Hallo liebe ISCler!
Es ist tatsächlich schon der 10. Dezember. Kinder, wie die Zeit vergeht.
Irgendwie fliegt sie vorbei. Wobei, manchmal auch gar nicht. Das Warten aufs Christkind hat damals gefühlt immer ewig gedauert. Ist schon komisch mit dieser Zeit. Und damit sind wir beim heutigen Thema:
Zeit
Was ist Zeit?
„Zeit ist das, was man an der Uhr abliest.“ (Albert Einstein)
Das klingt sehr simpel, ist auch wahr und doch hoch kompliziert. Zuallerst ist Zeit eine physikalische Größe. Das Formelzeichen ist t, die Einheit ist eine Sekunde (1 s). Doch was ist eine Sekunde? Bis 1956 war sie festgelegt als 86.400ster Teil des mittleren Sonnentages. Dann hieß es, sie ist der 31.556.925,9747-te Teil des tropischen Jahres. Seit 1967 gilt: Eine Sekunde ist das 9.192.631.770-fache der Periodendauer (Schwingungsdauer) der Strahlung, die dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes des Atoms Caesium-133 entspricht. Ich sag ja, es ist kompliziert.
Zeit gibt an, wie groß die Dauer zwischen zwei Ereignissen ist. 60 Sekunden sind eine Minute, 60 Minuten sind eine Stunde usw. Aber das ist nicht fix, denn Zeit ist relativ. Womit wir wieder bei Einstein wären.
Zeitverschiebung
Eine definierte Zeit muss nicht immer identisch sein. So wie die Sommerzeit. Durch die Zeitverschiebung um eine Stunde ändert sich die gültige Uhrzeit. Für die Natur ändert sich nichts, aber der Mensch muss seinen Biorythmus auf die veränderte Zeit einstellen, bis sie sich als normal anfühlt, obwohl sie nach wie vor um eine Stunde verschoben ist.
Zeitwahrnehmung
Das ist ein psychologisches Konstrukt. Menschen nehmen den Verlauf der Zeit unterschiedlich wahr. Verschiedene Studien zeigten, dass Menschen unter veränderten Umständen ihren Schlafrhythmus ändern oder auch den Zeitraum einer Stunde vollkommen unterschiedlich einschätzen. Und so dauert das Warten aufs Christkind ewig lange und auch die 6. Stunde in der Schule war quälend. Urlaub ist dagegen immer blitzschnell vorbei.
Einsteins Relativitätstheorie
Laut Einstein sind Zeit und Raum nicht zu trennen. Höhe, Breite und Tiefe des Raums bilden mit der Dimension Zeit eine untrennbare Einheit. Zeit ist genauso formbar wie der Raum. Die Schwerkraft der Himmelskörper krümmt den Raum und die Geschwindigkeit staucht und dehnt ihn. Und die Zeit spielt dieses Spiel mit. Das heißt, dass an jedem Ort die Zeit für jeden anders verläuft.
Effekte von Schwerkraft und Geschwindigkeit auf die Zeit sind messbar. Der Bewohner im obersten Stockwerk eines Hochhauses altert in 80 Jahren 90-millionstel Sekunden schneller als der im Parterre. Je schneller sich ein System, zum Beispiel ein fliegender Satellit bewegt, umso langsamer läuft dort die Zeit. Diesen Effekt kann man sogar schon in einem Flugzeug messen: Wenn man nach einem Rundflug wieder zu einer gleichzeitig messenden stationären Uhr zurückkommt, stellt man fest, dass die stationäre Uhr schon eine minimal spätere Zeit anzeigt, die Zeit im Flugzeug also langsamer vergeht. Oder anders: Würde man für kurze Zeit mit Lichtgeschwindigkeit reisen, könnte man nach der Rückkehr seinen Urenkel noch im Altenheim besuchen. Die aus der Relativitätstheorie folgenden Effekte sind keineswegs esoterische Spinnereien der Wissenschaftler, sondern spielen in vielen Bereichen der heutigen Physik und Technik eine Rolle. Ohne Berücksichtigung der Relativitätstheorie würde sich in den GPS-Geräten täglich ein Fehler von 10 km aufsummieren. Einstein hat die Raumzeit in einem schönen Beispiel anschaulich erklärt: Wenn zwei Leute sich treffen wollen, hilft es wenig, nur einen Treffpunkt oder eine Zeit auszumachen. Man braucht beides, um wirklich zur selben Zeit am selben Ort zu sein. Damit übernehmen wir quasi automatisch einen Teil der Relativitätstheorie, die Abhängigkeit von Raum und Zeit, in unseren Alltag, ohne es zu merken.
