Ich habe gestern nochmal den Film gesehen und zwischen dem und der Serie liegen ganze Universen. Sowohl visuell, als auch darstellerisch. Und ja, wenn man sich schon an der Marke "Christiane F" vergreift, dann muß man eben auch Vergleiche gefallen lassen, egal, ob der Film nun schon fast 40 Jahre alt ist. Der Film ist immer noch erschreckend (man vergleiche nur mal die Entzugsszenen in Film und Serie) und dadurch, das er eben nicht auf Hochglanz poliert wurde und man auf Laiendarsteller zurückgriff, die vor allem auch dem tatsächlichen Alter der Figuren entsprechen. Das auch die Figuren der Serie erst 13-14 sein sollen, wird ja Ende nochmal angedeutet, als der Zeitungsartikel zum Tod Babsi eingeblendet wird. Das man hier also auf ältere Darsteller zurückgegriffen hat, ist nicht das einzige Zeichen von totaler Mutlosigkeit. Ich hätte z.B. eine ganze Folge nur Entzug gezeigt, in allen ekligen, verstörenden Einzelheiten und nicht in ein paar Minuten, die sich sogar kürzer anfühlten, als im Film.
Mich hat auch keine Figur irgendwie berührt oder angesprochen, trotz der angeblichen Tiefe (was hier einfach nur mit "in die Länge gezogen" übersetzen läßt). Vieles hat sich auch nur ständig wiederholt. So kann man natürlich auch Sendezeit füllen, während anderes zu kurz kam oder schlicht keinen Sinn ergab. Christiane und Co sind nun mal erst 13-14. Das allein hat schon eine ganz andere Wirkung, als wenn man hier über 20jährige nimmt, die auch keinen Tag jünger aussehen. Auch ist die Sprache im Film viel authentischer (hat eigentlich irgendwer der neuen Darsteller berlinert?), die Locations sind allesamt versifft, oftmals schlecht ausgeleuchtet (das "Sound" des Films ist eine Dunkelkammer im Vergleich zu dem Lampenladen der Serie. Wie man allein dabei auf den Gedanken kommen soll, die Serie spiele in den 70ern, erschließt sich mir nicht. Auch war mir der Soundtrack too much und zu bestimmend. Der Film kommt mit ein paar Bowiesongs (die allesamt in der ersten Hälfte zu hören sind) und einigen sparsam eingestreuten Instrumentalschnipseln aus. Ansonsten ist Ruhe. Da muß nicht jede Szene und jede gezeigte Stimmung noch mal musikalisch untermalt werden. Da sprechen die Bilder und vor allem die Darsteller für sich. Wenn man schon moderne Genres wählt, warum dann nicht wenigstens Coverversionen aus den 70ern? Diese angebliche Zeitlosigkeit der Serie wird bei mir dadurch null erreicht, vor allem, wenn dann durch Kleidung und Locations doch ausschließlich in den 70ern angesiedelt ist (bzw. sein möchte). In dem Film "Vielleicht lieber morgen" mit Emma Watson hat man das z.B. mit der Zeitlosigkeit viel besser umsetzt bekommen. Scheinbar spielt der Film in der Jetztzeit, aber es sind weder Computer noch Handys oder andere 'moderne' Gerätschaften zu sehen, so das der Film auch sonst wann spielen könnte. (Bowie's "Heroes" gibt es auch hier im Soundtrack)
Auch die angebliche "mehr Tiefe" der Serie kam bei mir nicht an, da z.B. diverse biographische Daten von Christiane verfälscht (der gewalttätige Vater wird im Laufe der Serie quasi zum "Vater des Monats", obwohl er im Leben von Christiane irgendwann gar keine Rolle mehr spielte. Die für Christiane hat man gleich ganz weggelassen) oder umgewandelt wurden. Dann gibt es immer wieder seltsame Zeitsprünge (z.b. zwischen Folge 4 und 5) oder Szenen, die (für mich) keinen Sinn ergaben (die Traumsequenzen/ Rückblenden von Christianes Mutter wurden schon angesprochen oder wie hat es z.B. ein Polizist aus der CSSR geschafft, Ende der 70er nach Westberlin zu reisen, einen ehemaligen Häftling dabei, mit dem er scheinbar zusammen ist). Und dann dieses peinliche Ponyhof Ende, bei dem es mich nicht gewundert hätte, wenn Amazon mich anschließend direkt zu den "Bibi & Tina" Filmen weitergeleitet hätte...
Frau Brunkhorst hat man ihre Rolle von der ersten bis zur letzten Sekunde abgenommen. Allen anderen ebenfalls. Der körperliche (und auch seelische) Verfall war selbst als Zuschauer glaubhaft und unbequem. Da tut das Zusehen auch noch fast 40 Jahren noch weh.
Warum hat man z.B. nicht Frau Fs zweites Buch verfilmt? Ist ja nicht so, das ihr Leben nach dem "Bahnhof Zoo" uninteressant gewesen wäre? Und man hätte zumindest ansatzweise was eigenes geschaffen, als diese unnötige Serie. Die hat aber mit Christiane F soviel zu tun, wie der "Das Boot"-Aufguss mit der Petersen-Serie.
Hier wollte man aber scheinbar auf den "Euphoria" Zug aufspringen, und "irgendwas mit Mädels und Drogen" machen, in der Hoffnung, das die Serie hierzulande noch zu unbekannt ist. Denn da gibt es all den Hochglanz, die Neonlichter, einen zeitgemäßen Soundtrack, Traumsequenzen etc... Ergeben da aber viel mehr Sinn und der Konsum und Wirkung von Drogen werden auch darstellerisch um Längen besser umgesetzt. ..
2,4, von 5 bei den Amazonbewertungen ist in der kurzen Zeit und vor allem nach dem (fast ausschließlich positivem) Mediengewitter schon mehr als schlecht...