Zitat von
Brontes
Ich finde die Bezeichnung "überholt" auch unpassend, und bezeichne es selbst daher eher als "traditionell" (weil es nunmal längere Zeit Tradition war, dass die Frau zuhause blieb und der Mann der Alleinverdiener war). Ansonsten haben Dedeli und ein paar andere dazu ja schon genug gesagt.
Wenn ein Paar für sich selbst entscheidet, das traditionell-klassische Familenmodell zu leben, dann sei es ihnen doch unbenommen. Im Übrigen finde ich es auch nicht gut, wenn Menschen, die sich für dieses Modell entscheiden als antiquiert oder überholt bezeichnet werden, und die Hausfrau als "Heimchen am Herd" abgewertet wird. Und ich mag auch gar nicht bestreiten, dass es teilweise in den Medien und öffentlichen Diskussionen vor einigen Jahren - als dieses Thema heiß diskutiert wurde - manchmal zu solch verbalen Abwertungen durch einzelne Talkshow-Gäste oder Parteivertreter kam.
Es ist aber ein immenser Unterschied, ob ein Paar, das sich für dieses Modell entscheidet hingeht und sagt: "Wir leben so, wie andere Paare/Familien das managen ist uns egal, das ist euer Leben." Oder ob sich dieses Paar hinstellt und andere Modelle abwertet, Frauen als Rabenmütter beschimpft oder Männer, die Teilzeit arbeiten oder Elternzeit nehmen als Weicheier, Softies oder halbe Männer titulieren. Auch das gab es. Und das gleiche gilt auch für Politiker und Parteien.
Und es ist auch ein Unterschied, ob Eltern ihren Kindern sagen: "Passt auf, wir leben das traditionelle Rollenbild, wenn ihr das auch mal so übernehmt fänden wir das schön. Aber was ihr aus eurem Leben macht, bleibt euch überlassen." Und beiden - Söhnen wie Töchtern trotz ihrer traditionellen Einstellung bestimmte Lebenswege nicht verwehren.
Wenn aber Eltern dieses Rollenbild ihren Kindern nicht nur vorleben, sondern darüberhinaus z.B. ihren Töchtern höhere Bildung verwehren, sie zur Hausarbeit anleiten ("das gehört zum Frau-Sein nunmal dazu"), während Söhne im Haushalt keinen Finder krummachen müssen ("Das ist Frauenarbeit", "Lass dir von Frauen nix sagen", etc.) und ihnen mehr Rechte und Möglichkeiten zugestehen, als weiblichen Familienmitgliedern, dann sind solche Erziehungsmethoden durchaus sehr fragwürdig und im Grunde genommen sehr traurig.
Tut mir leid, aber so mit pauschalen Thesen kann ich schwer was anfangen, sprich: Ich empfinde es als sehr schwierig argumentativ darauf einzugehen. Ich denke, grundsätzlich ist es einmal wichtig bei gesellschaftlich-politischenThemen zu unterscheiden zwischen:
- der Politik (Welche Standpunkte vertreten die Parteien, wie ist die Gesetzeslage)
- dem gesellschaftlichen/öffentlichen Klima, transportiert über die Medien (und soziale Netzwerke)
- der konkreten Situation vor Ort eines Einzelnen (und seinem Umfeld)
Das Thema Rollenbilder/Familien war vor einigen Jahren medial sehr aufgeheizt - wir erinnern uns sicher alle an plakativ-provokante Headlines und Talk-Show-Aufmacher wie z.B.: "Sind Mütter, die Vollzeit arbeiten Rabenmütter", "Ist es noch zeitgemäß nur Hausfrau und Mutter zu sein", "Verkommen Frauen zu Gebährmaschinen", "Sind wir ein Land voller Softies? etc. - und da wurde von Vertretern beider Seiten sehr emotional und manchmal sicherlich unsachlich argumentiert. Mittlerweile hat sich das aber gelegt, vielleicht gerade weil Ruhe eingekehrt ist und mehr Wahlfreiheit besteht, die es vorher eben nicht in der Form gab.
Und wenn im privaten Bereich jemand aufgrund seines Lebenswandels abgewertet oder beleidigt wird, dann sollte derjenige sich eher fragen, ob die Leute noch zu ihm passen. Das hat aber nichts mit irgendeiner wie du sie nennst "Meinungsmache" oder einem gesellschaftlichen Druck zu tun.
Wo zwingt dir denn jemand einen bestimmten Lebensstil auf? Was das Thema anbelangt, waren es ja lange Zeit eher konservative-reaktionäre Kräfte, die den Menschen einen bestimmten Lebensstil aufzwingen wollten. Wohingegen progressiv-linke Kräfte für mehr Toleranz und Gleichbehandlung eintraten. Das ist was anderes, als etwas Neues aufzingen wollen. Und es sollte - egal um welche politischen Ansichten es geht, immer berücksichtigt werden, wie einzelne Politiker sich zu etwas äußern, wie der Standpunkt einer Partei zu einem Thema ist, und wie sich der Rest einer Partei zu verbalen "Ausfällen" oder provokanten Thesen eines einzelnen Parteivertreters verhält (erhält er Zustimmung, wird er zurückgerudert oder wird er gerügt?)
Und was die AfD anbelangt: Also wenn an Wahlständen, Bundestagsdebatten oder sonstigen Reden hochrangiger Vertreter von "Zerstörung der traditionellen Familie", "Genderwahnsinn", "Aufzwingen sexueller Ansichten" oder "Tyrannei der Werte" gesprochen wird, dann ist das - um es mal wieder nett auszudrücken - eine Rhetorik und eine Wahrnehmung die recht fragwürdig ist.
Ich finde das Wort "Zwang" in diesem Zusammenhang übetrieben und falsch. Und was den wirtschaftlichen Druck anbelangt: Das ist ein ganz eigenes Thema für sich - Lohnentwicklung, Lebenshaltungskosten. Das hat aber nichts mit Frauenrechten und Rollenbildern zu tun.