Eines ist aber gewiss: Der Zeitpfeil läuft immer vorwärts. "Es gibt einen unglaublichen Unterschied zwischen Raum und Zeit. Wir können zweimal an den gleichen Ort aber niemals an die gleiche Zeit. Das heißt: Zeit ist eine qualitative Dimension und Raum ist eine quantitative Dimension." (Harald Lesch). Nur so können wir von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sprechen. Diese Struktur der Zeit, der Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft, ist also eine notwendige Bedingung für die Möglichkeit der Erfahrung.
Seid ihr noch da?
Nach so viel Theorie, jetzt ein bisschen Praxis:
Zeit ist in verschiedensten Verbindungen in unserem Sprachgebrauch, mal gut, mal schlecht:
Ferienzeit/Urlaubszeit
Immer die beste Zeit!
Lebenszeit
In einem Wort unser ganzes Leben zusammengefasst. Ein bisschen beängstigend, weil es ja auch unser Ende beinhaltet. Dahinter verbergen sich verschiedene Phasen. Zum Beispiel:
Es kann einigermaßen süß losgehen...
...einigermaßen ansehlich werden...
...und dann so enden...
Elternzeit
Elternzeit ist eine Auszeit vom Berufsleben für Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen und erziehen.
Schulzeit
Nicht immer schön, aber insgesamt dann doch toll. Je nachdem, wie Fach und Lehrer und Mitschüler so sind.
Coronazeit
Nervt!
Nachspielzeit
Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten? Eigentlich nie. Es werden wegen verschiedenster Unterbrechungen immer einige Minuten nachgespielt und so oftmals außerhalb der eigentlichen Zeit Ergebnisse erzielt. Theoretisch ist eine Nachspielzeit auch beim Geschlechtsverkehr denkbar, wird nur nicht so häufig angewendet wie im Fußball.
WEIHNACHTSZEIT
Die natürlich schönste Zeit des Jahres. Also den Stress klammer ich mal aus. Ich denke eher an Glühwein, Geschenke, Besinnlichkeit, Weihnachtsmärkte (wenn sie denn stattfinden), Familie (ohne Streit), Lichter und Liebe.
Zeit ist auch ein großes Thema im:
Film
Wie im richtigen Leben verläuft im klassischen Film der Zeitstrahl. Hier spricht man vom Linearen Erzählen. Wobei der Film einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Realität hat: den Schnitt. Und so können in einem Film Zeitabläufe verdichtet werden, von wenigen Stunden, über ein ganzes Leben (man denke nur an die ganzen Biopics) bis über Jahrtausende (dafür genügt 2001 ein einziger Schnitt). Perfektes Lineares Erzählen wäre demnach ein Film in Echtzeit. Da gibt es einige gelungene Beispiele. Die kleinen feinen Thriller Gegen die Zeit oder Nicht auflegen!, die wunderbar bissige Komödie Der Gott des Gemetzels und natürlich die legendäre Serie 24. Noch weiter gehen Filme, die auf einen Schnitt (vermeintlich) verzichten. Eine lange Szene ohne Schnitt ist eine Plansequenz, ein Film ganz ohne Schnitt wäre demnach eine einzige Plansequenz. Vorreiter war hier Alfred Hitchcock mit Cocktail für eine Leiche. Da war er allerdings seiner Zeit voraus, die Technik hinkte hinterher. Da die damaligen Filmrollen nur ca. 10 Minuten aufzeichnen konnten, behalf er sich mit Tricks, um den Schnitt zu verschleiern (z.B. eine Kamerafahrt auf einen Gegenstand, die sich nach Wechsel der Fimrolle wieder entfernte). Ähnliches gibt es in Birdman oder Children of Men. Mittlerweile gibt es mehrere Filme ohne einen einzigen Schnitt. Am bekanntesten und beeindruckendsten wohl Victoria. Sehr speziell hat es Mike Figgis in seinem Film Timecode gelöst. Hier gibt es nicht nur eine, sondern gleich vier One Shot-Filme, die als Split-Screen parallel gezeigt werden.
Ein anderer Sonderfall ist Lola rennt. Hier wird in Echtzeit erzählt, aber gleich dreimal hintereinander, mit verschiedenen Variablen der Geschichte. Somit ist der Film ein Beispiel für Echtzeit bzw. Lineares Erzählen und gleichzeitg für:
Unzuverlässiges Erzählen
Eine Handlung wird behauptet, die so gar nicht stattgefunden hat (Rashomon, The Sixth Sense, Fight Club, Die üblichen Verdächtigen). Oder der zeitliche Ablauf ist vertauscht (Pulp Fiction, Memento, Vergiss mein nicht, Cloud Atlas). Generell wird hier mit den Erwartungen der Zuschauer gespielt. Ähnlich wie bei einem Zaubertrick soll es zum Staunen oder Nachdenken anregen.
