohnungen im Stadtgebiet sind für Normalverdiener unerschwinglich.
Beispiel hier Für eine 30 Jahre alte Plattenbauwohnung (!) in Mitte, ca. 90 qm, soll man 600.000 Euro auf den Tisch legen.
Statt solche Wohnungen zu bezahlbaren Preisen an Dauermieter zu vermieten, werden sie von Spekulanten an Touristen und andere Kurzzeitmieter vermietet. Altmieter, die kurz nach der Wende da eingezogen sind, zahlen noch heute ihre 1000 Euro monatlich für diese Wohnungen; aber davon gibt es nicht mehr viele. Auf dem freien Wohnungsmarkt wären vielleicht heute 1500 Euro angemessen, mehr nicht. Aber die Vermietung als (möblierte) Ferienwohnung bringt im Monat rund 8000 Euro, wenn die Ausbuchung gut ist - und das ist sie fast immer. Außer während der Corona-Krise... Selbst bei Abzug der höheren Kosten durch die Bewirtschaftung dürfte da reichlich Gewinn hängen bleiben.
Das sind die Entwicklungen, denen man entgegenwirken muss. Und das tut RRG. So wurde jetzt ein Plattenbau-Ensemble allen Ernstes unter Denkmalschutz gestellt - und damit dem Abriss durch einen Investor entzogen. Dessen Plan war natürlich, Luxus-Eigentumswohnungen zu bauen. Gegenüber und nebenan geschieht das gerade, aber immerhin, diesen Teil der Wohnungen hat man nun geschützt. Und durch das
Zweckentfremdungsverbot wird auch die weitere Umwandlung von Wohnraum in Ferienappartements und Ähnliches unterbunden.
Das freie Spiel der Kräfte reicht unter solchen Umständen nicht aus, um bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu erhalten. Im Übrigen sind auch die Immobilien im Umland inzwischen so teuer, dass Normalbürger sich die kaum leisten können; zumal sie dann ja auch noch die Kosten für's Pendeln zahlen müssen.
Es ist völlig okay, wenn Investoren Immobilien kaufen und mit Gewinn vermarkten/vermieten. Aber das sollten vorrangig normale Wohnungen zu normalen Preisen sein, nicht immer nur Super-Luxus-Einheiten mit Concierge-Service und Marmorfußböden und goldenen Wasserhähnen...
Aber ein junges Ehepaar, Akademiker mit gutem Job, findet hier trotz monatelanger Suche und geradezu entwürdigender Bewerbungsprozeduren einfach keine Wohnung. Das kann doch wohl nicht wahr sein...
Auch auf Bundesebene brauchen wir auf solche Fragen und Probleme sozialverträgliche Antworten. Ich rede nicht von Sozialismus und nicht von einem Bevormundungsstaat, sondern von den richtigen Anreizen und Steuerungsmodellen, die die
erwünschten und benötigten Investitionen lohnend machen und nicht solche, die kein Mensch braucht. Oder nur die, die sich eh alles leisten können.