Doch bei allen bisher genannten Beispielen ging es um Zeit im Film. Es gibt aber auch einige
Filme über Zeit
Hier wären wir wieder bei Lola rennt, geht es doch darum, dass Lola nur 20 Minuten Zeit hat. 24 muss hier noch einmal erwähnt werden. Alleine der Titel zeigt, wie essentiell Zeit in dieser Serie ist. Sehr philosphisch, obwohl ein Kinderfilm, ist Momo. Es geht um Geheimnisse der Zeit und um die Grauen Herren, die die Lebenszeit der Menschen stehlen wollen. Und dann wird auch noch die Zeit angehalten. Ein ganz anderes Spiel mit Zeit treibt Der seltsame Fall des Benjamin Button, dessen Lebenszeit genau umgekehrt, von alt zu jung, verläuft. Und auch Weihnachten hat sein Märchen über Zeit. Die Charles Dickens-Weihnachtsgeschichte wurde unzählige Male verfilmt, am schönsten sicher in Die Geister, die ich rief... und Die Muppets-Weihnachtsgeschichte. Essentiell hier die Geister der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Ein sehr beliebtes filmisches Motiv sind Zeitreisen. Wir finden sie in Interstellar, Time Bandits, Donnie Darko, Harry Potter und der Gefangene von Askaban, Tenet, 12 Monkeys und unzähligen anderen. Bis heute unerreicht ist allerdings Zurück in die Zukunft. Clever, witzig, liebevoll. Nach wie vor ein Juwel.
Und dann gibt es noch Filme über Zeitschleifen. Unerreicht: Und täglich grüßt das Murmeltier
Damit das nicht zu einer Seminararbeit ausartet, beende ich hier dieses Kapitel und widme mich dem nächsten, für uns ISCler natürlich essentiellen Thema:
Musik über Zeit
Ja, auch in der Popmusik ist Zeit immer wieder ein gerne genommenes Thema. Hier eine kleine Auswahl:
Billy Joel – We Didn't Start the Fire
Es beginnt 1949 (das Jahr von Billy Joels Geburt) und endet 1989 mit Erscheinen des Liedes. Es ist ein ironischer Zufall, dass es direkt vor dem Mauerfall endet. Somit ist das Lied eine perfekte Zeitreise durch die Nachkriegsgeschichte. Wer die einzelnen Schlagwörter ergründen will wird
hier fündig.
Bosse – Wende der Zeit
Ein sehr schönes Lied über alltägliche Zeitabläufe und dem Fazit, dass das Glück keine Zeit kennt.
Cher – If I Could Turn Back Time
Cher wünscht sich eine Zeitreise, um die gescheiterte Beziehung zu retten.
Coldplay – Clocks
Es hat immerhin Uhren im Titel und ist ein schönes Lied.
Cyndi Lauper – Time After Time
Ein Lied über Liebe oder Freundschaft, jedenfalls eines über Verbundenheit für immer.
Die Ärzte – zeiDverschwÄndung
Der natürlich völlig ernst gemeinte Vorschlag der Ärzte, seine Zeit sinnvoller zu nutzen, als Die Ärzte zu hören.
Dooley Wilson – As Time Goes By
Der ultimative Casablanca-Schmachtfetzen ist kein Liebeslied, sondern eher eine Betrachtung über Liebe. Liebe wird immer bestehen, egal wie die Zeit vergeht.
Harry Chapin – Cats in the Cradle
Ein sehr trauriges Lied über einen Vater, der immer zu wenig Zeit für seinen Sohn hatte. Und im Alter erkennen muss, dass sein Sohn genauso geworden ist wie er.
Johnny Hates Jazz – Turn Back the Clock
Wie bei Cher der Wunsch nach einer Zeitreise. Allerdings nicht aus Liebeskummer. Hier wünscht sich ein schwer depressives Ich die unbeschwerte Zeit seiner Jugend zurück.
Leonard Cohen – Closing Time
Die Sperrstunde als Metapher über die Vergänglichkeit von Liebe und Leben. Sehr poetisch.
Madonna feat. Justin Timberlake & Timbaland – 4 Minutes
Es geht um die Dringlichkeit für die Rettung unseres Planeten und auch darum, wieso man dabei nicht auch Spaß haben kann. Oder so.
Mike + The Mechanics – The Living Years
Ein Lied über Lebenszeit und dass es nach dem Ende zu spät ist, Dinge zu klären. Sehr melancholisch.
Otis Redding – (Sittin' On) The Dock of the Bay
Einfach nichts tun, die Zeit verschwenden. Um mehr geht es nicht und gehört doch zu den einflussreichsten Songs aller Zeiten.
Pet Shop Boys – Memory Of The Future
Ein Zeitparadoxon und große Liebeserklärung zugleich.
Pink Floyd – Time
Dieser Klassiker darf natürlich nicht fehlen. Zeit wird hier inhaltlich und auch akustisch präsentiert.
Prince – Sign O' the Times
Ein Lied über die (damalige) Gegenwart und leider immer noch aktuell. Im Text spielt Prince auch mit der Zeit, stellt er doch immer ein vergangenes Ereignis einem gegenwärtigen gegenüber, um am Ende einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft zu wagen.
Richard O’Brien, Patricia Quinn, Nell Campbell, and Charles Gray - The Time Warp
Eine Zeitreise tanzen? Ja, warum nicht? Mit diesem zeitlosen Horrorklassiker klappt es bestimmt.
Snap! – Welcome to Tomorrow (Are You Ready?)
Eine Reise durch Zeit und Raum in die Zukunft. Wenig Text und doch hochphilosophisch. Und tanzbar.
Steve Medley & Jennifer Warnes – (I've Had) The time Of My Life
Gegenwart pur. Und die schönste, die man sich vorstellen kann. Im Grunde ein vertontes: „Augenblick verweile doch, du bist so schön.“ Wobei das bei Goethe ja nichts Gutes hieß.
Steve Miller Band – Fly Like An Eagle
Der Fortgang der Zeit wird besungen, ebenso wie Freiheit und Weltverbesserung. Kann man so machen.
Sting – All This Time
Über die Vergänglichkeit menschlichen Tuns, während die Natur auf ewig ihren Weg geht. Sting clever wie immer.
The Beatles – When I'm Sixty-Four
Der Blick in die Zukunft: Wird die Liebe halten, wenn man zusammen alt wird? Definitiv optimistisch.
The Beatles – Yesterday
Der Blick in die Vergangenheit: Die Liebe hat nicht gehalten und jetzt wird das Gestern idealisiert. Definitiv pessimistisch.
The Beautiful South – A Little Time
Sich eine Auszeit zu nehmen, um eine Beziehung zu überdenken, kann ja nicht verkehrt sein. Wenn die Zeit allerdings zu lange dauert, kann der/die PartnerIn durchaus zur gegenteiligen Erkenntnis kommen. Zeit ist eben relativ.
The Divine Comedy – A Lady Of A Certain Age
Eine ältere Dame kann mit dem Alter, dem Verlust ihres dekadenten Lebens und ihres Vermögens nicht umgehen. Um sich interessant zu halten, macht sie sich im Laufe des Textes immer jünger, begleitet von einem ungläubigen: „No, you couldn't be!“ Bitter, traurig und wunderschön.
Das ist wirklich eine sehr kleine subjektive Auswahl, ich bin mir sicher, euch fallen unzählige andere Songs zu diesem Thema ein. Aber hey, apropos Thema. Das wäre doch auch eine schöne Idee für ein Kill or Save.
Tja, aber wieso erzähle ich euch das alles? Okay, ihr seid clever und ahnt es schon längst: Mein diesjähriger Beitrag behandelt das Thema
Zeit
Und genauso heißt das Lied auch:
Zeit
Es stammt von Alex Mayr, einer Musikerin, die die Coronazeit (nervt!) gut genutzt hat. 2020 veröffentlichte sie ihr Debut Wann fangen wir an?, 2021 dann gleich ihr zweites Album Park. Und es ist großartig. Produziert von Konstantin Gropper, dessen Bandprojekt Get Well Soon ebenfalls zu AK-Ehren kam, ist es musikalisch hochspannend und textlich richtig gut. Zeit ist für mich einer der absoluten Hits des Jahres, den halt (wie immer) so gut wie niemand wahrgenommen hat. Ein kleines bisschen möchte ich daran ändern, indem ich euch dieses Lied nun mit diesem Türchen schenke.
Ich kann euch kein Bild meiner geschmückten Wohnung zeigen, da ich da jetzt nicht so der Typ für bin. Aber ein kleines bisschen Weihnachtlichkeit gibt es auch bei mir.
Mit Musik geht eben alles besser, sogar an Weihnachten. In diesem Sinne wünsche ich euch eine wunderschöne WEIHNACHTSZEIT.
Vielen Dank, dass ihr eure Zeit fürs Lesen dieses Türchens geopfert habt.